Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 17. September 2008
Aktenzeichen: I-33 U 7/08
(OLG Hamm: Urteil v. 17.09.2008, Az.: I-33 U 7/08)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. Dezember 2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H.v. 120% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in genannter Höhe leisten.
Gründe
Gründe (gem. § 540 ZPO)
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ihm die Beklagten wegen fehlerhafter Anwaltstätigkeit aus einem angeblich am 17.02.2005 erteilten unterhaltsrechtlichen Mandat zum Schadensersatz verpflichtet sind.
Durch Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.03.1995 - 5 UF 3/94 - wurde der Kläger verurteilt, an seine geschiedene Ehefrau einen monatlichen Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt i.H.v. insgesamt 3.028,33 € zu zahlen. Im Frühjahr 1996 stellte der Kläger die Zahlungen auf den Unterhaltstitel ein. Die von ihm betriebene Firma befand sich in Liquidation und wurde im Oktober 1999 von Amts wegen aus dem Gewerberegister gelöscht. Seit dem 08.05.2001 bezieht der Kläger eine Altersrente. Er ging weiterhin einer Erwerbstätigkeit nach.
Am 17.02.2005 will der Kläger den Beklagten zu 1), der zu der Zeit als Notar mit der Durchführung und Abwicklung eines im Eigentum des Klägers stehenden Hausgrundstücks betraut war, mit der Abwehr- bzw. Abänderung der aus dem o.g. Urteil herrührenden Unterhaltsverpflichtung beauftragt haben. Auf eine Vielzahl von Schreiben des Klägers in dieser Angelegenheit reagierte der Beklagte zu 1) nicht. Am 19.01.2006 nahm er an einer Besprechung zwischen dem Kläger und der Betreuerin seiner geschiedenen Ehefrau teil, das eine vergleichsweise Einigung der Unterhaltsangelegenheit zum Gegenstand hatte. Am 30.01.2006 forderte der Beklagte zu 2) das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.03.1995 an. Einer Aufforderung des Beklagten zu 2) vom 09.02.2006 und Erinnerung vom 14.02.2006 einen Kostenvorschuss für eine Abänderungsklage zu zahlen, da er ansonsten nicht tätig werde, kam der Kläger nicht nach. Der Kläger kündigte das Mandatsverhältnis am 15.03.2006 und beauftragte die Rechtsanwälte Q pp. in L2.
Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte zu 1) habe in einem persönlichen Gespräch am 17.02.2005 im Namen seiner Sozietät ein Mandat hinsichtlich der Unterhaltsangelegenheit übernommen und sei in der Folgezeit pflichtwidrig untätig geblieben, so dass die Beklagten ihm zum Ersatz des aus der Untätigkeit resultierenden Schadens verpflichtet seien. Das Feststellungsinteresse gründe sich darauf, dass er parallel ein Klageverfahren betreibe, dass die Verwirkung von Unterhaltsansprüchen der geschiedenen Ehefrau und hilfsweise die Anpassung der Unterhaltsansprüche zum Gegenstand habe, so dass noch nicht feststehe, ob und ggf. in welchem Umfang eine Verpflichtung des Klägers bestehe, für die Vergangenheit Unterhalt an die geschiedene Ehefrau zahlen zu müssen. Hiervon sei auch der Zeitraum zwischen Mandatserteilung und der unter dem 07.08.2006 (AG Iserlohn - 14 F 237/06) durch die Rechtsanwälte Q pp. eingereichten Abänderungsklage betroffen, so dass derzeit ein Schaden noch nicht beziffert werden könne.
Das Landgericht ist nach Beweisaufnahme (Zeugen) davon überzeugt, dass am 17.02.2005 zwischen dem Kläger und den Beklagten ein Mandatsverhältnis hinsichtlich der Unterhaltsangelegenheit begründet wurde und hat antragsgemäß festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet seien, dem Kläger denjenigen Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht bzw. entstanden ist, dass die Beklagten es unterlassen haben, für den Kläger spätestens am 14.03.2005 gerichtlich die Abänderung des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.03.1995 - 5 UF 3/94 - durch Klageeinreichung herbeizuführen. Wegen der Begründung im Einzelnen und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Verweisungen Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten mit der Berufung und beantragen abändernd die Abweisung der Klage.
