Amtsgericht Mönchengladbach:
Urteil vom 29. April 2003
Aktenzeichen: 5 C 286/02

(AG Mönchengladbach: Urteil v. 29.04.2003, Az.: 5 C 286/02)

Zum Rechtsverhältnis zwischen dem Internet-Nutzer

und dem Betreiber eines Webdialers

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 200,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin verfügt über einen Internet-Anschluss. Die für diesen Anschluss anfallenden Verbindungsentgelte werden durch die N. Gesellschaft für Telekommunikation GmbH abgerechnet. Die Beklagte stellt Anbietern von Informationsdiensten im Internet Webdialer als Abrechnungssoftware zur Verfügung. Sie erfasst die Verbindungsentgelte über eine 0190-Nummer, zieht sie für die Anbieter ein und leitet sie nach Abzug einer Provision an diese weiter.

Am 05.10.2001 surfte die Klägerin im Internet. Dabei entstanden durch sechs Verbindungen zu einer von der Beklagten betriebenen 0190-Nummer Kosten von insgesamt 776,64 DM. Die Klägerin zahlte diesen Betrag unter Vorbehalt an N.

Die Klägerin behauptet, der Webdialer der Beklagten habe die Verbindungen hergestellt, ohne dass sie informiert worden sei. Sie habe eine E-mail erhalten mit dem Angebot, einen Intelligenztest durchzuführen. Dazu sollte eine Software heruntergeladen werden. Die Beklagte habe auf die Schaltfläche "O.K." geklickt. Ihr sei nicht mitgeteilt worden, dass es sich um ein entgeltpflichtiges Angebot handelte. Die Beklagte sei Anbieter des Intelligenztests gewesen. Sie habe das Entgelt von N. erhalten.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, sie könne die an N. gezahlten 776,64 DM von der Beklagten zurückverlangen, weil kein Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen sei. Das folge schon daraus, dass die Klägerin nicht gewusst habe, dass es sich um eine entgeltpflichtige Leistung handelte. Die Beklagte trage die Beweislast für das Zustandekommen eines Vertrages auch dann, wenn sie nicht selbst Anbieter des Intelligenztests gewesen wäre. Selbst wenn ein Vertrag geschlossen worden wäre, wäre er wegen Verstoßes gegen § 6 TDG unwirksam. Zudem stehe der Klägerin ein Widerrufsrecht nach dem Fernabsatzgesetz zu. Der Anspruch ergebe sich außerdem aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 6 TDG.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 397,09 Euro nebst

