Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 9. Oktober 2012
Aktenzeichen: 11 U 144/11
(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 09.10.2012, Az.: 11 U 144/11)
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 16. August 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 4 O 215/10 - wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger, ein Verkehrsflugzeugführer mit finnischer Staatsangehörigkeit, nimmt die Beklagte, die in der Nähe von B€ ansässig ist und eine Flugschule betreibt, in der Hauptsache auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch wegen (teilweiser) Nichterfüllung einer - nach vorherigem E-Mail-Wechsel - am 04./14. November 2005 in englischer Sprache abgeschlossenen Ausbildungsvereinbarung (Kopie mit beglaubigter Übersetzung ins Deutsche Anlage K1/GA III 540 ff.). Deren Gegenstand ist die berufliche Fortbildung des Klägers mit dem Ziel, Passagiermaschinen des Typs Boeing 737 (B737) zu führen. Im Mittelpunkt des Streits der Prozessparteien steht die Frage, ob sich die Beklagte seinerzeit gegenüber dem Kläger rechtsverbindlich verpflichtet hat, ihm nicht nur den Erwerb des so genannten Type Ratings, sondern auch ein entsprechendes Line Training zu ermöglichen. Bei der Type-Rating-Aus-bildung erlernt der jeweilige Flugschüler in einem computerbetriebenen Simulator die Steuerung von Flugzeugen eines ganz bestimmten Typs und erwirbt - wenn er die Abschlussprüfung besteht - eine international anerkannte Musterberechtigung zum Führen von derartigen Maschinen. Das Line Training ist demgegenüber ein Qualifizierungsabschnitt, der bei einer Fluggesellschaft im Liniendienst durchgeführt wird und in dem der Fortzubildende - von einem erprobten Trainingskapitän begleitet, kontrolliert und angeleitet - eine gewisse Anzahl von Flugstunden im Echtbetrieb zu absolvieren hat, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und auf die tatsächlichen Feststellungen des Senats in seinem Zwischenurteil vom 19. Juni 2012 (GA III 659 ff.) verwiesen.
In der Berufungsinstanz steht außer Streit, dass die Absolvierung eines Line Trainings zwar keine notwendige Voraussetzung für eine Tätigkeit als B737-Pilot ist, aber die Chancen, eine entsprechende berufliche Anstellung zu finden, sehr deutlich erhöht. Die Zusammensetzung der Klageforderung im Einzelnen hat sich zwischen beiden Rechtszügen folgendermaßen geändert (LGU 5; GA I 9 f. und 64; GA II 372, 381):
lfd. Nr.AntragsartGegenstandBetrag in €I. InstanzII. Instanz1 HauptantragVerdienstausfall für 10(12)/2007 bis inklusive 09/200830.000,0025.000,002a HauptantragWertersatz für entgangenes Line-Training15.000,000,00 2b HilfsantragVerdienstausfall für 05/2007 bis inklusive 08/200710.000,000,00 3 HauptantragAufwendungsersatz (R€)0,00 1.800,00 zusammen (inklusive Hilfsantrag)55.000,0026.800,00 zusammen (ohne Hilfsantrag)45.000,0026.800,00Vom Landgericht Potsdam, das in der Vorinstanz entschieden hat, ist die Klage abgewiesen worden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil die Beklagte ihre vertraglich übernommenen Verpflichtungen mit der Durchführung der - unbeanstandet gebliebenen - Typ-Rating-Ausbildung ordnungsgemäß erfüllt habe; ein kostenloses Line Training sei weder von ihr selbst geschuldet worden noch habe sie dem jetzigen Berufungsführer ein solches bei einer Fluggesellschaft ermöglichen müssen. Wegen der Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen. Dieses ist dem Kläger - zu Händen seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - am 25. August 2011 (GA I 241) zugestellt worden. Er hat am 23. September 2011 (GA II 242) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel - nach am 14. Oktober 2011 (GA II 250) beantragter und bis zum 25. November 2011 (GA II 254) gewährter Verlängerung der Begründungsfrist - mit einem tags zuvor bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht per Telekopie eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA II 358 ff.).
Der Kläger ficht das landgerichtliche Urteil - im Kern seine bisherigen Darlegungen wiederholend und vertiefend - bei gleichzeitiger Geltendmachung einer neuen Schadensposition nur in dem aus der obigen Tabelle ersichtlichen Umfange an; im Übrigen nimmt er es hin. Er trägt speziell Folgendes vor:
Die Eingangsinstanz habe die Vereinbarungen der Parteien fehlinterpretiert und gerichtliche Hinweispflichten verletzt. Vor Unterzeichnung des Vertrages vom 04./14. November 2005 seien - entgegen der Annahme der Zivilkammer - keine Verhandlungen im eigentlichen Sinne geführt worden, insbesondere nicht über die Höhe der für die Type-Rating-Ausbildung geschuldeten Vergütung. Bereits im ersten Informationsschreiben vom 12. August 2005 (Kopie Anlage K2/GA III 552 ff.) habe die Beklagte neben dem hierfür pro Pilot zu zahlenden Gesamtpreis ein Entgelt von € 6.000,00 für sechs Landungen im echten Flugbetrieb genannt, obwohl sie nicht über eigene Flugzeuge verfüge, das Line Training im Umfange von etwa 100 h aber - wie im Internet beworben und durch E-Mail vom 22. August 2005 (Kopie Anlage K13/GA III 570 f.) bestätigt - kostenlos angeboten. Aufgrund des der Vertragsunterzeichnung durch ihn, den Kläger, unmittelbar vorausgehenden E-Mail-Wechsels zwischen den Parteien vom 02. November 2005 (Kopie Anlage K3/GA III 556) könne keinerlei Zweifel daran bestehen, dass die verbindliche - wegen ihrer Unentgeltlichkeit nicht einmal annahmebedürftige - Line-Training-Offerte für den Abschluss des Rechtsgeschäfts maßgeblich gewesen und dessen Bestandteil geworden sei; er habe es im Falle des erfolgreichen