Landgericht Köln:
Urteil vom 23. November 2005
Aktenzeichen: 28 S 6/05
(LG Köln: Urteil v. 23.11.2005, Az.: 28 S 6/05)
Tenor
1. Das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 6. April 2005 (Az.: 113 C 463/04) wird abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Berufungsbeklagte
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Berufungsbeklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Berufungsklägerinnen jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Köln (Az.: 113 C 463/04) vom 6. April 2005 (Bl. 262 ff. d.A.). Die Parteien streiten im Wege der negativen Feststellungsklage über mutmaßliche Ansprüche der Berufungsklägerinnen, acht Musikunternehmen, auf Ersatz von Abmahnkosten i.H.v. 1.113,50 € gemäß §§ 97, 95 a Abs. 3 UrhG bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 95a Abs. 3 UrhG bzw. aufgrund der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag. Hintergrund ist, dass der Kläger auf der Internetplattform f beginnend ab dem 1. Mai 2004 die Brenner-Software "D CD" als Originalversion unter dem Zusatz "Allesbrenner von F" zum Verkauf angeboten hatte. Der Berufungsbeklagte ist Rentner, er hatte die Software seinerzeit unstreitig noch vor Inkrafttreten des § 95 a UrhG im regulären Handel erworben. Die Internetversteigerung der - seit Inkrafttreten der vorgenannten Vorschrift im Handel nicht mehr regulär vertriebenen - Software wurde unter im Detail umstrittenen Umständen vor ihrem vorgesehenen Ende abgebrochen.
In einer Email vom 7. Mai 2004 teilte f dem Berufungsbeklagten mit, dass die Auktion am 7. Mai 2004 auf Anforderung der Berufungsklägerin zu 7) vorzeitig beendet worden sei. Dem trat der Berufungsbeklagte selbst mit Email vom 8. Mai 2004 (Anlage K 11, Bl. 27 d.A.) entgegen und teilte im Gegenzug mit, dass vielmehr er selbst mittels des Formulars "Angebot vorzeitig beenden" eine vorzeitige Beendigung veranlasst habe. Ferner hieß es in der Email wie folgt: "Ich erspare mir, mit Ihnen eine Diskussion über die Rechtmäßigkeit .... zu führen. Fakt ist, dass die von Ihnen genannte Firma... mir nicht verbieten kann, das Softwareprogramm an eine Privatperson mit dem Hinweis zu verkaufen, dass es sich um ein Brennprogramm zur Anfertigung von Sicherheitskopien handelt. Kopien von z.B. Daten-Backups sind gesetzlich nicht verboten.... Solange die Software nicht dazu benutzt wird, Urheberrechte durch Umgehung eines Kopierschutzes zu verletzen, kann man m.E. auch nicht davon sprechen, ich hätte durch meine Auktion Rechte von Dritten verletzt. Wenn überhaupt hätte nur der Software-Hersteller mir gegenüber als Lizenznehmer ein Einspruchsrecht gegen den von mir geplanten Verkauf gehabt..." Zuvor hatte der Berufungsbeklagte bereits ein vom damals Höchstbietenden nach dessen Benachrichtigung über den Abbruch der Internetversteigerung an ihn unmittelbar gemachtes Kaufangebot abgelehnt.
Am 24. Mai 2005 erhielt der Berufungsbeklagte eine anwaltlich verfasste Abmahnung im Namen der acht Berufungsklägerinnen, die hinsichtlich der von ihnen vertriebenen Tonträger sowie Bildtonträger unstreitig Inhaberinnen der Rechte aus §§ 85, 94 UrhG sind und dabei technische Schutzmaßnahmen zur Verhinderung des Kopierens von CDs einsetzen, unter Berufung auf § 95 a UrhG zu einem Streitwert von 10.000 € (Anlage K 12, Bl. 29 ff. d.A.). Eine Vollmacht war nicht beigefügt; ob und wie es zuvor eine konkrete Mandatierung der Prozessbevollmächtigten durch alle acht Berufungsklägerinnen gegeben hat, ist zwischen den Parteien umstritten.
Mit Anwaltsschreiben vom 28. Mai 2005 (Anlage K 13, Bl. 38 ff. d.A.) machte daraufhin der Berufungsbeklagte deutlich, dass er die Abmahnung in der Sache für unberechtigt halte. Unter Streichung der vorgefertigten Kostenübernahmeerklärung gab er dennoch eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung ab. Das Fehlen einer Vollmacht wurde nicht gerügt. Im Nachgang forderte der Berufungsbeklagte unter dem 27. Juli 2005 dann die Berufungsklägerinnen auf, auf die Weiterverfolgung der angeblichen Abmahnkosten von 1.113, 50 € zu verzichten. Dies lehnte diese unter dem 30. Juli 2004 unter Setzung einer Zahlungsfrist endgültig ab.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es Hunderte vergleichbarer Abmahnungen durch die Prozessbevollmächtigten der Berufungsklägerinnen in der damaligen Zeit gegeben hat und diese mittels weitgehend wortidentischer Schriftsätze u.a. gegen eine große Anzahl von f-Mitgliedern versandt wurden. Dabei wurden zur Erreichung gütlicher Einigungen teilweise nicht unerhebliche Gebührenreduzierungen in Aussicht gestellt. Ferner ist unstreitig, dass die Berufungsklägerinnen zum Teil konzernmäßig miteinander verbunden sind, wie auf S. 9 der Klageschrift (Bl. 9 d.A.) dargestellt, und sie ferner jeweils Rechtsabteilungen im eigenen Betrieb und/oder Konzern unterhalten.
Erstinstanzlich hat der Berufungsbeklagte als damaliger Kläger behauptet, dass er selbst infolge von Anfragen anderer f-Mitglieder bzgl. der Funktionsweise der Software als Umgehungstool für Kopierschutz bzw. ersten Hinweisen durch diese auf die angebliche Unzulässigkeit seines Angebots die Internetversteigerung noch am Abend des 3. Mai 2004 vorzeitig beendet habe. Dies sei geschehen, nachdem eine Anfrage bei f wegen der unklaren Rechtslage unbeantwortet geblieben sei. Aus der Korrespondenz mit den anderen f-Mitgliedern ergebe sich, dass ihm die angebliche Illegalität der Software damals nicht bewusst gewesen sei, zumal er sie nur zur Erstellung von Backups genutzt habe.
In rechtlicher Hinsicht begründe § 95a UrhG richtiger Auffassung nach keine zivilrechtlichen Ansprüche, auch nicht aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB. Zudem habe der Berufungsbeklagte tatbestandlich mangels abgewickelter Veräußerung (noch) nicht gegen § 95a UrhG verstoßen. Zunächst falle die streitgegenständliche Software nicht unter § 95a Abs. 3 UrhG. Es liege ferner weder eine "Werbung", ein "Verkauf" noch ein "Verbreiten" i.S.d. § 95a Abs. 3 UrhG vor, zumal letztere Begriffe nach ihrem Sinn und Zweck auszulegen seien und die körperliche Überlassung bzw. den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages erfordern würden. Die Vorverlegung des Schutzes der Rechteinhaber durch § 95 a Abs. 3 UrhG dürfe insgesamt nicht überdehnt werden, auch im Hinblick auf Art. 103 GG und die flankierenden Strafnormen. Über den Wortlaut hinaus sei ferner für einen Verstoß gegen § 95 a Abs. 3 UrhG mindestens grobe Fahrlässigkeit erforderlich. Solche habe ersichtlich nicht vorgelegen, zumal technische Schutzvorrichtungen bei nicht geschützten Werken unzweifelhaft sanktionsfrei umgangen werden dürfen (etwa für die Nationalbibliothek o.ä.). Dass die heutigen f-Nutzungsbedingungen Warnhinweise für den Vertrieb solcher Tools enthalten, sei ohne Belang, da dies bei der Anmeldung des Berufungsbeklagten bei f unstreitig noch nicht der Fall war.
Mangels Verletzungshandlung habe es damit bei der Abmahnung an der Wiederholungsgefahr gefehlt. Da das Angebot abgebrochen war, habe auch keine Erstbegehungsgefahr bestanden. Letztlich könne aber auch dies dahinstehen, denn mit Blick auf die Abmahnkosten fehle es an der "Erforderlichkeit" bzw. am Erfordernis der Entsprechung mit dem mutmaßlichen Willen des Berufungsbeklagten. Dies folge aus dem Massencharakter der Abmahnungen, der stereotypen Schriftsätze mit bloßen Textbausteinen als Routineangelegenheit für die einfach gelagerten Sachverhalte, dem Vorhandensein eigener Rechtsabteilungen bei den Berufungsklägerinnen und deren Möglichkeit, sich Musterbriefe fertigen zu lassen bzw. aus § 13 Abs. 5 UWG a.F. (§ 8 Abs. 4 UWG n.F.). Die Berufungsklägerinnen hätten den Berufungsbeklagten allenfalls über ihren Branchenverband IFPI - der hätte tätig werden können - abmahnen dürfen. Insgesamt liege ein Missbrauch vor, weil man sich - wie früher Abmahnvereine - durch Gebühren mitfinanziere. Dies betreffe gerade die Prozessbevollmächtigten der Berufungskläger, denen eine Einnahmequelle vom erheblichem Gewicht verschafft worden sei. Zumindest sei gezielt mit acht Abmahnenden zur maximalen Verdreifachung der BRAGO-Erhöhungsgebühren vorgegangen worden. Es handele es sich um eine missbräuchliche Mehrfachverfolgung. Insofern behauptet der Berufungsbeklagte, die Prozessbevollmächtigten der Berufungsklägerinnen seien auch ohne konkrete Absprache in Eigenregie vorgegangen; die Bevollmächtigung zum Zeitpunkt der Abmahnung werde mit Nichtwissen bestritten.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass der von den Beklagten mit Rechnung vom 24, Mai 2004 und 30. Juli 2004 geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 1.113,50 € nicht besteht.
