Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. März 2003
Aktenzeichen: 23 W (pat) 8/02

(BPatG: Beschluss v. 13.03.2003, Az.: 23 W (pat) 8/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 05 K des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Oktober 2001 aufgehoben.

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen erteilt:

Ein Anspruch, Beschreibungsseiten 1 b s 5 und Zeichnung, Figuren 1 und 2, sämtliche Unterlagen übergeben in der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2003.

Anmeldetag: 26. Januar 2001 Bezeichnung: Druckausgleichseinrichtung für ein Gehäuse eines Steuergerätes eines Kraftfahrzeuges

Gründe

I Die Prüfungsstelle für Klasse H 05 K des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 26. Januar 2001 mit der Bezeichnung "Druckausgleichseinrichtung für ein Gehäuse eines Steuergerätes" eingereichte Patentanmeldung durch Beschluss vom 1. Oktober 2001 zurückgewiesen.

Zur Begründung ist in der Entscheidung angeführt, dass es sowohl dem Gegenstand des weiterverfolgten ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 als auch dem Gegenstand des weiterverfolgten ursprünglichen nebengeordneten Anspruchs 5 im Hinblick auf den aus der Druckschrift - deutsche Offenlegungsschrift 42 10 979 [ = D1 ]

bekannten Stand der Technik an der Neuheit fehle.

Im Prüfungsverfahren sind ferner die Entgegenhaltungen - deutsche Offenlegungsschrift 44 47 513 [ = D2 ]

- europäische Offenlegungsschrift 0 986 290 [ = D3 ] und - deutsches Gebrauchsmuster 298 19 129 [ = D4 ]

in Betracht gezogen worden. Darüber hinaus ist mit Zwischenverfügung des Senatsberichterstatters noch die Druckschrift - deutsche Offenlegungsschrift 36 35 165 [ = D5 ]

in das Verfahren eingeführt worden.

Gegen den vorgenannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie verfolgt ihr Schutzbegehren mit dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten neuen (einzigen) Patentanspruch, den Beschreibungsseiten 1 bis 5 sowie der Zeichnung, Figuren 1 und 2, weiter und vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des neugefassten Patentanspruchs gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik patentfähig sei.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 05 K des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Oktober 2001 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Ein Anspruch, Beschreibungsseiten 1 bis 5 und Zeichnung, Figuren 1 und 2, sämtliche Unterlagen übergeben in der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2003.

Den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr (Schriftsatz vom 26. November 2001) hat die Anmelderin zurückgenommen.

Der geltende (einzige) Anspruch lautet:

"Druckausgleichseinrichtung für ein Gehäuse (1) eines Steuergerätes eines Kraftfahrzeuges, mit einer dem Steuergerät zugeordneten elektrischen Anschlussleitung (2), wobei der Druckausgleich über einen in das Gehäuse (1) mündenden, als Schlauch ausgebildeten Luftleitkanal (4) erfolgt, dessen eines Ende an einen vor Wasser sicheren Ort im Kraftfahrzeug geführt ist und dessen anderes Ende dicht mit dem Gehäuse (1) verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Luftleitkanal (4) ein separater Schlauch (5) ist, der neben der elektrischen Anschlussleitung (2) verläuft, und der Schlauch (5) und die elektrische Anschlussleitung (2) in einer gemeinsamen Hülle (8) angeordnet sind."

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nach der Neufassung des einzigen Patentanspruchs im Beschwerdeverfahren begründet. Der im geltenden Patentanspruch beanspruchten Lehre stehen Schutzhindernisse nicht entgegen. Der Anspruch hält sich insbesondere im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung (§ 38 PatG) und sein Gegenstand wird vom nachgewiesenen Stand der Technik nicht patenthindernd getroffen (§ 1 Abs 1 iVm § 3 und § 4 PatG).

1.) Der geltende Patentanspruch ist zulässig, denn er findet inhaltlich eine ausreichende Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 iVm dem in der ursprünglichen Beschreibung anhand der Figur 2 erläuterten Ausführungsbeispiel (Seite 2, vorletzter und letzter Absatz); dass die im geltenden Patenanspruch beanspruchte Druckausgleichseinrichtung für ein Gehäuse eines Steuergerätes nunmehr ausschließlich und nicht -- wie im ursprünglichen Anspruch 1 angegeben -- nur fakultativ in einem Kraftfahrzeug zum Einsatz kommt, stellt gegenüber dem ursprünglich Offenbarten eine Beschränkung dar.

