Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 30. Oktober 1996
Aktenzeichen: 6 U 185/95
(OLG Köln: Urteil v. 30.10.1996, Az.: 6 U 185/95)
1. Ist ein Wettbewerber, der vor der UWG-Novelle vom 25.07.1994 einen gerichtlichen Unterlassungstitel erlangt hatte, dem Unterlassungsschuldner gegenüber auch heute gem. § 13 I. 1 UWG prozeßführungsbefugt und aktivlegitimiert, ist er nicht gehindert, aus einem solchen Titel die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Die Frage, ob ein etwaiger Fortfall der Aktivlegitimation aufgrund der Neufassung des § 13 I Nr. 1 UWG im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage überhaupt als Einwand geltend gemacht werden kann, kann daher in einem derartigen Falle unbeantwortet bleiben.
2. Da die für die Beurteilung der ,Wesentlichkeit" eines gerügten Wettbewerbsverstoßes vorzunehmende Wertung erst aufgrund der Neufassung des § 13 I. 1. UWG erforderlich geworden ist, kann das Fehlen einer solchen Wertung bei einem vor der Novellierung erfolgten Erlaß eines Unterlassungstitels einer Zwangsvollstreckung aus dem Titel nicht mit Erfolg entgegengehalten werden.
3. Für die Annahme der Prozeßführungsbefugnis nach § 13 Nr. 1. UWG genügt ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien auf dem selben räumlichen Markt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. November 1995 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 0 10/95 - wird zu-rückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvolltreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in der selben Höhe leistet. Der Wert der mit diesem Urteil verbundenen Beschwer der Klägerin wird auf DM 80.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin ist Herausgeberin und Verlegerin eines sogenannten
Branchenanzeigenbuches, in dem "Branchenanzeigen für Anzeigen aus
Wirtschaft und freien Berufen" veröffentlicht werden. Die Beklagte
ist Herausgeberin des Anzeigenblattes W., welches wöchentlich im
Großraum D., K. und W. erscheint.
Ende Oktober 1991 wandte sich die Klägerin mit dem auf Bl. 6 der
beigezogenen Akte 84 o 4/92 LG Köln ersichtlichen Schreiben u. a.
an den in B. ansässigen Betrieb M. GmbH, um diesen für eine Anzeige
in dem oben genannten Branchenanzeiger zu akquirieren. Die
Beklagte, die ebenfalls von der Klägerin in der vorbezeichneten
Weise angeschrieben worden war, beanstandete dies als ihrer Ansicht
nach irreführende Werbung im Sinne von § 3 UWG, weil die Klägerin
mit der konkreten Ausgestaltung des Schreibens den Eindruck erweckt
habe, als handele es sich hierbei um Rechnungen für bereits
bestellte Inserate und nicht lediglich um Werbeschreiben, mit denen
die Veröffentlichung derartiger Anzeigen erst angeboten werde. Sie
hat die Klägerin in dem bei dem Landgericht Köln unter dem
Aktenzeichen 84 0 4/92 geführten Verfahren auf Unterlassung in
Anspruch genommen. Nachdem die Klägerin diesen
Unterlassungsanspruch anerkannte, hat das Landgericht Köln sie
entsprechend dem Antrag der Beklagten durch am 9. März 1992
verkündetes Teilanerkenntnisurteil wie auf Bl. 35 der genannten
Akte ersichtlich zur Unterlassung verurteilt.
Die Beklagte hat anschließend aus dem vorbezeichneten
Teilanerkenntnisurteil gegen die Klägerin die
Zwangsvollstreckung betrieben. Im Rahmen dieser
Unterlassungsvollstreckung wurde gegen die Klägerin mit Beschluß
des Landgerichts Köln vom 28. September 1993 (84 O 4/92 SH I) wegen
Verstoßes gegen die in dem Teilanerkenntnisurteil titulierte
Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld verhängt, dessen
Zahlung von der Klägerin noch nicht vollständig geleistet
wurde.
Im Hinblick auf die zwischenzeitlich mit Wirkung zum 1. August
1994 infolge des UWG-Ànderungsgesetzes vom 25. Juli 1994 (BGBl. Bl.
