Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 30. Oktober 2002
Aktenzeichen: 25 W 71/02
(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 30.10.2002, Az.: 25 W 71/02)
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der in dem Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 10.07.2002 enthaltene Streitwertbeschluss aufgehoben.
Der Streitwert der vom Kläger erhobenen Vollstreckungsgegenklage wird auf 10.161,02 DM (entsprechend 5.195,25 Euro) festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Nachdem der vom Beklagten mit Schreiben vom 11.05.2001 beauftragte Gerichtsvollzieher gegen den Kläger mit Schreiben vom 07.09.2001 wegen einer Forderung von 10.162,02 DM durch Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO zu vollstrecken begann - Termin für die Offenbarungsversicherung wurde zunächst für den 20.09.2001, sodann für den 09.11.2001 bestimmt - reichte der Kläger am 07.11.2001 eine Vollstreckungsgegenklage gegen den Beklagten ein. Zur Begründung berief er sich darauf, er habe nach einer Reihe geleisteter Ratenzahlungen nichts mehr zu zahlen.
Die Klage war erfolgreich insoweit, als die Zwangsvollstreckung wegen eines über 3.705,24 Euro hinausgehenden Betrages betrieben wurde. In dem der Klage teilweise stattgebenden Urteil des Landgerichts vom 10.07.2002 wurde der Streitwert auf 4.065,60 Euro festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Streitwert sei nach §§ 12 GKG, 3 ZPO festzusetzen; das wirtschaftliche Interesse des Klägers gehe, weil der über Euro 4.065,50 hinausgehende Titelbetrag auch nach Vortrag des Beklagten getilgt sei und damit nicht mehr im Streit stehe, allein auf die Unzulässigerklärung der Vollstreckung in dieser Höhe und betreffe nicht die gesamte Höhe der titulierten Forderung.
Der Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen diese Streitwertfestsetzung hat das Landgericht nicht abgeholfen; bei dem Streitwert der Vollstreckungsgegenklage komme es auf die Höhe der jeweils vollstreckbaren Hauptforderung an, um deren Realisierung es dem Titelgläubiger gehe; bestehe zwischen den Parteien des Rechtsstreits Einigkeit darüber, dass nur ein Teilbetrag der Hauptforderung zur Vollstreckung anstehe, so bleibe es bei diesem geringeren Teilbetrag; demgemäß sei der Streitwert in Höhe der Hauptforderung zu bemessen, deren sich der Beklagte im Rechtsstreit erstmals berühme; auf möglicherweise übersetzte Behauptungen des Klägers, darüber, was der Beklagte von ihm verlange, komme es mithin nicht an. Nach der Forderungsaufstellung des Beklagten in der Klageerwiderungsschrift habe sich die Hauptforderung am 07.11.2001 nur auf Euro 4.235,88 gestellt; soweit der Kläger in der Klageschrift geltend gemacht habe, der Beklagte habe sich einer Hauptforderung in Höhe von 10.162,02 DM = 5.195,76 Euro berühmt, geht dies auch deshalb fehl, weil der vom Kläger vorgelegte Vollstreckungsantrag des Gläubigers vom 11.07.2001 datiere und daher nicht dem aktuellen Stand der Forderung des Beklagten entsprochen habe, welche sich allein aus der im Schriftsatz vom 03.01.2002 vorgelegten Forderungsaufstellung ergebe.
Dem hält der Prozessbevollmächtigte des Klägers entgegen, es komme für die Streitwertberechnung allein auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage an; damals sei gegen ihn eine Hauptforderung von 10.162,02 DM vollstreckt worden. Er verfolgt daher die sofortige Beschwerde weiter.
Die im eigenen Namen des Prozessbevollmächtigten des Klägers erhobene Streitwertbeschwerde ist statthaft nach §§ 25 Abs. 3 GKG, 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO.