Die Berufungsbeklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Hinblick auf eine von Ihnen nach der Erhebung der negativen Feststellungsklage vor dem Amtsgericht München erhobene Leistungsklage auf Zahlung der Abmahnkosten haben sie zunächst die Zulässigkeit gerügt und den Einwand entgegenstehender Rechtshängigkeit erhoben. In der Sache bestehe ferner ein Anspruch aus §§ 97, 95a UrhG bzw. aus GoA i.V.m. § 95 a UrhG bzw. aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 95 a UrhG. Bei der Software handele es sich um ein Programm, bei dem die Umgehungsfunktion im Vordergrund stehe, wie sich u.a. an der entsprechenden Bewerbung durch die nach Antigua verzogene Firma T2 (Anlage B 7, Bl. 237 d.A.) zeige. Verstöße gegen § 95 a UrhG seien für die Berufungsklägerinnen als Schutzrechtsinhaberinnen auch zivilrechtlich sanktionierbar. In der Sache liege ein Verstoß gegen § 95 a Abs. 3 UrhG vor, zumal die Norm nach ihrem Schutzzweck weit auszulegen sei. So sei bereits das bloße Angebot ein "Verkauf", zudem liege eine "Verbreitung" vor, weil der Begriff weiter zu verstehen sei als bei § 17 UrhG und dort das erfolglose Angebot genüge. § 95a Abs. 3 UrhG sehe nach dem Gesetz - anders als Abs. 1 der Norm - auch gerade keinen subjektiven Tatbestand vor, sondern sei ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Darauf komme es jedoch nicht an, denn der Berufungsbeklagte habe (grob) fahrlässig gehandelt, zumal die bei Angebotseinstellung geltenden f-Nutzungsbedingungen in Anlage B 4, Bl. 156 ff. d.A. unstreitig einen Warnhinweis enthielten und nach dem erstinstanzlich unbestrittenen Vortrag ferner ein Warnhinweis betreffend den Vertrieb von Umgehungstools mittels des in Anlage B 9, Bl. 242 d.A. abgebildeten sog. Popup-Fensters bei f eingeblendet wurde. Daneben stellen die Berufungsklägerinnen darauf ab, dass die entsprechenden Änderungen im Urheberrecht damals unstreitig im großem Umfang in der Presse und im Internet diskutiert wurden. Insofern sei insbesondere auch die eigene Bewerbung des Angebots durch den Berufungsbeklagten als "Allesbrenner" zu würdigen, wobei unerheblich sei, dass dieser dies nur der ursprünglichen Produktbeschreibung entnommen haben wolle.
Angesichts der erfolgten Verletzungshandlung habe bis zur Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung Wiederholungsgefahr bestanden. Letztlich sei dies aber ohne Belang, da jedenfalls angesichts der E-Mail in K 11 Erstbegehungsgefahr vorgelegen habe. Den Berufungsklägerinnen sei im Zeitpunkt der Abmahnung unbekannt gewesen, dass der Berufungsbeklagte das Angebot selbst eingestellt habe - was im Übrigen bestritten werde und sich aus Anlage K 6 und K 7 nicht ergebe. Die Berufungsklägerinnen hätten gleich nach Kenntnis vom Angebot über das VeRi-Programm den Abbruch veranlasst und hätten nicht fortlaufend die Sache überwachen müssen. Vielmehr hätte der Berufungskläger auf die Abbruchsmitteilung mit der dort unstreitig vorhandenen Angabe einer Kontaktadresse die Berufungsklägerin zu 7) anschreiben müssen.
Der Abmahnung liege ein berechtigtes Interesse zugrunde; sie sei keineswegs nur zur Gebührenerzielung vorgenommen worden - weshalb man stets auch in solchen Fällen Gebührenermäßigungen anbiete. Es gehe primär um das Vereiteln der illegalen Verbreitung verbotener Umgehungswerkzeuge. Insofern seien den Berufungsklägerinnen erhebliche wirtschaftliche Schäden durch nicht von § 53 UrhG gedeckte Handlungen entstanden, wobei wegen der Einzelheiten auf die "Brennerstudie 2004" in Anlage B 10, Bl. 243 d.A. verwiesen wird. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts sei dabei auch zur Rechtsverfolgung erforderlich gewesen, da es nicht originäre Aufgabe der Berufungsklägerinnen sei, Rechtsverstöße zu verfolgen und dafür Personal- wie Sachmittel in eigenen Rechtsabteilungen vorzuhalten. Zudem sei die Sache - wie das Verfahren belege - wegen der Komplexität der Fragen des neu eingeführten § 95a UrhG keine "einfache" Angelegenheit, so dass mit Formbriefen etc. allein die Sache nicht hätte zumutbar auch ohne anwaltliche Beratung verfolgt werden können. Insofern sei das Vorgehen dann auch nicht rechtsmissbräuchlich; zahlreiche Verletzungen erforderten auch zahlreiche Abmahnungen. Die Gebühren seien schließlich keinesfalls "hochgetrieben" worden, zumal keine Mehrfachverfolgung vorliege - die den Berufungsbeklagten noch teurer gekommen wäre. Auf den Branchenverband IFPI müssten sich die Berufungsklägerinnen nicht verweisen lassen, zumal diesem mangels einer urheberechtlichen Verbandsklagebefugnis die Aktivlegitimation fehle.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 6. April 2005 (Bl. 262 ff. d.A.) der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat sich u.a. darauf gestützt, dass keine der im Tatbestand des § 95 a Abs. 3 UrhG genannten Tathandlungen vorliege. Eine "Verbreitung" setzte die tatsächliche Überlassung voraus, der "Verkauf" umfasse nicht das bloße Anbieten. Auch "Werbung" liege nicht vor, da eine solche über das bloße Angebot zum Abschluss eines Vertrages hinausgehe und darauf abziele, die Entschließung von potentiellen Kunden zu beeinflussen. Im Übrigen hat das Amtsgericht offen gelassen, ob der Berufungskläger überhaupt vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt habe, da die bei f gegebenen Warnhinweise jedenfalls nicht konkret die streitgegenständliche Software betrafen und der Begriff des "Allesbrenners" ebenfalls nicht zwingend darauf hindeute. Auch ein Anspruch aus GoA sei nicht gegeben, da keine Begehungsgefahr bestanden habe. Soweit die Berufungsklägerinnen einen Abbruch des Angebots durch den Berufungsbeklagten bestritten hätten, sei dieses Bestreiten angesichts der vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend. Dann aber bestehe keine Gefahr mehr, dass der Kläger sich nicht im Einklang mit dem geltenden Recht verhalten wolle, zumal er die Software außerhalb von f unstreitig nicht verkauft habe. Seine Email an f sei ohne Belang. Jedenfalls sei vor diesem Hintergrund die Abmahnung nicht im Interesse und mutmaßlichen Willen des Klägers erfolgt, zumal man vor der Abmahnung durch einfache Prüfung den Status des Angebots hätte überprüfen können.
Das Urteil des Amtsgerichts ist den Berufungsklägerinnen am 8. April 2005 zugestellt worden. Die Berufung wurde am 29. April 2005 eingelegt und - nach Fristverlängerung bis zum 23. Juni 2005 an eben diesem Tage begründet. Die Berufungsklägerinnen rügen unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages die Verletzung materiellen Rechts, § 513 Abs.1, 546 ZPO. Das Amtsgericht habe die Handlungsalternativen des - nach der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 25.7.2005 - 1 BvR 2182/04, Anlage BK 02, Bl. 369 ff. d.A.) verfassungsgemäßen - § 95a Abs.3 UrhG mit Blick auf dessen Entstehungsgeschichte aufgrund der Richtlinie 2001/29/EG verkannt. Der Kläger habe durch das Einstellen der illegalen Umgehungssoftware "D CD" beim Internetauktionshaus die Tatbestandsalternativen des Verkaufs bzw. der Verbreitung erfüllt. Im Hinblick auf eine richtlinienkonforme Auslegung sei eine weite Auslegung zur Erfassung von Vorbereitungshandlungen geboten: Bereits das Angebot solcher Software gefährde die Wirksamkeit technischer Schutzmaßnahmen, da man ansonsten stets die "tatsächliche Überlassung" und damit die Weitergabe des Umgehungswerkzeugs abwarten müsse. Dann jedoch könne man nicht mehr wirksam gegen den Erwerber vorgehen, da der private Besitz nicht verboten sei. Insgesamt enthalte § 95 a Abs. 3 UrhG ein umfassendes Verbot aller Handlungen von Privatpersonen, allein der Besitz zu nicht kommerziellen Zwecken sei ausgeklammert. Insofern stelle das Angebot jedenfalls auch eine "Werbung" i.S.d. § 95a Abs. 3 UrhG dar, zumal Werbung als bloßes Angebot zum Verkauf (sog. invitatio ad offerendum) noch weit vor einem echten Vertragsangebot stehe.
Darüber hinaus habe der Kläger - selbst auf Basis der amtsgerichtlichen Feststellungen - zumindest fahrlässig gehandelt; wenn ihm die Umgehungsgefahr wegen der Wortwahl "Allesbrenner" nicht sogar positiv bekannt gewesen sei. Soweit der Berufungsbeklagte das Vorhandensein eines Warnhinweises im Popup-Fenster erstmals bestreite, sei er damit im Berufungsverfahren nicht zu hören. Jedenfalls aber hätte nach den Gesamtumständen zumindest Erstbegehungsgefahr bestanden, da der Berufungsbeklagte sich nicht hinreichend von seiner Verkaufsabsicht distanziert habe. Das Vorliegen einer Vollmacht sei schließlich ebenfalls keine Voraussetzung für eine wirksame Abmahnung.
Die Berufungskläger beantragen,
1. das am 6. April 2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köln, Az.: 113 C 463/04 aufzuheben;
2. die Klage abzuweisen.