I 1738) in Kraft getretene Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG
hält die Klägerin die Zwangsvollstreckung aus dem
Teilanerkenntnisurteil nunmehr für unzulässig. Die hierauf bezogene
Feststellung verfolgt die Klägerin mit ihrem Klageantrag unter
Ziffer 1. Zugleich begehrt sie mit ihrem Klageantrag zu Ziffer 2
die Feststellung, daß der Beklagten aufgrund des
Teilanerkenntnisurteils keine Rechte mehr zustehen, weil - so führt
die Klägerin aus - die Beklagte sich geweigert habe, auf die Rechte
aus dem Titel zu verzichten. Sie - die Klägerin - müsse daher mit
weiteren Ordnungsgeldanträgen rechnen. Die Beklagte habe, so die
Auffassung der Klägerin, mit der seit dem Inkrafttreten des
genannten Ànderungsgesetzes geschaffenen Rechtslage die
Aktivlegitimation für das dem Teilanerkenntnisurteil zugrunde
liegende Unterlassungsbegehren verloren.
Es bestehe nämlich, so hat die Klägerin vertreten, zwischen ihr
einerseits sowie der Beklagten andererseits kein
Wettbewerbsverhältnis, welches nach der Neufassung des § 13 Abs. 2
Nr. 1 UWG nur dann angenommen werden kann, wenn sich
Gewerbetreibende gegenüberstehen, die Waren oder gewerbliche
Leistungen gleicher oder verwandter Art auf dem selben Markt
vertreiben. Das aber sei bei der gegebenen
Sachverhaltskonstellation nicht der Fall, weil beide Parteien
unterschiedliche Märkte bedienten. Während die Beklagte mit ihrer
wöchentlich herausgegebenen W. Inserenten anspreche, die bei
Zeitungslesern auf sich aufmerksam machen wollen, würden in dem von
ihr, der Klägerin, herausgegebenen Branchenanzeigenbuch nur
bestellte Anzeigen zusammengefaßt, die an werbewirksamen Stellen
ausgelegt würden. Der Adressatenkreis des Angebots, Werbung zu
betreiben, sei daher ein völlig unterschiedlicher. Speziell bei der
Beklagten beziehe er sich lediglich auf den regionalen Bereich, in
dem die Zeitung erscheine. Daraus folge wiederum, daß - so hat die
Klägerin weiter vertreten - die angegriffene Handlung jedenfalls
nicht geeignet sei, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen.
Da die Parteien sich nicht als Wettbewerber begegneten, könne die
Gefahr einer Beeinträchtigung des Marktes nicht bestehen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des
Landgerichts Köln, Akz. 84 0 4/92, vom 09.03.92
für unzulässig zu erklären;
2. festzustellen, daß der Beklagten aufgrund des
Urteils des Landgerichts Köln, Akz. 84 0 4/92,
vom 09.03.1992 keine Rechte mehr zustehen,
sie insbesondere nicht mehr berechtigt ist, die
Unterlassung der dort untersagten Handlung zu
fordern.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß ihre
Klagebefugnis zur Geltendmachung des dem Teilanerkenntnisurteil
zugrunde liegenden Unterlassungsbegehrens durch die Neufassung der
Vorschrift des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG nicht in Wegfall gebracht
worden ist. Es treffe insbesondere nicht zu, daß die Parteien
unterschiedliche Märkte bedienten. Der Kundenkreis der Parteien
überschneide sich sowohl in sachlicher als auch in räumlicher
Hinsicht. Sie - die Beklagte - veröffentliche Inserate von
Unternehmen, an die sich auch die Klägerin mit ihrem Angebot
wende.
Mit Urteil vom 9. November 1995, auf welches zur näheren
Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die
Vollstreckungsabwehrklage sowie die Feststellungsklage abgewiesen.
Die Klägerin, so hat das Landgericht zur Begründung dieser
Entscheidung ausgeführt, mache keine Einwendungen geltend, die der
Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem hier in Rede stehenden
Teilanerkenntnisurteil mit Erfolg entgegengehalten werden könnten.