Das Rechtsmittel ist auch begründet. Der Streitwert einer Vollstreckungsgegenklage richtet sich gemäß § 3 ZPO nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. Bei der Streitwertfestsetzung sind mithin regelmäßig diejenigen Beträge zugrunde zu legen, die in dem mit der Vollstreckungsgegenklage angegriffenen Titel enthalten sind (OLG Hamm, JurBüro 1991, 1237 f.; OLG Düsseldorf JurBüro 1999, 326; OLG München OLGR München 1994, 23 f.). Zwar kann ausnahmsweise der Streitwert nach einem Teilbetrag des im Titel festgelegten Zahlungsanspruches zu bemessen sein, falls sich aus Klageantrag oder Klagebegründung ergibt, dass die Zwangsvollstreckung nur wegen eines Teilbetrages für unzulässig erklärt werden soll (vgl. OLG Hamm und OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Koblenz, FamRZ 2001, 845). Diese Ausnahme greift vorliegend aber nicht ein. Denn der Beklagte ließ den Gerichtsvollzieher wegen einer Forderung von 10.162,02 DM die Zwangsvollstreckung betreiben, weswegen der Kläger sich auch ausweislich seiner Klage gegen die Vollstreckung einer Forderung in dieser Höhe in vollem Umfang wendete. In der Klagebegründung ist kein Anhaltspunkt dafür zu finden, dass der Kläger sich in Wahrheit nur gegen eine Vollstreckung der tatsächlich nur noch in geringerem Umfang offenen Forderung wehrte. Vielmehr ergibt sich aus der Klagebegründung sowie den eingereichten Vollstreckungsunterlagen im Gegenteil explizit, dass der Kläger sich gegen eine Vollstreckung in Höhe von 10.161,01 DM wandte (Bl. 2 d.A.), weil ihm Vollstreckung in dieser Höhe angedroht worden war.
Da der Streitgegenstand ausschließlich vom Kläger der Vollstreckungsgegenklage bestimmt wird (Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., Rdn. 2 zu § 3; siehe auch Herget Rdn. 16 zu § 3 "Vollstreckungsabwehrklage"; Senat, Beschluss vom 02.08.2002, 25 W 33/02) kommt es weder darauf an, ob die titulierte Forderung in Wahrheit ganz oder teilweise getilgt ist (vgl. Herget a.A. O., Rdn. 16) oder ob dies ganz oder teilweise im Verlauf des Prozesses unstreitig wird (siehe OLG Hamm, Rechtspfleger 1991, 1237). Erst recht irrelevant ist das Vorbringen des Gegners und sein Interesse an der Abweisung der Klage (vgl. Herget a.A. O.; Senat a.A. O.), weswegen es auf die vom Landgericht für erheblich erachteten Feststellungen nicht ankommt, was nach dem Vortrag des Beklagten unstreitig wird oder was der Beklagte in der Klageerwiderungsschrift oder sonstwo im Rechtsstreit erstmals bekundet. Dem Kläger kann nicht nachträglich eine Kürzung des Streitwerts der Klage aufoktroyiert werden, der dem später, womöglich erst im Urteil als begründet erkannten Wert der Forderung entspricht, vielmehr ist auf die wirtschaftliche Bedeutung des Vollstreckungsangriffs abzustellen, welchem sich der Kläger im Zeitpunkt der Erhebung der Vollstreckungsgegenklage ausgesetzt sieht, und den er mit der Vollstreckungsabwehrklage abwehren möchte.
Auf das Vorbringen des Beklagten kann es nur ankommen, wenn der Kläger eine entsprechende vorprozessuale Erklärung des Beklagten, nur (noch) wegen eines Teilbetrages vollstrecken zu wollen (vgl. auch OLG Hamm OLGR Hamm 1997, 335) als unstreitig in seine Klagebegründung übernimmt. Davon ist im vorliegenden Fall indessen keine Rede.
Nach alledem erweist sich die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers als begründet, der angefochtene Beschluss ist daher wie geschehen abzuändern.
Dass im Streitwert-Beschwerdeverfahren keine Gerichtsgebühren erhoben und außergerichtliche Kosten nicht geltend gemacht werden können, ergibt sich aus § 25 Abs. 4 GKG.
OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 30.10.2002
Az: 25 W 71/02
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