Landgericht Duisburg:
Urteil vom 10. Dezember 2008
Aktenzeichen: 25 O 81/07
(LG Duisburg: Urteil v. 10.12.2008, Az.: 25 O 81/07)
Tenor
1)
Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 5. Juli 2007 zu Tagesordnungspunkt 2, mit dem die Hauptversammlung dem Vorstand Entlastung für das Geschäftsjahr 2006 erteilt hat, wird für nichtig erklärt.
2)
Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 5. Juli 2007 zu Tagesordnungspunkt 2, mit dem die Hauptversammlung die Bestellung eines Sonderprüfers abgelehnt hat, wird für nichtig erklärt.
3)
Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 5. Juli 2007 zu Tagesordnungspunkt 2 folgenden Beschluss gefasst hat:
„1. Es soll eine Sonderprüfung stattfinden zur Untersuchung der Vor-
gänge im Zusammenhang mit der im Geschäftsjahr 2006 mit der
erfolgten Zusammenarbeit der
sowie ihrer Tochtergesellschaften betreffend die Hotels
auf Gran Canaria in den Bereichen Catering, Hotelwäscherei und
Einkauf, und zwar insbesondere zu folgenden Fragen:
a) Hat die Zusammenarbeit mit der hinsichtlich der kanarischen Hotels zu einem Schaden der Gesellschaft oder ihrer Tochterunternehmen geführt, insbesondere weil die von der erbrachten Leistungen im Vergleich mit Drittanbietern überteuert waren€ Hat der Vorstand im Bereich des Einkaufs dafür Sorge getragen, dass die von den Zulieferern gewährten Mengenrabatte und ähnliche Mengenvorteile in anteilig korrekter Höhe der oder ihren Tochterunternehmen zugute kamen€ Dauert die Schadenszufügung in diesem Zusammenhang noch an€
b) Wie hoch sind diese Schäden zu beziffern€
c) Konnte sich der Vorstand im Rahmen der Vereinbarung dieser Zu-sammenarbeit mit der auf sachlich rechtfertigende Gründe berufen€ Sind vorab zum Vergleich Angebote von Drittanbietern außerhalb des eingeholt worden€
2. Zum Sonderprüfer wird die
, bestellt. Der
Sonderprüfer kann die Unterstützung von fachlich qualifiziertem
Personal, insbesondere von Personen mit Kenntnissen der Branche
der Gesellschaft heranziehen.“
4)
Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 5. Juli 2007 zu Tagesordnungspunkt 3, mit dem die Hauptversammlung dem Aufsichtsrat Entlastung für das Geschäftsjahr 2006 erteilt hat, wird für nichtig erklärt.
5)
Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 5. Juli 2007 zu Tagesordnungspunkt 3, mit dem die Hauptversammlung die Bestellung eines Sonderprüfers abgelehnt hat, wird für nichtig erklärt.
6)
Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 5. Juli 2007 zu Tagesordnungspunkt 3 folgenden Beschluss gefasst hat:
„1. Es soll eine Sonderprüfung stattfinden zur Untersuchung der Vor-
gänge im Zusammenhang mit der im Geschäftsjahr 2006 mit der
Gruppe erfolgten Zusammenarbeit der
sowie ihrer Tochtergesellschaften betreffend die Hotels
auf Gran Canaria in den Bereichen Catering, Hotelwäscherei und
Einkauf, und zwar insbesondere zu der Frage, ob die Mitglieder des
Aufsichtsrates ihren diesbezüglichen Überwachungspflichten in um-
fassender Form nachgekommen sind, so dass potentielle Schäden
vor der Gesellschaft und ihren Tochtergesellschaften abgewendet
wurden.
2. Zum Sonderprüfer wird die
, bestellt. Der
Sonderprüfer kann die Unterstützung von fachlich qualifiziertem
Personal, insbesondere von Personen mit Kenntnissen der Branche
der Gesellschaft heranziehen.“
7)
Die Wahlbeschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 5. Juli 2007 zu Tagesordnungspunkt 5, mit denen die Hauptversammlung der Beklagten die Herren im Wege der Einzelwahl zu Mitgliedern des Aufsichtsrates bestellt hat, wird für nichtig erklärt.