5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 05.10.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der dem Anbieter des Intelligenztests zur Verfügung gestellte Webdialer stelle eine Verbindung nur mit Zustimmung des Nutzers her. Vor dem Verbindungsaufbau werde der Nutzer auf die Entgeltpflichtigkeit hingewiesen. Das Entgelt für den Intelligenztest habe sie nicht erhalten, weil es sich um das Angebot eines anderen Unternehmens gehandelt habe. Deshalb müsse sie nicht nachweisen, dass ein Vertrag mit der Klägerin zustande gekommen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und das Beweisergebnis wird auf Sitzungsprotokolle, gewechselte Schriftsätze nebst Anlagen und das schriftliche Sachverständigengutachten Bezug genommen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht die Klageforderung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine vertraglichen Ansprüche. Zwischen den Parteien ist unstreitig kein Vertrag zustande gekommen. Die Erstattung der an N. gezahlten 776,64 DM kann auch nicht wegen Verletzung einer die Beklagte im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung treffenden Verpflichtung begehrt werden. Aus Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien kann sich eine solche Verpflichtung nicht ergeben. Ein Vertrag konnte nicht zwischen den Parteien, sondern nur zwischen der Klägerin und dem Anbieter des Intelligenztests zustande kommen. Die Beklagte war nicht Anbieterin des Intelligenztests. Das hat die Vernehmung des Zeugen Herrn J. ergeben. Der Zeuge hat mitgeteilt, dass die Beklagte Intelligenztests im Internet zu keiner Zeit anbot. Die Angaben des Zeugen sind glaubhaft. Zwar war er als technischer Leiter nicht für die Auswahl der Inhalte der Angebote der Beklagten zuständig. Aufgrund seiner Mitwirkung in der Geschäftsleitung hatte der Zeuge aber einen Überblick über die von der Beklagten angebotenen Informationen und Dienstleistungen. Das Gericht hält den Zeugen für glaubwürdig. Er hat nicht den Eindruck vermittelt, als wolle er gezielt zugunsten der Beklagten aussagen. Vielmehr hat er sich um eine Aufklärung des Sachverhalts bemüht und auch für die Beklagte ungünstige Umstände mitgeteilt. Für die Überzeugung des Gerichts davon, dass die Beklagte nicht Anbieterin des Intelligenztest war, stellt das Beweisergebnis eine hinreichende Grundlage dar. Die Beklagte musste nicht vortragen, wer der Anbieter war. Grundsätzlich trifft die Darlegungslast für die den Schadenersatzanspruch begründenden Umstände den Geschädigten. Von dieser regelmäßigen Verteilung der Darlegungslast ist eine Ausnahme zu machen für Tatsachen, die nur der anderen Partei zugänglich sind. Der Nutzer eines Angebots im Internet muss sich bei der Identifizierung des Urhebers auf die von diesem zur Verfügung gestellten Information verlassen. Sind die Angaben fehlerhaft, kann der Nutzer den Anbieter nicht ermitteln. Demgegenüber hat der Betreiber einer Abrechnungssoftware die Möglichkeit, den Anbieter festzustellen, schon deshalb, weil er ihm die Vergütung zuordnen muss. Daraus folgt zwar keine Umkehrung der Darlegungslast. Es ergeben sich aber Veränderungen bezüglich der Anforderungen an die Substantiierung des Parteivortrags. Kommt es in einem Rechtsstreit auf die Frage an, wer Anbieter einer Leistung im Internet war, sind an die Substantiierung des Vortrags der Partei, die die Entgelte abgerechnet hat, regelmäßig höhere Anforderungen zu stellen als an den Vortrag des Nutzers. Insbesondere muss das Abrechnungsunternehmen den Anbieter der Leistung nennen. Das gilt allerdings nur, soweit die abrechnende Partei über einen Wissensvorsprung verfügt. Ist das nicht der Fall, bleibt es bei der Darlegungslast des geschädigten Nutzers. Die Beklage war nicht in der Lage, den Anbieter des Intelligenztests zu ermitteln. Das hat die Beweisaufnahme ergeben. Der Zeuge Herr J. hat beschrieben, wie die Zuordnung der Vergütungen an die Anbieter erfolgt. Die Verbindungsentgelte werden über eine von der Beklagten betriebene 0190-Nummer mit der Deutschen Telekom abgerechnet. Die Beklagte verteilt die Erlöse auf die Anbieter. Hierfür werden die Zugriffe auf die Abrechnungssoftware der Beklagten durch diese registriert. Die Anbieter werden über eine ihnen zugeteilte Account-Nummer identifiziert. Ohne diese Account-Nummer kann die Beklagte eine dem Nutzer von der Deutschen Telekom in Rechnung gestellte Verbindung dem Anbieter nicht zuordnen. Die Zuordnung ist auch nicht auf Grundlage der von der Deutschen Telekom an die Klägerin mitgeteilten Verbindungsdaten möglich. Zum einen decken sich die von der Deutschen Telekom erfassten Zeiten nicht mit den bei der Beklagten registrierten Zeiten, da sie zusätzlich den Einwahlprozess beinhalten. Zum anderen kann angesichts der Vielzahl der über die von der Beklagten betriebene 0190-Nummer abgerechneten Vorgänge allenfalls die statistische Wahrscheinlichkeit für die Nutzung eines bestimmten Angebots angegeben werden. Die bei den Einwahlen verwendete Account-Nummer lässt sich nicht mehr feststellen. Die Account-Nummer war sowohl in der auf dem Computer der Klägerin installierten .exe-Datei des Webdialers als auch in den Verbindungsprotokollen enthalten. Das Sachverständigengutachten hat ergeben, dass diese Dateien nicht mehr vorhanden sind. Der Datenverlust ist nicht der Beklagten zuzurechnen. Sie hatte auf das Speichern der Daten keinen Einfluss. Die Klägerin hatte die Möglichkeit, die auf ihrem Rechner vorhandenen Daten zu sichern.