Sie machen unter näherer Darlegung geltend, die Feststellungsklage sei unzulässig, da ein abgeschlossener Schadenszeitraum vorliege und der Schaden somit berechnet werden könne, mithin eine Leistungsklage zu erheben sei. Unabhängig hiervon könne eine Haftung nur für die Zeit des Mandatsverhältnisses bestehen, nicht aber für die Zeit ab Anwaltswechsel. Die Feststellungsklage sei auch unbegründet. Eine Mandatserteilung sei nicht erfolgt. Zudem habe der Kläger einen ersatzfähigen Schaden nicht dargelegt.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt die Zurückweisung der Berufung sowie nach Anschließung hilfsweise,
die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zum Ausgleich der bisher entstandenen Schäden Schadensersatz i.H.v. 16.081,87 € zu zahlen,
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger denjenigen Schaden zu ersetzen, der dadurch noch entsteht, dass die Beklagten es unterlassen haben, für den Kläger spätestens am 14.03.2005 gerichtlich die Abänderung des Urteils des OLG Hamm vom 15.03.1995 - 5 UF 3/94, durch Klageeinreichung herbeizuführen.
Er macht geltend, dass der Schaden noch nicht abschließend zu beziffern sei, da bisher kein abgeschlossener Schadenszeitraum vorliege. Es sei zunächst richtig zu stellen, dass eine Abänderungsklage bis zum heutigen Zeitpunkt nicht rechtshängig geworden sei. Die jetzt nicht mehr mandatierten Rechtsanwälte Q pp. hätten die Einreichung einer Vollstreckungsgegenklage beim Amtsgericht Iserlohn in Betracht gezogen. Eine Abänderungsklage solle hingegen beim Amtsgericht Köln eingereicht worden sein. Es komme hinzu, dass nicht vorhersehbar sei, inwieweit der Unterhaltstitel zugunsten des Klägers abgeändert werden könne. Unzutreffend sei die Ansicht der Beklagten, dass sie nur für denjenigen Schaden haften, der während des Mandatsverhältnisses entstanden sei. Auf welchen Zeitraum sich die Schadensersatzpflicht der Beklagten insgesamt erstrecke, werde ggf. erst in einem weiteren Regressprozess gegen die Rechtsanwälte Q pp. zu klären sein, mit denen die Beklagten möglicherweise auch für einen gewissen Zeitraum gesamtschuldnerisch haften würden. Bislang sei ein Vermögensschaden i.H.v. 16.081,87 € entstanden, der daraus resultiere, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers aus dem Unterhaltstitel vollstrecke. Sie habe den aus einem Grundstücksverkauf dem Kläger noch zustehenden Resterlös in o.g. Höhe beim Beklagten zu 1) gepfändet, wo sich der Betrag auf einem Notaranderkonto befinde.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II
Die Zulässige Berufung ist begründet. Die Anschlussberufung hat keinen Erfolg.
Soweit der Kläger seinen Schadensersatzanspruch im Wege der Feststellungsklage verfolgt, ist dies unzulässig. Sein hilfsweise gestellter Leistungsantrag ist unbegründet.
1. Die Feststellungsklage ist unzulässig, da das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 I ZPO) fehlt.
Das Feststellungsinteresse fehlt, weil der Kläger den von ihm behaupteten Schaden beziffern und deshalb durch Leistungsklage geltend machen kann (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., § 256 Rn. 7a).
Es liegt ein abgeschlossener Schadenszeitraum vor, auf den bezogen der Kläger im Einzelnen hätte vortragen können und müssen, um welchen Betrag sich seine Unterhaltsverpflichtung durch eine am 14.03.2005 rechtshängig gewordene Abänderungsklage bis zu dem Zeitpunkt reduziert hätte, zu dem die Rechtshängigkeit der Abänderungsklage nach Mandatskündigung im Rahmen einer ordnungsgemäßen Sachbehandlung durch die Folgeanwälte eingetreten wäre.
a) Entgegen der Auffassung des Klägers liegt ein abgeschlossener Schadenszeitraum vor.
(1) Er beginnt nach dem Vortrag des Klägers mit dem Zeitpunkt, zu dem bei ordnungsgemäßer Bearbeitung durch die Beklagten eine Abänderungsklage hätte rechtshängig gemacht werden können; nach der Behauptung des Klägers am 14.03.2005.
(2) Der Schadenszeitraum ist begrenzt durch den Zeitpunkt, zu dem nach Kündigung des Mandates die mit der Unterhaltssache betrauten Rechtsanwälte Q pp. eine Abänderungsklage hätten rechtshängig machen können. Ab diesem Zeitpunkt entfällt eine Haftung der Beklagten gem. §§ 254 I, 278 BGB vollständig.
