Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Januar 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 251/00
(BPatG: Beschluss v. 10.01.2001, Az.: 26 W (pat) 251/00)
Tenor
1. Der Antrag der Markeninhaberin auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe
I.
Gegen die für Waren der Klasse 21 unter der Nummer 399 38 985 eingetragene Wort-Bild-Marke mit dem Wortbestandteil
"FISTA"
ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 906 610
"SISTA", die für Waren der Klassen 1, 2, 3, 16, 17, 19 und 21 eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 11. Juli 2000 die Löschung der Marke 399 38 985.7 wegen des Widerspruchs aus der Marke 906 610 angeordnet. Der Markeninhaberin ist dieser Beschluß am 19. Juli 2000 zugestellt worden.
Gegen diesen hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt. Der Beschwerdeschriftsatz ist am 21. August 2000 eingegangen, die Beschwerdegebühr am 22. August 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt gutgeschrieben worden.
Auf den gerichtlichen Hinweis, daß die Beschwerdegebühr nicht fristgerecht eingegangen sei, hat die Markeninhaberin vorgetragen, daß die Gebühr am 17. August 2000 auf das Konto der Zahlstelle des Deutschen Patent- und Markenamts überwiesen worden und die entsprechende Anweisung am 18. August 2000 ausgeführt worden sei. Damit hätte die Gutschrift valutengerecht auf dem Konto der Zahlstelle eingehen müssen. Da bei einem normalen Verlauf des banktechnischen Überweisungsverkehrs die Gutschrift am nächsten, spätestens am übernächsten Bankarbeitstag nach Abgabe der Überweisung hätte erfolgen müssen, sei die Auslösung der Zahlung am 17. August 2000 so gewählt gewesen, daß die fristgerechte Gutschrift gesichert gewesen sei. Insgesamt sei deshalb - trotz des atypischen und nicht vorhersehbaren Verlaufs - von einer rechtzeitigen Zahlung auszugehen, bei der insoweit kein Unterschied zu einer Barzahlung per Zahlschein bestehe.
Sie beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
II.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ist nicht begründet (§ 91 MarkenG). Die Markeninhaberin hat nämlich nicht glaubhaft gemacht, daß sie die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ohne Verschulden versäumt hat.
Die Beschwerdegebühr, die am 22. 8. 2000 beim Konto des Deutschen Patent- und Markenamts eingegangen ist, ist nicht rechtzeitig gutgeschrieben worden. Nach § 1 Nr 2, § 3 Nr 4 PatGebZV kommt es für die rechtzeitige Zahlung auf diesen Tag an.
Nach § 66 Abs 5 Satz 1 und 2 MarkenG ist die Beschwerdegebühr "innerhalb der Frist des Absatzes 2" zu zahlen. Die Frist nach § 66 Abs 2 MarkenG berechnet sich nach § 222 ZPO iVm §§ 187 ff BGB. Da die Markeninhaberin den angefochtenen Beschluß am 19. Juli 2000 erhalten hat, läuft die einmonatige Beschwerdefrist grundsätzlich am 19. August 2000 ab. Dieser Tag war jedoch ein Samstag. Deshalb endet die Frist "mit Ablauf des nächsten Werktags". Das Fristende sowohl für die Einlegung der Beschwerde als auch die Zahlung der Beschwerdegebühr ist damit der Ablauf des 21. August 2000 (Montag).
Die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wurde nicht ohne Verschulden versäumt. Ohne Verschulden handelt, wer die für einen gewissenhaften Verfahrensbeteiligten, der seine Belange sachgerecht wahrnimmt, nach den konkreten Umständen zumutbare Sorgfalt beobachtet hat (vgl Busse/Starck, Warenzeichengesetz, 6. Aufl, § 12 Rdnr 38; Fezer, Markenrecht, § 91 Rdnr 4). Danach ist es zwar statthaft, eine Frist bis zum letzten Tag zu nützen. Ein Verschulden ist also dann nicht anzunehmen, wenn die Handlung zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem unter normalen Umständen davon auszugehen ist, daß sie den Empfänger noch innerhalb der Frist erreicht (Schulte, PatG, 5. Aufl, § 123 Rdnr 37b). Auch ist es zulässig, sich zur Begleichung einer Gebühr einer Überweisung zu bedienen. Wird bei einer Überweisung die normale Laufzeit überschritten, so kann Wiedereinsetzung gewährt werden. Wenn aber eine Gebühr gegen Ende einer Laufzeit entrichtet werden soll, dann genügt der Handelnde seiner Sorgfalt nur, wenn er den Zahlungshinweisen auf der Rechtsmittelbelehrung folgend einen Zahlungsweg wählt, der einen rechtzeitigen Eingang gewährleistet (BPatG, B. v. 17. April 2000, 10 W (pat) 44/99; Schulte, aaO, § 123 Rdnr 42). Bei einer Überweisung ist nämlich grundsätzlich damit zu rechnen, daß der genaue Tag der Gutschrift beim Empfänger nicht bestimmt werden kann, vielmehr ist für Banküberweisungen eine Laufdauer von mehr als einer Woche nicht ungewöhnlich (vgl auch Schulte, aaO), bis der Betrag dem Empfänger gutgeschrieben wird. Dies gilt erst recht bei Überweisungen zwischen unterschiedlichen Kreditinstituten. Daß die Abbuchung vom Konto des Auftraggebers bereits einen Tag nach Auftragserteilung erfolgt ist, läßt bei sorgfältiger Handhabung keine Rückschlüsse auf die Gutschrift beim Empfänger zu. Dies gilt erst recht, wenn, wie im vorliegenden Fall, zwei Tage nach Auftragserteilung ein Wochenende folgt. Unter diesen Umständen kann nicht damit gerechnet werden, daß eine Anweisung, die an einem Donnerstag (17. August 2000) auf den Weg gegeben wird, bereits am darauffolgenden Montag beim Empfänger gutgeschrieben wird. Diese mangelnde Sorgfalt ihres Vertreters muß sich die Anmelderin wie eigenes Verschulden zurechnen lassen §§ 51 Abs 2, 85 Abs 2 ZPO (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 91 Rdnr 11; Schulte, aaO, § 123 Rdnr 27).
Da die Beschwerde gemäß § 66 Abs 5 Satz 2 MarkenG als nicht eingelegt gilt, war außerdem die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen (§ 71 Abs 3 MarkenG).
Schülke Reker Ederprö
BPatG:
Beschluss v. 10.01.2001
Az: 26 W (pat) 251/00
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