Soweit die Klägerin in Abrede stelle, daß die Parteien Waren oder
gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art vertreiben,
gelte dies bereits deshalb, weil hiervon ein Umstand betroffen sei,
der so schon nach der bis zur Neufassung des § 13 Abs. 2 UWG
bestandenen Rechtslage vorauszusetzen gewesen sei. Insofern greife
daher die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO ein, wonach im
Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage nur solche Einwendungen
Berücksichtigung finden können, die erst nach dem Schluß der
mündlichen Verhandlung, auf die hin der Vollstreckungstitel erging,
entstanden sind. Die erst nach diesem Zeitpunkt eingetretenen
Ànderungen ließen aber die Berechtigung der Beklagten, den
titulierten Unterlassungsanspruch zu verfolgen und geltend zu
machen, unberührt. Soweit die Vorschrift nunmehr in Abänderung der
früheren Rechtslage eine räumliche Beschränkung vornehme und
fordere, daß die Mitbewerber auf dem selben Markt tätig sein
müssen, sei dies im vorliegenden Fall zu bejahen, weil die Klägerin
Kunden auch in dem räumlichen Bereich angesprochen habe, in dem die
Beklagte ihre Leistungen anbiete. Die der Klägerin mit dem
Vollstreckungstitel verbotene Handlung sei weiter auch geeignet,
den Wettbewerb auf diesem Markt wesentlich zu beeinträchtigen.
Maßgeblich sei hierbei darauf abzustellen, ob die Auswirkungen des
Verstoßes auf das Wettbewerbsgeschehen geeignet sind, die
Interessen der Allgemeinheit zu beeinträchtigen. Das aber sei
angesichts des Umstandes, daß die von der Klägerin verwandten
Schreiben einen Irrtum über deren Charakter als bloße
Angebotsschreiben hervorrufen könnten, ohne weiteres der Fall.
Gegen dieses ihr am 17. November 1995 zugestellte Urteil richtet
sich die am Montag, dem 18. Dezember 1995 eingelegte Berufung der
Klägerin, die sie mittels eines am 26. Februar 1996 - nach
entsprechender Fristverlängerung - eingegangenen Schriftsatzes
fristgemäß begründet hat.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches
Vorbringen und hält insbesondere an ihrer Auffassung fest, daß
zwischen den Parteien kein nach der Vorschrift des § 13 Abs. 2 Nr.
1 UWG aber vorauszusetzendes Wettbewerbsverhältnis vorliege. Mit
diesem Einwand sei sie - die Klägerin - entgegen dem vom
Landgericht in der angegriffenen Entscheidung vertretenen
Standpunkt auch nicht gem. § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Denn die
mit der UWG-Novellierung zum 1. August 1994 eingefügte
Voraussetzung, daß Gewerbetreibende - um den Anforderungen des § 13
Abs. 2 Nr. 1 UWG zu genügen - Waren oder gewerbliche Leistungen
gleicher oder verwandter Art "auf dem selben Markt" wie der
angebliche Verletzer vertreiben müssen, sei nur dann erfüllt, wenn
es "konkrete Óberschneidungen" u. a. beim Kundenkreis gebe. Ein
derartiges konkretes Wettbewerbsverhältnis existiere hier aber
gerade nicht, weil sie - die Klägerin - mit ihrem
Branchenanzeigenbuch ein gänzlich anderes Publikum als die Beklagte
anspreche. Während ihr, der Klägerin, Produkt nach Branchen
aufgeteilt sei und eine Óbersicht zur langfristigen Nutzung
schaffe, biete die Beklagte ein Wochenblatt "zum schnellen Verzehr"
an, dessen Anzeigen im wesentlichen konkrete Leistungsangebote
enthielten und die für eine branchenspezifische Suche gänzlich
ungeeignet seien.
Was das im Rahmen der UWG-Novellierung neu eingeführte
Erfordernis der "Wesentlichkeit" des Verstoßes für das
Wettbewerbsgeschehen angehe, setze dies eine unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalls zu treffende Wertung voraus, die im
vorliegenden Fall aber nicht kurzer Hand nachgeholt werden könne.
Da diese Wertung im Ausgangsverfahren nicht stattgefunden habe,
hätte der Vollstreckungstitel nach den Maßstäben der heutigen
Rechtslage so nicht erlassen werden dürfen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 9. November
1995 verkündeten Urteils der 4. Kammer
für Handelssachen des Landgerichts Köln
- 84 0 10/95 -
1. die Zwangsvollstreckung aus dem
Teilanerkennt-
nisurteil des Landgerichts Köln vom 9.
