Verwaltungsgericht München:
Beschluss vom 16. April 2015
Aktenzeichen: M 8 S 15.710
(VG München: Beschluss v. 16.04.2015, Az.: M 8 S 15.710)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Herr ... hat als nicht zur Vertretung der ... AG Berechtigter die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 1.250,-- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Aktiengesellschaft ...com mit Sitz in ... wurde aufgrund des Beschlusses der Hauptversammlung vom 2. Juli 2013 in die Firma ... AG, für die der vorliegende Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt wurde, umfirmiert. Die Aktiengesellschaft ...com ist als Sondereigentümerin der Nutzungseinheit Nr. ... im Erdgeschoss des Anwesens ...str. 3 a, Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., eingetragen.
Nachdem die Firma ...com AG mit Schreiben vom 20. August 2010 angehört worden war, erließ die Antragsgegnerin gegenüber der Firma ...com AG unter dem ... September 2010 folgende Verfügung:
1. Für die Nutzungsänderung des genehmigten Friseursalons (Sondereigentumseinheit Nr. ... laut Aufteilungsplan) in eine Gaststätte auf dem Grundstück ...str. 3 a ist ein ordnungsgemäßer Bauantrag mit den entsprechenden Bauvorlagen einzureichen (vgl. Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO). Die erforderlichen Unterlagen ergeben sich aus der Bauvorlagenverordnung.
2. Für den Fall, dass Sie der Anordnung nach Ziff. 1. nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Unanfechtbarkeit dieser Verfügung Folge leisten, wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- € angedroht.
Zur Begründung der Verpflichtung zur Bauantragsstellung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Die in Ziff. 1 genannte Maßnahme sei ohne die erforderliche Baugenehmigung durchgeführt worden. Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Bauantragstellung sei Art. 76 Satz 2 BayBO.
Der Bescheid vom ... September 2010 wurde der Firma ...com AG mit Postzustellungsurkunde am 28. September 2010 zugestellt.
Gegen den Bescheid wurden keine Rechtsbehelfe erhoben.
Mit Schreiben vom ... Januar 2011 stellte die Antragsgegnerin gegenüber der Firma ...com AG das im Bescheid vom ... September 2010 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- € fällig und drohte gleichzeitig, für den Fall, dass der Verfügung vom ... September 2010 nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides Folge geleistet werde, erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 1.200,-- € an.
Das Schreiben/der Bescheid vom ... Januar 2011 wurde der ...com AG mit Postzustellungsurkunde vom 13. Januar 2011 zugestellt.
Mit Schreiben vom ... März 2011 stellte die Antragsgegnerin das in Höhe von 1.200,-- € angedrohte Zwangsgeld fällig und drohte ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 2.000,-- € an, da der Verfügung vom ... September 2010 nach wie vor nicht Folge geleistet worden sei.
Das Schreiben vom ... März 2011 wurde der Firma ...com AG mit Postzustellungsurkunde am 22. März 2011 zugestellt.
Mit Schreiben vom 17. April 2011 teilte Herr ... der Antragsgegnerin mit, dass er beim Amtsgericht ... Insolvenz beantragt habe und von Amts wegen als Geschäftsführer der Firma ...com AG zurückgetreten sei. Er lege Widerspruch gegen das Zwangsgeld ein und fordere Wiedereinsetzung in den Erstzustand.
Mit Schreiben vom 20. April 2011 teilte die Antragsgegnerin der Firma ...com AG - vertreten durch den Vorstand - mit, dass Gründe für eine Wiedereinsetzung nicht ersichtlich seien, abgesehen davon, dass aufgrund der fehlenden Vertretungsberechtigung die entsprechende Erklärung wohl nicht rechtswirksam sei. Abgesehen davon, sei ein Widerspruch kein zulässiges Rechtsmittel für den Bescheid vom ... März 2011.
Mit Beschluss vom 4. Mai 2011 wurde das Insolvenzverfahren über die Firma ...com AG mit Sitz in ..., eröffnet.