Abschlusses des Type-Rating-Kurses unter Berücksichtigung der Lage auf dem Arbeitsmarkt für Piloten in Anspruch nehmen wollen. Bei der Auslegung von Willenserklärungen seien neben dem Wortlaut stets auch deren Begleitumstände, die vorbereitenden Informationen, die Interessenlage sowie die Vorverhandlungen und das nachträgliche Verhalten zu berücksichtigen; die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Vertragsurkunde stehe dem keineswegs entgegen. Das Vertrauen auf die objektive Bedeutung des Erklärten werde ebenfalls nur dann geschützt, wenn der Empfänger den wahren Willen des Erklärenden nicht kenne. Deshalb beziehe sich die in Art. 15 der Urkunde befindliche - schon einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht standhaltende - Klausel, wonach es keine zusätzlichen Abreden gebe, keinesfalls auf das Line-Training. Die in Art. 14 Satz 2 verlangte Schriftform sei durch den E-Mail-Wechsel erfüllt. Zumindest handele es sich bei der Offerte, ein Line-Training zu arrangieren, um ein Angebot zur Geschäftsbesorgung im Sinne des § 663 BGB, wobei die Beklagte den ihr von ihm - dem Kläger - spätestens im Jahre 2007 per E-Mail erteilten Auftrag nicht abgelehnt, sondern mit Vertröstungen reagiert habe. An der Rechtsverbindlichkeit der in der E-Mail-Korrespondenz der Parteien enthaltenen Erklärungen könne bereits wegen der erkennbaren Bedeutung des unentgeltlichen Line-Trainings keinerlei Zweifel bestehen; das vom Landgericht herangezogene Kostenargument greife nicht durch, da die Beklagte die bloße (allerdings mit der Übernahme eines Beschaffungsrisikos verbundene) Vermittlung des Praktikums schuldete und die ausbildende Fluggesellschaft eine Gegenleistung in Gestalt seiner - des Klägers - Pilotentätigkeit erhalten hätte. In jedem Falle müsse die Beklagte wegen der Verletzung von Schutz- und Treuepflichten im Rahmen geschäftlicher Kontakte beziehungsweise wegen des Verstoßes gegen EU-Vorschriften zum Schutze von Verbrauchern gegenüber unlauteren Geschäftspraktiken von Unternehmern einstehen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm - dem Kläger - zu zahlen
a) € 26.800,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
(1) aus € 25.000,00 seit 09. November 2010 und(2) aus € 1.800,00 seit 06. Januar 2011 (Klagezustellung),
b) weitere € 1.419,19 (Rechtsverfolgungskosten) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 06. Januar 2011 (Klagezustellung).
Die Beklagte beantragt,
die klägerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt - im Kern ihre erstinstanzlichen Darlegungen ebenfalls wiederholend und vertiefend - das ihr günstige Urteil des Landgerichts. Dazu trägt sie insbesondere Folgendes vor:
Eine rechtlich bindende Verpflichtung, dem Kläger ein Line-Training zu verschaffen, sei sie - die Beklagte - zu keiner Zeit eingegangen. Gerichtliche Hinweispflichten habe die Vorinstanz nicht verletzt. Schon nach dem Wortlaut des zwischen beiden Parteien abgeschlossenen Vertrages sei sie - die Beklagte - allein zu eigenen Leistungen verpflichtet gewesen. Der Kläger hätte ohnedies zunächst den Type-Rating-Kurs erfolgreich absolvieren müssen, was - aufgrund seiner schlechten Leistungen - nicht nur hinsichtlich der Ausbildungsdauer völlig offen gewesen sei, so dass unter Berücksichtigung der damals existierenden Warteliste in jedem Falle feste zeitliche Absprachen ausschieden. Eine Aufnahme des Line Trainings in die Vertragsurkunde habe der Kläger unstreitig nicht verlangt. Dabei sei ihm als Inhaber einer Berufspilotenlizenz mit umfangreicher praktischer Flugerfahrung bekannt gewesen, dass er für die Anstellung bei einer Fluggesellschaft ein Line Training nicht zwingend benötige, dass sie - die Beklagte - ein solches Praktikum nur vermitteln könne und dass es zwischen ihr und der Fluggesellschaft G€ keine Verbindung im Rechtssinne gebe. Zu einem früheren als dem tatsächlichen Zeitpunkt wäre der Kläger selbst nach sofortiger Absolvierung des Line Trainings nicht als B737-Pilot angestellt worden. Die allenfalls geschuldete Vermittlung habe sie - die Beklagte - durch Benennung der Fluggesellschaften G€ und E€ Inc. sowie durch eine entsprechende Kontaktaufnahme erfüllt; von der Möglichkeit eines Praktikums bei der letztgenannten Airline sei durch den Kläger kein Gebrauch gemacht worden. Die Vertragsklausel, wonach es keine zusätzlichen Abreden gebe, sei eindeutig und spreche für sich. Seiner Darlegungs-, Substantiierungs- und Beweislast könne der Kläger nicht unter Hinweis auf Auslegungsregeln und auf im Streitfall nicht einschlägige AGB-rechtliche Vorschriften nachkommen. Da er im Rahmen eines kostenlosen Line Trainings der Fluggesellschaft seiner Arbeitsleistung als Copilot ohne Bezahlung hätte zur Verfügung stellen müssen, könne von einem für den Kläger allein vorteilhaften Geschäft keine Rede sein. Beurteile man die Rücksendung der am 04. November 2005 von ihm unterzeichneten Vertragsurkunde als Angebot des Klägers im Rechtssinne, so könne damit nicht die Annahme eines stillschweigenden Angebots der Beklagten auf Vermittlung eines Praktikums verbunden gewesen sein. Für Erörterungen zu Schadensersatzverpflichtungen aus Vertragsanbahnungsverhältnissen bleibe schon deshalb kein Raum, weil es zwischen den Parteien zum Abschluss eines Rechtsgeschäfts gekommen sei. Zudem fehle es an hinreichendem und unter tauglichen Beweisantritt gestellten klägerischen Vortrag zum Eintritt und zur Höhe eines Schadens. Unabhängig davon greife jedenfalls die - bereits in der Klageerwiderungsschrift erhobene (GA I 45, 49) - Verjährungseinrede durch.