Der Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berufungsbeklagte vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Die von den Berufungsklägerinnen favorisierte europarechtskonforme Auslegung greife nicht, weil die Richtlinie nach Art. 6 nur "angemessenen Rechtsschutz" verlange und damit keine Aussage zu zivilrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten o.ä. treffe. Insgesamt wolle die Richtlinie auch nur kommerzielle Vorbereitungshandlungen erfassen und passe damit nicht auf den - unstreitig privat handelnden - Berufungsbeklagten. Auch aus dem nationalen Recht folge nichts anderes. Jedenfalls fehle es an dem in § 95 a Abs. 3 UrhG hineinzulesenden Erfordernis grober bzw. bewusster Fahrlässigkeit. In diesem Zusammenhang hat der Berufungsbeklagte mit Schriftsatz vom 11. August 2005 (S. 9 = Bl. 338 d.A.) erstmals die Existenz eines Popup-Warnhinweises bei f bestritten bzw. dessen Auftreten beim Berufungsbeklagten.
Mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 8. und 11. November 2005 (Bl. 384 ff. d.A.) hat der Berufungsbeklagte im Nachgang an richterlichen Hinweise (§ 139 ZPO) im Termin ergänzend vorgetragen, dass der Begriff der "Werbung" identisch sei mit dem des Art. 2 Ziffer 1 der Europäischen Richtlinie 84/450 EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung vom 10.09.1984, also "jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern" erfasse. Dies umfasse das Handeln von Nichtunternehmern in keiner Weise. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass § 95 a Abs. 3 UrhG ansonsten Handlungen Privater erfasse.
Daneben hat der Berufungsbeklagte weiterhin das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung im Zeitpunkt der Abmahnung bestritten, so dass die Abmahnungen deshalb missbräuchlich seien, weil die Bevollmächtigten in eigener Regie tätig würden.
In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien zuvor übereinstimmend erklärt, dass das amtsgerichtliche Verfahren in München noch vor der ersten mündlichen Verhandlung ausgesetzt wurde. Daneben hat der Bevollmächtigte der Berufungskläger acht Vollmachten überreicht, die als Anlage zum Protokoll genommen wurden (Bl. 376 ff. d.A.) und dazu erklärt, dass die Mandate für Abmahnungen damals regelmäßig fernmündlich oder per email erteilt worden seien.
II.
Die Berufung hat vollumfänglich Erfolg, so dass wie tenoriert zu entscheiden war. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist auch begründet. Denn das angefochtene Urteil des Amtsgerichts beruht auf der Verletzung materiellen Rechts (§ 513 ZPO) und war daher insgesamt abzuändern.
1. Die vom Kläger erhobene negative Feststellungsklage war freilich - wie auch das Amtsgericht zutreffend gewürdigt hat - nicht bereits unzulässig. Insbesondere wurde ausweislich der übereinstimmenden Mitteilungen der Parteien im Termin die von den Berufungsklägerinnen angestrebte Leistungsklage auf Ersatz der streitgegenständlichen Abmahnkosten vor dem Amtsgericht München noch kurz vor der dortigen ersten mündlichen Verhandlung im Hinblick auf das hiesige Verfahren ausgesetzt. Könnte damit die dortige Klage wegen § 269 Abs. 1 ZPO noch einseitig zurückgenommen werden, ist das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) des Klägers für die hiesige negative Feststellungsklage nach den insofern heute anerkannten Grundsätzen (noch) nicht entfallen (vgl. BGH, Urt. v. 2. 3. 1999 - VI ZR 71/98, NJW 1999, 2516, 2517; Urt. v. 07.07.1994 - I ZR 30/92, NJW 1994, 3107 f.; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 256 Rn. 7d). Soweit die Berufungsklägerinnen sich ferner u.a. in der Klageerwiderung noch auf den Einwand entgegenstehender Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) wegen der "spiegelverkehrten" Leistungsklage gestützt haben, greift auch dies nicht. Die Streitgegenstände sind gerade in solchen Fällen nicht identisch (vgl. auch etwa die von den Berufungsklägerinnen insofern selbst zitierte Fundstelle bei Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, § 261 Rn. 14) .
2. Die negative Feststellungsklage ist aber - anders als das Amtsgericht angenommen hat - unbegründet. Denn den Berufungsklägerinnen steht nach Auffassung der Kammer bereits wegen vollendeter Verletzung des § 95 a Abs. 3 UrhG ein Anspruch auf Ersatz der verlangten Abmahnkosten als sog. Rechtsverfolgungskosten im Wege des Schadensersatzes aus §§ 97, 95 a Abs. 3 UrhG bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 95 a Abs. 3 UrhG zu. Daneben besteht ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten als "Aufwendungen" i.S.d. § 670 BGB auch über das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 BGB). Letzteres gilt zudem selbst dann, wenn man die Auffassung der Kammer nicht teilen würde, dass eine vollendete Verletzung des § 95a UrhG vorgelegen hat, da dann zumindest Erstbegehungsgefahr für eine Verletzungshandlung bestanden hätte. Bedenken an der Ersatzfähigkeit bestanden dabei auch nicht unter dem vom Berufungsbeklagten betonten Aspekt der Rechtsmissbräuchlichkeit und/oder fehlenden "Erforderlichkeit" der Einschaltung eines Rechtsanwalts, die sowohl bei der Frage der Ersatzfähigkeit nach den Grundsätzen der GoA als auch als Teil eines Schadensersatzanspruchs gleichermaßen zu prüfen ist (st. Rspr, vgl. etwa BGH, Urt. v. 6.5.2004 - l ZR 2/03, NJW 2004, 2448).
a) Anspruch aus § 97 UrhG dem Grunde nach
aa) Die Kammer geht zunächst davon aus, dass bei einem Verstoß gegen die durch das Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 10. September 2003 (BGBl. I, 1774) geschaffene Regelung des § 95a UrhG, welche in Abs. 1 die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zum Schutz eines nach dem UrhG geschützten Werks o.ä. ohne Zustimmung des Rechtsinhabers verbietet und in Abs. 3 dann bestimmte Vorbereitungshandlungen zur Umgehung der technischen Schutzmaßnahmen erfasst, zivilrechtliche Sanktionsansprüche aus § 97 UrhG in direkter oder zumindest analoger Anwendung bestehen können. Diese vom Amtsgericht offen gelassene Frage, ist bisher freilich nicht abschließend geklärt, mag das Bundesverfassungsgericht auch im Beschl. v. 25.7.2005 - 1 BvR 2182/04 Rn. 15 offenbar die Anwendung des § 97 UrhG ebenfalls für möglich halten.
Teilweise wird aufgrund des auf ein Verbot beschränkten Wortlauts ("dürfen … nicht", "Verboten sind …") und der systematischer Stellung in Teil 4 des UrhG die Regelung in § 95a UrhG nur so gedeutet, dass Sanktionsmöglichkeiten lediglich durch die Vorschriften des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts (§§ 108b und 111a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG) gegeben seien (Spieker, GRUR 2004, 475 ff., nur auf § 823 Abs. 2 BGB abstellend auch OLG München, Urt. v. 28.7.2005 - 29 U 2887/05, BeckRS 2005 10116 für Linkhaftung). Diese restriktive Lesart wird daneben u.a. darauf gestützt, dass § 95 a UrhG nur mittelbar die nach dem UrhG geschützten Werke (§§ 2-4 UrhG) und verwandten Schutzrechte, insbesondere die des Tonträgerherstellers (§§ 85, 86 UrhG), des Sendeunternehmens (§ 87 UrhG) und des Datenbankherstellers (§§ 87aff. UrhG) schützt. § 95 a UrhG diene insofern der "Gesamtheit der Rechteinhaber" und schütze gerade nicht die jeweiligen Rechteinhaber als Einzelne.
Dies überzeugt nicht. Entgegen dem Vorbringen der Berufungsklägerinnen ergibt sich die Möglichkeit zivilrechtlicher Sanktionierung aber nicht bereits aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung. Zwar trat am 22. Juni 2001 die am 22. Mai 2001 erlassene Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rats zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in Kraft (ABLEG Nr. L 167 v. 22.6.2001, S. 10). Die Richtlinie setzte die Mehrzahl der Verpflichtungen seitens der World Intellectual Property Organization aus dem WIPO Copyright Treaty (WCT) und dem WIPO Performances und Phonograms Treaty (WPPT) auf Gemeinschaftsebene um (Erwägungsgrund 15). Das galt u.a. für den Schutz technologischer Schutzmaßnahmen, der Gegenstand des Art. 6 der Richtlinie ist. Der deutsche Gesetzgeber hat - wohl angesichts der knappen Umsetzungsfristen - auf die weitere Ausgestaltung der von der Richtlinie gegebenen Spielräume weitgehend verzichtet und die europarechtlichen Vorgaben in § 95 a UrhG nur "möglichst präzise" und ohne "sprachliche Verdichtung" übernehmen wollen (BT-Drucks. 15/38, S. 26). Daraus ergibt sich zwar einerseits, dass eine richtlinienkonforme Auslegung bei der Auslegung des § 95 a UrhG grundsätzlich von ganz erheblicher Bedeutung ist (vgl. auch Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger, UrhR Ergänzungsband 2003, § 95a Rn. 9). Indes gibt gerade für die hier interessierende Frage die Richtlinie selbst nichts her: Sie verlangt lediglich einen "angemessenen Rechtsschutz" (Erwägungsgrund 58 und Art. 8), während allein den Mitgliedstaaten dessen Verwirklichung durch Maßnahmen im Zivil-, Ordnungswidrigkeiten- oder Strafrecht überlassen wird. Damit ist die Antwort auf die Frage, ob und wie im Fall der Verletzung des § 95a UrhG auch zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und/oder Schadenersatz bestehen, nicht im EG-Recht zu suchen (so zutreffend auch Spieker, GRUR 2004, 474, 476).