Mit Schreiben vom 7. Juni 2011 sowie vom 5. Oktober 2011 teilte die vom Amtsgericht bestellte Insolvenzverwalterin der Antragsgegnerin mit, dass der Mieter bzw. Nutzer des Ladenlokals in der ...str. 3 a keinerlei Miete bzw. Nutzungsentgelt entrichtet habe, weshalb ihm gegenüber mit Schreiben vom 12. September 2011, zugegangen am 13. September 2011, das Mietverhältnis fristlos gekündigt worden und er zur Herausgabe der Räumlichkeiten bis zum 22. September 2011 aufgefordert worden sei. Eine Reaktion sei bislang nicht erfolgt, so dass nunmehr das Lokal mit gerichtlicher Hilfe geräumt werden müsse.
Mit Beschluss vom 17. Mai 2013 stellte das Amtsgericht ... - Insolvenzgericht - das Insolvenzverfahren ein, da gewährleistet sei, dass bei der Schuldnerin nach der Einstellung weder Zahlungsunfähigkeit noch drohende Zahlungsunfähigkeit vorlägen (§ 212 InsO).
Mit Schreiben vom 13. November 2013 forderte die Antragsgegnerin die Firma fir-...com AG nochmals auf, die unanfechtbare Verpflichtung zur Vorlage eines Bauantrages für die Nutzungsänderung eines Ladens in eine Gaststätte zu erfüllen, und kündigte die Fälligstellung des mit Bescheid vom ... März 2011 angedrohten Zwangsgeldes sowie die erneute Androhung eines höheren Zwangsgeldes an, soweit der Bauantrag nicht bis zum 12. Dezember 2013 vorliege.
Nach einer Auskunft des Kreisverwaltungsreferates vom 23. Dezember 2013 ist in der Betriebsstätte ...str. 3 a als Betriebstätigkeit neben einer Reihe von Groß- und Einzelhandelstätigkeiten auch die Abgabe von Speisen und/oder alkoholfreien Getränken angemeldet.
Nach der Veröffentlichung des Amtsgerichts ... (HRB ..., bekanntgemacht am ...8.2013) hat die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft ...com am 2. Juli 2013 die Änderung der §§ 1, 2 und 4 (neue Firma: ... AG, Gegenstand des Unternehmens und Vorstand) der Satzung beschlossen. Die Geschäftsanschrift ... blieb bestehen; der neue Unternehmensgegenstand besteht im Halten und Management von Beteiligungen sowie Immobilienverwaltung und -finanzierung; neuer Vorstand ist Herr ...
Mit Bescheid vom ... Januar 2015 lehnte die Antragsgegnerin den am 12. Dezember 2013 nach Plan-Nr. ... von der Firma ... AG gestellten Bauantrag für die Umnutzung eines Ladens (Friseur) in eine erlaubnisfreie Gaststätte mit der Begründung ab, dass der Bauantrag gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoße, insbesondere unvollständig sei, sodass eine Baugenehmigung nicht erteilt werden könne. Die Bauvorlagen seien nicht von einem bauvorlageberechtigten Entwurfsverfasser unterschrieben; vielmehr werde im Bauantrag angegeben, dass der Entwurfsverfasser keine Bauvorlagenberechtigung besitze. Die Gebäudeklasse sei falsch angegeben, die vorgelegten Angaben zum Brandschutz nicht unterschrieben, auch fehle die Nachweisberechtigung. In der Baubeschreibung fehle die Angabe zur Gebäudehöhe. Die Unterschrift des Antragstellers sei nach den Antragsformularen in Vertretung geleistet worden, obwohl die entsprechende Vollmacht fehle. Die vorgelegten Bauvorlagen seien nicht vollständig und nicht unterschrieben; die Anzahl der Gastplätze in der Baubeschreibung widerspreche der Betriebsbeschreibung. Es fehle eine detaillierte Stellplatzberechnung - auch für die Fahrradabstellplätze.
