Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 2. September 2013
Aktenzeichen: 6 W 114/13
(OLG Köln: Beschluss v. 02.09.2013, Az.: 6 W 114/13)
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 18. 6. 2013 - 33 O 300/11 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Die Parteien vertreiben Porzellanfiguren. Die Antragstellerin hat den Vertrieb von Porzellanfiguren (zwei sich küssende Hasen) durch die Antragsgegnerin beanstandet, in der sie - unter anderem - eine wettbewerbsrechtlich unlautere Nachahmung eigener Produkte gesehen hat. Das Landgericht hat am 18. 5. 2011 antragsgemäß eine einstweilige Verfügung erlassen, in der der Antragsgegnerin die Bewerbung, der Vertrieb und das Inverkehrbringen der beanstandeten Figuren untersagt worden ist. Gegen diese einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 16. 6. 2011 Widerspruch eingelegt. Das Landgericht hat darauf hingewiesen, dass nach Eingang der Widerspruchsbegründung Termin anberaumt werde. Die Widerspruchsbegründung ist am 5. 1. 2013 bei Gericht eingegangen. In ihr hat die Antragsgegnerin ausgeführt, die seitens der Antragstellerin geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht; Ansprüche aus dem UWG seien verjährt.
In der darauf anberaumten mündlichen Verhandlung haben die Parteien das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt. Mit einem am 18. 6. 2013 verkündeten Beschluss hat das Landgericht der Antragsgegnerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und zur Begründung ausgeführt, ohne die Einrede der Verjährung wäre die einstweilige Verfügung zu bestätigen gewesen. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat mit Recht der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens nach § 91a ZPO auferlegt.
Das Landgericht hat in seinem ausführlich und sorgfältig begründeten Beschluss ausgeführt, dass die einstweilige Verfügung vom 18. 5. 2011 mit Recht ergangen sei, da der Antragsteller der in erster Linie geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 9 a, 8 UWG zugestanden habe. Es hat ferner dargelegt, dass der Umstand, dass die Antragstellerin es versäumt habe, anschließend die Verjährung des Unterlassungsanspruchs zu verhindern, nicht zu einer abweichenden Kostenentscheidung im Rahmen des § 91a ZPO führe. Diesen Ausführungen des Landgerichts schließt sich der Senat zustimmend an. Das Vorbringen der Antragsgegnerin in der Beschwerdeinstanz gibt lediglich zu folgenden Ergänzungen Anlass:
1. Die Erhebung der Einrede der Verjährung stellt ein das Verfügungsverfahren erledigendes Ereignis dar (OLG Frankfurt, Beschl. vom 8. 2. 2002 - 6 W 9/02 - GRUR-RR 2002, 183; Ahrens/Schmukle, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2009, Kap. 54 Rn. 9 m. w. N.; vgl. BGH, Urteil vom 13. 5. 1993 - I ZR 113/91 - GRUR 1993, 769, 770 f. - Radio Stuttgart, zur Erledigung durch Verzicht des Gläubigers auf ein Titelschutzrecht). Ob in dieser Situation dem Antragsteller die Kosten (teilweise) mit der Begründung aufzuerlegen sind, er habe den Eintritt der Verjährung durch Erhebung der Hauptsacheklage verhindern können, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten (Ahrens/Schmukle, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2009, Kap. 54 Rn. 12; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. 2011, Kap. 55 Rn. 32, jeweils m. w. N.). Der Senat schließt sich, wie auch das Landgericht, der in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung an, dass grundsätzlich eine Kostenbelastung des Antragstellers nicht geboten ist (KG, Beschluss vom 15. 4. 2010 - 5 W 67/10 - juris Tz. 1; OLG Celle, Beschl. vom 5. 4. 2001 - 13 W 3/01 - GRUR-RR 2001, 285, 286 - Ordnungsschwellengeräte; OLG Stuttgart, Beschl. vom 3. 4. 1996 - 2 W 63/95 - NJW-RR 1996, 1520; a. A. OLG Hamburg, Urteil vom 24. 11. 1988 - 3 U 106/88 - GRUR 1989, 296 - Anspruchsverzicht). Maßgeblich ist dabei, dass es für den Anspruchsteller - ohne einen ausdrücklichen Antrag des Anspruchsgegners gemäß § 926 ZPO - keine "Pflicht zur Klageerhebung in der Hauptsache" gibt und es für ihn durchaus sachgerecht erscheinen kann, von der Klageerhebung abzusehen.