Am 19. Juni 2012 ist - mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren - ein Zwischenurteil betreffend die Fragen verkündet worden, ob die Beklagte die Prozesseinrede mangelnder Sicherheitsleistung für die Kosten des Rechtsstreits durch den Kläger noch erheben kann und ob Letzterer nach §§ 110 ff. ZPO eine solche Sicherheit aufbringen muss. Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wurde die Sach- und Rechtslage mit den Prozessbevollmächtigten der Parteien eingehend erörtert; der Kläger ist im Beisein und mit Unterstützung einer vom Präsidenten des Landgerichts Potsdam allgemein beeideten Dolmetscherin für die finnische Sprache durch den Senat persönlich angehört worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 14. August 2012 (GA III 681 ff.) Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Details des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die anwaltlichen Schriftsätze der Prozessparteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
A.
Das klägerische Rechtsmittel ist an sich statthaft und auch im Übrigen zulässig; es wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst bleibt es jedoch erfolglos. Denn das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte wegen des ausgebliebenen (€kostenlosen€) Line Trainings nach deutschem Privatrecht, das auf den Streitfall anwendbar ist, weder vertragliche noch sonstige Schadensersatzansprüche zu. Auch aus EU-Vorschriften zum Schutze von Verbrauchern kann der Kläger im Verhältnis zur Beklagten hier nichts Günstiges für sich herleiten. Der Senat teilt im Kern die Auffassung der Zivilkammer, von den Prozessparteien seien schon nicht die - für die Bejahung einer möglichen Haftung unverzichtbaren - rechtsgeschäftlichen Abreden getroffen worden, wonach die Beklagte dafür einzustehen hat, dass der Kläger alsbald nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Type-Rating-Ausbildung ein hundertstündiges Praktikum bei einer Fluggesellschaft im Linienbetrieb auf einer Boeing 737 durchführen kann, ohne hierfür eine Gegenleistung in Geld erbringen zu müssen. Deshalb kommt es für die Entscheidung des Streitfalles nicht mehr darauf an, dass auch hinsichtlich der Kausalität zwischen der vom Kläger angenommenen Pflichtverletzung der Beklagten und dem von ihm im Wege des Schadensersatzes geltend gemachten Verdienstausfall ganz erhebliche Bedenken bestehen und ob - wofür Vieles spricht - hinsichtlich der erstmals mit der Berufungsbegründung als Schadensfolge in den Zivilprozess eingeführten (erfolglosen) Aufwendungen für das bei der R€ begonnene Line Training die Verjährungseinrede durchgreift. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Da sowohl das Prozessrechtsverhältnis als auch das materiell-rechtliche Verhältnis infolge der Beteiligung des Klägers, der finnischer Staatsangehöriger ist und dessen ständiger Aufenthalt sich außerhalb Deutschlands befindet, Auslandsberührung aufweisen, muss vorab - explizit - geprüft werden, ob die deutschen Gerichte für die Entscheidung der Streitsache international zuständig sind und welches Recht gegebenenfalls dabei anzuwenden ist. Dass der Kläger die beklagte BGB-Gesellschaft in Deutschland gerichtlich in Anspruch nehmen kann, ergibt sich hier aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 EuGVVO. Danach wird bei Gesellschaften und juristischen Personen fingiert, dass sie an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet, einen - zuständigkeitsbegründenden - Wohnsitz unterhalten. Da die Beklagte - unstreitig - in der Nähe von B€ ansässig ist, bedarf es insoweit keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen. Dies gilt gleichermaßen im Hinblick auf das anzuwendende Recht. Insoweit sind noch nicht die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) einschlägig, sondern weiterhin die - inzwischen aufgehobenen - Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) betreffend das deutsche Internationale Privatrecht (IPR), weil die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien schon vor dem Inkrafttreten der EG-Verordnung am 17. Dezember 2009 begründet wurden. Gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 32 Abs. 1 EGBGB unterliegen ein Vertrag sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Fragen, insbesondere seine Auslegung, seine Erfüllung, die Folgen seiner vollständigen oder teilweisen Nichterfüllung und die Verjährung, dem von den Parteien selbst gewählten Recht. Eine ausdrückliche Rechtswahl haben der Kläger und die Beklagte im Streitfall nicht getroffen; insbesondere ist in ihrem Ausbildungsvertrag vom 04./14. November 2005 (Kopie Anlage K1/GA III 540) keine entsprechende Klausel enthalten. Da es nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 EGBGB genügt, wenn sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergibt, welches Recht die Parteien angewendet wissen wollen, könnte zwar erwogen werden, ob es sich in diesem Zusammenhang als zulänglich erweist, dass der Kläger - von der Beklagten unwidersprochen - sowohl in der vorgerichtlichen Korrespondenz seines Frankfurter Anwalts (GA I 39, 40) als auch stets hier im Prozess (GA I 2, 10) deutsches Recht für einschlägig erachtet hat. Diese Frage kann aber letztlich offen bleiben, weil bei fehlender Rechtswahl gemäß Art. 28 EGBGB das Recht des Staates zur Anwendung kommt, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist; geht es € wie hier € nicht um ein dingliches Recht an einem Grundstück oder ein Recht zur Nutzung eines Grundstücks, so wird gesetzlich vermutet, dass es sich dabei um den Staat handelt, in dem die Partei, welche die charakteristische (also die nicht allein in der Zahlung des Entgelts bestehende) Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt, ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung oder ihre die vertragliche Leistung schuldende Niederlassung besitzt. Im Streitfall führen alle Alternativen zur Einschlägigkeit des deutschen Rechts. Dass die Parteien Englisch als Vertragssprache gewählt haben, begründet keine engere Bindung mit einem anderen Staate im Sinne des Art. 28 Abs. 5 EGBGB. Denn die Vertragssprache kann - ebenso wie etwa der Ort des jeweiligen Vertragsabschlusses - rein zufällig sein. Unabhängig davon lässt sich aus der bloßen Verwendung einer Verkehrssprache (Lingua franca), die allein in 56 Ländern der Erde Amtssprache ist (wenn auch nicht immer die einzige), keineswegs eine eindeutige Beziehung mit einem bestimmten Staat und dessen Recht ableiten.