Auch der deutsche Gesetzgeber hat die Problematik im Gesetzgebungsverfahren nicht eingehender thematisiert. Dass das sog. "Forum der Rechteinhaber" in einer Stellungnahme zum Regierungsentwurf für ein Gesetz zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft vom Oktober 2002 selbst ausdrücklich einen abweichenden Wortlaut für § 97 Abs. 1 UrhG vorgeschlagen hat ("Wer das Urheberrecht, ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht, ein Verwertungsverbot oder eine Vorschrift zum Schutz technischer Maßnahmen und der zur Rechtewahrnehmung erforderlichen Informationen (§§ 95a , 95c ) verletzt ..." (dazu Pleister/Ruttig, MMR 2003, 763, 765 f. Fn. 26), könnte - weil dieser Vorschlag gerade nicht aufgegriffen wurde - im Gegenzug auf den ersten Blick sogar für eine einschränkende Auslegung ins Feld geführt werden (vgl. auch Bechtold, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Stand April 2004, Kap. 7.11 Rn. 63). Dies würde aber zu weit führen: Vielmehr hat der Gesetzgeber, als er bei § 108 b UrhG bestimmte Handlungen ausdrücklich nicht (wie von der Musiklobby gefordert) umfassend strafrechtlich sanktioniert hat (BT-Drucks. 15/38, S. 29) wie folgt ausgeführt: "Da zivilrechtliche Ansprüche - etwa auf Schadenersatz oder auf Unterlassung - davon unabhängig sind und unberührt bleiben, führt das auch für diesen begrenzten Bereich nicht zu einem folgen- oder sanktionslosen Zustand. Vor dem Hintergrund des Legalitätsprinzips wird damit zugleich der Zwang zu umfangreichem Tätigwerden der Strafverfolgungsbehörden vermieden, das weitgehend wenig erfolgversprechend bliebe und im Hinblick der sich häufig ergebenden Notwendigkeit von Hausdurchsuchungen in der Verhältnismäßigkeit nicht unproblematisch wäre."
Aus dieser Passage lässt sich nach Auffassung der Kammer ableiten, dass der nationale Gesetzgeber eine zivilrechtliche Sanktionsmöglichkeit unausgesprochen vorausgesetzt hat. Es spricht dann nichts dafür, dass er - weil § 95a UrhG unstreitig kein neues verwandtes Schutzrecht, sondern nur ein negatives Verbietungsrecht in Ergänzung urheberrechtlicher Primärbefugnisse schafft - damit nur die Regeln des allgemeinen Deliktsrechts wie z.B. § 823 Abs. 2 BGB gemeint hat (so aber wohl noch Diskussionsentwurf, KUR 1999, 157, 174). Vielmehr spricht alles dafür, dass Ansprüche aus § 97 UrhG in unmittelbaren oder zumindest analoger Anwendung bestehen. Die Kammer schließt sich dabei der insofern wohl herrschenden Auffassung an (vgl. LG München I, Beschl. v. 28.11.2003 - 21 O 21941/03 und v. 29.1.2004 - 21 O 1735/04; Arlt, MMR 2005, 148, 149 f.; Bechtold, a.a.O.; Hertin, Urheberrecht 2004, Rn. 226; Wandtke/Ohst, a.a.O., § 95a Rn. 89; Dreier, ZUM 2002, 28, 38; Flechsig, ZUM 2002, 1, 17 f.; Pleister/Ruttig, MMR 2003, 764, 766; Peukert, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2005, § 82 Rn. 6; Trayer, Technische Schutzmaßnahmen und elektronische Rechtewahrnehmungssysteme, Diss. Baden Baden 2003, S. 137 f.; Fallenböck/Haberler, ecolex 2002, 262, 266; Schmidt/Wirth, UrhG-HandKomm 2004, § 95a Rn. 1, 11). Systematisch kann man dies (entgegen Spieker, GRUR 2004, 475, 480 f.) insbesondere darauf stützen, dass etwa auch für § 96 UrhG trotz dessen systematischer Stellung ebenfalls im 4. Teil des UrhG allgemein anerkannt ist, dass diese Norm ein "nach diesem Gesetz geschütztes Recht" i.S.d. § 97 UrhG ist (BGH, Urt. v. 14.11.1985 - I ZR 68/83, GRUR 1986, 454 f. - Bob Dylan; Urt. v. 18.02.1993 - I ZR 71/91, GRUR 1993, 550, 553 - The Doors; Schricker/Wild, UrhG, 2. Aufl. 1999, § 97 Rn. 6). Trotz des im Vergleich zu § 96 UrhG anderen Normzwecks kann dann auch für § 95 a UrhG letztlich nichts anderes gelten, so dass sich daraus Unterlassungsansprüche und Schadensersatzansprüche herleiten lassen. Hinsichtlich letzterer sind jedenfalls Rechtsverfolgungskosten unproblematisch ersatzfähig; dass der einzelne Nutzungsrechtsinhaber bei § 95 a Abs. 3 UrhG keinen Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie verlangen kann, dürfte hingegen auf der Hand liegen (A.A. wohl Dreyer, in: Dreyer/Kothoff/Meckel, Urheberrecht 2004, § 95a Rn. 45).
bb) Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 95a UrhG bestehen im Nachgang an BVerfG, Beschl. v. 25.7.2005 - 1 BvR 2182/04 und OLG München, Urt. v. 28.7.2005 - 29 U 2887/05, BeckRS 2005 10116 und entgegen Stimmen aus dem Schrifttum (Ulbricht, CR 2004, 674, 679; differenzierend Holznagel/Brüggemann, MMR 2003, 767, 773) nicht. Die Vorschrift hat zum Zweck, die Verletzung von Urheberrechten durch illegale Vervielfältigungen zu erschweren (BT-Drucks. 15/38, S. 26) und verfolgt damit ein unter Verfassungsgesichtspunkten legitimes Anliegen. Denn die Befugnis zur wirtschaftlichen Verwertung urheberrechtlich geschützter geistiger Leistungen wird als vermögenswertes Recht von der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG erfasst (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28. 5. 1999 - 1 BvR 77/99, NJW 1999, 2880, 2881). Mit den §§ 95a, 95b UrhG, denen ein Interessenausgleich zwischen den Beteiligten zugrunde liegt (BT-Drucks. 15/38, S. 26 f), ist ein verfassungswidriger Eingriff in die Informationsfreiheit der Nutzer, in die Rechte der Eigentümer kopiergeschützter Medien bzw. in die Berufsfreiheit und Eigentumsrechte nicht verbunden, zumal etwaige Konfliktlagen zwischen den betroffenen Grundrechtspositionen ggf. im Einzelfall im Wege verfassungskonformer Auslegung bewältigt werden können (BVerfG, Beschl. v. 25.7.2005 - 1 BvR 2182/04 und sogleich).
cc) Die Berufungsklägerinnen sind aktivlegitimiert. Bei dem Umgehungsschutz nach § 95a UrhG handelt es sich nicht um ein neues Leistungsschutzrecht, sondern um ein die urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechte "flankierendes" Recht (vgl. Wandtke/Ohst in: Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 95a Rdnr. 4). Dieser kommt den Inhabern solcher Rechte zugute, die sich wirksamer technischer Schutzmaßnahmen i.S. von § 95a I UrhG bedienen (vgl. auch OLG München, Urt. v. 28.7.2005 - 29 U 2887/05, BeckRS 2005 10116). Dies gilt auch für die Berufungsklägerinnen als Inhaber von Rechten aus §§ 85, 94 UrhG
dd) Die streitgegenständliche Software unterfällt - entsprechend den zutreffenden Erwägungen des Amtsgerichts - auch der Regelung des § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG (Vorrichtung, die "hauptsächlich entworfen, hergestellt, angepasst oder erbracht werden, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern"). Das diesbezügliche Bestreiten des Berufungsbeklagten war zu unsubstantiiert. Ferner greift angesichts der diesbezüglichen von Seiten der Berufungsklägerinnen vorgelegten Herstellerwerbung durch die nach Antigua verzogene Firma T2 (Anlage B 7, Bl. 237 d.A.) ergänzend zweifellos auch § 95 a Abs. 3 Nr. 1 UrhG ("Gegenstand einer Verkaufsförderung, Werbung oder Vermarktung mit dem Ziel der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen"). Brennersoftware wie die streitgegenständliche Software war gerade Anlass der Schaffung der gesetzlichen Regelung und ist daher unter § 95a Abs. 3 UrhG zu subsumieren (vgl. auch OLG München, Urt. v. 28.7.2005 - 29 U 2887/05, BeckRS 2005 10116; Peukert, in: Loewenheim, Handbuch, a.a.O., § 34 Rn. 19 a.E.; Wandtke/Ohst, a.a.O., § 95 a Rn. 85 a.E.).
ee) Der Berufungsbeklagte hat durch sein Angebot auf der Internetplattform f auch gegen § 95 a Abs. 3 UrhG verstoßen. Dies folgt insbesondere - entgegen dem Vortrag des Berufungsbeklagten - daraus, dass § 95 a UrhG nach seinem Wortlaut auch (sei es einmalige und unentgeltliche) private Handlungen erfasst und allein der privaten Besitz (in Abgrenzung zu dem "der gewerblichen Zwecken dienenden Besitz") ausgenommen wird (vgl. auch Pleister/Ruttig, MMR 2003, 763, 764; Peukert, a.a.O., § 34 Rn. 18). Diese Lesart folgt ferner auch aus Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie, bei der die Qualifikation "zu gewerblichen Zwecken" im Gegenschluss auch aus Erwägungsgrund 49 ebenfalls allein auf das Tatbestandsmerkmal "Besitz" zu beziehen ist.