März
1992 - 84 0 4/92 - für unzulässig zu
erklären;
2. festzustellen, daß der Beklagten
aufgrund des
Teilanerkenntnisurteils des
Landgerichts Köln
vom 9. März 1992 - 84 0 4/92 - keine
Rechte
mehr zustehen, sie insbesondere nicht
mehr
berechtigt ist, die Unterlassung der
dort un- tersagten Handlung zu fordern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch die Beklagte hält an ihrem in erster Instanz bereits
vertretenen Standpunkt fest, wonach die mit der UWG-Novellierung in
Kraft getretene Ànderung der Vorschrift des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG
ihre Berechtigung, den dem Teilanerkenntnisurteil zugrunde
liegenden Unterlassungsanspruch geltend zu machen und zu
vollstrecken, unberührt lasse. Das in § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG neu
eingeführte Merkmal "auf dem selben Markt" sei lediglich im Sinne
einer räumlichen Beschränkung zu verstehen. Jedenfalls aber treffe
die Darstellung der Klägerin nicht zu, daß sich der Kundenkreis der
Parteien nicht überschneide. Denn beide Parteien wendenten sich
zumindest an den selben Anzeigenkundenkreis, wie u. a. daraus
hervorgehe, daß es sich bei der von der Klägerin angeschriebenen
Firma M. GmbH in B. um eine ihrer - der Beklagten - Kundinnen
gehandelt habe.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien
wird auf ihre in beiden Instanzen jeweils gewechselten Schriftsätze
verwiesen.
Gründe
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten
ist zwar insgesamt zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen
Erfolg.
Dabei kann es dahinstehen, ob die Klage auch hinsichtlich des
unter Ziffer 2 der Klageschrift formulierten Feststellungsbegehrens
zulässig ist. Nur am Rande sei daher darauf hingewiesen, daß das
Vorliegen des für diesen Feststellungsantrag zu fordernden
Rechtsschutzinteresses (§ 256 Abs. 1 ZPO) im Ergebnis
durchgreifenden Bedenken begegnete. Denn die Klägerin kann bereits
mit dem Feststellungsantrag unter Ziffer 1 das mit dem hier in Rede
stehenden Antrag unter Ziffer 2 verfolgte Ziel erreichen, daß die
fehlende Berechtigung der Beklagten, die Unterlassung der in dem
Titel untersagten Handlung zu fordern, festgestellt wird. Sollte
die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem
Teilanerkenntnisurteil vom 9. März 1992 festgestellt werden, folgt
daraus zugleich, daß der Beklagten hieraus keine weiteren Rechte
mehr zustehen, sie daher insbesondere - wie die Klägerin zur
Begründung des Feststellungsinteresses für das mit den Klageantrag
unter Ziffer 2 verfolgte Begehren vorbringt - hierauf keine
weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, wie Anträge auf Verhängung
von Ordnungsmitteln, stützen kann. Im Ergebnis bedarf die Frage, ob
die Klägerin auch für den Feststellungsantrag unter Ziffer 2 ein
Rechtsschutzbedürfnis in Anspruch nehmen kann, jedoch nicht der
Entscheidung. Denn da die Klage - wie nachfolgend noch auszuführen
sein wird - insoweit jedenfalls unbegründet ist, kann das für die
Zulässigkeit der Klage vorauszusetzende Rechtsschutzbedürfnis für
das unter Ziffer 2 geltend gemachte Feststellungsbegehren hier
ausnahmsweise offengelassen werden (vgl. BGH WM 78, 935; BGH 12,
316; BGH 78, 2031; BGH LM Nr. 46 zu § 256; OLG Karlsruhe VersR 89,
805; Teplitzki, wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 6. Aufl., Kapitel
13, Rn. 55; Thomas-Putzo, 19. Aufl., Rn. 26 vor § 253 u. Rn. 4 zu §
256).
Die Klage ist insgesamt unbegründet.
Mit ihrem unter Ziffer 1 geltend gemachten, auf die Feststellung
der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem
Teilanerkenntnisurteil gerichteten Begehren, kann die Klägerin
nicht durchdringen.
Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Klägerin einen sich
nach der Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG etwa ergebenden
Fortfall der Aktivlegitimation der Beklagten überhaupt im Rahmen
der Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO als Einwendung geltend
machen kann. Diese in Rechtsprechung und Schrifttum kontrovers
beantwortete Frage (vgl. KG MD 1996, 855/858; KG WRP 1995, 199;
Baumbach/Hermehl, Wettbewerbsrecht, 18. Aufl., § 13 Rn. 33 b) -
jeweils m.w.N. -) bedarf hier deshalb nicht der Entscheidung, weil
die Aktivlegitimation der Beklagten hier auch nach der mit Wirkung
zum 1. August 1994 infolge des UWG-Ànderungsgesetzes nach § 13 Abs.
