Landgericht Köln:
Urteil vom 23. Dezember 2010
Aktenzeichen: 31 O 384/10
(LG Köln: Urteil v. 23.12.2010, Az.: 31 O 384/10)
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern in einem System zur Buchung von Flügen auf dem Telemediendienst mit der Internetadresse www.anonym1.com nach der Auswahl einer bestimmten Flugstrecke bei der Darstellung verschiedener Flugverbindungen die Preise für die aufgeführten Flüge derart anzugeben, dass eine vom Verbraucher zu zahlende Service-Charge in reduzierter Höhe eingerechnet ist, wenn die Reduzierung nur erreichbar ist
- bei Nutzung eines bestimmten Zahlungsdienstes (hier PayPal), dessen Inanspruchnahme eine gesonderte Vereinbarung mit dem Zahlungsdienstleister voraussetzt
oder
- bei einer Zahlung im Lastschrifteneinzugsverfahren, die eine gesonderte Anmeldung („Log-In“) voraussetzt,
auch wenn in einer Art Fußnote folgender Hinweis erfolgt:
„Der angezeigte Preis beinhaltet eine um 5 Euro reduzierte Ticket Service Charge für Bezahlung im Lastschriftverfahren oder mit PayPal. Bei Bezahlung mit Kreditkarte entfällt diese Ermäßigung. Bitte beachten Sie, dass die Ticket Service Charge nicht erstattungsfähig ist.“
wie nachstehend wiedergegeben:
(Es folgt eine Darstellung)
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.7.2010 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000,00.
Tatbestand
Mit der Klage wendet sich der Kläger - ein gerichtsbekannter Verbraucherverband, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist - gegen die von der Beklagten verwendete Darstellung von Flugpreisen im Rahmen des von ihr unterhaltenen Online-Buchungssystems unter den Internetadressen "anonym1.com" und "anonym1.de". Dies hat folgenden Hintergrund:
Die Beklagte verlangt als Teil des Reisepreises eine "Ticket Service Charge", deren Höhe von der gewählten Zahlungsart abhängt. Sie beträgt EUR 15,00 bei einer Zahlung per Kreditkarte und EUR 10,00 bei einer Zahlung per Paypal oder per elektronischem Lastschriftverfahren, wobei die zuletzt genannten Verfahren eine vorherige persönliche Registrierung bei Paypal bzw. bezüglich des elektronischen Lastschriftverfahrens bei der Beklagten erfordern.
Im Rahmen ihres Online-Buchungssystems zeigt die Beklagte den Reisepreis unter Einschluß einer Ticket Service Charge von lediglich EUR 10,00 an und erläutert hierzu in einer Fußnote:
"Der angezeigte Preis beinhaltet eine um 5 EUR reduzierte Ticket Service Charge für Bezahlung im Lastschriftverfahren oder mit PayPal. Bei Bezahlung mit Kreditkarte entfällt diese Ermäßigung. …"
Wegen der Einzelheiten und der genauen Darstellung wird auf den im Tenor wiedergegebenen Screenshot der entsprechenden Internetseite der Beklagten verwiesen.
Auf diese Zusammenhänge weist die Beklagte sodann nochmals bei Auswahl der Zahlungsmöglichkeiten hin; diesbezüglich wird auf Anlage 4a und 4c zur Klageschrift, Bl. 29-32, Bl. 34-37 d.A. Bezug genommen.
Der Kläger sieht hierin einen Verstoß gegen Art. 23 VO (EG) Nr. 1008/2008, weil der Endpreis nicht zutreffend angegeben sei. Die Ticket Service Charge betrage grundsätzlich EUR 15,00 und werde nur bei bestimmten Zahlungsarten reduziert. Daher müsse der Preis unter Einberechnung einer Ticket Service Charge von EUR 15,00 angegeben werden, zumal diese gerade bei der häufigsten Zahlungsform mittels Kreditkarte in dieser Höhe anfalle.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Preisangabe sei zutreffend, da nur unvermeidbare Kosten nach der Verordnung einzurechnen seien. Vorliegend sei die Ticket Service Charge jedoch in Höhe von EUR 5,00 durch die Wahl eines bestimmten Bezahlsystems vermeidbar. Deshalb würde im Gegenteil die vom Kläger begehrte Darstellung gegen die Verordnung verstoßen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Schriftsatz der Beklagten vom 07.12.2010 hat vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist begründet. Die Beklagte verstößt durch die Art der Preisdarstellung gegen Art 23 VO (EG) Nr. 1008/2008 vom 24.09.2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft. Dem Kläger steht dieserhalb ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, 3, 4 Nr. 11 UWG, 4 UKlaG zu. Zudem kann er auch Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Kosten gemäß § 12 Abs. 1 UWG verlangen.
