Bundespatentgericht:
Urteil vom 26. Oktober 2000
Aktenzeichen: 2 Ni 5/99

(BPatG: Urteil v. 26.10.2000, Az.: 2 Ni 5/99)

Tenor

1.

Das deutsche Patent 40 36 734 wird für nichtig erklärt.

2.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15. 000,-DM vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 40 36 734 (Streitpatent), das am 17. November 1990 angemeldet worden ist und ein Verfahren und einen Vliesblaskopf zum Herstellen eines vliesartigen Flächenproduktes aus Fasern aus thermoplastischem Kunststoff betrifft. Es umfaßt 15 Patentansprüche, von denen Anspruch 1 und Anspruch 7 folgenden Wortlaut haben:

"1. Verfahren zum Herstellen eines vliesartigen Flächenproduktes aus Fasern aus thermoplastischem Kunststoff mit Hilfe eines Vliesblaskopfes, welcher Vliesblaskopf eine Düsenplatte mit zumindest einer Reihe von Düsenbohrungen für den thermoplastifizierten Kunststoff aufweist, und wobei die aus den Düsenbohrungen austretenden Kunststoffstränge von in bezug auf die Düsenbohrungen symmetrischen Blasluft-Flächenstrahlen angeblasen, verstreckt und zu Fasern zerblasen werden, die danach als vliesartiges Flächenprodukt abgelegt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Blasluft aus einer Verteilerkammer über Blasluftkanäle in zumindest einen Diffusor eingeführt wird, und daß die Blasluft-Flächenstrahlen aus der aus dem Diffusor austretenden Blasluft mit Hilfe von Strömungsleiteinrichtungen gebildet werden.

7. Vliesblaskopf für die Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6, mit einem Kunststofführungskern, der zumindest eine Reihe von Düsenbohrungen für den thermoplastifizierten Kunststoff und beidseits des Kunststofführungskerns mit Verteilerkammern ausgerüstete Blasluftzuführungseinrichtungen für die Blasluft-Flächenstrahlen aufweist, wobei die Blasluft-Flächenstrahlen unterhalb der Düsenbohrungen spitzwinklig gegeneinander geführt sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Verteilerkammern (3) an einander parallele Blasluftkanäle (6) angeschlossen sind, die in zumindest einem Diffusor (7) münden, und daß an den Diffusor (7) ein Blasluftaustrittsspaltraum

(8) angeschlossen ist, der sich parallel zur Reihe der Düsenbohrungen (2) erstreckt und aus dessen Mündung jeweils ein Blasluft-Flächenstrahl austritt."

Wegen der Patentansprüche 2 bis 6 und 8 bis 15 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

Mit seiner Nichtigkeitsklage macht der Kläger geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 7 seien am Anmeldetag nicht mehr neu gewesen. Die US-Patentschrift 3,970,417 (Anlage K5) offenbare sämtliche Merkmale dieser Ansprüche, ebenso die US-Patentschrift 3,379,811 (Anlage K6). Jedenfalls aber beruhten die Gegenstände dieser Patentansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sie sich in naheliegender Weise aus der Kombination der bereits in der Streitpatentschrift gewürdigten europäischen Patentanmeldung 0 377 926 (Anlage K4) mit den genannten US-Patentschriften ergäben. Die Maßnahmen der jeweiligen Unteransprüche lägen im Ermessen des Fachmanns oder seien aus den Entgegenhaltungen bekannt.

Darüber hinaus ist der Kläger dem Einwand entgegengetreten, die Nichtigkeitsklage sei bereits unzulässig, weil er ein von der Beklagten vorgeschobener "Strohmann" sei. Er handle nicht in fremdem Interesse, sondern betreibe selbst ein Beratungsunternehmen mit dem Schwerpunkt Vliesstoffe; insoweit sei er auch im Bereich Forschung und Entwicklung tätig und arbeite seit längerer Zeit an der Entwicklung eines neuen Spinnverfahrens zur Herstellung von neuartigen Vliesstoffen. Er habe ein eigenes Interesse an der Nichtigerklärung des Streitpatents, da es ihn bei der Entwicklung eines Konkurrenzproduktes störe.

Der Kläger beantragt, das deutsche Patent 40 36 734 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise verteidigt sie ihr Patent im Umfang der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 13.