2 Nr. 1 UWG zusätzlich zu erfüllenden Anforderungen zu bejahen ist,
die Klägerin daher - die grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit
der sich hinsichtlich der Aktivlegitimation der Gewerbetreibenden
im Sinne von 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG ergebenden Gesetzesänderung im
Rahmen des § 767 ZPO unterstellt - mit ihrem Einwand in der Sache
jedenfalls nicht durchdringen kann.
Die Parteien begegnen sich vorliegend mit ihren gewerblichen
Leistungen auf dem selben Markt. Die hier fragliche, mit der
UWG-Novelle eingeführte Voraussetzung der Prozeßführungsbefugnis
und - wegen des Doppelcharakters des § 13 Abs. 2 UWG (vgl.
Köhler/Piper, UWG, Rdn. 4 zu § 13 UWG) - zugleich der
Aktivlegitimation Gewerbetreibender nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG ist
vor allem räumlich zu verstehen (vgl. Erläuterungen zum Entwurf
eines UWG Ànderungsgesetzes in : WRP 1994, 369 ff, 377;
Baumbach/Hefermehl, a.a.O. Rn. 16 zu § 13; Köhler/Piper, a.a.O. Rn.
13 a zu § 13). Das genannte neu eingefügte Erfordernis soll zum
Ausdruck bringen, daß es nicht genügt, wenn Waren gleicher oder
verwandter Art vertrieben werden, sondern daß eine Behinderung
praktisch wahrscheinlich sein muß. Letzteres ist wiederum nur dann
der Fall, wenn die Wettbewerbsmaßnahme des Verletzers zumindest
auch auf den potentiellen Kundenkreis des Gewerbetreibenden in der
genannten Weise einwirken kann. Daraus folgt hingegen nicht, daß
sich die Parteien - wie die Klägerin meint - auf dem örtlichen
gemeinsamen Markt im Rahmen eines konkreten
Wettbewerbsverhältnisses begegnen müssen ( Köhler/Piper a.a.O.;
anderer Ansicht wohl: KG WRP 1995, 206/208 f; Baumbach/Hefermehl,
a.a.O., Rn. 16 zu § 13). Unabhängig davon, ob sich die Parteien -
wofür hier vieles spricht - nicht sogar im Rahmen eines konkreten
Wettbewerbsverhältnisses gegenüberstehen, reicht es vielmehr
jedenfalls aus, daß sie sich im Rahmen eines abstrakten
Wettbewerbsverhältnisses auf dem selben räumlichen Markt begegnen.
Andernfalls liefe die Vorschrift des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG leer.
Aus den Erläuterungen zu dem UWG-Ànderungsgesetz-Entwurf geht
hervor, daß die Einfügung der Voraussetzung, wonach die
Gewerbetreibenden mit ihren Waren oder Leistungen gleicher oder
verwandter Art auf dem selben Markt tätig sein müssen, die
bisherige Regelung in § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG im übrigen unberührt
lassen soll, so daß hinsichtlich der Voraussetzungen eines
Wetttbewerbsverhältnisses auf die bisherige Praxis zurückgegriffen
werden kann (Erläuterungen zum Entwurf eines UWG-Ànderungsgesetzes,
a.a.O., S. 372, 377). Wollte man aber das neu eingefügte Merkmal
"auf den selben Markt" nunmehr dahin verstehen, daß die Parteien
sich hier in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis begegnen müssen,
wären in Abweichung von der bis zur Neufassung gültigen Regelung
insgesamt die Gewerbetreibenden nicht mehr aktivlegitimiert, die
(auf dem selben räumlichen Markt) lediglich in einem abstrakten
Wettbewerbsverhältnis mit dem Verletzer stehen (in diesem Sinne
wohl auch: BGH MD 96, 813 ff/815 - "Preisrätselgewinnauslobung
III" - zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Ein derartiges, die
Prozeßführungsbefugnis und die Aktivlegitimation der Mitbewerber
weiter eingrenzendes Verständnis des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG wird
aber weder von systematischen, noch von den mit der
UWG-Novellierung nach obigen Ausführungen erklärtermaßen verfolgten
Zwecken des Gesetzgebers getragen. Es muß daher ausreichen, wenn
sich die Parteien auf dem selben örtlichen Markt im Rahmen eines
abstrakten Wettbewerbsverhältnisses begegnen. Vom Vorliegen eines
solchen abstrakten Wettbewerbsverhältnisses auf dem selben
räumlichen Markt ist hier aber in jedem Fall auszugehen: Da die