2. Vereinbarungen über ein kostenloses Praktikum des Klägers im Linienbetrieb bei einer Fluggesellschaft im Anschluss an den Erwerb der Berechtigung zum Führen von Verkehrsflugzeugen des Typs Boeing 737 bei der Klägerin sind nicht Bestandteil des zwischen den hiesigen Parteien gegen Ende des Jahres 2005 zustande gekommenen Ausbildungsvertrages (Kopie Anlage K1/GA III 540) geworden.
a) Der Niederschrift, die die Prozessparteien über die Ausbildungsvereinbarung errichtet haben und die unstreitig - in Abwesenheit der jeweils anderen Seite - am 04. November 2005 vom Kläger und am 14. November 2005 für die Beklagte unterzeichnet wurde, kommt € wie allen über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden (vgl. dazu Baumgärtel/Laumen, Beweislast, 3. Aufl., § 125 Rdn. 2; BeckOK-BGB/Wendtland, Edition 23, § 125 Rdn. 18; Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 125 Rdn. 21; Staudinger/Singer, BGB, Bearb. 2011, § 133 Rdn. 34; jeweils m.w.N.) - betreffend die darin wiedergegebenen Erklärungen mit Rechtswirkungen erzeugendem Charakter die widerlegbare tatsächliche Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu. Danach ergibt sich der maßgebliche Inhalt des jeweiligen Rechtsgeschäfts - unbeschadet der gebotenen Auslegung - in erster Linie aus der von allen Partnern bestätigten Niederschrift, wobei anzunehmen ist, dass frühere Abreden, die anders lauten, ganz gleich, ob sie bloß mündlich getroffen oder schriftlich fixiert wurden, durch die Parteien einvernehmlich entsprechend abgeändert worden sind (vgl. dazu KG, Urt. v. 27.05.2002 - 8 U 2074/00, Rdn. 47, GE 2002, 930 = MDR 2003, 79; Baumgärtel/ Laumen aaO, m.w.N.). Ausgangspunkt der anschließenden Interpretation an sich ist dann der Wortlaut des objektiv Erklärten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, sofern sich ein hiervon abweichendes - gemeinsames - Verständnis der Parteien nicht feststellen lässt; dadurch wird gewährleitstet, dass Letzteres stets Vorrang hat, und zwar unabhängig davon, ob es in einem Zivilprozess auf unstreitigem Vorbringen beruht oder beweisbedürftig ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 09.03.1995 - III ZR 55/94, Rdn. 23, BGHZ 129, 90 = NJW 1995, 1494; ferner BeckOK-BGB/Wendtland aaO § 133 Rdn. 23; Jauernig, BGB, 14. Aufl., § 133 Rdn. 9 f.; Palandt/Ellenberger aaO, § 133 Rdn. 8 und 14; jeweils m. w.N.). An die Widerlegung der Richtig- und Vollständigkeitsvermutung sind nach ganz herrschender Meinung, die der Senat teilt, prinzipiell hohe Anforderungen zu stellen: Da zum Vertragsinhalt lediglich solche Erklärungen werden, die am Ende der Verhandlungen beim Zustandekommen des Rechtsgeschäfts durch den übereinstimmenden Willen der Parteien verbindlich festgelegt worden sind, genügt es keineswegs, wenn sich die Beteiligten zuvor - bei Gesprächen oder im Rahmen ihres Schriftwechsels - über bestimmte Punkte verständigt hatten; erforderlich ist vielmehr, dass eine Nebenabrede nach dem Parteiwillen bei Vertragsschluss nicht beurkundet werden und dennoch als solche gelten sollte, was derjenige darzulegen und zu beweisen hat, der sich darauf beruft; vor allem dann, wenn es sich um Bestimmungen von erheblicher rechtlicher oder wirtschaftlicher Tragweite handelt, gehört dazu regelmäßig das Aufzeigen von Umständen, die erhellen, warum eine abschließende schriftliche Fixierung unterblieben ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 29.04.1970 - VIII ZR 120/68, Rdn. 28, MDR 1970, 756 = WM 1970, 791; Urt. v. 14.10.1988 - V ZR 73/87, Rdn. 23, NJW 1989, 898 = DNotZ 1989, 503; Urt. v. 22.03.1991 - V ZR 16/90, Rdn. 6 f., NJW 1991, 2082 = MDR 1991, 899; BAG, Urt. v. 14.07.2005 - 8 AZR 300/04, Rdn. 34, NZA 2005, 1298 = BAG-Rp 2005, 353; KG aaO; OLG Köln, Urt. v. 08.07.1969 - 9 U 231/68, JMBl. NW 1970, 154; ferner Baumgärtel/Laumen aaO Rdn. 8 f.; BeckOK-BGB/Wendtland aaO, § 125 Rdn. 33; Palandt/ Ellenberger aaO, § 125 Rdn. 21).
