Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. August 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 438/02

(BPatG: Beschluss v. 19.08.2003, Az.: 33 W (pat) 438/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 7 vom 7. Oktober 2002 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 21. August 2001 folgende Markesiehe Abb. 1 am Endefür die Waren Reinigungsmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Wasch- und Bleichmittel;

Spülmaschinen, einschließlich Geschirrspülmaschinen;

Dosiergeräte, einschl. Flüssig- und Pulverdosiergeräte, Messfühler für Erfassung der Temperatur, Feuchtigkeit, des Kalkgehalts, Schmutzgehalts, Waschmittelgehalts im Wasser;

Wasseraufbearbeitungsgeräte, nämlich Wasserenthärtungsapparate und -anlagen, Entsalzungsgeräte und -anlagen, Umkehrosmose-Anlagen, Laugenreinigerangemeldet worden.

In dem amtlichen Formular wurde "Bildmarke" angekreuzt und "farbige Eintragungen mit folgenden Farben: hellblau, mittelblau, weiß".

Auf die Beanstandung der Markenstelle vom 7. November 2001 hat die Vertreterin der Anmelderin mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2001 Stellung genommen und ausgeführt, daß eine Farbmarke, nicht eine Bildmarke, begehrt werde.

Die Markenstelle für Klasse 7 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 7. Oktober 2002 zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß es sich um die Anmeldung einer Bildmarke handle. Die Verwendung der Farben mittelblau und hellblau zur Verpackungsgestaltung sei auf dem betroffenen Warengebiet üblich. Eine wesentliche Eigenschaft der Waren sei es, zu reinigen. Da die hier angemeldeten Farben Frische und Reinheit signalisierten, böten sie sich für die Verpackungsgestaltung von Reinigungsmitteln und Geräten an. Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher die begehrte Marke als bloßes dekoratives Element und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren verstehen.

Gegen diese Entscheidung des Patentamtes hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Hilfsweise regt Sie an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Sie trägt vor, daß im vorliegenden Fall die Anmelderin bereits in der Stellungnahme zur Beanstandung durch die Markenstelle dargelegt habe, daß Schutz für eine sonstige Aufmachung und nicht für eine normale Bildmarke angestrebt werde; eine unzulässige Änderung der Anmeldung liege daher nicht vor. Abzustellen sei nicht ausschließlich auf die Benennung im Anmeldeformular, es seien vielmehr sämtliche Umstände des Verfahrens, klarstellende Äußerungen und ähnliches zu berücksichtigen. Dementsprechend begehre die Beschwerdeführerin den Schutz für eine komplexe Farbkombination, bestehend aus zwei spezifischen Blautönen, beschränkt in der Weise, daß die Marke aus zwei horizontalen Streifen bestehe, von denen der eine mittelblau und der andere hellblau sei. Eine derartige Farbkombination sei sehr wohl geeignet, von den angesprochenen Kunden als Herkunftshinweis wahrgenommen zu werden. Zwar habe die Markenstelle die Verwendung blauer Streifen auf verschiedenen Produkten nachgewiesen. Diese würden jedoch eindeutig nur als Gestaltungsmittel zur Umrahmung des Schriftzugs verwendet bzw es werde die Ware gänzlich in verschiedenen Blautönen eingefärbt. All den von der Markenstelle genannten Gestaltungen sei gemeinsam, daß die genannten Streifen lediglich eine dekorative oder funktionale Bedeutung zur Hervorhebung hätten. Demgegenüber bestehe die angemeldete Marke nicht lediglich aus einer Umrahmung oder einem dekorativen blauen Muster. Die angeführten Beispiele wichen von der Gestaltung der begehrten Marke mit ihren beiden balkenförmigen in verschiedenen Blautönen gehaltenen Gebilden, die keinerlei funktionalen Bezug erkennen ließen, erheblich ab.

Der Senat hat die Anmelderin mit Zwischenbescheid vom 20. Juni 2003 darauf hingewiesen, daß er davon ausgehe, daß im vorliegenden Fall eine Bildmarke angemeldet worden sei. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs "Farbe Orange" (MarkenR 2003, 227 ff) hat der Senat anheimgestellt, die RAL Nummern der drei angemeldeten Farben zu benennen.

Die Anmelderin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 6. August 2003 die Farbtöne der angemeldeten Marke nach den RAL-Werten wie folgt benannt:

Dunkelblauer Streifen: RAL 5015, himmelblau Hellblauer Streifen: RAL 5012, lichtblau Weiß: RAL 9016, verkehrsweiß.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet. Auszugehen ist von einer farbigen Bildmarke, die hinsichtlich der beanspruchten Waren - entgegen der Beurteilung der Markenstelle - unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig ist. Absolute Schutzhindernisse gem § 8 Abs 2 Nr 1 oder 2 MarkenG stehen der Eintragung der angemeldeten Marke gemäß §§ 3 Abs 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.