Der Kläger war nach Mandatskündigung zur Begrenzung des von ihm erkannten oder für möglich gehaltenen Schadens verpflichtet. Er musste dafür sorgen, dass die für notwendig und erfolgversprechend gehaltene Abänderungsklage nunmehr ohne pflichtwidriges Zögern rechtshängig gemacht wurde.
Dieser Verpflichtung ist er dadurch nachgekommen, dass er die Rechtsanwälte Q pp. mit der Unterhaltsangelegenheit beauftragt hat. Diese haben nach dem Vorbringen des Klägers in erster Instanz eine Abänderungsklage unter dem 07.08.2006 beim AG Iserlohn - 14 F 237/06 - eingereicht, so dass mit der Rechtshängigkeit dieser Klage ein Zeitpunkt markiert ist, bis zu dem eine Haftung der Beklagten in zeitlicher Hinsicht in Betracht kommt.
Für die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Beklagten haften, spielt es keine Rolle, dass die tatsächlich unter dem Aktenzeichen 14a F 237/06 (jetzt 15b F 27/07) anhängig gewordene Klage bis heute nicht zugestellt wurde. Auf diese Umstände hatten die Beklagten nach Mandatskündigung keinen Einfluss mehr. Sie fallen vielmehr im Rahmen der Schadensminderungspflicht in die Verantwortungs- und Risikosphäre des Klägers.
Zwar ist es grundsätzlich so, dass Fehler eines später eingeschalteten Rechtsanwalts die durch den Erstanwalt in Gang gesetzte Kausalkette nicht unterbrechen und das spätere Fehlverhalten somit den Erstschädiger haftungsmäßig nicht entlastet (vgl. BGH FamRZ 2005, 1079; Zugehör in Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn. 1244 mwN). Ausnahmsweise anders ist die Haftungsfrage aber dann zu beurteilen, wenn - wie hier - die Folgeanwälte gerade deshalb beauftragt wurden, um einen erkannten oder für möglich gehaltenen Fehler eines früheren Anwalts zu beheben. In einem solchen Fall muss sich der Auftraggeber auf seine Regressforderung einen schuldhaften Schadensbeitrag seines zweiten Rechtsanwalts als Mitverschulden gem. §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen. (vgl. BGH FamRZ 2005, 1079 [1080]; NJW 1994, 1211; Hamm VersR 1982, 1057; Zugehör aaO Rn. 1245; Terbille in Rinsche-Fahrendorf-Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl., Rn. 907/908). Ein mögliches Fehlverhalten der Rechtsanwälte Q pp., das der Kläger ohne nähere Darlegung behauptet, muss er sich daher zurechnen lassen, da er sich dieser Anwälte zur Erfüllung seiner Schadensminderungspflicht bedient hat.
Der Kläger hat nicht behauptet und nicht dargelegt, dass eine Abänderungsklage bisher unverschuldet hätte nicht rechtshängig gemacht werden können.
b) Neben dem abgeschlossenen Schadenszeitraum unterliegen auch die zur Schadensberechnung heranzuziehenden Umstände (Einkommensverhältnisse des Klägers und seiner geschiedenen Ehefrau sowie etwaige Verwirkungsgründe) bezogen auf den Schadenszeitraum keiner Veränderung mehr und hätten daher vom Kläger vorgetragen und der behauptete Schaden hiernach berechnet werden können.
c) Der Kläger kann nicht auf die Vorgreiflichkeit eines Regressprozesses gegen die Rechtsanwälte Q pp. verweisen, da deren Haftung nur einen zeitlich nachgelagerten Zeitraum betreffen kann, so dass es zu keiner Überschneidung der Haftungslagen kommt und zwar weder zeitlich noch hinsichtlich der Berechnungsgrundlagen eines Schadens.
d) Die bereits im Senatstermin vorgetragene und in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 03.09.2008 vertretene Rechtsansicht, dass der hier im Streit stehende Schaden deshalb noch nicht abschließend beziffert werden könne, weil er noch durch eine Abänderungsklage, negative Feststellungsklage oder Vollstreckungsgegenklage zu beeinflussen sei, trifft für den streitgegenständlichen Schaden, der aus der Nichterhebung einer Abänderungsklage folgen soll, nicht zu. Eine Abänderungsklage kann wegen § 323 III 1 ZPO den hier relevanten Schadenzeitraum nicht mehr erfassen. Eine auf den Einwand der (zeitlichen) Verwirkung gestützte Vollsteckungsgegenklage kann den Anspruch der Ehefrau für die Zeit ab 14.03.2005 nicht zu Fall bringen, da der Kläger bereits seit Anfang 2005 durch die Ehefrau bzw. deren Betreuerin mit dem Unterhaltsanspruch (wieder) konfrontiert war, so dass das Umstandsmoment nicht erfüllt ist. Für die Erfolgsaussichten einer negativen Feststellungsklage für den Unterhaltszeitraum ab 14.03.2005 ist nichts ersichtlich und vom Kläger nichts konkret vorgetragen worden.