(1) Zuzugeben ist dem Berufungsbeklagten allerdings, dass neben der ersichtlich ausscheidenden Tathandlungen "Herstellung", "Einfuhr" und "Vermietung" entgegen dem Vorbringen der Berufungsklägerinnen hier kein Fall der "Verbreitung" oder des "Verkauf" i.S.d. § 95 a Abs. 3 UrhG vorlag. Insofern hat das Amtsgericht aus Sicht der Kammer mit Recht darauf abgestellt, dass ein "Anbieten" noch keinen "Verkauf" darstellt. Die Gesetzesbegründung erläutert die Tatbestandsalternative zwar nicht. Soweit sich die Berufungsklägerinnen für ihre gegenteilige Lesart auf Wandtke/Ohst, a.a.O., § 95 a Rn. 75 stützen, der Verkauf als "den Vorgang des Anbietens der Vorrichtung, des Erzeugnisses oder des Bestandteils auf dem Markt und des Abschlusses von Kaufverträgen nach §§ 433 ff. BGB (vgl. Palandt/Putzo Einf v § 433 BGB Rn. 1 ff.)" beschreibt, überzeugt dies aber nicht. Ungeachtet der Tatsache, dass das dortige Zitat auf Palandt ersichtlich nicht weiterführt, verbietet der Wortlaut - auch in Abgrenzung zum nachstehend zu erörternden Begriff der "Werbung" eine derart weite Auslegung. Auch aus dem Schutzzweck der Norm ergibt sich hier nichts anderes, zumal bei Erstbegehungsgefahr durchaus auch präventiv vorgegangen werden könnte und die die Befürchtungen der Berufungsklägerinnen, die Verbotsnorm würde zu einem zahnlosen Tiger nicht nachvollziehbar sind. Nach richtiger und mit dem Wortlaut allein zu vereinbarender Auffassung setzt ein "Verkauf" den Abschluss eines schuldrechtlichen Geschäfts voraus (vgl. Dreyer, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, a.a.O., § 95a Rn. 70 und wohl auch Peukert, § 34 Rn. 21). Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung auf schlichte Verkaufsbemühungen, wie sie teilweise etwa für die Fälle des "Absetzens" in § 259 StGB gefordert wird (zum Streitstand Stree, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 26. Auflage 2001, § 259 Rn. 32), erscheint der Kammer ebenfalls nicht geboten.
Auch soweit das Amtsgericht ein "Verbreiten" mangels tatsächlicher Überlassung der Software verneint hat, ist auch dem beizupflichten. Dass dabei vom Amtsgericht u.a. auf § 17 UrhG verwiesen wurde, ist freilich missverständlich. Denn dort genügt gerade auch ein fruchtloses Angebot - wie im vorliegenden Fall im Internet - durchaus bereits (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.1990 - I ZR 21/89 BGHZ 113, 159, 163). Eine solche Lesart ist aber auf § 95 a UrhG nicht zu übertragen. Zwar finden sich auch in der Literatur zu § 95a UrhG teilweise Verweise auf § 17 UrhG (Wandtke/Ohst, a.a.O., § 95a Rn. 74), doch ist der Begriff "Verbreiten" ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/38, S. 26) von dem auf körperliche Werkstücke beschränkten Verbreitungsrecht des § 17 UrhG gerade zu unterscheiden. Dies meint nicht etwa nur, dass eben auch unkörperliche "Verbreitungen" zu erfassen seien und ansonsten das zu 3 17 UrhG Anerkannte gelte. Da der Begriff vielmehr ersichtlich der Richtlinie (Art. 6 Abs. 2) entnommen wurde, spricht nichts für eine solche unmittelbare Anlehnung an die deutsche Terminologie in § 17 UrhG. "Verbreitung" ist nach Sinn und Zweck des § 95a UrhG und der zugrundeliegenden Richtlinie vielmehr als jede vorübergehende oder dauernde Weitergabe von Umgehungsmittel zu verstehen, also etwa eine Leihe oder Schenkung (vgl. Peukert, a.a.O. § 34 Rn. 21 und ähnlich Dreyer, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, a.a.O., § 95a Rn. 65 f.).
(2) Indes hat das Amtsgericht zu Unrecht das Vorliegen der Tatbestandsvariante "Werbung im Hinblick auf Verkauf" i.s.d. § 95 a Abs. 3 UrhG verneint. Das Amtsgericht hat unzutreffend darauf abgestellt, dass für Werbung "mehr als ein Angebot" erforderlich sei. Dies überzeugt nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht, als - ungeachtet der genauen rechtlichen Einordnung einer Angebotseinstellung bei f (dazu zusammenfassend Deutsch, MMR 2004, 586 ff.) ein derartiges Angebot an die Öffentlichkeit zumindest im Wege des Erst-Recht-Schlusses der "Werbung" gleichzustellen ist. Dies gilt umso mehr, als es sich auf dem "Marktplatz" f mit der werbenden Produktbeschreibung ganz unzweifelhaft an eine theoretisch weltweite Öffentlichkeit richtet und gerade der Anregung zur Abgabe von Kaufangeboten zu dienen bestimmt ist.
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass für die Auslegung des Begriffs der "Werbung" - der eine Entsprechung in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie findet - bisher allgemein auf die Definition in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie des Rates vom 10.09.1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung abgestellt wird (vgl. Dreyer, aaO § 95a Rn. 76, 89). Werbung bedeutet danach "jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte oder Verpflichtungen zu fördern"" (so auch OLG München, Urt. v. 28.7.2005 - 29 U 2887/05, BeckRS 2005 10116). Werbung zielt also - mit anderen Worten - auf die freie Entschließung des Kunden, die angebotenen Vorrichtungen oder Bestandteile von Erzeugnissen zu kaufen (Wandtke/Ohst, a.a.O., § 95 a Rn. 77). Wäre dies zutreffend, wären - worauf der Berufungsbeklagte folgerichtig verweist - Angebote Privater wohl nicht zu erfassen.
Indes überzeugt eine solche Lesart keinesfalls: Zwar haben sich weder der europäische noch der nationale Gesetzgeber offenbar verstärkte Gedanken über die Tatbestandsalternativen gemacht. Ist man sich aber - wie anfangs gesagt - einig, dass grundsätzlich alle Handlungen Privater erfasst werden und nur der private Besitz von Umgehungstools nicht, ist es logischerweise systematisch allein konsequent, auch "private Werbung" zu erfassen und damit gerade auch den streitgegenständlichen Fall. Dass die Richtlinie sich hier an die Definition der "Werbung" in einer auf einen ganz anderen Schutzzweck gerichteten Richtlinie bezogen haben soll, ist bei verständiger Würdigung und unter Heranziehung der üblichen Auslegungsmethoden keinesfalls zwingend und folgt insbesondere nicht aus den Erwägungsgründen der Richtlinie und deren Entwicklung. Zwar mag der europäische wie auch der nationale Gesetzgeber die eigentliche Gefahr für die Urheber nicht in den Umgehungshandlungen Privater, sondern in den vorbereitenden Handlungen der kommerziellen Unternehmen gesehen haben (vgl. auch Wandtke/Ohst, a.a.O., § 95 a Rn. 67). Indes wurde systematisch bewusst nur der private Besitz ausgeklammert (vgl. Erwägungsgrund 49 der Richtlinie). Dass dann aber auch - ohne dass dies im Wortlaut zum Ausdruck kommt - die Tatbestandshandlung der "Werbung" nur auf kommerzielle Anbieter beschränkt sein soll, ist - verfolgt man die in der Richtlinie zu Beginn dargestellte europäische Gesetzgebungsgeschichte im Einzelnen nach - der Kammer gerade nicht ersichtlich. Eine Erstreckung des Schutzes auch auf "private Werbung" erscheint schließlich auch aus Schutzzweckerwägungen heraus geboten: Gerade weil der private Besitz nicht sanktioniert wird und gerade weil man dann u.U. weitgehende Vervielfältigungshandlungen privater Erwerber oft nicht mehr nachvollziehen kann, spricht vieles dafür, die Verbreitung solcher Tools auch bereits im Vorfeld an Private möglichst effektiv zu verhindern. Dann aber muss gerade auch ein Anbieten an die Öffentlichkeit wirkungsvoll unterbunden werden können, da nach erfolgter Veräußerung der Erwerber des Tools regelmäßig nicht mehr zur Haftung gezogen werden können wird und ein Vorgehen gegen den Veräußerer nach erfolgter Veräußerung die eingetretene Weiterverbreitung des Tools nicht mehr rückgängig zu machen vermag.
ee) Soweit sich der Berufungsbeklagte wegen der strafrechtlichen Sanktionen auf Art. 103 GG beruft, ist dies nicht von Interesse, da es gerade nicht um eine strafrechtliche Verurteilung geht. Nichts anders gilt, soweit das BVerfG den Instanzgerichten eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift nahegelegt hat: Selbst wenn man Stimmen im Schrifttum folgen wollte, die aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung von § 95a Abs. 3 UrhG dahingehend befürworten, dass die Herstellung, der Vertrieb und die Werbung derjenigen Erzeugnisse gestattet sei, mit denen im Wesentlichen nur Privatkopien hergestellt werden (vgl. Holznagel/Brüggemann, MMR 2003, 767, 772), hinderte dies eine Verurteilung hier nicht. Es ist ersichtlich, dass die Software nur diesen Bereich abdeckt, da sie nach ihrer Bewerbung mindestens ebenso zur Anfertigung illegaler Vervielfältigungen verwendbar ist. Soweit der Berufungsbeklagte damit argumentiert, dass manche Kopien auch unter Umgehung technischer Schutzmaßnahmen legal zu vervielfältigen sind, verkennt er, dass sein Angebot keinerlei Beschränkungen und/oder Belehrungen enthielt und sich an einen beliebigen Nutzerkreis richtete. Zudem ist die Verfolgung der Zwecke des Handelnden bei § 95 a Abs. 3 UrhG nach richtiger Ansicht wohl grundsätzlich unbeachtlich, selbst wenn er ausschließlich privilegierte Nutzungen erreichen möchte (Peukert, a.a.O., § 34 Rn. 27 a.E.).
ff) Allerdings ergibt sich für die Kammer in verfassungskonformer Auslegung des § 95 a Abs. 3 UrhG, dass in die Vorschrift grundsätzlich ein subjektives Tatbestandsmerkmal hineinzulesen ist. Dies ist vorliegend aber ohne Bedeutung, da der Berufungsbeklagte aus Sicht der Kammer zumindest fahrlässig gehandelt hat und dies genügt.