Nachdem die Beklagte der Klage zunächst nicht widersprochen hat, hat sich der Miterfinder R... im vorliegenden Verfahren schriftsätzlich mit der Ankündigung beabsichtigter Nebenintervention gemeldet und geltend gemacht, daß die Klage unzulässig sei, da der Kläger ein von der Beklagten vorgeschobener "Strohmann" sei. Zur Begründung führte er an, es sei bemerkenswert, daß das Streitpatent seit 1992 bestehe und bisher kein Konkurrenzunternehmen gegen dieses vorgegangen sei, auch sei der Kläger ein reiner Privatmann, so daß ein Eigeninteresse an der Nichtigerklärung nicht ersichtlich sei. Er erinnere sich auch, daß jemand mit Namen des Klägers ein leitender Mitarbeiter bei einer Kundin der Beklagten gewesen sei. Daß die Beklagte darauf gehofft habe, durch die Nichtigerklärung ihrer Zahlungspflicht ihm gegenüber zu entgehen, ergebe sich auch aus ihrem Schreiben vom 23. Februar 1999, worin sie ihn über die Erhebung der Nichtigkeitsklage unterrichtet und mitgeteilt habe, daß sie aus verständlichen Gründen die Verteidigung gegen diese Klage nicht aufnehmen werde. Auch die zeitliche Nähe zwischen erstinstanzlicher Verurteilung der Beklagten und Erhebung der Nichtigkeitsklage spreche für eine Strohmannklage.

Zwischen der Beklagten und dem Miterfinder R..., ihrem früheren Arbeitnehmer, war ein Rechtsstreit anhängig über die rechtzeitige Inanspruchnahme der Erfindung nach den Bestimmungen des Arbeitnehmererfindungsgesetzes. Mit erstinstanzlichem Urteil des LG Düsseldorf vom 13. Oktober 1998 wurde die Beklagte zur Zahlung verurteilt; der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich vom 10. Februar 2000 vor dem OLG Düsseldorf, in dem die Beklagte dem dortigen Kläger R... u.a. eine Vollmacht zu ihrer Vertretung im vorliegenden Nichtigkeitsverfahren erteilt hat.

In der mündlichen Verhandlung hat dieser daraufhin von einem Beitritt als Nebenintervenient abgesehen und ist stattdessen als Vertreter für die Beklagte aufgetreten und dem Vorbringen des Klägers zur Patentfähigkeit in allen Punkten entgegengetreten. Er hält das Streitpatent für patentfähig.

Gründe

Die Klage, mit der der in § 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Nr 1 PatG vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig und auch in vollem Umfang begründet, weil sich der Gegenstand des Streitpatents sowohl in der erteilten als auch in der hilfsweise verteidigten Fassung in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, § 4 Satz 1 PatG.

I Der gegen die Zulässigkeit der Klage erhobene Einwand, der Kläger sei ein vorgeschobener "Strohmann" der Beklagten, greift nicht durch. Zwar würde dieser Einwand, wenn er zuträfe, die Zulässigkeit der Klage in Frage stellen, aber nicht deswegen, weil eine Klage im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Miterfinder und früheren Arbeitnehmer R... möglicherweise als treuwidrig anzusehen wäre, denn Herr R... ist -jedenfalls derzeit, da er noch nicht als Mitinhaber des Streitpatents eingetragen ist -nicht Partei dieses Nichtigkeitsverfahrens; auch als Nebenintervenient wäre er nicht Partei geworden (vgl Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl, § 66 Rdn 1). Ein solcher, den Klageausschluß begründender Sachverhalt aus Vertrag oder -wie hier geltend gemacht -nachvertraglichen Pflichten muß aber grundsätzlich zwischen den sich gegenüberstehenden Prozeßparteien (bzw deren Hintermännern) bestehen. Wäre der Kläger jedoch Strohmann der Beklagten, würde dies im Ergebnis bedeuten, daß die Patentinhaberin eine Nichtigkeitsklage gegen ihr eigenes Patent anstrengte, was nicht zulässig wäre; der Patentinhaber selbst kann nicht Kläger sein (vgl Busse, PatG, 5. Aufl, § 81 Rdn 47; Benkard, PatG, 9. Aufl, § 22 Rdn 21, jeweils mwN).

Vorliegend kann jedoch nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden, daß der Kläger tatsächlich Strohmann der Beklagten ist. Ein Strohmann ist jemand, der die Klage zwar äußerlich im eigenen Namen, der Sache nach aber im Auftrag und Interesse des Hintermanns sowie auf dessen Weisung und Kosten ohne jedes eigene Interesse an der Vernichtung betreibt (vgl Busse, aaO, § 81 Rdn 64; Benkard, aaO, § 22 Rdn 22; BGH GRUR 1998, 904 -Bürstenstromabnehmer). Diese Voraussetzungen sind nicht hinreichend dargetan. Weder sind gesellschaftsrechtliche Beziehungen zwischen Kläger und Beklagter (anders als etwa im Fall BPatGE 27, 87) behauptet noch ersichtlich, noch bestehen sonst über Mutmaßungen wie der zeitlichen Nähe zwischen erstinstanzlicher Verurteilung der Beklagten und Erhebung der Nichtigkeitsklage hinaus irgendwelche konkreten Anhaltspunkte für die Feststellung einer Strohmanneigenschaft des Klägers. Auf der anderen Seite kann ein eigenes ins Gewicht fallendes Interesse des Klägers an der Nichtigerklärung des Streitpatents nicht ausgeschlossen werden, zumal er sich unwiderlegt gewerblich auch auf dem technischen Gebiet des Streitpatents betätigt.