1. Gemäß Art. 23 VO (EG) Nr. 1008/2008 vom 24.09.2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft ist der zu zahlende Endpreis unter Einschluß sämtlicher Gebühren, Zuschläge und Entgelte auszuweisen, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind. Soweit es sich um fakultative Zusatzkosten handelt, sind diese auf transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn des Buchungsvorganges mitzuteilen, wobei die Annahme dieser Zusatzkosten durch den Kunden auf "Optin"-Basis erfolgt. Hiergegen verstößt die Beklagte, indem sie die Ticket-Service-Charge lediglich mit dem für bestimmte Zahlarten ermäßigten Satz von EUR 10,00 einpreist, anstatt mit der grundsätzlichen Höhe von EUR 15,00.
Die Ticket-Service-Charge ist dem Grunde nach unvermeidbar, da sie bei jedem Buchungsvorgang zwingend anfällt. Das Entstehen dieser Kostenposition liegt also nicht im Ermessen des Kunden, der sie auf der in der Verordnung vorgesehenen Opt-In-Basis entweder hinzubuchen oder weglassen kann. Die Kostenposition variiert allein der Höhe nach, da die Beklagte für bestimmte Bezahlarten eine Ermäßigung von EUR 5,00 anbietet. Dies kann indes nicht dazu führen, dass die Beklagte diese Bezahlarten im Grunde voreinstellt und den Flugpreis deshalb von vornherein nur unter Einschluß der ermäßigten Ticket-Service-Charge angibt; so macht sie die Ausnahme zur Regel. Dies verstößt gegen die Verordnung, die nach Auffassung der Kammer gerade umgekehrt die Angabe der regelmäßig anfallenden Kosten verlangt.
Schon ausweislich ihres Erwägungsgrundes 16 will die Verordnung die Vergleichbarkeit von Flugpreisen sicherstellen. Angesichts dieses Ziels kann sich die Beklagte nicht aussuchen, ob sie den günstigsten Preis angibt, der nur unter bestimmten (Zahl-) Bedingungen gewährt wird oder ob sie den Preis ausweist, der grundsätzlich verlangt wird. Da die Beklagte selbst von "Reduzierung" oder "Ermäßigung" der Ticket-Service-Charge spricht, kann sie sich auch nicht darauf berufen, dass der Endpreis ja bei Beginn der Buchung wegen der verschiedenen Zahlmöglichkeiten noch nicht feststünde. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Beklagte wie vorliegend die Kosten des Telemediendienstes und die Kosten der Zahlungstransaktion in einer einheitlichen Kostenposition zusammenfasst. Erst recht verstößt die Beklagte nicht gegen die Richtlinie, wenn sie den Preis unter Einbeziehung einer Ticket-Service-Charge von EUR 15,00 angibt. Die VO schreibt die Angabe von unvermeidbaren Kosten vor, ohne die Angabe von unter bestimmten Bedingungen vermeidbaren Kosten zu untersagen.
Die Beklagte mag also entweder von vornherein die Preise nach bestimmten Zahlungsbedingungen untertrennt angeben oder sie mag den höheren Preis angeben mit dem Hinweis, daß sich dieser bei Wahl von bestimmten Zahlungsvarianten ermäßige. Sie kann aber nicht - um im Preisvergleich günstiger dazustehen - allein den niedrigeren Preis angeben, der nur unter bestimmten Bedingungen erreicht werden kann, zumal - ungeachtet des Streits nach der Gängigkeit der Zahlungsmittel - jedenfalls ein großer Teil der Kunden über Kreditkarte bezahlt und damit nicht in den Genuß der Ermäßigung kommt. Daß er sie unter bestimmten Bedingungen erlangen könnte, macht den Preis nicht allgemeingültig. Aufgrund dessen führt es auch nicht weiter, daß die Beklagte auf die eingepreiste Ermäßigung und deren Wegfall bei Kreditkartenzahlung an verschiedenen Stellen hinweist.
Auch soweit sich die Beklagte darauf beruft, daß sie nach dem von der VO vorgegebenen "Opt In" - Verfahren vorgegangen sei, nach dem auf fakultative Zusatzkosten lediglich hingewiesen werden müsse, was sie getan habe, verfängt dies nicht. Die Zahlung per Kreditkarte ist keine Zusatzleistung in diesem Sinne, sondern eine von der Beklagten von vornherein eingeräumte Zahlungsmöglichkeit. Entsprechend begünstigt die Beklagte auch lediglich die weiteren Zahlungsmöglichkeiten, indem sie von "Ermäßigung" und "Reduzierung" spricht. Diese Reduzierung spricht wenn überhaupt dann aber wieder für "Opt Out" statt "Opt in", indem der Kunden Zusatzkosten herauswählen kann. Das kann die Beklagte nicht umgehen, indem sie einfach die Zahlungsweise "paypal" voreinstellt. Hinzu kommt, daß der Kunde, der nach Recherche den ausgewiesenen Flugpreis sieht, auch nicht damit rechnen muß, daß sich dieser Preis bei Wahl einer gängigen Zahlart erhöht.
2. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Der Zinsanspruch findet seine Grundlage in §§ 291, 288 BGB.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
4. Streitwert: EUR 15.000,00
LG Köln:
Urteil v. 23.12.2010
Az: 31 O 384/10
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