8)
Der Wahlbeschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 5. Juli 2007 zu Tagesordnungspunkt 5, mit dem die Hauptversammlung der Beklagten die (Block-)Wahl von zu Mitgliedern des Aufsichtsrates abgelehnt hat, wird für nichtig erklärt.
9)
Es wird festgestellt, dass die Hauptversammlung der Beklagten vom 5. Juli 2007 zu Tagesordnungspunkt 5 die Herren für eine volle Amtsperiode gemäß § 10 Abs. 2 der Satzung zu Mitgliedern des Aufsichtsrates der Beklagten bestellt hat.
10)
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelfer der Klägerin.
11)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Duisburg. Die Klägerin ist Aktionärin der Beklagten mit einer Beteiligung von ca. 23,52 % am Grundkapital. Mehrheitsaktionärin der Beklagten ist die mit Sitz in Las Palmas, Gran Canaria (im weiteren ), mit einem Anteil von ca. 51,35 % am Grundkapital. Wegen der Beteiligungen an der , insbesondere der (im weiteren ) und des wird auf das Schaubild auf Seite 7 der Klageschrift verwiesen.
Am 5.7.2007 fand eine Hauptversammlung der Beklagten statt. Mit den Stimmen der Mehrheitsaktionärin, der ., und gegen die Stimmen der Klägerin wurden dem Vorstand und dem Aufsichtsrat der Beklagten die Entlastung für das Geschäftsjahr 2006 erteilt, Beschlussvorschläge der Klägerin auf Bestellung eines Sonderprüfers zu Vorgängen im Geschäftsjahr 2006 abgelehnt, Aufsichtsratsmitglieder bestellt und davon abweichende Wahlvorschläge der Klägerin abgelehnt.
Die Klägerin trägt vor, die gefassten, in den Anträgen näher bezeichneten Beschlüsse seien wegen Verstoßes gegen § 130 Abs. 2 AktG anfechtbar. Die habe ihre Stimmrechte nicht wirksam ausüben können, weil nicht sämtliche die die beherrschenden Unternehmen, nämlich , die notwendigen Stimmrechtsmeldungen im Sinne der §§ 21, 22, 41 WpHG (Wertpapierhandelsgesetz) in Verbindung mit der WpAIV (Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverordnung) abgegeben hätten. Die Beschlüsse zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat verstießen zudem gegen § 161 AktG, weil die Beklagte von den Soll-Vorgaben des abgewichen sei, ohne dass dies in einer Entsprechenserklärung nach § 161 AktG offen gelegt worden sei. Der Beschluss zur Entlastung des Aufsichtsrats verstieße zusätzlich gegen § 136 AktG, wonach niemand für sich oder einen anderen das Stimmrecht darüber ausüben dürfe, ob er zu entlasten ist. Hiergegen sei verstoßen worden, weil 4 im Geschäftsjahr 2006 amtierende Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten (namentlich benannt auf Seite 22 der Klageschrift) die Stimmenmehrheit im Geschäftsführungsorgan der besessen und aufgrund dessen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung der gehabt hätten, wie diese ihre Stimmrechte bei der Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats und damit zugleich über die Entlastung der 4 streitbefangenen Aufsichtsratsmitglieder ausübt. Dieses Abstimmverbot habe auch bei der Abstimmung über den Antrag der Klägerin auf Bestellung eines Sonderprüfers betreffend den Aufsichtsrat (Antrag zu 5.) gegolten. Die Beschlüsse zu TOP 5, mit denen Aufsichtsratsmitglieder gewählt wurden, sei im Hinblick auf die Wahl des wegen eines Verstoßes gegen § 124 Abs. 3 Satz 3 AktG anfechtbar. Denn in dem veröffentlichten Beschlussvorschlag sei der ausgeübte Beruf des Vorgeschlagenen nicht genannt worden. Weil die ablehnenden Beschlüsse bezüglich der Vorschläge der Klägerin nur unter rechtswidriger Mitzählung der Stimmen der zu Stande gekommen seien, ohne die Stimmen der die Vorschläge der Klägerin beschlossen worden wären, sei schließlich festzustellen, dass die in der Hauptverhandlung beantragten Beschlüsse zu Stande gekommen sind.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Der Streithelfer der Klägerin haben sich diesen Anträgen angeschlossen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die nach §§ 110 ff ZPO nötige Prozesskostensicherheit sei nicht wirksam gestellt worden. Denn Klägerin sei eine Inc., während sich die gestellte Sicherheit auf ein Verfahren beziehe, welches von einer Inc. Betrieben werde.