Klägerin sich nicht nur unmittelbar an die Beklagte selbst mit
ihrem Angebot gewandt, sondern auch eine Kundin der Beklagten
angeschrieben hat, sind beide Parteien auf dem selben örtlichen
Markt mit ihrem Leistungsangeboten tätig. Sie haben dabei auch,
jedenfalls was die Anzeigenkunden angeht, einen gemeinsamen
Adressatenkreis. Denn unzweifelhaft wenden sich beide Parteien an
gewerbliche Unternehmen, die - um ihr Unternehmen bzw. dessen
Leistungsangebote zu bewerben - Anzeigen schalten. Daß eine
Behinderung der Beklagten durch die Tätigkeit der Klägerin
praktisch wahrscheinlich und wirtschaftlich auch nicht völlig
unbedeutend ist, liegt dabei auf der Hand: Im Hinblick auf die
Begrenztheit der den potentiellen Anzeigenkunden jeweils zur
Verfügung stehenden Mittel ist es durchaus wahrscheinlich, daß ein
Unternehmen - durch die von der Beklagten beanstandete
Werbemaßnahme der Klägerin veranlaßt - zwar für ein Inserat in dem
klägerischen Branchenanzeiger Mittel aufwendet, die dann aber nicht
mehr für Inserate in der von der Beklagten herausgegebenen W. zur
Verfügung stehen und daher deren Anzeigenaufkommen verringert.
Der in dem Anerkenntnisurteil titulierte Anspruch der Beklagten
betraf weiter auch eine Handlung, die geeignet ist, den Wettbewerb
auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen, wie von § 13 Abs. 2
Nr. 1 UWG n.F. über die zuvor genannten Voraussetzungen hinaus für
das Vorliegen der Aktivlegitimation der Beklagten gefordert
wird.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Auffassung
vertritt, daß sich die Zwangsvollstreckung aus dem
Teilanerkenntnisurteil allein deshalb als unzulässig erweist, weil
bei Erlaß dieses Vollstreckungstitels die für die vorbezeichnete
"Wesentlichkeit" vorzunehmende Wertung nicht vorgenommen wurde,
überzeugt diese Argumentation nicht. Da die für die Beurteilung der
"Wesentlichkeit" des gerügten Wettbewerbsverstoßes vorzunehmende
Wertung erst nach der im Rahmen der UWG-Novelle neu eingeführten
Fassung des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG erforderlich ist, kann das Fehlen
einer solchen Wertung bei Erlaß des hier maßgeblichen
Vollstreckungstitels der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung nicht
entgegengehalten werden, wenn - hätte die neue Rechtslage bereits
bei Erlaß des Vollstreckungstitels gegolten - die danach
erforderlichen Voraussetzungen zum damaligen Zeitpunkt bereits zu
bejahen gewesen wären. Eben das ist hier aber der Fall. Im Hinblick
darauf, daß nach der vorliegenden Sachverhaltskonstellation eine
Irreführung der angeschriebenen Adressaten über den Charakter der
Werbemaßnahmen als bloßes Angebot zu berurteilen war und die
Klägerin auch unstreitig laufend und in größerem Umfang in der
beanstandeten Weise geworben hat, sowie weiter unter Würdigung der
von der beanstandeten Werbung ausgehenden erheblichen
Nachahmungsgefahr, waren die Interessen der Allgemeinheit von dem
in Rede stehenden Verstoß ernstlich betroffen und dessen
Auswirkungen daher geeignet, das Wettbewerbsgeschehen auf dem Markt
wesentlich zu beeinträchtigen.
Erweist sich die Klage nach alledem hinsichtlich des mit dem
Feststellungsantrag unter Ziffer 1 verfolgten Begehrens als
unbegründet und ist daher die Zwangsvollstreckung aus dem von der
Beklagen erstrittenen Teilanerkenntnisurteil nicht unzulässig,
scheitert aber ebenfalls das mit dem Klageantrag zu Ziffer 2
geltend gemachte, auf die Feststellung gerichtete Begehren, daß die
Beklagte keine Rechte mehr aus dem genannten Vollstreckungstitel
herleiten kann, so daß die Klage daher auch insoweit jedenfalls
unbegründet ist.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre
Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert
sich am Wert des Unterliegens der Klägerin im vorliegenden
Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 30.10.1996
Az: 6 U 185/95
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