Dabei kommt es, entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin, nicht auf den Gegenstand des Verfahrens an. Es ist daher unerheblich, dass die Antragstellerin im vorliegenden Fall keine schnelllebige Werbung beanstandet hat. Das Kammergericht hat in der Entscheidung, die das Landgericht in seiner Begründung herangezogen hat, lediglich ausgeführt, ein Gläubiger könne gute Gründe haben, auf die Erhebung einer Hauptsacheklage zu verzichten, und als Beispiel für solche Gründe ("etwa") die Untersagung einer inzwischen überholten Werbemaßnahme genannt (KG, Beschluss vom 15. 4. 2010 - 5 W 67/10 - juris Tz. 1; so auch OLG Celle, Beschl. vom 5. 4. 2001 - 13 W 3/01 - GRUR-RR 2001, 285, 286 - Ordnungsschwellengeräte). Damit ist nicht zum Ausdruck gekommen, dass nur in diesem Fall eine entsprechende Entscheidung im Rahmen des § 91a ZPO möglich wäre. Auch aus anderen Gründen - beispielsweise wegen der Kosten, weil das wesentliche Ziel bereits durch die einstweilige Verfügung erreicht wurde oder weil die Wiederholungsgefahr nach Erlass der einstweiligen Verfügung auch ohne Hauptsachetitel gering erachtet wird - kann es dem Antragsteller geboten erscheinen, auf das Hauptsacheverfahren zu verzichten und die Verjährung des Unterlassungsanspruchs in Kauf zu nehmen (OLG Stuttgart, Beschl. vom 3. 4. 1996 - 2 W 63/95 - NJW-RR 1996, 1520; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. 2011, Kap. 55 Rn. 32). Auch im vorliegenden Fall, der den Vertrieb von Saisonware (Porzellanfiguren aus einer Osterkollektion) betraf, musste es sich der Antragstellerin keineswegs aufdrängen, ein Hauptsacheverfahren anzuschließen.
2. Auch die Beanstandung, das Landgericht habe zu Unrecht eine "gewisse Bekanntheit" der Produkte der Antragstellerin angenommen, führt nicht zum Erfolg des Rechtsmittels. Zutreffend ist, dass die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft eines nachgeahmten Erzeugnisses voraussetzt, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Es genügt aber bereits eine Bekanntheit, bei der sich die Gefahr der Herkunftstäuschung in noch relevantem Umfang ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (BGH, Urteil vom 24. 5. 2007 - I ZR 104/04 - GRUR 2007, 984 Tz. 34 - Gartenliege). Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus hohen Absatzzahlen des Originals, sondern auch aus entsprechenden Werbeanstrengungen ergeben (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 4 Rn. 9.41a). Solche Werbeanstrengungen können in Prospekten, Katalogen und Messeauftritten bestehen (Senat, Urteil vom 27. 6. 2003 - 6 U 16/03 - GRUR-RR 2004, 21, 23 - Küchen-Seiher).
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass die Antragstellerin nicht mit der ursprünglichen Porzellanfabrik X. identisch ist. Maßgeblich ist allein, ob das nachgeahmte Produkt eine gewisse Bekanntheit genießt. Hierzu hat die Antragstellerin nicht nur den Umsatz, den sie mit dem Produkt erzielt hat, vorgetragen, sondern auch, dass sie zahlreiche Händlerkataloge und an Endverbraucher gerichtete Flyer in Umlauf gebracht hat. Ferner hat sie vorgetragen, dass sie ihre Porzellanfiguren über bekannte Versandhäuser (Bader Versand, Bauer Versand, Brigitte-Katalog) vertreibt und ihre Produkte auf zahlreichen Messen vorgestellt hat. Auf der Grundlage dieses Vortrags, dem die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten ist, war jedenfalls davon auszugehen, dass eine gewisse Bekanntheit des Produkts der Antragstellerin überwiegend wahrscheinlich ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 5.000 EUR festgesetzt.
OLG Köln:
Beschluss v. 02.09.2013
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