b) Im Streitfall lässt sich auch nach der persönlichen Anhörung des Klägers durch den Senat im Termin der mündlichen Verhandlung nicht feststellen, dass beide Seiten bei Vertragsabschluss - also im Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde vom 04./14. November 2005 (Kopie Anlage K1/GA III 540) - übereinstimmend eine Absprache als Inhalt des Ausbildungsvertrages wollten, wonach die Beklagte dafür einzustehen hat, dass der Kläger spätestens rund ein Jahr nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Type-Rating-Ausbildung bei der G€ Fluggesellschaft mbH oder einer anderen Airline ohne weitere Entgeltzahlungen zum Erwerb von praktischer Flugerfahrung auf einer Boeing 737 ein so genanntes Line-Training im Umfange von 100 h absolvieren kann.
aa) Die Richtig- und Vollständigkeitsvermutung, die hier für die Vertragsurkunde spricht, ist nicht widerlegt worden. Der E-Mail-Wechsel zwischen dem Kläger und der für die Beklagte tätigen Mitarbeiterin J€ K€ vom 02. November 2005 (Kopie Anlage K3/GA III 556) gibt nichts dafür her, dass beide Seiten eine Nebenabsprache als Teil des kurz vor seiner Unterzeichnung stehenden Ausbildungsvertrages wollten, die zwar nicht schriftlich fixiert werden, aber gleichwohl gelten sollte. Es mag sein, dass die Aussicht auf ein - nicht kostenpflichtiges - hundertstündiges Praktikum im Linienbetrieb bei einer Fluggesellschaft nach dem Bestehen der Type-Rating-Prüfung den Kläger motiviert hat, die Vereinbarung über seine berufliche Qualifizierung mit der Beklagten abzuschließen. Daraus folgen für Letztere aber noch keine rechtsgeschäftlichen Verpflichtungen. Was die Parteien bis Anfang November 2005 betreffend das Line Training an Informationen und Erklärungen ausgetauscht hatten, war äußerst vage, so dass sich - worauf später noch zurückzukommen sein wird - bereits die Frage stellt, ob beide Seiten diesbezüglich überhaupt schon rechtsgeschäftliche Bindungen eingehen wollten und, falls man das bejaht, welchen Inhalt ihre Abreden haben sollten. Um die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu entkräften, hätte der Kläger Umstände darlegen und gegebenenfalls nachweisen müssen, die erkennen lassen, dass der von ihm problematisierte Punkt kraft Parteiwillens tatsächlich ein - nicht in die Urkunde aufgenommener - Teil des abgeschlossenen Vertrages geworden ist (vgl. dazu Baumgärtel/Laumen, Beweislast, 3. Aufl., § 125 Rdn. 8, m.w.N.). Der Hinweis auf die Entscheidung des BGH, Urt. v. 14.10.1988 - V ZR 73/87 (NJW 1989, 898 = DNotZ 1989, 503) hilft dem Berufungsführer in diesem Zusammenhang bereits wegen der Unterschiede im Sachverhalt nicht weiter: Denn dort hatte der frühere Bürgermeister dem beklagten Grundstückseigentümer, der auf Anerkennung des Ergebnisses einer Vermessung und Auflassung des hierdurch neu entstandenen Flurstücks in Anspruch genommen wurde, für den Fall, dass die geplante Straße vorzeitig ausgebaut werden könne, als zusätzliche finanzielle Gegenleistung den Ersatz des Ernteausfallschadens zugesagt und erklärt, dieses Versprechen bedürfe nicht der notariellen Beurkundung. Im Streitfall haben die Prozessparteien indes keine unmittelbare Verknüpfung zwischen der Ausbildungsvereinbarung und dem Praktikum hergestellt, erst recht nicht dergestalt, dass zwischen ihnen Einigkeit bestanden hätte, eine beiderseits gewollte Nebenabsprache in der Urkunde nicht schriftlich festzuhalten. Zur deren Fixierung bestand jedoch aller Anlass, wenn dem Kläger die Ermöglichung des Line Trainings bei einer Fluggesellschaft durch die Beklagte so wichtig gewesen ist, wie er geltend macht, zumal in Art. 15 ausdrücklich in die Urkunde aufgenommen wurde, zwischen den Parteien seien keine zusätzlichen Verabredungen getroffen worden.