Weiterhin fehlten detaillierte Angaben zu den betroffenen Nachbarn sowie die Angaben über die Baukosten. Die Mängel seien dem Antragsteller/Vertreter mit Schreiben vom 24. April 2014 mitgeteilt worden; eine Behebung sei nicht erfolgt.
Der Bescheid vom ... Januar 2015 wurde der Antragstellerin mit Postzustellungsurkunde vom 14. Januar 2015 zugestellt.
Unter dem ... Januar 2015 stellte die Antragsgegnerin gegenüber der Firma Pana-... AG das im Bescheid vom ... März 2011 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 2.000,-- € fällig und drohte gleichzeitig, dass für den Fall, dass der Verfügung vom ... September 2010 nicht unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheides Folge geleistet werde, erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,-- € an.
Das Schreiben/der Bescheid vom ... Januar 2015 wurde der Firma ... AG mit Postzustellungsurkunde am 27. Januar 2015 zugestellt.
Mit einem am 23. Februar 2015 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schreiben vom gleichen Tage erhob Herr ... für die Firma ... AG Klage gegen den Bescheid vom ... Januar 2015 (M 8 K 15.712) und beantragte gleichzeitig:
€Die aufschiebende Wirkung des Bescheides.€
Eine Begründung von Klage und Antrag erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 5. März 2015 beantragte die Antragsgegnerin,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus:
Der Antrag sei bereits unzulässig, da das Verwaltungsgericht einem derartigen Antrag nicht entsprechen könne. Selbst bei entsprechender Umdeutung des Antrages beschränke sich der Antrag auf die Prüfung der erneuten Androhung des Zwangsgeldes. Ein solcher Antrag wäre nicht erfolgversprechend, da die erneute Androhung des Zwangsgeldes im Bescheid vom ... Januar 2015 rechtmäßig sei. Die Antragsteller sei nach wie vor der Verpflichtung, einen ordnungsgemäßen Bauantrag vorzulegen, nicht nachgekommen.
Mit einfach versandtem Schreiben vom 19. März 2015 und mit Postzustellungsurkunde zugestelltem Schreiben vom 1. April 2015 wurde Herr ... Gelegenheit zur Vorlage einer auf seinen Namen ausgestellten Vollmacht durch eine zur Vertretung der ... AG berechtigten Person gegeben.
Die Vorlage einer solchen Vollmacht bis zum - letzten - gesetzten Termin am 14. April 2015 erfolgte nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der von Herrn ... mit Schreiben vom 23. Februar 2015 gestellte Antrag ist unzulässig.
Ausweislich des Briefbogens der Antragstellerin und des in den Akten befindlichen Handelsregisterauszuges ist im Handelsregister als Vorstand der ... AG Herr ... und als Aufsichtsrat Herr ... eingetragen.
Die Aktiengesellschaft wird nach § 78 AktG durch den Vorstand vertreten. Weder nach dem in den Akten befindlichen Handelsregisterauszug (€gemeinsames Re-gisterportal der Länder€), noch nach der entsprechenden Firmierung auf dem Briefkopf des Klage- und Antragsschriftsatzes gehört Herr ... dem Vorstand an. Vielmehr ist sowohl nach dem Handelsregisterauszug in den Akten als auch nach der Firmierung auf dem Briefkopf ausschließlich Herr ... als Vorstand benannt. Eine Vertretungsberechtigung von Herrn ... für die ... AG ist daher nicht ersichtlich; eine Vollmacht wurde nicht beigefügt und auch nicht nach entsprechender Fristsetzung durch das Gericht nachträglich vorgelegt. Somit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO - auch wenn das Gericht ihn, entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin, gemäß § 86 VwGO als Antrag €die aufschiebende Wirkung der Klage herzustellen€ auslegen könnte und würde - unzulässig.
Der Antrag war daher mit der gegenüber dem vollmachtlosen Vertreter eintretenden Kostenfolge (vgl. §§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 89 Abs. 1 ZPO) aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
VG München:
Beschluss v. 16.04.2015
Az: M 8 S 15.710
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