(1) Aufgrund der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 95 a Abs. 3 UrhG ist ein fahrlässiges Verhalten des Betroffenen zu verlangen. Die Kammer folgt insofern nicht den Stimmen, die im Einklang mit dem Wortlaut - und im Gegensatz zum Verbot von Umgehungsmaßnamen in § 95a Abs. 1 UrhG - keinerlei zusätzlichen subjektiven Merkmale verlangen und die Norm als "Tatbestand der Gefährdungshandlung" verstehen (Spindler, GRUR 2002, 105, 116 und Peukert, in: Loewenheim, Handbuch, a.a.O., § 35 Rn. 29, § 82 Rn. 7 Fn. 23, welcher jedoch widersprüchlich feststellt, das Fehlen subjektiver Anforderungen werde durch die einschränkenden objektiven Merkmale in Nrn. 1-3 abgemildert, die eine entsprechende Zwecksetzung des Handelns implizieren, vgl. § 95a Abs. 3 Nr. 1 "mit dem Ziel" und Nr. 2 "Zweck"). Aus grundrechtlichen Gründen muss es auch in § 95a Abs. 3 UrhG darauf ankommen, ob der Handelnde fahrlässig im Hinblick auf die Umgehung von Maßnahmen zum Schutz urheberrechtlicher Befugnisse tätig war, zumal es sich um Vorbereitungshandlungen handelt, die in der deutschen Gesetzgebung auch sonst einen entsprechenden subjektiven Tatbestand voraussetzen (§§ 80, 83, 86, 87 Abs. 1, 234a Abs. 3, 275, 316c Abs. 4 StGB). Dabei ist allerdings nicht so weit zu gehen, dass man gar grobe oder bewusste Fahrlässigkeit verlangt und die Norm damit ersichtlich leer laufen lässt, indem man einen durch den Geschädigten zu führenden Nachweis positiver Kenntnis des angeblichen Verletzters vom Verbotstatbestand in der Zeit sogleich nach Inkrafttreten der neuen Regelungen verlangt (so aber Spieker, GRR 2004, 475, 479, 482). Dies führt - weil Rechtsunkenntnis im Zweifel nicht schadet - entschieden zu weit.
(2) Dass der Berufungsbeklagte nicht vorsätzlich gehandelt hat, ergibt sich dann zur Überzeugung der Kammer schon aus dem vorgelegten Emailverkehr. Dass er jedoch dennoch zumindest fahrlässig agierte, ergibt sich bereits aus dem erstinstanzlich unbestritten gebliebenen Vortrag, dass es bei f damals entsprechende Warnhinweise in Popup-Fenstern gab. Hier hätte der Berufungsbeklagte dann ggf. im Vorfeld Erkundigungen einholen müssen. Soweit der Berufungsbeklagte diese Warnhinweise zweitinstanzlich erstmals in Zweifel gezogen hat, wird er damit nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht gehört. Ferner stützt sich die Kammer auf die unstreitige Presseberichterstattung etc. zum damaligen Zeitraum, die im übrigen der Kammer selbst noch aus eigener Anschauung bekannt ist. Hinreichende Umstände dafür, dass diese Umstände dem Berufungsbeklagten ohne dessen Verschulden nicht bekannt gewesen sein sollen und dass es ihm ferner unzumutbar gewesen sein soll, zu erkennen, dass sein "Allesbrenner" davon erfasst ist, sind aber weder vorgetragen noch ersichtlich. Angesichts dessen lag dann zugleich auch ein Verschulden i.S.d. § 97 UrhG vor, so dass der Ersatzanspruch dem Grunde nach besteht.
b) Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 95 a UrhG dem Grunde nach
Aus ähnlichen Erwägungen besteht ein paralleler Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, da nach Auffassung der Kammer § 95 a Abs. 3 UrhG ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist. Die gegenteiligen Literaturstimmen (Spieker, GRUR 2004, 475, 481 f. wegen des nur mittelbaren Schutzes der Urheber) überzeugen - entsprechend dem oben zu a) aa) Gesagten - nicht. (wie hier auch Dreyer, a.a.O., § 95a Rn.44 sowie wohl auch OLG München, Urt. v. 28.7.2005 - 29 U 2887/05, BeckRS 2005 10116).
c) Anspruch aus GoA dem Grunde nach
Daneben sind die Abmahnkosten dem Grunde nach zugleich über das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen. Denn derjenige, der vom Störer die Beseitigung einer Störung bzw. Unterlassung verlangen kann, hat nach ständiger Rechtsprechung im Urheberrecht grundsätzlich über dieses Institut einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen (§ 670 BGB), soweit er bei der Störungsbeseitigung hilft und im Interesse und im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers tätig wird. Die gesetzliche Sonderregelung in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG schließt außerhalb des Wettbewerbsrechts den Ersatz von Abmahnkosten über den vorgenannten Weg nicht aus. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 12 UWG nur die Grundsätze nochmals ausdrücklich anerkannt, die zuvor die Rechtsprechung zum Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten im Rahmen der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen bereits entwickelt hatte (vgl. Bornkamm, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004 § 12 Rn 1.77 f. 1.85 ff.).
Aufgrund der Ausführungen oben zu a) lag hier eine vollendete Verletzungshandlung vor. Diese Erstverletzung begründet nach allgemeiner Ansicht im Wege der Vermutung die für das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs erforderliche Wiederholungsgefahr (vgl. statt aller Vinck, in: Loewenheim, Handbuch, a.a.O., § 81 Rn. 23). Zwar steht zur Überzeugung der Kammer im Anschluss an die überzeugenden Ausführungen des Amtsgerichts fest, dass der Berufungsbeklagte selbst das Angebot vorzeitig beendet hat, da der Vortrag der Berufungsklägerinnen insofern angesichts Anlage K 7, Bl. 20 d.A. zu unsubstantiiert ist, mag auch Anlage K 6, Bl. 19 d.A. handschriftlich ergänzt und wenig aussagekräftig sein.
Dieses bloße Einstellen der Verletzungshandlung genügt aber hier nicht, die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Vielmehr ist dafür nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung erforderlich, die hier erst im Nachgang an die Abmahnung abgegeben wurde. Hinreichende Gründe dafür, dass hier ausnahmsweise auch ohne Abgabe einer solchen Erklärung die Wiederholungsgefahr hätte entfallen können, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Berufungsbeklagte im Nachgang an die VeRi-Nachricht nicht selbst geeignete Schritte unternommen.
4. Hilfserwägung: Anspruch aus GoA dem Grunde nach selbst bei unterstellter Nichtverletzung des § 95a Abs. 3 UrhG
Zuletzt bestünde ein entsprechender Anspruch jedenfalls aus GoA nach Auffassung der Kammer selbst dann, wenn man der hier vertretenen Ansicht nicht folgen würde und annehmen würde, das Internetangebot verletze noch nicht § 95 a UrhG.
Denn dann hätte- entgegen den Auffassungen des Amtsgerichts - im Zeitpunkt der Abmahnung zumindest Erstbegehungsgefahr für einen "Verkauf" i.S.d. § 95 a Abs. 3 UrhG bestanden, so dass sich daraus ein entsprechender Unterlassungsanspruch aus § 97 UrhG bzw. §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB hätte ableiten lassen. Dass - wie gezeigt - davon auszugehen ist, dass der Berufungsbeklagte selbst sein Angebot abgebrochen hat, genügt dafür nicht. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Berufungsbeklagte in der Email in Anlage K 11 weiterhin deutlich im Recht gefühlt hat und betont hat, man könne ihm ein solches Tun nicht verbieten. Richtig ist zwar, dass die Berufungsklägerinnen davon keine Kenntnis hatten (und vielmehr unstreitig von einem fortbestehenden Angebot ausgingen und sich nur vor der Abmahnung nicht mehr über dessen Fortbestand vergewisserten). Indes muss der Berufungsbeklagte sich an diesem Berühmen festhalten lassen, zumal f beim (versuchten) Abbruch des Angebots im Rahmen des VeRi-Programms gerade auch im Namen und Auftrag der Berufungsklägerin zu 7) handelte. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH, dass Erstbegehungsgefahr begründet, wer sich des Rechts berühmt, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn eine solche Berühmung im Rahmen der Rechtsverteidigung erfolgt, da die Lebenserfahrung dafür spricht, dass die Verteidigung einer bestimmten Handlungsweise jedenfalls auch den Weg zu ihrer (beabsichtigten) künftigen Fortsetzung eröffnen soll. Besteht eine solche Absicht nicht, ist es Sache des Verletzers, diese ausschließliche Zielsetzung zweifelsfrei deutlich zu machen (vgl. BGH, Urt. v. 06.10.1994 - I ZR 155/90, GRURInt 1995, 503 , 505; BGH, Urt. v. 16. 1. 1992 - I ZR 20/90, GRUR 1992, 404, 405 - Systemunterschiede ; Urt. v. 19. 3. 1992 - I ZR 166/90, GRUR 1993, 53, 55 - Ausländischer Inserent ; Urt. v. 7. 5. 1992 - I ZR 119/90, GRUR 1992, 618, 619 - Pressehaftung II). Die Erstbegehungsgefahr und damit der Unterlassungsanspruch entfallen dann nur mit der Aufgabe der Berühmung, die in der uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung liegt, dass die beanstandete Handlung in Zukunft nicht vorgenommen werde. Eine solche Erklärung hat der Berufungsbeklagte vor der Abmahnung - wie Anlage K 11 zeigt - gerade nicht abgeben wollen. Berücksichtigt man dann noch, dass ein bloßes Einstellen von Vorbereitungshandlungen nicht für die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr genügt (Lütje, in: Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Auflage 2000, § 97 Rn. 133), lag damit hier jedenfalls noch Erstbegehungsgefahr vor. Dass die CD mit der Software dann erst nach der Abmahnung vernichtet werden soll, ist ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich.
Angesichts der somit fortbestehenden Unterlassungsansprüche bestehen dann - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - auch keine Bedenken daran, dass die Abmahnung im mutmaßlichen Willen und Interesse des Berufungsbeklagten erfolgte.