bb) Ebenso wenig lässt sich im Wege der Interpretation des schriftlich festgehaltenen Vertragsinhalts das vom Kläger vorgetragene Verständnis der umstrittenen Ausbildungsvereinbarung gewinnen. Eine übereinstimmende Auffassung beider Seiten vom Inhalt ihres Rechtsgeschäfts, die - unabhängig vom gewählten Wortlaut - stets maßgeblich wäre, ist weder zwischen den Prozessparteien unstreitig noch vom Berufungsführer als solche vorgetragen und unter Beweis gestellt worden. Der Gegenstand der geschuldeten Ausbildung wird in Art. 1 der Urkunde kurz und abschließend mit €MCC + Type Rating B737 Classic + Transition B737NG€ beschrieben. Unter dem Type Rating ist - worüber sich die hiesigen Prozessparteien einig sind - der Erwerb einer international anerkannten Musterberechtigung für Piloten zum Führen von Passagierflugzeugen des Typs Boeing 737 zu verstehen. Davon existieren verschiedene Bauarten, unter anderem eine klassische Version (Classic) und eine nachfolgende Generation (Next Generation = NG), die beide im internationalen Luftverkehr in Gebrauch sind. Demzufolge sollte der Kläger bei der Beklagten die Erlaubnis zum Fliegen von Maschinen beider Bauweisen erwerben können; das aus dem Lateinischen kommende Wort Transition bedeutet (auch im Englischen) Übergang. Mit der Abkürzung MCC bezeichnet man - wie der Kläger selbst unwidersprochen vorgetragen hat (GA II 371, 374) - in der Zivilluftfahrt das Multi Crew Cooperation Training, das regelmäßig eine Voraussetzung für die entsprechende Typenschulung ist und bei dem die reibungslose und verlässliche Zusammenarbeit von aus mehreren Personen bestehenden Cockpitbesatzungen geübt wird. Eine nähere Aufgliederung - nebst Preisangabe und Zahlungsplan - enthält schließlich die Anlage €Leistungen und Sätze€ (Kopie GA III 545). Weitere Abreden zum Ausbildungsinhalt - insbesondere das Versprechen eines für den Schüler kostenlosen hundertstündigen Praktikums bei einer Fluggesellschaft im Linienbetrieb - lassen sich der Vertragsurkunde nicht entnehmen. Vielmehr ist im Anschluss an Art. 15 der Vereinbarung explizit festgehalten worden, dass keine zusätzlichen Verabredungen getroffen wurden. Aus Art. 14 Satz 2, wonach sonstige Absprachen nur dann gültig sind, wenn sie schriftlich festgehalten werden, folgt - entgegen der Auffassung des Klägers - nichts Abweichendes. Denn diese Regelung soll die unmittelbar über den Unterschriften befindliche Vollständigkeitsklausel offensichtlich nicht aushöhlen, sondern schreibt im Kern für künftige Änderungen des Rechtsgeschäfts die Schriftform vor, um potentielle Streitigkeiten hierüber einzudämmen. Es ergäbe keinen Sinn, einerseits über ein privates Rechtsgeschäft eine Urkunde aufzunehmen, die zumindest Beweiszwecken dienen soll und die die Vollständigkeit ihres Inhalts ausdrücklich bekundet, und andererseits abweichende beziehungsweise ergänzende Erklärungen, die sich einem vorangegangenen E-Mail-Wechsel entnehmen lassen und der Urkunde nicht beigefügt wurden, als Vertragsinhalt anzusehen. Angesichts dessen spielt es - anders als der Kläger meint - in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob der Austausch von E-Mails nach § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB an sich geeignet ist, eine vertraglich bestimmte Schriftform zu wahren.
3. Das Zustandekommen eines separaten - neben der schriftlichen Ausbildungsvereinbarung existierenden - Rechtsgeschäfts, wonach die Beklagte dafür einzustehen hat, dass der Kläger spätestens rund ein Jahr nach erfolgreichem Abschluss seiner Type-Rating-Ausbil-dung bei der G€ Fluggesellschaft mbH oder einer anderen Airline ohne weitere Entgeltzahlungen zum Erwerb von praktischer Flugerfahrung auf einer Boeing 737 ein Line-Training im Umfange von 100 h absolvieren kann, ist durch die Vorinstanz im Ergebnis ebenfalls zu Recht verneint worden.
a) Unter Berücksichtigung der Informationen und Erklärungen, die die Parteien bis Anfang November 2005 ausgetauscht hatten, spricht bereits nichts dafür, dass sie sich beide Seiten seinerzeit rechtsgeschäftlich binden wollten. In dem standardisierten Informationsblatt zur Type-Rating-Ausbildung, das die Beklagte - vertreten durch ihre Mitarbeiterin J€ K€ - dem Kläger mit ihrem Schreiben vom 12. August 2005 übermittelt hatte (Kopie Anlage K2/GA III 552 ff.), wird die Gelegenheit, auf Anfrage des Schülers zu veranlassen, dass dieser etwa 100 Stunden beaufsichtigte Flugzeit erhält, nur als möglicher Nebenpunkt erwähnt, der einer besonderen Absprache bedarf; auf die Unentgeltlichkeit eines solchen Praktikums wird dabei nicht hingewiesen. Erst in der anschließenden E-Mail der Beklagten vom 22. August 2005 (Kopie Anlage K13/GA III 570 f.) ist dann davon die Rede, dass nach der Type-Rating-Ausbildung 100 Stunden Linientraining bei (der) G€ (Fluggesellschaft mbH) kostenfrei angeboten werden können, wobei Letztere nach dem erfolgreichen Abschluss der Ersteren alle notwendigen Einzelheiten - gemeint sind damit offenbar detaillierte Informationen - erhalte und der Kläger bei der Airline auf eine Betreuungsliste (Warteliste) gesetzt werde; wegen des großen Interesses fast aller Flugschüler betrage die Wartezeit gegenwärtig sechs Monate. Sowohl die Formulierung, wonach das Angebot nach dem bestandenen Type-Rating-Kurs erfolge, als auch die damals bestehende Ungewissheit, ob und wann der Kläger seine Prüfung erfolgreich absolviert und wie lange die Wartedauer dann sein wird, zeigen deutlich, dass die Erklärungen der Beklagten vom Empfänger nach Treu und Glauben nicht so verstanden werden konnten, sie wolle dafür haften, dass das Praktikum vom Schüler innerhalb eines bestimmten Zeitraumes angetreten werden könne. Bis zum E-Mail-Wechsel vom 02. November 2005 (Kopie Anlage K3/GA III 556 f.), mit dem J€ K€ für die Beklagte auf Anfrage des Klägers die €Gültigkeit des Angebots€ bestätigt hatte, also innerhalb von weniger als drei Monaten, war die Wartezeit sogar schon auf zirka ein Jahr angewachsen. Ein E-Mail-Wechsel zwischen den Parteien vom Herbst, von dem der Kläger in seiner elektronischen Nachricht vom 02. November 2005 spricht, liegt dem Senat - selbst nach ausdrücklicher Erörterung dieses Punktes im Termin der mündlichen Verhandlung - nicht vor, insbesondere nicht in beglaubigter Übersetzung in die deutsche Sprache. Unabhängig davon hat das Landgericht jedenfalls im Ergebnis völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass es auch an einer zeitnahen Annahmeerklärung des Klägers mangelt: Denn die Beklagte hatte ihr Angebot, an dem es aus den oben genannten Gründen im Rechtssinne allerdings bereits fehlt, dahin abgeändert, dass sich die Wartezeit innerhalb von nur einigen Wochen auf ein Jahr verdoppelt hat; hierauf ist durch dem Kläger nichts erwidert worden. Selbst eine bloße Betätigung des Annahmewillens, die schon deshalb nicht ausreichen dürfte, weil es sich hier - wegen der in Form von Pilotentätigkeit bei der Fluggesellschaft geschuldeten Gegenleistung - nicht um ein rein vorteilhaftes Geschäft für ihn handelte, lässt sich nicht feststellen. Vielmehr hatte der Berufungsführer noch in seiner Anfrage vom 02. November 2005 bekundet, er würde nach dem Abschluss der Type-Rating-Ausbildung lieber gleich eine ordentliche Pilotenstelle erhalten, fände es aber gut, ein Angebot zu haben, um Erfahrungen zu sammeln. Eine vorbehaltlose Annahmeerklärung ist darin nicht zu sehen.