1. Gegenstand der Markenanmeldung ist - wie die Markenstelle in ihrem Beschluß bereits zutreffend dargelegt hat - die der Anmeldung beigefügte dreifarbige Bildmarke, denn in der Anmeldung wurde gemäß §§ 3 Abs 1 Nr 2, 6 Nr 2, 8 MarkenV "Bildmarke" und "farbige Eintragung mit folgenden Farben: hellblau, mittelblau, weiß" angegeben bzw angekreuzt. Zur Prüfung und Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke darf daher lediglich von dieser Bildmarke in ihrer konkreten Form und Wiedergabe ausgegangen werden, wobei die besondere Farbgebung einen grafischen Bestandteil der Marke darstellt, da die farbige Eintragung beantragt worden ist (vgl BPatG GRUR 1997, 285 ff - VI-SA-Streifenbild; HABM, GRUR Int 2000, 556 ff. schwarzgrünschwarz; BGH GRUR 2001, 239 f - Zahnpastastrang). Im vorliegenden Fall hat die Anmelderin erstmals in ihrer Stellungnahme zur Beanstandung der Markenstelle vom 7. November 001 ausgeführt, daß die Eintragung einer Farbmarke begehrt wird, eine Abänderung der angemeldeten Marke in diesem Verfahrensstadium ist nicht möglich.

2. Die Mindestanforderungen an eine Markenanmeldung gemäß § 32 Abs 2 MarkenG sind erfüllt, wonach (ua) die Wiedergabe der Marke gefordert ist (Nr. 2). Die Wiedergabe muß erkennen lassen, was nach dem Willen des Anmelders geschützt sein soll. Wie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung "Farbe/Orange" (MarkenR 2003, 227 ff) für sog. abstrakte Farbmarken ausgeführt hat, kann ein Farbmuster verbunden mit einer sprachlichen Beschreibung eine grafische Darstellung sein, sofern die Beschreibung klar, eindeutig in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich und objektiv ist. Erfüllt ein Farbmuster diese Voraussetzungen nicht, so kann dieser Mangel ggf. durch Hinzufügung der Bezeichnung der Farbe nach einem international anerkannten Kennzeichnungscode geheilt werden. Ob diese Grundsätze im allgemeinen auf die Bewertung von Bildmarken übertragen werden können, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Die Anmelderin hat auf Aufforderung des Senats jedenfalls die RAL Nummern der beanspruchten Farben genannt, so daß die Voraussetzungen des § 32 Abs 2 MarkenG in jedem Fall erfüllt sind.

3. Der angemeldeten Bildmarke kann wegen ihrer Farbgebung die notwendige Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden.

Dabei ist wie bei jeder anderen Markenform auch bei der Bildmarke allein maßgebend, daß der angesprochene Verkehr - aus welchen Gründen auch immer - in dem angemeldeten Zeichen einen Herkunftshinweis erblickt. Einer Bildmarke fehlt dabei vor allem dann jegliche Unterscheidungskraft, wenn es sich bei dem Bild um eine warenbeschreibende Angabe handelt (vgl BGH WRP 2001, 690, 691 f - Jeanshosentasche; BGH aaO - Zahnpastastrang). Die flächig begrenzte Farbkombination mittelblau, weiß, hellblau enthält in dieser konkreten Ausgestaltung aber ersichtlich keine beschreibende Angabe, insbesondere keinen Hinweis auf Funktionsmerkmale der beanspruchten Waren.

Die Bildmarke weist zwar lediglich einen mittel- und hellblauen Querstreifen sowie daran unten und oben anschließend einen jeweils breiteren weißen Querstreifen auf. Sie wirkt ihrem Gesamteindruck nach daher grafisch schlicht und leicht erfaßbar. Eine Bildmarke muß darüberhinaus keine gestalterische Eigentümlichkeit oder originelle Wirkung aufweisen, um als unterscheidungskräftig angesehen werden zu können (BGH aaO - Zahnpastastrang; BGH aaO - Jeanshosentasche).

Zwar hat die Markenstelle bei ihren Recherchen feststellen können, daß die Verwendung von blauen Streifen auf dem hier einschlägigen Warengebiet für verschiedene Produkte geläufig ist. Im vorliegenden Fall beansprucht die Anmelderin allerdings nicht den Schutz für einen in einem blauen Farbton gehaltenen Streifen, sondern für eine komplexe Farbkombination, bestehend aus zwei spezifischen Blautönen sowie daran anschließenden weißen Streifen, die horizontal angelegt sind. Die angemeldete Marke ist insbesondere nach Art eines Emblems räumlich begrenzt. Diese konkret konturierte Farbkombination ergibt ein charakteristisches Erscheinungsbild, das bei markenmäßiger Benutzung iSd §§ 26, 43 Abs 1 MarkenG durchaus zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung geeignet ist (vgl auch zB Beschlüsse des Senats aaO - VISA-Streifenbild; 33 W (pat) 173/99 - Bildmarke grau/gelb, vom 7. Juli 2000; 33 W (pat) 248/98 - Bildmarke gelb/weiß-Verlauf; 33 W (pat) 33/01 Bildmarke gelb/schwarz).

4. Nach 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Diese Grundsätze gelten auch für Bildmarken (vgl Ströbele/Hacker, 7. Aufl, § 8 Rdz 400 ff.).

Wie bereits ausgeführt, ist die Verwendung der hier angemeldeten Bildmarke in ihrer farbigen Ausgestaltung bei den streitgegenständlichen Waren nicht üblich und als beschreibender Hinweis auf bestimmte Merkmale nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann daher nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß in Zukunft eine entsprechende Verwendung der angemeldeten Marke in der konkreten Farb- und Bildgestaltung erfolgen wird.

Winkler Baumgärtner Dr. Hock Hu Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/20996.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 19.08.2003
Az: 33 W (pat) 438/02


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