Die Beklagte haftet auch nicht wegen der Verletzung einer Verpflichtung, die sie im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung zwischen der Klägerin und dem Anbieter des Intelligenztests traf. Die Vermittlung des Kontakts zwischen Anbieter und Nutzer begründet Informations- und Sorgfaltspflichten für den Betreiber der Abrechnungssoftware, ohne dass zwischen ihm und dem Nutzer ein Vertrag zustanden kommen muss (vgl. Landgericht Berlin, Urteil vom 28.05.2002, Aktenzeichen 102 O 48/02). Informationspflichten der Beklagten ergeben sich insbesondere aus §§ 6, 7 TDG. Sie ist Diensteanbieter im Sinne des § 3 Nr. 1 TDG. Dass §§ 6, 7 TDG nicht nur zwischen dem Diensteanbieter und seinem Vertragspartner gelten, folgt schon daraus, dass andernfalls der bezweckte Schutz des Internet-Nutzers nicht erreicht werden könnte. Bei dem gängigen, auch von der Beklagten verwendeten Abrechnungsmodell entsteht nämlich der Vertrag nur zwischen dem Nutzer und dem Content-Anbieter. Ob die Beklagte ihre Informationspflichten gemäß § 6 TDG verletzte, kann offen bleiben. Eine derartige Pflichtverletzung kann den der Klägerin entstandenen Schaden nicht verursacht haben. Selbst wenn die Beklagte über ihr eigenes Unternehmen in ausreichendem Maße informiert hätte, wäre der Hinweis auf die Entgeltpflichtigkeit des Intelligenztests unterblieben. Die Beklagte war nicht nach § 7 TDG verpflichtet, auf die Entgeltpflichtigkeit hinzuweisen. Die Pflicht zum Hinweis auf den kommerziellen Charakter eines Internet-Dienstes trifft den Anbieter nur hinsichtlich seiner eigenen Angebote. Die Vermittlung als solche stellte kein kommerzielles Angebot der Beklagten dar, da sie für die Klägerin unentgeltlich erfolgte. Zur Entrichtung der Provision war der Anbieter des Intelligenztests verpflichtet. Auf den kommerziellen Charakter des Intelligenztests musste die Beklagte nicht hinweisen. Für die Frage, ob § 7 TDG auch auf den Diensteanbieter anzuwenden ist, der den Zugang zu einem Content-Anbieter für den Nutzer unentgeltlich vermittelt, ist auf die Rolle des Diensteanbieters bei der Vertragsanbahnung abzustellen. Beschränkt sich die Mitwirkung auf die technische Herstellung des Kontakts und die Abwicklung der Vergütung, haftet der Diensteanbieter nicht für den Inhalt der Informationen, zu denen er den Zugang vermittelt. Denn auf den Inhalt hat der Diensteanbieter keinen Einfluss. Deshalb ist der Diensteanbieter nach § 8 Abs. 2 TDG nicht zur Überwachung des Inhalts verpflichtet. Trifft demgegenüber der Diensteanbieter eine Auswahl und stellt die ausgewählten Angebote dem Nutzer zur Verfügung, ist er für den Inhalt nach § 9 Abs. 1 TDG verantwortlich. Die Beklagte veranlasste den Kontakt zwischen dem Anbieter des Intelligenztests und der Klägerin nicht. Die Kontaktaufnahme erfolgte durch die E-mail des Anbieters des Intelligenztests. Die Beklagte wählte weder das Angebot noch den Adressaten aus. Vielmehr entschied sich die Klägerin durch Anklicken der Schaltfläche "O.K." für die Durchführung des Intelligenztests. Die Tätigkeit der Beklagten beschränkte sich auf die inhaltsneutrale technische Herstellung des Kontakts mittels ihres Webdialers und auf die Erfassung der Verbindungsdaten zwecks Abrechnung. Die Beklagte verletzte durch die Zurverfügungstellung eines Webdialers, der durch einen Dritten manipuliert werden konnte, keine Sorgfaltspflicht. Der Anbieter einer Abrechnungssoftware ist für Veränderungen, die Dritte an dem Programm vornehmen, nicht verantwortlich. Für die Annahme einer solchen Verpflichtung ist schon angesichts der abschließenden Regelung der §§ 8, 9 TDG kein Raum. Es besteht auch kein Bedürfnis, dem Softwarehersteller eine Produktbeobachtungspflicht für seine Abrechnungssoftware aufzuerlegen. Der Nutzer hat die Möglichkeit, sich vor dem unberechtigten Aufbau entgeltpflichtiger Verbindungen durch den Einsatz entsprechender Programme oder durch das Sperren aller 0190-Nummern zu schützen. Demgegenüber kann der Hersteller einer Software deren Verwendung durch Dritte nicht kontrollieren.