2. Der nach gerichtlichem Hinweis (§ 139 ZPO) erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Leistungsantrag ist zulässig aber unbegründet.
a) Ein Wechsel von der Feststellungs- zur Leistungslage ist keine Klageänderung i.S.d. § 263 ZPO, sondern eine Klageerweiterung i.S.d. § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., § 263 Rn 8; 256 Rn. 15c), so dass ein Wechsel auch noch in der Berufungsinstanz möglich ist (vgl. BGH NJW-RR 2002, 283; NJW 1992, 2296).
§ 533 ZPO steht nicht entgegen, da keine Klageänderung vorliegt (vgl. Zöller-Gummer/Heßler, aaO, § 533 Rn. 3).
Der Vortrag neuer Tatsachen zur Stützung des Leistungsantrags ist gem. 531 II Nr. 2 ZPO zuzulassen, da in erster Instanz ein Hinweis gem. § 139 ZPO auf die Unzulässigkeit der Feststellungsklage unterblieben ist.
b) Der Leistungsantrag ist unbegründet.
Zwar ist von einer Pflichtverletzung der Beklagten auszugehen, die darin liegt, dass sie trotz Mandatserteilung im Februar 2005 bis zur Kündigung des Mandates im März 2006 keine Abänderungsklage erhoben haben. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein Mandatsverhältnis begründet wurde. Auf die diesbezüglichen Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Selbst wenn kein Mandatsverhältnis begründet worden wäre, ergäbe sich eine Haftung der Beklagten gem. § 44 BRAO aus c.i.c., da sie eine Mandatsübernahme zu keinem Zeitpunkt abgelehnt haben, obwohl der Kläger eine solche mit Schreiben vom 17.02.2005 an die Beklagten ausdrücklich bestätigt und die Beklagten in der Folgezeit in einer Vielzahl von Schreiben immer wieder informiert und zum Tätigwerden aufgefordert hat.
Der Kläger hat jedoch keinen kausalen Schaden, der auf der Pflichtverletzung beruht, dargelegt.
(1) Bei dem durch die geschiedene Ehefrau aufgrund des Unterhaltstitels gepfändeten Betrages i.H.v. 16.081,87 € handelt es sich nicht um einen Schaden als kausale Folge der behaupteten Pflichtverletzung (Nichterheblung einer Abänderungsklage am 14.03.2005).
Als Folge einer unterbliebenen Abänderungsklage ist der behauptete Schaden nicht eingetreten, da die im Zuge der Zwangsvollstreckung ausgebrachte Pfändung ausweislich des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 03.05.2006 einen Unterhaltsrückstand von Januar 2002 bis April 2006 betrifft, so dass ein letztlich beigetriebener Betrag gem. § 366 II BGB auf den ältesten Rückstand zu verrechnen wäre, der aber von einer durch die Beklagten pflichtgemäß eingereichten Abänderungsklage nicht mehr hätte erfasst werden können.
Eine Leistungsbestimmung gem. § 366 I BGB, die der Kläger durch Anwaltsschreiben vom 26.08.2008 dahin getroffen hat, dass der gepfändete Betrag auf die Unterhaltsrückstände April 2005 bis April 2006 zu verrechnen sei, steht dem Kläger in der Zwangsvollstreckung nicht zu (BGH NJW 1999, 1704). Dagegen ist § 366 II BGB in der Zwangsvollstreckung entsprechend anwendbar (vgl. BGH aaO; OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 1158; OLG Köln WM 2003, 1469).
(2) Soweit die Pfändungsmaßnahme Schadensfolge einer bisher pflichtwidrig unterlassenen Vollstreckungsgegenklage (767 ZPO) sein könnte, ist dies nicht Streitgegenstand.
Mit der Klage wurde in erster Instanz ausdrücklich nur Ersatz des Schadens verlangt, der dadurch entstanden ist, dass eine Abänderungsklage nicht spätestens am 14.03.2005 erhoben wurde.