II 1. Das Streitpatent, das ein Verfahren und einen Vliesblaskopf zum Herstellen eines vliesartigen Flächenproduktes aus Fasern aus thermoplastischem Kunststoff betrifft, bezieht sich in der Beschreibung auf die aus der europäischen Patentanmeldung 0 377 926 bekannten Maßnahmen, bei denen laut Streitpatent der Gleichmäßigkeitsgrad der Strömungsstruktur in den Blasluft-Flächenstrahlen verbesserungsbedürftig sei, sowie die Strömungsschikanen und Umlenkungen in störendem Maße den Strömungswiderstand und dadurch den Druckverlust erhöhten.

Vor diesem Hintergrund nennt das Streitpatent als technisches Problem, ein Verfahren anzugeben, welches es erlaubt, mit Blasluftflächenstrahlen zu arbeiten, die einen sehr hohen Gleichmäßigkeitsgrad der Strömungsstruktur aufweisen. Ferner soll ein Vliesblaskopf angegeben werden, der für die Durchführung eines solchen Verfahrens besonders geeignet ist und sich durch Einfachheit und Funktionssicherheit sowie durch leichte Einstellbarkeit der Strömungsparameter auszeichnet.

Gelöst werden soll diese Aufgabe nach Patentanspruch 1 durch ein Verfahren zum Herstellen eines vliesartigen Flächenproduktes aus Fasern aus thermoplastischem Kunststoff mit den Merkmalen:

1.

es wird ein Vliesblaskopf eingesetzt;

2.

der Vliesblaskopf weist eine Düsenplatte mit zumindest einer Reihe von Düsenbohrungen für den thermoplastifizierten Kunststoff auf;

3.

die aus den Düsenbohrungen austretenden Kunststoffstränge werden von in Bezug auf die Düsenbohrungen symmetrischen Blasluft-Flächenstrahlen angeblasen, verstreckt und zu Fasern zerblasen;

4.

die Fasern werden nachher als vliesartiges Flächenprodukt abgelegt;

5.

die Blasluft wird aus einer Verteilerkammer über Blasluftkanäle in zumindest einen Diffusor eingeführt;

6.

die Blasluft-Flächenstrahlen werden aus der aus dem Diffusor austretenden Blasluft mit Hilfe von Strömungsleiteinrichtungen gebildet.

Der Vliesblaskopf für die Durchführung des Verfahrens besitzt gemäß Anspruch 7 folgende Merkmale:

1.

einen Kunststofführungskern, der zumindest eine Reihe von Düsenbohrungen für den thermoplastifizierten Kunststoff und beidseits des Kunststofführungskerns mit Verteilerkammern ausgerüstete Blasluftzuführeinrichtungen für die Blasluft-Flächenstrahlen aufweist;

2.

die Blasluft-Flächenstrahlen werden unterhalb der Düsenbohrungen spitzwinklig gegeneinander geführt;

3.

die Verteilerkammern sind an zueinander parallele Blasluftkanäle angeschlossen;

4.

die Blasluftkanäle münden in zumindest einen Diffusor;

5.

an den Diffusor ist ein Blasluftaustrittsspaltraum angeschlossen, der sich parallel zur Reihe der Düsenbohrungen erstreckt und aus dessen Mündung jeweils ein Blasluft-Flächenstrahl austritt.

