Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 8. Juni 2011
Aktenzeichen: 6 W 52/11

(OLG Köln: Beschluss v. 08.06.2011, Az.: 6 W 52/11)

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 214 O 445/10 - vom 28.12.2010 den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, soweit darin der Beteiligten gestattet worden ist, der Antragstellerin unter Verwendung von Verkehrsdaten Auskunft über den Namen und die Anschrift desjenigen Inhabers eines Internetanschlusses zu erteilen, dem am 00.00.0000 um 07:51:57 MEZ die IP-Adresse xx.xxx.xxx.xxx zugewiesen war.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. a) Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt. Zwar ist sie erst nach Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist, gerechnet ab der Bekanntgabe des Beschlusses an die formell Verfahrensbeteiligten am 29.12.2010, beim Landgericht eingegangen. Dem Beschwerdeführer ist aber gemäß §§ 17 ff. FamFG auf seinen in der Beschwerdeschrift konkludent enthaltenen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist zu gewähren. Der Beschwerdeführer hat erst durch die Abmahnung vom 14.1.2011 Kenntnis von dem angefochtenen Beschluss erlangt. Der am 23.1.2011 eingegangene Antrag ist daher fristgemäß. Die Gründe für die Versäumung der Frist sind offenkundig und brauchten daher nicht gesondert glaubhaft gemacht zu werden. Schließlich hat der Beschwerdeführer die versäumte Rechtshandlung zugleich, und damit ebenfalls fristgemäß, nachgeholt.

b) Auch im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, insbesondere nach § 62 FamFG statthaft (vgl. Senat, GRUR-RR 2011, 88).

2. Die Beschwerde ist begründet, denn es fehlt jedenfalls an dem für die Anordnung vorausgesetzten gewerblichen Ausmaß der Rechtsverletzung durch den Beschwerdeführer.

Eine Rechtsverletzung hat dann ein gewerbliches Ausmaß, wenn ein Werk mit hohem Wert oder (was hier allein in Betracht kommt) eine hinreichend umfangreiche Datei (wie ein Film) innerhalb ihrer relevanten Verwertungsphase öffentlich zugänglich gemacht wird. Diese Verwertungsphase endet in der Regel sechs Monate nach der Veröffentlichung des Werks. Nach Ablauf dieser Frist bedarf es besonderer Umstände, um ein Fortdauern der relevanten Verwertungsphase annehmen zu können. Dies kommt insbesondere bei einem fortdauernden besonders großen kommerziellen Erfolg des Werks in Betracht (vgl. Senat, GRUR-RR 2011, 85).

Nach diesen Maßstäben war die Verwertungsphase hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Filmwerks Q. zum Zeitpunkt der geltend gemachten Rechtsverletzung am 11.12.2010 beendet. Dieser Film ist am 22.4.2010 und damit mehr als sechs Monate zuvor erschienen. Besondere Umstände, aus denen sich ein Andauern der Verwertungsphase ergäbe, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Einen besonders hohen kommerziellen Erfolg hatte der Film nicht. Auch in absoluten Zahlen lag der durchschnittliche monatliche Absatz im Quartal der Rechtsverletzung unter der Anzahl der Vorbestellungen (vor der Veröffentlichung) allein bei B.. Dass der Film nicht zu Ausverkaufspreisen angeboten wird, veranlasst nicht die Beurteilung, dass die relevante Verwertungsphase noch andauert. Zwar kann daraus, dass ein Werk zu Ausverkaufspreisen angeboten wird, geschlossen werden, dass die Verwertungsphase beendet ist (vgl. Senat, aaO.). Der Umkehrschluss ist allerdings nicht zulässig: Der Umstand, dass ein Werk noch zu üblichen Preisen vermarktet wird, rechtfertigt nicht die Annahme, die relevante Verwertungsphase sei noch nicht abgeschlossen (vgl. Beschluss des Senats vom 26.7.2010 - 6 W 77/10). Schließlich führt auch die „zeitlose Thematik“ des Films nicht zu einer abweichenden Bewertung. Dem Beschluss des Senats vom 4.3.2011 - 6 W 14/11 - lagen insgesamt andere Sachverhaltsfeststellungen zugrunde und er lässt sich daher nicht verallgemeinern.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs. 9 S. 4 UrhG, § 81 FamFG.






OLG Köln:
Beschluss v. 08.06.2011
Az: 6 W 52/11


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