Die Klägerin kann die Rückzahlung der an N. gezahlten 776,64 DM nicht nach §§ 346 S. 1, 361 a Abs. 2 BGB a. F., 3 Abs. 1 S. 1 FernAbsG von der Beklagten verlangen. Zum einen sind diese Vorschriften nicht anwendbar. Es fehlt der von § 1 Abs. 1 FernAbsG vorausgesetzte Vertragsschluss. Unstreitig schlossen die Parteien keinen Vertrag. Auch mit dem Anbieter des Intelligenztests ist nach dem Vortrag der Klägerin kein Vertrag zustande gekommen. Wenn der Webdialer die Verbindungen ohne Wissen der Klägerin hergestellte, gab sie keine auf einen Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung ab. Das Klicken der Klägerin auf die Schaltfläche "O.K." kann nicht als Erklärung zum Abschluss eines Vertrages über die entgeltliche Nutzung des Intelligenztests angesehen werden. Das bloße Herunterladen eines Webdialers ohne Willen des Nutzers vermag einen Vertragsschluss nicht herbeizuführen (ebenso Amtsgericht Freiburg, Urteil vom 11.06.2002, Aktenzeichen 11 C 4381/01). Es fehlt das Bewusstsein Nutzers, überhaupt eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben. Eine auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages gerichtete Willenserklärung kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Klägerin keine Vorkehrungen gegen die unbemerkte Einwahl über eine 0190-Nummer traf. Ob der Internet-Nutzer verpflichtet ist, Vorkehrungen gegen die unbemerkte Einwahl durch Webdialer zu treffen (so das Amtsgericht München, Urteil vom 04.09.2001, Aktenzeichen 155 C 14416/01), muss nicht entschieden werden. Aus der Verletzung einer solchen Verpflichtung kann sich kein Vertragsschluss ergeben. Selbst die Lehre vom potentiellen Erklärungsbewusstsein schließt auf die Abgabe einer Willenserklärung nicht aufgrund einer Pflichtverletzung, sondern aufgrund des gesetzten Rechtsscheins. Es besteht kein schutzwürdiges Vertrauen eines Internet-Anbieters in den Erklärungswert eines Mausklicks, wenn er zuvor dafür Sorge getragen hat, dass der Nutzer die Bedeutung des Mausklicks nicht erkennen kann. Zum anderen ist Schuldner des Anspruchs auf Rückgewähr der Leistung der Vertragspartner. Selbst wenn ein Vertrag zustande gekommen wäre, wäre nicht die Beklagte, sondern der Anbieter des Intelligenztests aus §§ 346 S. 1, 361 a Abs. 2 BGB a. F., 3 Abs. 1 S. 1 FernAbsG verpflichtet.

Der Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. Die Klägerin leistete nicht an die Beklagte. Aus der Zahlung der Verbindungsentgelte an N. kann nicht auf einen Willen der Klägerin zur Leistung an die Beklagte geschlossen werden. Das folgt schon daraus, dass die Klägerin unter Vorbehalt an N. zahlte. Dadurch brachte sie zum Ausdruck, ausschließlich ihre Zahlungsverpflichtung gegenüber N. erfüllen zu wollen. An den Betreiber der 0190-Nummer wollte sie gerade nicht leisten. Zudem müsste, selbst wenn die Klägerin auf eine Verpflichtung aus der Nutzung des Internetangebots hätte zahlen wollen, diese Zahlung als Leistung an den, den es angeht, ausgelegt werden, also an den Anbieter des Intelligenztests. Die Beklagte war nicht Anbieter des Intelligenztests. Dass die Klägerin auf den Provisionsanspruch der Beklagten leisten wollte, kann nicht angenommen werden. Zum einen wusste die Klägerin zum Zeitpunkt der Zahlung an N. nicht, dass die Beklagte am Zustandekommen der Verbindung beteiligt war und hierfür eine Provision erhielt. Zum anderen bestand dieser Anspruch nicht gegenüber der Klägerin, sondern gegenüber dem Anbieter des Intelligenztests, so dass die Klägerin zu einer solchen Zahlung keinen Anlass gehabt hätte.