b) Doch selbst man davon ausgehen würde, dass sich die Parteien - schon im November 2005 oder nachfolgend durch konkludentes Handeln (was in Wirklichkeit zu verneinen ist) - rechtsgeschäftlich gebunden hätten, so würde sich die Frage stellen, was Inhalt ihrer Vereinbarungen geworden sein kann. Im Mittelpunkt steht dann, wie der Kläger - nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte - die Erklärungen der Beklagten betreffend das Line Training verstehen durfte und musste. Zunächst war für ihn ganz offensichtlich, dass seine jetzige Berufungsgegnerin, die selbst weder über Verkehrsflugzeuge verfügt, erst recht nicht über Passagiermaschinen des Typs Boeing 737, noch Linienverkehr in der Zivilluftfahrt durchführt, die Leistung nicht selbst erbringen konnte und wollte. Liest man allein das standardisierte Informationsblatt zur Type-Rating-Ausbildung, das die Beklagte - vertreten durch ihre Mitarbeiterin J€ K€ - dem Kläger mit Schreiben vom 12. August 2005 zugeschickt hatte (Kopie Anlage K2/GA III 552 ff.), erscheint es gewiss nicht völlig ausgeschlossen, dass die Berufungsgegnerin gegebenenfalls ein so genanntes Beschaffungsrisiko übernehmen wollte, also dafür einstehen, dass der jeweilige Schüler die rund 100 Stunden beaufsichtigte Flugzeit tatsächlich erhält; wer sich verpflichtet, etwas zu veranlassen, kann durchaus bereit sein, für den Erfolg aufzukommen. Spätestens nach der E-Mail vom 22. August 2005 (Kopie Anlage K13/GA III 570 f.), in der der Ablauf näher geschildert wird, musste dem Kläger jedoch klar werden, dass die Beklagte lediglich dafür sorgen will, ihn auf einer Betreuungs- beziehungsweise einer Warteliste bei der G€ Fluggesellschaft mbH unterzubringen, wo die Wartedauer damals rund sechs Monate betrug. Von mehr durfte er - bei einer Gratisgabe der Beklagten - nicht ohne Weiteres ausgehen. Denn ein Linientraining ist üblicherweise kostenpflichtig; der fortzubildende Pilot muss dafür entweder einen nicht unerheblichen Betrag in Geld zahlen oder der jeweiligen Fluggesellschaft seine Arbeitskraft (zumindest größtenteils) unentgeltlich zur Verfügung stellen. Letzteres sollte hier nach dem Verständnis des Klägers im Verhältnis zwischen ihm Kläger und der G€ Fluggesellschaft mbH geschehen. Erst recht konnte und durfte er nach dem E-Mail-Wechsel vom 02. November 2005 (Kopie Anlage K3/GA III 556 f.), in dem ihm von der Beklagten mitgeteilt worden war, die Wartezeit habe sich - binnen einiger Wochen - auf zirka ein Jahr verdoppelt, nicht annehmen, die Beklagte wolle dafür einstehen, dass der Kläger tatsächlich, insbesondere binnen Jahresfrist, zu seinem Line Training kommt. Dies gilt selbst dann, wenn er geglaubt haben sollte, zwischen dem Unternehmen, in dem das Praktikum vorgesehen war, und der Beklagten bestehe, was diese bestreitet, eine - von ihm nicht näher dargestellte Verbindung. Dass einige Piloten der G€ Fluggesellschaft mbH zugleich Ausbilder bei der Beklagten waren, wovon der Kläger wahrscheinlich nicht vor dem tatsächlichen Beginn seiner beruflichen Qualifizierung im Januar 2006 in S€ erfahren hat, reicht in diesem Zusammenhang keineswegs aus. Allenfalls bei einem bestimmenden Einfluss der Beklagten auf das Praktikumsunternehmen - etwa in Gestalt personeller Verflechtungen bei den Gesellschaftern oder bei der Geschäftsführung - könnte eine abweichende Beurteilung gerechtfertigt sein. Der Kläger trägt indes weder vor, dass es solche Beziehungen tatsächlich gab, noch macht er geltend, die Beklagte habe in zurechenbarer Weise einen entsprechenden Anschein gesetzt. Ihrer (eventuellen) Verpflichtung, den Berufungsführer auf einer Warteliste bei der Airline zu placieren, ist die Beklagte - unstreitig - nachgekommen.