Zwar wird in der Klageschrift angeführt, dass sich den Beklagten wegen der vom Kläger erhaltenen Informationen eine Verwirkung aufgrund Zeitablaufs habe aufdrängen müssen und den Beklagten vorgeworfen, dass sie selbst dann untätig geblieben seien, als der Kläger von der Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen berichtete. Eine diesbezügliche Pflichtverletzung und ein hieraus resultierender Schaden ist aber nicht näher dargelegt und insbesondere nicht in den Klageantrag aufgenommen worden, so dass er nicht Streitgegenstand ist.
Auch mit der Anschlussberufung werden zwar Ausführungen zu einer Verwirkung durch Zeitablauf gemacht, eine Klärung dieser Problematik aber ausdrücklich einem Abänderungsverfahren und ein eventuell hieraus resultierender Schaden der im März 2005 möglichen, von den Beklagten aber pflichtwidrig nicht erhobenen Abänderungsklage zugeordnet.
Hierbei verkennt der Kläger, dass - wie oben bereits ausgeführt - die Pfändung des Notaranderkontos einen Unterhaltszeitraum betrifft, der durch eine im März 2005 erhobene Abänderungsklage nicht mehr erfasst werden konnte. Mit einer Abänderungsklage kann der Unterhaltstitel nur für die Zeit ab Rechtshängigkeit geändert werden.
(3) Ein kausaler Schaden der unterlassenen Abänderungsklage lässt sich auch nicht aus den erstinstanzlichen Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 17.08.2007 (GA 42) und in der Anschlussberufungsschrift vom 13.06.2008 (GA 166) berechnen.
Zwar behauptet der Kläger im Schriftsatz vom 17.08.2007 ein nur noch zur Verfügung stehendes Renteneinkommen i.H.v. monatlich 1.060,60 € und verweist bei einem Selbstbehalt von mtl. 890,00 € auf eine allenfalls bestehende Leistungsfähigkeit i.H.v. 170,60 €. Der Kläger war aber zur damaligen Zeit noch selbständig tätig. Zu dieser Erwerbstätigkeit fehlt jeder konkrete Vortrag und Beleg. Allein die Behauptung, er habe in den vergangenen zwei Geschäftsjahren Verluste erwirtschaftet, reicht für einen schlüssigen Vortrag nicht aus.
Zudem berufen sich die Beklagten auf Präklusion gem. § 323 II ZPO, weil die schlechte Vermögens- und Einkommenssituation des Klägers bereits Gegenstand eines 1995 und 1996 geführten Abänderungsverfahrens gewesen sei.
Eine Verwirkung der Unterhaltsansprüche gem. § 1579 BGB, die im Zuge einer Abänderungsklage eine Unterhaltsverpflichtung des Klägers hätte vollständig entfallen lassen, hat der Kläger ebenfalls nicht schlüssig vorgetragen. Die vom Kläger erhobenen Vorwürfe dürften bereits eine Versagung der Unterhaltsansprüche gem. § 1579 BGB nicht rechtfertigen. Zudem ist der Kläger dem Einwand der Präklusion gem. § 323 II ZPO bisher nicht substantiiert entgegengetreten. Die Beklagten behaupten insoweit, dass es zu den behaupteten Verfehlungen entweder schon vor der letzten mündlichen Verhandlung des Ausgangsverfahrens (13a F 6/89 AG Iserlohn = 5 UF 3/94 OLG Hamm) gekommen oder diese Gegenstand des erfolglosen Abänderungsprozesses 14 F 361/95 AG Iserlohn gewesen seien. Hierfür spricht auch das Schreiben des Klägers vom 12.01.2006 (K 7.16) wonach die Umstände, auf die der Kläger die Verwirkung stützen will, bereits Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gewesen sind, das durch Urteil vom 26.01.1996 endete.
III
Einem Vertagungsantrag des Klägers, um ihm Gelegenheit zu geben, weiter zur Konkretisierung eines Schadens vorzutragen, war nicht stattzugeben.
Der Kläger wusste um die Problematik der Schadensdarlegung und -berechnung, die Gegenstand der dezidierten Berufungsbegründung waren und auf die der Senat in seinem gem. § 139 ZPO erteilten Hinweis in der Ladungsverfügung Bezug genommen hat. Damit war der Kläger rechtzeitig in ausreichender Weise auf die Bedenken des Senates zur Zulässigkeit der Feststellungsklage und das Erfordernis einer bezifferten Leistungsklage mit einer substantiierten Darlegung des angeblichen Schadens hingewiesen worden.
IV
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Dem Antrag des Klägers in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 03.09.2008, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, war nicht nachzukommen, da die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 ZPO nicht gegeben sind.
OLG Hamm:
Urteil v. 17.09.2008
Az: I-33 U 7/08
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