2) Das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents ist neu, denn keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften zeigt ein Verfahren zum Herstellen eines vliesartigen Flächenproduktes aus Fasern aus thermoplastischem Kunststoff mit sämtlichen im Anspruch 1 aufgeführten Merkmalen. Im einzelnen kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da dieses Verfahren jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Aus der US 3 970 417 (im folgenden (K5) genannt) ist ein Verfahren zum Herstellen eines vliesartigen Flächenproduktes aus Fasern aus thermoplastischem Kunststoff mit Hilfe eines Vliesblaskopfes bekannt (Sp 1 Abs 1). Der Vliesblaskopf (s Fig. 5, 11,12 und 14) weist eine Düsenplatte (die nose 81) mit zumindest einer Reihe von Düsenbohrungen (orifices 84) für den thermoplastifizierten Kunststoff (Sp 12 Z 11-25) auf und dient dazu die aus den Düsenbohrungen austretenden Kunststoffstränge mit in Bezug auf die Düsenbohrungen symmetrischen Blasluft-Flächenstrahlen anzublasen und sie dadurch zu verstrecken und zu Fasern zu zerblasen (Sp 2 Z 36-55). Diese werden danach als vliesartiges Flächenprodukt abgelegt (Sp 1 Z 15-18).

In weiterer Durchführung des Verfahrens wird die Blasluft (compressed gas, Sp 5 Z 7-13) aus einer Verteilerkammer (first plenum chambers 95 bzw 96) über Blasluftkanäle (plurality of apertures or ports 106 bzw 107) in eine weitere Kammer (second plenum chambers 108 bzw 109) eingeführt und die hieraus austretende Blasluft wird mittels Strömungsleiteinrichtungen (cap plates 125 und 126 in Verbindung mit side walls 86 und 87 of die nose 81, Sp 14 Z 20-30) zu den Blasluft-Flächenstrahlen geformt (vgl. insb. Sp. 14, Z 3-25). Der Übergang von den zylindrischen Blasluftkanälen in die Kammer erfolgt unter einer sprunghaften Änderung des durchströmten Querschnitts, da die Blasluftkanäle senkrecht in die Seitenwand der Kammer münden (s Fig. 5 Bezugszeichen 106 und 107 sowie Fig. 12). Die Kammer selbst soll jedoch bevorzugt einen trichterförmigen Querschnitt aufweisen (Sp 14 Z 3 -10), der sich, wie in den Figuren 5 und 12, auf die Bezug genommen ist, deutlich zu sehen ist, in Strömungsrichtung kontinuierlich erweitert.

Dem Fachmann, hier einem Ingenieur des Maschinenbaus mit zumindest Fachhochschulabschluß, der sich bereits längere Zeit mit Kunststoffverarbeitungsmaschinen befaßt und der besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Stömungsmechanik von Gasen besitzt, ist aus der einschlägigen Fachliteratur, zB Truckenbrodt E., "Lehrbuch der angewandten Fluidmechanik", 2. Aufl. 1988, Springer Verlag, S 108 -109, (im folgenden "Truckenbrodt" genannt) geläufig, daß eine plötzliche Rohrerweiterung einen "Stufendiffusor" darstellt, während eine allmähliche Rohrerweiterung einen "Übergangsdiffusor" bildet. (vgl hierzu insbesondere die Abb.

3.25 bis 3.27 mit zugehöriger Beschreibung). Er wird also die in K5 gezeigte Anordnung für die Führung der Blasluft ohne weiteres als Hintereinanderschaltung eines Stufendiffusors und eines Übergangsdiffusors auffassen. Den dieser Deutung widersprechenden Ausführungen der Patentinhaberin vermochte sich der Senat nicht anzuschließen, da die Kenntnisse und die Abstraktionsfähigkeit des hier geforderten Fachmanns als relativ hoch anzusehen sind und die Hinweise bezüglich der Charakteristika der verschiedenen Diffusortypen in "Truckenbrodt" deutlich und ausführlich sind.

Gemäß den Darlegungen in der Beschreibung des Streitpatents, Sp 2 Z 62 bis Sp 3 Z 3, soll im hier vorliegenden Unterschallbereich der Strömung unter einem "Diffusor" ein Bereich mit einer stetigen Erweiterung des durchströmten Querschnitts verstanden werden, also ausschließlich ein "Übergangsdiffusor" gemäß der Definition von Truckenbrodt. Demgemäß unterscheidet sich das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents vom Stand der Technik nach K5 lediglich dadurch, daß anstelle des zweifachen (Stufen/Übergangs-)Diffusors nur ein einfacher (Übergangs-)Diffusor verwendet wird.

Diese konstruktive Vereinfachung liegt aber im Rahmen des üblichen fachmännischen Handelns und verlangt deshalb keine erfinderische Tätigkeit. Bedenken des Fachmanns, daß hierdurch die erwünschte Turbulenz der Blasluft (Patentschrift Sp 3 Z 7-17) vermindert werden könnte, werden durch "Truckenbrodt", Abb. 3.26 und 3.27 mit zugehöriger Beschreibung, zerstreut, da hier darauf hingewiesen ist, daß sowohl bei Stufendiffusoren als auch Übergangsdiffusoren eine Ablösung der Strömung von der Wand und damit eine Verwirbelung -also Turbulenz -auftritt. Bei Übergangsdiffusoren ist hierfür lediglich der Öffnungswinkel oberhalb eines Wertes von etwa 8¡zu wählen.