Unabhängig davon sei die Klage zum Teil schon unzulässig (Anträge zu 3. und 6.), weil die Anträge nicht bestimmt genug seien. Denn es sei unklar, was unter " Gruppe" zu verstehen sei. Ein Sonderprüfer wisse deshalb nicht konkret, welche genauen Vorgänge er prüfen solle. Für die Anträge zu 3., 8. und 9. fehle des Rechtsschutzbedürfnis.
Die Klage sei auch unbegründet. Die als Klägerin auftretende Gesellschaft existiere nicht, eine bloße Rubrumsberichtigung komme nicht in Betracht. Weiter sei die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht eingehalten worden.
In der Sache sei kein Verstoß gegen § 130 Abs. 2 AktG gegeben. Denn auch die und hätten die nach dem WpHG nötigen Meldungen gemacht, § 41 Abs. 4 a WpHG sei nicht anwendbar. Ein Verstoß gegen
§ 161 AktG sei nicht gegeben, weil sowohl der Geschäftsbericht, die Tagesordnung und die nötige Entsprechenserklärung auf der Internetseite der Beklagten veröffentlicht worden sei. Für die habe kein Stimmverbot bestanden, weil die 4 streitbefangenen Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten nicht, wie erforderlich, das Geschäftsführungsorgan (Verwaltungsrat) der rechtlich beherrschten. Denn in diesem Organ habe mit Herr nur ein Aufsichtsratsmitglied der Beklagten gesessen. Die weiteren 3 Aufsichtsratsmitglieder seien dort nur Repräsentanten, d.h. Boten der 3 juristischen, zum Verwaltungsrat gehörenden Personen gewesen. Zudem hätten die 7 Verwaltungsratsmitglieder ihre Vertretungsbefugnis auf die S.A. übertragen, diese wiederum auf die , die ihrerseits durch den alleinvertretungsberechtigten vertreten werde. Dieser habe also darüber entschieden, wie die Stimmen der abgegeben wurden. Der gerügte Verstoß gegen § 124 Abs. 3 Satz 3 AktG sei irrelevant, weil in der vergangenen Amtsperiode bereits Aufsichtsratsmitglied gewesen sei, so dass der Versammlung sein Beruf bekannt gewesen sei. Im übrigen sei er auf der Webseite der Beklagten unter Angabe seines Berufs als Aufsichtsratsmitglied aufgeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Gründe
A.
Die Klage ist zulässig.
I.
Die Anträge zu 3. und 6. sind hinreichend bestimmt. Denn einem Sonderprüfer ist erkennbar, welche konkreten Vorgänge er prüfen soll, wenn Vorgänge in der genannten Geschäftstätigkeit der Beklagten im Zusammenhang mit der " Gruppe" ( zu prüfen sind. Es ist erkennbar, dass mit dem begehrten Beschluss die Gesellschaften gemeint sind, die unter der Leitung der geführt werden; nicht irgend welche anderen Gesellschaften, die möglicherweise auch den Begriff " " benutzen, aber nicht mit der verwoben sind. Im spanischen Handelsregister wird die . mit dem Zusatz geführt (Anlage K 5 b, Bl. 43 GA). Die Gruppe betreibt einen eigenen Internetauftritt unter (Startseite Anlage
K 13, Bl. 211 GA). Der Geschäftsbericht der für das Geschäftsjahr 2005 führt aus, dass diese Gesellschaft an der Spitze einer Gruppe von Gesellschaften steht, die ihre Aktivitäten im Bereich Immobilien, Hochbau, Tourismus und in andere Bereiche entwickeln und die alle zusammen das bilden, was als bekannt ist (Anlage K 14, Bl. 212; Übersetzung auf Seite 3 des Schriftsatzes der Klägerin vom 12.2.2008, Bl. 201 GA). Die dazu gehörenden Gesellschaften werden zudem in diesem Geschäftsbericht benannt (Anlage K 15, Bl. 213 ff GA). Den Kreis der betroffenen Gesellschaften zu ermitteln, ist Aufgabe des Sonderprüfers.