5. Anspruch der Höhe nach
Den Berufungsklägerinnen steht der geltend gemachte Anspruch auch der Höhe nach zu. Sowohl für die Schadensersatzansprüche als für Ansprüche aus GoA war von Bedeutung, dass der Abmahnende nicht selbst über hinreichende eigene Sachkunde und Möglichkeiten zur zweckentsprechenden Verfolgung eines unschwer zu erkennenden Verstoßes verfügen darf, da die Einschaltung eines Rechtsanwalts dann ggf. nicht "erforderlich" i.S.d. § 670 BGB sein kann (BGH, Urt. v. 6.5.2004 - l ZR 2/03, NJW 2004, 2448) bzw, in solchen Fällen auch unter schadensersatzrechtlichen Grundsätzen eine Ersatzfähigkeit als Teil des Schadens fehlt (BGH, a.a.O.).
a) Greifen kann dieser Aspekt freilich in Ausnahmefällen, in denen standardmäßig immer nur ein und derselbe Verstoß ganz routinemäßig für den einzigen Berechtigten mittels "Textbausteinen" abgemahnt wurde (vgl. für die routinemäßige Abmahnung des Vertriebs des "ftp-Explorers" in Serienabmahnungen OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.2.2001 - 20 U 194/00, NJW-RR 2002, 122; ähnlich AG Bad Kreuznach, Urt. v. 15. 4. 1999 - 2 C 1586/98, NJWE-WettbR 1999, 207; auch hier restriktiver mit gutem Grund aber OLG Hamm, Urt. v. 15.5.2001 - 4 U 33/01, MMR 2001, 611: Viele einzelne Verstöße fordern auch viele Abmahnungen heraus). Vorliegend greift dieser Aspekt nach Auffassung der Kammer - auch unter Berücksichtigung der unstreitig massenhaft gleichgelagerten Fälle und der über Internetsuchmaschinen für sich genommen relativ leicht zu ermittelnden Verstöße durch die User - schon deshalb nicht, als es sich gerade nicht nur um einen einfach gelagerten Streitfall handelt. Dies zeigt schon das nunmehr zweitinstanzliche Verfahren eindringlich. Es werden hier zwar weniger Tatsachenfragen, aber eben immerhin Rechtsfragen mit einem Schwierigkeitsgrad relevant, die auch ein Volljurist in einer Tonträgerfirma nicht sicher beherrschen wird und nach Auffassung der Kammer auch nicht beherrschen muss. Angesichts der unklaren gesetzlichen Grundlagen dieser Vorschrift war dann auch ein Abmahnen ohne anwaltliche Hilfe den Berufungsklägerinnen nicht zuzumuten. Dass es dabei um Hunderte ähnlicher Fälle ging, rechtfertigt aus Sicht der Kammer keine andere Betrachtungsweise, da die Rechtsfragen gleichwohl komplex blieben und viele Einzelverletzungen dann eben nur viele Abmahnungen herausfordern (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Die Kammer verkennt nicht, dass den Entscheidungsgründen der - selbst nur zu dem ganz engen Ausnahmefall einer Selbstbeauftragung eines Rechtsanwalts zur Verfolgung (ausgerechnet) eines Verstoßes gegen die Berufsordnung der Rechtsanwälte ergangenen - Entscheidung BGH, Urt. v. 6.5.2004 - l ZR 2/03, NJW 2004, 2448 vielfach der allgemeine Grundsatz entnommen wird, dass bei Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung, die damit (theoretisch) in der Lage sind, typische Verstöße ohne anwaltlichen Rat zu erkennen, ein Ersatz von Abmahnkosten ausscheiden soll (vgl. etwa Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 9 Rn. 1.29 und ähnlich zuvor bereits AG Kaiserslautern, Urt. v. 16.4.2004 - 3 C 2565/03, GRUR-RR 2005, 39). Die Entscheidung des BGH liegt indes nach Auffassung der Kammer (vgl. auch bereits Urteil vom 20. Juli 2005 - 28 S 2/05) nur auf der Linie der zu Recht zurückhaltenden Rechtsprechung zu Fachverbänden mit eigener und gerade zur satzungsgemäß gebotenen Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Kern bereits bestimmter Rechtsabteilung (vgl. BGH, Urt. v. 12.04.1984 - l ZR 45/82, GRUR1984, 691 m. Anm. Jacobs). Sie ist ferner aus Billigkeitsgründen speziell bei einer Abmahnung durch selbst sachkundige Anwälte nach einer Selbstbeauftragung in Berufsrechtsfragen zutreffend und überzeugend (vgl. auch LG Aachen, Urt. v. 24.02.1987 - 41 S 10/86, NJW-RR 1987, 1326).
Indes lässt sich - im Einklang mit den Erwägungen des OLG Karlsruhe im Urt. v. 8.11.1995 - 6 U 57/95, NJW-RR 1996, 748 - diese restriktivere Rechtsprechung nicht ohne weiteres auf das durch das Marktverhalten unmittelbar betroffene kaufmännische Unternehmen - und damit auch die Berufungsklägerinnen - übertragen. Richtig ist, dass sich ein Fachverband, der sich die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zur Aufgabe gesetzt hat, mit den zur Erfüllung seines Verbandszwecks erforderlichen Mitteln versehen muss. Überzeugend ist auch, dass ein sachkundiger Anwalt selbst Verstöße gegen seine eigene Berufsordnung selbst und ohne Anfall von Gebühren abmahnen kann. Für ein am Wettbewerb teilnehmendes Unternehmen gehört dagegen die Beurteilung des Verhaltens eines anderen und die Verfolgung von Wettbewerbs- und/oder Schutzrechtsverstößen keineswegs zu seinen ureigenen unternehmerischen Aufgaben. Auch wenn ein solches Unternehmen über einen oder mehrere als Volljuristen ausgewiesene Mitarbeiter verfügt, ist damit keineswegs gesagt, dass es diese Mitarbeiter auch mit der - möglicherweise äußerst zeitaufwendigen - Bearbeitung von urheberrechtlichen Streitigkeiten beauftragt. Denn durch den Einsatz eines - möglicherweise für andere Aufgaben im Unternehmen benötigten - Mitarbeiters wird der eigene wirtschaftliche Erfolg, den ein kaufmännisch tätiges Unternehmen bei allen betrieblichen Entscheidungen - anders als ein Verband zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen - im Auge behalten muss, nicht unmittelbar gefördert. Daraus, dass ein Unternehmen über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, kann daher gerade nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, die Einschaltung eines Rechtsanwaltes sei nicht erforderlich. Auch unter Berücksichtigung von § 254 Abs. 2 S. 1 BGB besteht keine Pflicht, eine entsprechend geschulte Arbeitskraft vorzuhalten, nur um dem Verletzer die Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zu ersparen. Grundsatz bleiben muss daher nach Auffassung der Kammer gerade auch bei Vorhandensein einer eigenen Rechtsabteilung die Ersatzfähigkeit von Anwaltsabmahnkosten (ebenso Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn. 1.92). Das Vorhandensein einer Rechtsabteilung rechtfertigt allenfalls den Verzicht auf die Ersatzfähigkeit von Mehrkosten, wenn und soweit ein nicht am Prozessgericht ansässiger Anwalt beauftragt wird (BGH, Beschl, v 18. 12. 2003 - l ZB 18/03, GRUR 2004, 448).
Etwas anderes mag gelten, wenn es sich um einen ganz einfach gelagerten Sachverhalt handelt, in denen für die Bearbeitung auf frühere Vorgänge zurückgegriffen werden kann und in denen zudem personelle Kapazitäten der eigenen Rechtsabteilung für solche eigene Abmahntätigkeiten ohne weiteres vorhanden sind. Für diesen engen Ausnahmefall fehlt es vorliegend jedoch am hinreichenden Parteivortrag; Nach der Lebenserfahrung und der Erfahrungen der Kammer ist eine Rechtsabteilung eines Tonträgerherstellers typischerweise nicht auf die Verfolgung jedweder Rechtsverletzung im Internet ausgelegt. Dies gilt insbesondere dann nicht, wenn es - wie hier - um die Verfolgung hunderter solcher Fälle und um teils schwierigste Rechtsfragen aufgrund unklarer gesetzlicher Vorschriften geht.
b) Die Anwaltsgebühren sind schließlich auch korrekt berechnet. Zunächst bestehen am angesetzten Streitwert von 10.000 € angesichts der wirtschaftlichen Interessen der Verletzten keinerlei Bedenken. Die daraus nach der BRAGO (vgl. § 61 RVG) errechneten Anwaltsgebühren von 364,50 € + 729 € + 20 € (§ 26 BRAGO) = 1.113,50 € sind der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insbesondere fällt eine Mittelgebühr in Höhe von 7,5/10 nach § 118 Abs. 1 BRAGO an, Nach § 6 Abs. 1 S. 2 war die Geschäftsgebühr um je 3/10 der im konkreten Fall erwachsenen sog. Ausgangsgebühr (vgl. Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, BRAGO, § 6 Rn. 33). Die Erhöhungsgebühr beträgt somit 7 x 3/10 x 7,5/10 = 15,75/10. Dies ist dann nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO auf zwei Ausgangsgebühren zu deckeln, mithin auf 15/10 (= 2 x 7,5/10)
c) Schließlich war das Vorgehen der Berufungsklägerinnen nicht rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB bzw. § 8 Abs. 4 UWG n.F.