2.) Nach den Angaben der Anmelderin in der geltenden Beschreibung (Seite 2, 2 Absatz) wird im Oberbegriff des vorliegenden Anspruchs von einer Druckausgleichseinrichtung für ein Gehäuse eines Steuergerätes eines Kraftfahrzeuges ausgegangen, wie sie in der eingangs erwähnten D5 beschrieben ist (vgl. die dortige Druckausgleichseinrichtung für ein Gehäuse (erstes und zweites Gehäuse 11, 5; 1, 2) eines Steuergerätes (elektrisches Bauteil 10 z.B. für einen Drucksensor) eines Kraftfahrzeuges, welche ausweislich der Figur mit zugehöriger Beschreibung über eine dem Steuergerät (10) zugeordnete elektrische Anschlussleitung (elektrische Verbindungselemente 21, 24) verfügt, wobei der Druckausgleich über einen in das Gehäuse (11,5;1,2) mündenden, als Schlauch (hülsenförmiger Körper 23 aus einem elastischen Werkstoff) ausgebildeten Luftleitkanal erfolgt, dessen eines Ende an einem vor Wasser sicheren Ort im Kraftfahrzeug (z.B. im Führerhaus) geführt ist und dessen anderes Ende dicht mit dem Gehäuse (11,5;1,2) verbunden ist).

Die Anmelderin stellt in der geltenden Beschreibung hierzu zutreffend fest, dass die elektrischen Anschlussleitungen (21,24) des Steuergerätes (10) bei diesem gattungsbildenden Stand der Technik innerhalb des Schlauches (23) verlaufen (Seite 2, 2. Absatz, letzter Satz). Dies ist insofern von Nachteil, als die Gefahr besteht, dass die Anschlussleitungen (21,24) das Innere des Schlauches (23) verschließen und somit den gewünschten Druckausgleich verhindern.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, eine Druckausgleichseinrichtung der vorstehend genannten Art derart auszugestalten, dass bei einfachem und kostengünstigem Aufbau ein Druckausgleich möglich ist (Beschreibung Seite 2, 3. Absatz).

Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des geltenden Patentanspruchs gelöst.

Denn dadurch,

- dass der Luftleitkanal (4) ein separater Schlauch (5) ist, der neben derelektrischen Anschlussleitung (2) verläuft, und - der Schlauch (5) und die elektrische Anschlussleitung (2) in einergemeinsamen Hülle (8) angeordnet sind, wird sichergestellt, dass mit einfachen und kostengünstigen Mitteln ein Druckausgleich in dem Gehäuse eines Steuergerätes eines Kraftfahrzeuges selbst dann noch zuverlässig erfolgt, wenn starke Krümmungen zu durchlaufen sind, um an einen vor Wasser sicheren Ort im Kraftfahrzeug zu gelangen. Denn im Gegensatz zum gattungsbildenden Stand der Technik gemäß der Druckschrift D5 kann nunmehr das Innere des separaten Schlauches (5), durch welchen der Druckausgleich bewerkstelligt wird, durch die elektrische Anschlussleitung (2) nicht blockiert werden.

3.) Die - zweifelsohne gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) - Druckausgleichseinrichtung für ein Gehäuse eines Steuergerätes eines Kraftfahrzeuges gemäß dem geltenden Anspruch ist gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik neu (§ 3 PatG) und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) des Durchschnittsfachmanns, der hier als ein mit der Entwicklung und Fertigung von Gehäusen für Kraftfahrzeugsteuergeräte befasster, berufserfahrener Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik zu definieren ist.

a) Die Neuheit des Anmeldungsgegenstandes gemäß geltendem Patentanspruch ergibt sich daraus, dass - wie aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit zu ersehen ist - keine der im Verfahren befindlichen, eingangs genannten Druckschriften D1 bis D5 eine Druckausgleichseinrichtung für ein Gehäuse eines Steuergerätes eines Kraftfahrzeuges offenbart, bei welcher der Luftleitkanal durch einen separaten Schlauch gebildet wird, der neben der elektrischen Anschlussleitung verläuft und zusammen mit dieser in einer gemeinsamen Hülle angeordnet ist.

b) Die Druckschrift D5 , von der - wie dargelegt - im Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs ausgegangen wird, vermag dem vorstehend definierten Fachmann den Anmeldungsgegenstand weder für sich noch in einer Zusammenschau mit den übrigen, eingangs genannten Entgegenhaltungen nahezulegen.