II.
Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag zu 3. ist gegeben. Auch wenn wegen Ausscheidens der Vorstandsmitglieder keine personellen Konsequenzen mehr gezogen werden können, könnten sich haftungsrechtliche Folgen ergeben. Verjährung ist insofern nicht gegeben. Denn Ansprüche gegen die Vorstandsmitglieder wegen Pflichtverletzungen gemäß § 93 AktG verjähren gemäß § 93 Abs. 6 AktG in 5 Jahren.
III.
Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anträge zu 8. und 9. fehlt nicht. Bezüglich des Antrags zu 8. hat die Beklagte diesen Vortrag auch auf den Hinweis der Klägerin nicht begründet und es ist auch sonst nicht ersichtlich, woraus sich das fehlende Rechtsschutzbedürfnis ergeben soll. Bezüglich des Antrags zu 9. fehlt das Rechtsschutzbedürfnis nicht deshalb, falls die Klägerin bei ihren in der Hauptversammlung abgegebenen Vorschlägen zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern nicht den Anforderungen des § 124 Abs. 3 Satz 3 AktG entsprochen haben sollte. Denn diese Vorschrift begründet eine Pflicht des Aufsichtsrats, wenn er Vorschläge zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern macht (vgl. Hüffer, Kommentar zum AktG, 7. Auflage, § 124, Randnummer 16), nicht eine Pflicht von Aktionären. Dahin stehen kann deshalb, ob die Klägerin bei ihrem Vorschlag die Berufe und die Wohnorte der von ihr Vorgeschlagenen hinreichend angegeben hat.
B.
Die Begründetheit der Klage:
I.
Die Begründetheit entfällt nicht, weil eine nicht existente Klägerin die Klage erhoben hat. Vielmehr war eine Rubrumsberichtigung dahin vorzunehmen, dass Klägerin nicht die " ." ist, sondern die " .". Ungenaue oder unrichtige Parteibezeichnungen sind unschädlich und können jederzeit von Amts wegen berichtigt werden, wenn die Identität der Partei gewahrt bleibt. Bei unrichtiger Parteibezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 26. Auflage, vor § 50, Randnummer 7 mit weiteren Nachweisen). Erkennbar war die " " gemeint. Denn nur sie und nicht eine nicht existente " " war bei Klageerhebung Aktionärin der Beklagten mit einem Anteil von ca. 23,52 %. Die in diesem Zusammenhang vorgelegte Anlage K 2 (Blatt 35 GA) gibt zudem den Namen der Klägerin korrekt wieder. Die Berichtigung ist bereits mit Beschluss vom 28.5.2008 erfolgt und wird mit dem Urteil fortgesetzt. Folglich ist auch die Prozesskostensicherheit gemäß §§ 110 ff ZPO wirksam gestellt worden.
II.
Die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG von einem Monat nach der Beschlussfassung ist gewahrt. Die Klage wurde am 3.8.2007, also vor Ablauf der Monatsfrist, bei dem Landgericht Duisburg eingereicht. Die Zustellung der Klageschrift an den Vorstand und das erste Aufsichtsratsmitglied am 31.8.2007 erfolgte "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO, so dass maßgeblich für die rechtzeitige Hemmung der Verjährung das Datum der Klageeinreichung bei Gericht ist. Bei § 167 ZPO ist darauf abzustellen, ob die Zustellung in nicht allzu erheblichen zeitlichen Abstand vom Frist-
ablauf erfolgt und der Zustellungsbetreiber alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan hat. Das ist zu bejahen. Eine Fristüberschreitung von weniger als
4 Wochen ist nicht allzu erheblich. Die Klägerin auch alles ihr Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan. Am 20.8.2007 ging der Klägerin die Aufforderung des Gerichts auf Einzahlung eines restlichen, nach dem Streitwertbeschluss vom 7.8.2007 noch erforderlichen Vorschusses zu (Anlage K 16, Bl. 218 GA), bereits am 21.8.2007 gingen die restlichen 427,50 € bei Gericht ein (Anlage IV GA).
III.
Antrag zu 1.:
Dieser Antrag ist begründet.