4. Erfolglos beruft sich der Kläger in der zweiten Instanz - hilfsweise - auf außervertragliche Anspruchsgrundlagen.
a) Insbesondere ist für ein Verschulden der Beklagten bei den Vertragsverhandlungen nichts ersichtlich, das bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes gewohnheitsrechtlich unter dem Begriff culpa in contrahendo anerkannt war und seitdem als Haftungstatbestand im Gesetz selbst geregelt wird (§ 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 und § 241 Abs. 2 BGB). Denkbar wäre hier allenfalls eine Konstellation, in der die Beklagte den Kläger zum Abschluss eines für ihn nachteiligen Vertrags veranlasst haben könnte. Dafür gibt der dem Senat unterbreitete Sachverhalt indes nichts her. Da empfangsbedürftige Willenserklärungen aus der - objektivierten - Sicht des Adressaten zu deuten sind, bleibt in Fällen der streitgegenständlichen Art für Schadensersatzansprüche des Erklärungsempfängers wegen der Verletzung von Schutz- und Treuepflichten regelmäßig kein Raum; entweder ist es zu einem entsprechenden Vertragsabschluss gekommen oder nicht. Unabhängig davon lässt sich hier für eine durch die Beklagte - auch nur fahrlässig - veranlasste Täuschung des Klägers nichts erkennen.
b) Im Übrigen ist nicht ersichtlich, worin der Nachteil des vom Kläger abgeschlossenen Vertrages bestehen soll. Der Berufungsführer mag einen (irrtümlich) erhoffen Vorteil nicht erhalten haben. Er macht indes keineswegs geltend, dass er anderswo ein für ihn günstigeres Rechtsgeschäft hätte eingehen können, wenn er nicht mit der hiesigen Beklagten kontrahiert hätte. Da er allenfalls das so genannte negative Interesse liquidieren könnte, mithin so zu stellen wäre, als hätte er sich auf den Vertrag mit seiner Berufungsgegnerin nicht eingelassen, wird entgangener Gewinn - um den es hier im Kern geht - nur erfasst, wenn dieser vom Kläger anderweitig hätte erzielt werden können. Dies gilt im Übrigen auch, wenn man - mit Letzterem - davon ausgehen würde, die Beklagte habe sich, was allerdings schon nicht zutrifft, entweder öffentlich oder auch nur ihm gegenüber im Sinne des § 663 BGB zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten und ihre Verpflichtung verletzt, die Ablehnung eines klägerischen Auftrages unverzüglich anzuzeigen (vgl. dazu Jauernig/Mansel, BGB, 14. Aufl., § 663 Rdn. 3 a.E.). Der Kläger stützt seine Rechtsverfolgung gerade darauf, dass ein Line Training, das ihm geholfen hätte, schneller zu einer Anstellung als B737-Pilot zu kommen, nirgends kostenfrei erhältlich gewesen sei. Soweit er Schadensersatz wegen seiner Aufwendungen für das abgebrochene Praktikum bei der Fluggesellschaft R€ verlangt, ist seine - bestrittene - Vermutung, die Beklagte habe im Hintergrund verdeckt auf das Unternehmen eingewirkt, damit er nicht zum praktischen Flugbetrieb zugelassen werde, gänzlich ohne Substanz und ohne Beweisantritt geblieben. Sollte es insoweit zu Vertragsverletzungen gekommen sein, müsste sich der Kläger - entsprechend dem Grundsatz der Relativität schuldrechtlicher Verhältnisse - an die Airline wenden, mit der er den Vertrag betreffend das Line Training bei der R€ abgeschlossen hat, und nicht an die hiesige Beklagte.
c) Schließlich helfen dem Kläger auch europarechtliche Vorschriften nicht weiter: Die Richtlinie 2005/29/EG des europäischen Parlaments und des europäischen Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern - Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (ABl. EU L 149/22 DE), auf die er speziell Bezug nimmt, ist in Deutschland mit einer Novellierung des Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umgesetzt worden. Letzteres gewährt Verbrauchern - nach wie vor - keine Individualansprüche. Klagebefugt sind allein Mitbewerber des jeweils unlauter handelnden Unternehmers sowie - wenn es um Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche geht - auch bestimmte Wirtschaftsverbände, Verbraucherschutzorganisationen sowie Industrie- und Handelskammern beziehungsweise Handwerkskammern (§§ 8 und 9 UWG). Sollte der Berufungsführer die Auffassung vertreten, die Umsetzung der EU-Richtlinie sei in Deutschland nicht ordnungsgemäß erfolgt, wofür der Senat keinerlei Anhaltspunkt hat, könnten sich daraus für den Kläger jedenfalls keine Schadensersatzansprüche gegen die hiesige Beklagte ergeben.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Dementsprechend fallen die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels dem Kläger zur Last, weil er es eingelegt hat. Dass das am 19. Juni 2012 in dieser Sache verkündete Zwischenurteil des Senats (GA III 659 ff.) zu Gunsten des Berufungsführers ergangen ist, ändert hieran nichts. Denn damit ist lediglich ein Zwischenstreit der Parteien entschieden worden, der die Fragen betraf, ob die Beklagte die Prozesseinrede mangelnder Sicherheitsleistung für die Kosten des Rechtsstreits durch den Kläger noch erheben kann und ob Letzterer nach §§ 110 ff. ZPO eine solche Sicherheit aufbringen muss. Die Kostenentscheidung als solche richtet sich indes grundsätzlich - von im Streitfall nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - danach, welche der Parteien am Schluss des jeweiligen Zivilprozesses unterliegt. Unabhängig davon sind durch den Erlass des Zwischenurteils weder für das Gericht noch für die anwaltlichen Vertreter der hiesigen Prozessparteien besondere Gebühren angefallen (vgl. dazu Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 303 Rdn. 12).
C.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.
D.
Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche - über den Streitfall hinausgehende - Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen auf der Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall und der Würdigung von dessen tatsächlichen Umständen. Eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung oder zu Entscheidungen anderer Oberlandesgericht ist nicht ersichtlich.
E.
Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt € 26.800,00 (§ 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 09.10.2012
Az: 11 U 144/11
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/afd51e47721a/Brandenburgisches-OLG_Urteil_vom_9-Oktober-2012_Az_11-U-144-11