Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 3. November 2015
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 40/15

(BGH: Beschluss v. 03.11.2015, Az.: AnwZ (Brfg) 40/15)

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 2. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 2. Februar 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist seit dem 20. Februar 1984 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2014 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die Klage gegen den Widerrufsbescheid hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 mwN). Daran fehlt es.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab 1. September 2009 erfolgten Änderung des Verfahrensrechts allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff. und vom 10. März 2014 - AnwZ (Brfg) 77/13, juris Rn. 3 mwN).

a) Der Kläger hat sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids vom 17. Oktober 2014 in Vermögensverfall befunden. Er war zu diesem Zeitpunkt mit zwei Haftbefehlen in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 882b ZPO) eingetragen mit der Folge, dass der Eintritt des Vermögensverfalls vermutet wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls hat der Kläger nicht widerlegt, wie der Anwaltsgerichtshof, auf dessen Begründung der Senat Bezug nimmt, zutreffend festgestellt hat. Ein Rechtsanwalt, der im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, muss zur Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und konkret darlegen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 2014 - AnwZ (Brfg) 22/14, juris Rn. 5 und vom 6. Februar 2014 - AnwZ (Brfg) 83/13, BRAK-Mitt. 2014, 164 Rn. 5; jeweils mwN). Dies hat der Kläger nicht getan, obwohl ihn die Beklagte mehrfach zur Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie der Bezahlung der den Haftbefehlen zugrunde liegenden Forderungen aufgefordert hatte.

b) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit einem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung nach der gesetzlichen Wertung des vorrangigen Interesses der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden. Hierfür trägt der Rechtsanwalt die Feststellungslast (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2015 - AnwZ (Brfg) 46/14, juris Rn. 12 und vom 6. Februar 2014 aaO Rn. 7; jeweils mwN).

Die Annahme eines Ausnahmefalls, in dem trotz Vermögensverfalls des Rechtsanwalts eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht gegeben ist, setzt zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt - im Wege der Selbstbeschränkung - seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. Oktober 2012 - AnwZ (Brfg) 43/12, juris Rn. 9; vom 26. August 2013 - AnwZ (Brfg) 31/13, juris Rn. 5; vom 8. Dezember 2014 - AnwZ (Brfg) 45/14, juris Rn. 23 und vom 9. Februar 2015 aaO Rn. 12 mwN). Der Vortrag des - insoweit die Feststellungslast tragenden - Klägers lässt nicht erkennen, dass die vorgenannten Voraussetzungen für einen Gefährdungsausschluss zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids vom 17. Oktober 2014 gegeben waren. Der von ihm dargelegte Umstand, dass er "so gut wie nie" ihm anvertraute Gelder verwalte, schließt nicht aus, dass ihm künftig Fremdgelder anvertraut werden und in Bezug auf diese Gelder die Interessen seiner Mandanten gefährdet werden.

2. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel dargelegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Er hat - entgegen seinem Vortrag - die Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof am 2. Februar 2015 erhalten. Sie wurde ihm ausweislich der zu den Akten gelangten Postzustellungsurkunde am 5. Dezember 2014 persönlich übergeben.

Ein ärztliches Attest, aus dem sich seine Verhandlungsunfähigkeit am 2. Februar 2015 ergibt, hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt eingereicht. Er hat auch keinen Antrag auf Terminsänderung gestellt, sondern lediglich mehrere Anträge auf Verlängerung der Frist zur Klagebegründung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Limperg Lohmann Remmert Braeuer Kau Vorinstanz:

AGH Frankfurt, Entscheidung vom 02.02.2015 - 2 AGH 13/14 -






BGH:
Beschluss v. 03.11.2015
Az: AnwZ (Brfg) 40/15


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