3.

Der Gegenstand des Anspruchs 7 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wie sich aus einer sinngemäßen Übertragung der Darlegungen zum Anspruch 1 ergibt. Dieser Anspruch stimmt nämlich inhaltlich weitgehend mit dem Anspruch 1 überein. Sein Gegenstand ist deshalb ebenfalls durch K5 und das Fachwissen des hier geforderten Durchschnittsfachmanns, wie es durch "Truckenbrodt "belegt ist, nahegelegt.

4.

Der Senat konnte im Hinblick auf den im Verfahren genannten Stand der Technik auch in den auf den Anspruch 1 bzw den Anspruch 7 rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 6 und 8 bis 15 nichts von patentbegründender Bedeutung erkennen. Die Patentinhaberin hat hierzu auch nichts vorgetragen. Diese Ansprüche teilen somit das Rechtsschicksal des zugehörigen Hauptanspruchs.

III 1.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der verteidigten Fassung gemäß Hilfsantrag der Beklagten unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, daß im kennzeichnenden Teil in Sp 5, Z 32 der Patentschrift nach Diffusor "in Form einer stetigen Erweiterung des durchströmten Querschnittes" eingefügt und an das Ende "und daß die aus dem Diffusor austretende Blasluft zunächst in einen Strömungsgleichrichter eingeführt und aus der daraus austretenden Blasluft die Blasluft-Flächenstrahlen gebildet werden" angehängt ist. Der zugehörige, auf einen Vliesblaskopf zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5 gerichtete Anspruch 6 unterscheidet sich vom entsprechenden Anspruch 7 nach Hauptantrag durch die bereits genannte Einfügung nach dem Wort "Diffusor" und durch Anfügung von "und daß an den Diffusor (7) bzw. an die Diffusoren ein Strömungsgleichrichter (10) angeschlossen ist".

2.

Die Ansprüche 1 und 6 nach Hilfsantrag sind zulässig, denn die eingefügten Merkmale sind sowohl in den ursprünglichen Unterlagen als auch in der Streitpatentschrift offenbart und erweitern auch nicht den Schutzbereich des Patents. Der Anspruch 1 findet seine Stütze in den erteilten Ansprüchen 1 und 2 in Verbindung mit der Beschreibung Sp 3 Z 66-67 (Form des Diffusors). Der Anspruch 6 basiert auf einer Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 7 und 9 sowie der selben Merkmale aus der Beschreibung, wie beim Anspruch 1.

3.

Auch die og in die Ansprüche 1 bzw 6 eingefügten Merkmale vermögen eine erfinderische Tätigkeit, der Lehren dieser Ansprüche nicht zu begründen.

So wird die Konkretisierung des Diffusors als "Übergangsdiffusor" nach der Definition von Truckenbrodt (s oben) vom Fachmann bei aufmerksamer Lektüre der Streitpatentschrift (Sp 2 Z 62 ff), in der definiert wird , was unter einem "Diffusor" gemeint ist, ohnehin so verstanden und als eine von zwei üblichen Ausbildungen von Diffusoren gesehen. Eine Auswahl zwischen beiden Typen liegt in seinem Ermessen und wird etwa durch das Ausmaß der angestrebten oder zulässigen Turbulenz der Strömung bestimmt.

Auch die Verwendung eines Strömungsgleichrichters für die aus dem Diffusor austretende Blasluft erfordert keine erfinderische Leistung. Wenn der Fachmann in der Praxis feststellt, daß der aus dem Blaskopf nach K5 austretende Blasluft-Flächenstrahl noch nicht gleichmäßig genug ist, so wird er ohne weiteres zusätzliche Maßnahmen zur Homogenisierung der Strömung ergreifen, wozu sich ein "Strömungsgleichrichter" anbietet. Derartige üblicherweise gitteroder wabenförmig ausgebildete Bauteile sind dem Fachmann für Gasströmungen geläufig, bspw von Windkanälen oder aus der Lüftungstechnik.

Bezüglich der auf die Ansprüche 1 und 6 rückbezogenen Unteransprüche gilt das zu den entsprechenden Ansprüchen nach dem Hauptantrag gesagte, da diese Ansprüche bis auf eine geänderte Numerierung und Rückbeziehung inhaltlich übereinstimmen.

IV Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs 1 PatG, 709 Satz 1 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 26.10.2000
Az: 2 Ni 5/99


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