Die Beklagte ist nicht nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB zur Zahlung der 776,64 DM verpflichtet. Auch soweit die Klägerin die Zahlung an N. zum Zwecke einer Leistung erbrachte, ist die Anwendung dieser Vorschrift nicht ausgeschlossen. Das Vorliegen einer Leistung steht der Kondiktion des in "sonstiger Weise" Erlangten nur im Verhältnis zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger entgegen. Die Klägerin leistete, wie oben dargestellt, nicht an die Beklagte. Dem Vermögen der Beklagten floss aufgrund der durch N. an die Beklagte weitergeleiteten Zahlung ein Wert zu, der sich in Höhe der von der Beklagten einbehaltenen Provision noch in ihrem Vermögen befindet. Die Vereinnahmung der Provision führte nicht zu einer Bereicherung der Beklagten auf Kosten der Klägerin. Der Vermögenszuwachs resultiert nicht aus einem einheitlichen Bereicherungsvorgang. Denn die Zahlung stammte nicht unmittelbar aus dem Vermögen der Klägerin. Die Nichtleistungskondiktion kommt nur für Vermögensverschiebungen unmittelbar aus dem Vermögen des Bereicherungsgläubigers in das Vermögen des Bereicherungsschuldners in Betracht (vgl. Sprau, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Auflage 2003, RNr. 35 zu § 812 BGB). Eine Zahlung unmittelbar durch die Klägerin an die Beklagte kann nicht angenommen werden. Die Klägerin erbrachte die Leistung an N., die aufgrund ihrer Inkassoberechtigung den Anspruch gegen die Klägerin im eigenen Namen geltend machte. Aber selbst wenn man die Weiterleitung der Verbindungsentgelte durch N. an die Beklagte als Zahlung aus dem Vermögen der Klägerin vermittels eines Boten ansehen wollte, ergäbe sich kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB. Denn dann müsste auch die Beklagte, die den Betrag an den Anbieter weiterleitete, als Bote behandelt werden. Dann wäre es bei der Beklagten nicht zu einem Vermögenszuwachs gekommen. Das gilt auch für die von der Beklagten vereinnahmte Provision. Die Beklagte erhielt die Provision nicht unmittelbar von der Klägerin über N. Vielmehr erlangte die Beklagte den Betrag, den sie zunächst nur als Bote für den Anbieter entgegennahm, erst aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Übertragung durch den Anbieter.

Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. Die Beklagte verletzte das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht. Im Rahmen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kann jeder selbst entscheiden, welchen Informationen er sich aussetzen und welche Informationen er preisgeben will. Die Zusendung der E-mail ohne Aufforderung erfolgte nicht durch die Beklagte, sondern durch den Anbieter des Intelligenztests. Das Download der Software für den Intelligenztest veranlasste nicht die Beklagte, sondern die Klägerin selbst durch das Klicken auf die Schaltfläche "O.K.". Durch die Übermittlung der Anschlusskennung der Klägerin ohne ihren Willen wurde zwar das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Diese Verletzung kann aber nicht der Beklagten zugerechnet werden. Die Aktivierung des Webdialers wurde nicht durch die Beklagte veranlasst. Der Klägerin ist der Nachweis ihrer Behauptung, der Webdialer der Beklagten sei so programmiert gewesen, dass er ohne Zustimmung der Klägerin die Verbindung über die 0190-Nummer aufbaute, nicht gelungen. Der Sachverhalt war insoweit nicht mehr aufklärbar. Die Daten auf dem Computer der Klägerin wurden zwischenzeitlich gelöscht. Die .exe-Datei des Webdialers, der den Verbindungsaufbau verursachte, konnte deshalb nicht mehr untersucht werden. Einer Untersuchung des derzeit von der Beklagten eingesetzten Webdialers kommt für die Funktionsweise des damals verwendeten Programms kein Beweiswert zu. Die Verbindungsdaten waren auf dem Computer der Klägerin nicht mehr vorhanden und konnten auch nicht auf andere Weise reproduziert werden. Die Klägerin trägt die Beweislast für die von ihr behauptete Verletzungshandlung. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es sich um einen von der Beklagten programmierten Webdialer handelte. Die Beklagte hat keinen Wissensvorsprung, der eine Beweiserleichterung für die Klägerin begründen könnte. Die Beklagte kann nicht wissen, welche Manipulationen ein Anbieter an ihrem Webdialer vornahm.

Schließlich kann die Klageforderung nicht auf §§ 823 Abs. 2 BGB, 6, 7 TDG gestützt werden. §§ 6 und 7 TDG sind Schutzgesetze. § 6 TDG soll den Nutzer vor Schäden schützen, die sich dadurch ergeben können, dass er angesichts der Anonymität der Kommunikation im Internet den Vertragspartner nicht feststellen kann. § 7 TDG dient dem Schutz der Vertragsfreiheit des Nutzers bei entgeltlichen Telediensten. Eine Verletzung von § 6 TDG durch die Beklagte kann, wie oben ausgeführt, nicht schadensursächlich gewesen sein, und die Beklagte verletzte ihre Verpflichtungen aus § 7 TDG nicht.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Die Berufung ist nach § 511 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil dem Rechtsstreit hinsichtlich der Einordnung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Anbieter eines Webdialers und einem Internet-Nutzer sowie der Entscheidung über die Darlegungslast grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Streitwert: 397,09 Euro.






AG Mönchengladbach:
Urteil v. 29.04.2003
Az: 5 C 286/02


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