In der D5 findet sich nämlich kein Hinweis darauf, dass es von Vorteil sein könnte, bei der daraus bekannten, gattungsgemäßen Druckausgleichseinrichtung - in Abkehr von einem die elektrische Anschlussleitung (21,24) umgebenden Schlauch (23), der zugleich dem Druckausgleich dient - den Luftleitkanal durch einen separaten Schlauch zu verwirklichen, der neben der elektrischen Anschlussleitung verläuft und zusammen mit dieser von einer gemeinsamen Hülle umschlossen ist, wie dies insoweit der Lehre des vorliegenden Patentanspruchs entspricht.

Eine Anregung hierzu erhält der Fachmann auch nicht bei Einbeziehung des übrigen, im Verfahren befindlichen Standes der Technik.

Die ein wasserdichtes Gehäuse für elektrische und/oder optische Bauelemente betreffende Druckschrift D1 offenbart eine durch ein feinporöses Belüftungselement (23) und einen Kanal (20) gebildete und im Steckverbinder (2) des Gehäuses (1) integrierte Druckausgleichseinrichtung, wie sie bevorzugt in der Kraftfahrzeugelektronik zum Einsatz kommt. Der Kanal (20) durchsetzt zusammen mit zwei parallel zu diesem verlaufenden Kontaktelementen (10) einen Gusskörper (9) des Steckverbinders und endet in einer Ausnehmung (18) hinter dem feinporösen Belüftungselement (23), so dass Luft aus dem zwischen dem Gehäuse (1) und einer mit Belüftungslöchern versehenen Abdeckung (25) befindlichen Volumen in das Gehäuseinnere (19) gelangen kann ( vgl. die Figur 1 iVm der zugehörigen Beschreibung Spalte 3, Zeile 15 bis 18 und Spalte 3, Zeile 26 bis Spalte 4, Zeile 27 sowie die Bezugszeichenliste und die Zusammenfassung ). Ein in das Gehäuse (1) mündender, als Schlauch ausgebildeter Luftleitkanal, dessen anderes Ende an einen vor Wasser sicheren Ort im Kraftfahrzeug geführt wird, ist bei diesem Stand der Technik nicht vorgesehen. Schon von daher vermag die D1 dem Fachmann nicht dazu anzuregen, die bekannte, gattungsgemäße Druckausgleichseinrichtung entsprechend dem Kennzeichen des geltenden Anspruchs auszugestalten.

Entsprechendes gilt auch für die ein Steuergehäuse für (Abwasseranla gen-)Steuerungen zum Einbau im Erdreich betreffende D4 ; denn bei diesem Stand der Technik werden die elektrischen Anschlussleitungen (Anschluss 24) in die Unterseite des Gehäuses (4) geführt, während der Luftleitkanal (Hohlprofil 38) davon entfernt an einer Seitenwand des Gehäuses (4) mündet ( vgl. die Figur 1 iVm der zugehörigen Beschreibung Seite 4, erster bis letzter Absatz sowie die Ansprüche 1 und 6 ). Insofern gibt auch die D4 dem Fachmann keinerlei Veranlassung, die in der gattungsbildenden Druckschrift D5 beschriebene Gehäuseeinrichtung mit einem Luftleitkanal und einer elektrischen Anschlussleitung auszustatten, die in einer gemeinsamen Hülle geführt sind, wie dies insoweit der Lehre des geltenden Patentanspruchs entspricht.

Die beiden weiteren, im Verfahren befindlichen Druckschriften D2 und D3 liegen dem Anmeldungsgegenstand gemäß geltendem Patentanspruch noch ferner, da sie lediglich ein in der Gehäusewandung angeordnetes luftdurchlässiges, wasserdichtes Druckausgleichselement offenbaren Sie haben im übrigen in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt.

Der Gegenstand des geltenden (einzigen) Patentanspruchs ist nach alledem patentfähig.

4.) In der Beschreibung ist der maßgebliche Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, angegeben und die beanspruchte Druckausgleichseinrichtung für ein Gehäuses eines Steuergerätes eines Kraftfahrzeuges anhand der Zeichnung ausreichend erläutert.

Dr. Meinel Dr. Gottschalk Knoll Dr. Häußler Pr






BPatG:
Beschluss v. 13.03.2003
Az: 23 W (pat) 8/02


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