Es besteht ein Anfechtungsrecht gemäß §§ 243 Abs. 1, 130 Abs.2 AktG, weil der Versammlungsleiter das Ergebnis der Abstimmung unzutreffend festgestellt hat . Das ist auch dann der Fall, wenn ungültige Stimmen mitgezählt werden, etwa wegen Verstoßes gegen Mitteilungspflichten des WpHG (vgl. Münchener Kommentar zum AktG, 2. Auflage, § 243, Randnummer 41). Dies ist der vorliegend Fall. Zu Unrecht hat der Versammlungsleiter die Stimmen der mitgezählt. Denn gemäß § 28 WpHG besteht kein Stimmrecht aus Aktien, die einem Meldepflichtigen gehören oder aus denen ihm Stimmrechte gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 zugerechnet werden für die Zeit, für welche die Mitteilungspflichten nach § 21 Abs. 1 WpHG nicht erfüllt wurden. Nach § 41 Abs. 4 a Satz 1 WpHG hat derjenige, der am 20.1.2007, auch unter Berücksichtigung des § 22, einen mit Aktien verbundenen Stimmrechtsanteil hält, der die Schwelle von 15, 20 oder 30 Prozent erreicht, überschreitet oder unterschreitet, dem Emittenden (Beklagte) spätestens am 20.3.2007 seinen Stimmrechtsanteil mitzuteilen. Dies gilt gemäß § 41 Abs. 4 a Satz 2 WpHG dann nicht, wenn er bereits vor dem 20.3.2007 eine gleichwertige Mitteilung gemacht hat. Der Inhalt der Meldung richtet sich nach § 21 Abs. 1 WpHG in Verbindung mit der WpAIV. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 WpAIV sind auch der Name des Dritten, aus dessen Aktien dem Mitteilungspflichtigen Stimmrechte zugerechnet werden, mitzu-
teilen, wenn dessen zugerechneter Stimmrechtsanteil jeweils 3 % oder mehr beträgt. Unter dieser Voraussetzung sind nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 WpAIV die Namen der kontrollierten Unternehmen anzugeben, über die die Stimmrechte tatsächlich gehalten werden.
Dem entsprechen die von der Beklagten vorgelegten Mitteilungen der und des nicht (Anlagen B 7 bis B 10). Es ist nicht angegeben, von welchem Dritten oder welchem kontrollierten Unternehmen die Anzeigenden die insgesamt 69,25 % der Stimmrechtsanteile an der Beklagten herleiten. Zu recht weist die Klägerin darauf hin, dass deshalb nicht nachvollziehbar sei, aus welchem Grund die Stimmrechtsanteile der und des an der Beklagten größer sind als die der Mehrheitsaktionärin mit ca.
51,35 %. Dahinstehen kann, ob die möglicherweise am 10.7. 2008 erfolgten geänderten Mitteilungen den Vorschriften des WpHG entsprechen (vgl. Anlage K 21, Bl. 280 GA). Für die Versammlung vom 5.7.2007 kamen sie jedenfalls zu spät.
Folge dessen ist, dass auch die ihr Stimmrecht gemäß § 28 WpHG verloren hat. § 28 WpHG begründet einen konzernweiten Rechtsverlust (vgl. Kölner Kommentar zum WpHG, § 28, Randnummer 35 f; Assmann/Schneider, WpHG,
4. Auflage, § 28, Randnummer 43 f). Unwidersprochen und bestätigt durch das Protokoll über die Hauptversammlung (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 10.9.2007) hat die Klägerin vorgetragen, dass ohne die Stimmen der der Beschluss nicht gefasst worden wäre. Auf die weitere Streitfrage, ob der Beschluss außerdem auch wegen Verstoßes gegen § 161 Aktiengesetz anfechtbar ist, kommt es nicht an.