aa) Dass berechtigte Zweifel bestehen, ob die Bevollmächtigten vor der Abmahnung im konkreten Einzelfall von allen acht Berufungsklägerinnen im Einzelfall gesondert bevollmächtigt waren, rechtfertigt aus Sicht der Kammer im vorliegenden Fall kein Versagen des Erstattungsanspruchs. Zum einen waren die Bevollmächtigten nach dem ureigenen Vorbringen des Berufungsbeklagten planmäßig für die Berufungsklägerinnen aufgrund eines generellen Auftrages tätig. Zudem haben die Bevollmächtigten der Berufungsklägerinnen im Termin fortlaufende mündliche Absprachen bzw. Absprachen per Email substantiiert vorgetragen. Belegen die im Termin vorgelegten schriftlichen Vollmachten ferner zumindest eine nachträgliche Genehmigung der konkreten Abmahnung und hat der Berufungsbeklagte zudem das Fehlen der Vollmachten bei der Abmahnung selbst zunächst nicht gerügt (§ 174 BGB), bestehen aus Sicht der Kammer keinerlei Bedenken an einem Kostenerstattungsanspruch. Soweit in der Rechtsprechung und Literatur teilweise von einem Rechtsmissbrauch ausgegangen wird, wenn einem Anwalt die Überwachung des Markts und die Verfolgung von Verstößen weitgehend ohne Kontrolle durch den Auftraggeber überlassen bleibt, er also das Abmahngeschäft "in eigener Regie" betreibt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 20. 2. 2001 - 20 U 194/00, NJW-RR 2002, 122, 123 m.w.N.; Köhler, in Baumbach/Hefermehl, a.a.O, § 8 Rn. 4.12), ist ein solches Fehlen jedweder Kontrolle etc. und eines schutzwürdigen Eigeninteresses vom Berufungsbeklagten nicht hinreichend vorgetragen. Ungeachtet dessen überzeugt diese Auffassung jedenfalls im konkreten Fall nicht: Denn diese Fallgruppe muss sich vor allem auf Fälle beziehen, in die gewerbliche Tätigkeit zum Schein ausgeübt und der Hausanwalt zur Erzielung von Einnahmen "vorgeschickt" wird (vgl. Jestaedt, in: Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl. 1999, § 25 Rn. 14). Hier jedoch haben die Verfügungsbeklagten ein hinreichendes schutzwürdiges Eigeninteresse an einem massenhaften Vorgehen gegen vielfache Verstöße auch und gerade durch Privatleute gegen § 95a Abs. 3 UrhG substantiiert dargelegt. Die umfangreiche Abmahntätigkeit allein lässt dann aber nicht auf eine missbräuchliche Ausnutzung der Antragsbefugnis schließen, zumal hier eben kraft Natur der Sache nur die unzähligen Privaten in Anspruch zu nehmen sind. Hinzutreten müssten weitere Umstände, aus denen zu folgern ist, dass die Antragsbefugnis nicht in erster Linie im Interesse des eigenen Geschäftsbetriebs, sondern als selbständige Erwerbsquelle für den Antragsteller oder den mit ihm zusammenarbeitenden Rechtsanwalt genutzt wird (vgl. OLG Köln, Urteil v. 15.01.1993 - 6 U 147/92, MDR 1993, 634, 635). Dafür fehlt es an hinreichendem Vortrag. Allein aus einer sehr hohen Zahl von gleichartige Verletzungsfälle betreffenden Abmahnungen kann gerade nicht auf Rechtsmissbrauch geschlossen werden (vgl. auch OLG München, Urt. v. 20. 2. 1997 - 29 U 3795/96, NJWE-WettbR 1998, 29 f.), wenn - wie hier - eben zugleich auch massenhafte Verstöße vorliegen. Dass dann aber auch einem beauftragten Anwalt teilweise mehr "freie Hand" gegeben wird, begegnet aus Sicht der Kammer keinen Bedenken, da - wie gezeigt - den Unternehmen selbst auch die Ermittlung und Verfolgung von Verstößen allein nicht ohne weiteres zugemutet werden kann.
Zudem ist die im Wettbewerbsrecht häufigere Problematik des fehlenden Eigeninteresses auf das Urheberrecht mit seinen Individualrechten - zu deren Schutz (wie gezeigt) auch § 95 a UrhG dient - nicht ohne weiteres übertragbar (vgl. ähnlich für das Markenrecht OLG Stuttgart, Urt. v. 21. 2. 2002 - 2 U 206/01, GRUR-RR 2002, 381, 382). Bei der Anwendung der Missbrauchsklausel des § 8 Abs. 4 UWG ist zu berücksichtigen, dass dieser Regelung neben der Aufgabe der Bekämpfung von Missbräuchen bei Wettbewerbsverbänden die Funktion eines Korrektivs gegenüber der weit gefassten Anspruchsberechtigung der Mitbewerber zukommt (vgl. BGH, Urt. v. 5. 10. 2000 - I ZR 237/98, GRUR 2001, 260, 261 - Vielfachabmahner). Die Norm bietet dann eine Handhabe, wenn der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch missbräuchlich geltend gemacht werde, insbesondere wenn sachfremde Ziele als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (OLG Stuttgart a.a.O.). Damit ist der vorliegende Fall ersichtlich nicht vergleichbar: Hier hingegen geht es unzweifelhaft um die den eigenen berechtigten Interessen dienenden Abwehrhandlungen gegen die Verletzung individueller Schutzrechte der Berufungsklägerinnen. Soweit der Berufungsbeklagte insofern dann teilweise die Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange bestritten hat, ist dies im Hinblick auf die vorgelegte "Brennerstudie" und nach der allgemeinen Lebenserfahrung jedenfalls nicht ausreichend. Die Berufungsklägerinnen als Musikunternehmen haben durchaus triftige Gründe zum Vorgehen auch gegen Private, nicht zuletzt aufgrund des dort oft fehlenden Unrechtsbewusstseins.
bb) Daneben ist nicht ersichtlich, dass allein der Branchenverband der Musikindustrie zu Abmahnungen berechtigt gewesen sein soll. Dies gilt umso mehr, als es im Urheberrecht anders als im Wettbewerbsrecht gerade keine Verbandsklagebefugnis gibt und daher nicht ersichtlich ist, wieso den Berufungsklägerinnen als unmittelbaren Schutzrechtsinhaberinnen ein eigenen Vorgehen gegen Verletzer (mit Erstattung von Abmahnkosten) unmöglich gemacht werden soll und die zur Ermächtigung ihres Verbandes gedrängt werden sollten, nur um den Verletztern ggf. Gebühren zu ersparen.
cc) Schließlich ist auch ohne Belang, dass es Hunderte gleichgelagerter Fälle gegeben hat und daraus beträchtliche Einnahmen geflossen sind. Die Verfolgung vieler Verletzungen bringt zwangsläufig auch viele Kostenerstattungsansprüche mit sich. Dass der einzelne Verletzter aufgrund der Massenhaftigkeit des Geschehens insofern davon profitieren können soll, dass allein wegen der Massenhaftigkeit plötzlich die Rechtsverfolgung missbräuchlich wird, ist nicht einleuchtend. Viele Verletzungen fordern viele Abmahnungen heraus (OLG Hamm, a.a.O.). Zudem haben die Berufungsklägerinnen im Zuge gütlicher Einigungen unstreitig nicht unerhebliche Gebührenreduzierungen angeboten. Auch dies zeigt, dass es nicht primär um die Erzielung von einnahmen, sondern um die wirksame Unterbindung von Rechtsverletzungen geht.
dd) Allein bedenkenswert erscheint der Beklagtenvortrag - auf den ersten Blick - hinsichtlich der Erhöhungsgebührenfrage. Aber auch damit dringt der Berufungsbeklagte letztlich nicht durch (zumal dies ohnehin nur eine Kürzung des Anspruchs auf die normale Gebühr, nicht aber einen vollständigen Wegfall erlaubt hätte): Denn zutreffend ist sicherlich, dass es auffällig scheint, dass teilweise konzernverbundene Unternehmen sich in exakt solcher Anzahl zusammentun, dass die maximale BRAGO-Erhöhungsgebühr ausgeschöpft wird. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass die Berufungsklägerinnen durchaus als Schutzrechtsinhaber theoretisch auch jeweils gesondert hätten gegen den Berufungsbeklagten vorgehen können. Allein bei einem solchen abgestimmten Einzelvorgehen hätte man aber ggf. auf eine unzulässige rechtmissbräuchliche Mehrfachverfolgung abstellen können, wenn konzernmäßig verbundene und vom selben Rechtsanwalt vertretene Betroffene die Möglichkeit nicht nutzen, ihre Ansprüche beim selben Gericht als Streitgenossen geltend zu machen und statt dessen jeweils getrennte Verfahren einleiten (vgl. etwa BGH, Urt. v. 06.04.2000 - I ZR 76/98, GRUR 2000, 1089 ff.). Gerade diesem Vorwurf ist man aber durch das gemeinsame Vorgehen aber ausgewichen. Berücksichtigt man dann aber noch, dass § 95 Abs. 3 UrhG eben auch dem Individualschutz aller acht Berufungsklägerinnen dient, ist daher auch unter diesem Aspekt eine Kostenerstattung letztendlich nicht zu versagen.
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Dies gilt zum einen schon deshalb, als Umfang und Reichweite der streitgegenständlichen Vorschrift des § 95 a UrhG weitgehend ungeklärt sind und höchstrichterlicher Konkretisierung harren. Ferner erfordert auch die Frage der Ersatzfähigkeit von Abmahnkosten ebenfalls eine Entscheidung des Revisionsgerichts, da der vorliegende Einzelfall durchaus Veranlassung bietet, weitere Leitsätze für die Handhabung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag etc. in solchen Bereichen aufzustellen und die dort bestehende Gesetzeslücke auszufüllen. Hierfür besteht Bedarf, da es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden höchstrichterlichen Orientierungshilfe zumindest teilweise fehlt. Die bisher vorliegenden Einzelfallentscheidungen bieten aus Sicht der Kammer keine hinreichend klare Handhabe zur Entscheidung über die Ersatzfähigkeit von Abmahnkosten bei den heutzutage (speziell bei f) häufigen kleineren Verletzungshandlungen Privater. Dort ist zwar eine Kostenbelastung für den einzelnen Privatmann oft hart. Die Verfolgung von massenhaften Verstößen durch eine eigene Rechtsabteilung bei den Unternehmen würde aber große Kapazitäten erfordern, obwohl gerade die Masse kleiner Verstöße durchaus auch für große Schäden bei den Rechteinhabern sorgt. In der bisherigen Rechtspraxis drohen divergierende Einzelfallentscheidungen und eine unerträgliche Rechtsunsicherheit, die angesichts der Vielzahl gleichgelagerter Abmahnkonstellationen nicht hinnehmbar sind.
Streitwert: 1.113,50 €
LG Köln:
Urteil v. 23.11.2005
Az: 28 S 6/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b0d7bab90ebb/LG-Koeln_Urteil_vom_23-November-2005_Az_28-S-6-05