§ 41 Abs. 4 a WpHG ist anwendbar. In Umsetzung der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG vom 15.12.2004 ist diese Vorschrift am 20.1.2007 in Kraft getreten. Zutreffend ist zwar, dass § 41 Abs. 4 a WpHG keine generelle Bestandsmitteilungspflicht für alle zum 20.1.2007 gehaltenen Beteiligungen eingeführt hat (vgl. auch Bundestagsdrucksache 16/2498, Seite 48). Denn nach § 41 Abs. 4 a Satz 2 Halbsatz 1 WpHG besteht dann keine Mitteilungspflicht, wenn der Mitteilungspflichtige bereits vor dem 20.1.2007 eine Mitteilung "mit gleichwertigen Informationen" an den Emittenden gerichtet hat. Wann eine solch gleichwertige Mitteilung vorliegt, ergibt
sich aus § 41 Abs. 4 a Satz 2 Halbsatz 2 WpHG. Dort heißt es, dass sich der Inhalt der Informationen nach der WpAIV richtet. Eine Mitteilung mit geringerem Inhalt, wie hier von den Mitteilungspflichtigen bereits im Jahre 2004 abgegeben, genügt nicht der von der Transparenzrichtlinie geforderten zusätzlichen Transparenz gegenüber den bis dahin gegebenen Anforderungen, ist also nicht gleichwertig.
Die Beklagte kann sich für ihre gegenteilige Meinung nicht mit Erfolg auf die genannte Bundestagsdrucksache berufen. Fraglich ist bereits, ob die Zitatstelle tatsächlich dahin zu verstehen ist, dass eine frühere nicht gleichwertige Mitteilung ausreichen soll oder ob nicht nur im Gegensatz zur Regelung mit § 41 Abs. 2 WpHG zum 1.4.2002 (BGBl. I Seite 3822) diejenigen von einer erneuten Mitteilungspflicht ausgenommen wurden, die bereits vorher freiwillig eine gleichwertige Mitteilung gemacht hatten, damit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vor einer erneuten Papierflut verschont wurde. Jedenfalls aber würde die fragliche, nicht eindeutige Äußerung des Gesetzgebers in einer Bundestagsdrucksache die Gerichte nicht binden, wenn, wie hier, die von der Beklagten gewollte Auslegung keinen Niederschlag im Gesetzestext gefunden hat und auch nicht der EG-Richtlinie zu entnehmen ist, die mit dem Gesetz umgesetzt werden sollte (vgl. BGH Beschluss vom 26.5.2008 - II ZB 23/07; LG Frankfurt, BB 2008, 2035 mit weiteren Nachweisen).
Anträge zu 2, 4, 5, 7 und 8:
Aus den Gründen zu Antrag 1. sind auch diese Anträge begründet. Unwidersprochen und bestätigt durch das Protokoll über die Hauptversammlung (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 10.9.2007) hat die Klägerin auch insofern vorgetragen, dass ohne die Stimmen der die angefochtenen Beschlüsse nicht gefasst worden wären. Auf die Streitfragen, ob der Antrag zu 4. außerdem wegen Verstoßes gegen § 161 AktG und/oder § 136 AktG anfechtbar ist, kommt es nicht an. Nicht zu entscheiden war deshalb auch, ob der neue Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 8.10.2008 zur Frage des Verstoßes gegen § 136 AktG wegen Verstoßes gegen die Prozessförderungspflicht als verspätet zurückzuweisen ist. Dahinstehen kann auch, ob der Antrag zu 7. zusätzlich wegen eines Verstoßes gegen
§ 124 Abs. 3 Satz 3 AktG anfechtbar ist, weil bei dem Vorschlag, den in den Aufsichtsrat zu wählen, dessen Beruf nicht genannt war, oder ob dies ein irrelevanter Verstoß ist.
Antrag zu 3, 6 und 9:
Diese Feststellungsanträge sind ebenfalls begründet.
Hat ein Versammlungsleiter die Ablehnung von Anträgen zu Unrecht festgestellt und die Feststellung gemäß § 130 Abs. 2 AktG in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen, ist der ablehnende Beschluss anfechtbar. Die erfolgreiche Anfechtung beseitigt aber nur den ablehnenden Beschluss. Nach ganz herrschender Meinung darf der Anfechtungsantrag deshalb um den Feststellungsantrag ergänzt werden, dass ein Beschluss mit näher bezeichnetem Inhalt zu Stande gekommen ist (Hüffer, § 246 AktG, Randnummer 42 mit weiteren Nachweisen).
IV.
Aufgrund der nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 19.11.2008 und 09.12.2008 bestand weder Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, noch zur Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung in dem Verfahren 24 O 84/08 LG Duisburg.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
LG Duisburg:
Urteil v. 10.12.2008
Az: 25 O 81/07
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