Landesarbeitsgericht Köln:
Beschluss vom 23. September 1991
Aktenzeichen: 3 Ta 183/91
(LAG Köln: Beschluss v. 23.09.1991, Az.: 3 Ta 183/91)
Streiten die Parteien nicht über, den Umfang
des Urlaubsanspruchs, sondern darüber, ob der Kläger Urlaub für einen konkreten Zeiträum verlangen kann, so ist der Streitwert nicht identisch mit der .Höhe des Urlaubsentgelts. Vielmehr ist der Streitwert in Ermangelung. ausreichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung gemäß § 8 Abs. 2 BRAGQ auf 6.000.- DM festzusetzen.
Tenor
wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 08.08.1991 - 11 Ca 3561/90 - aufgehoben.
Der Streitwert wird anderweitig auf 6.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin ist als Ärztin bei dem beklagten M beschäftigt. Die Beklagte lehnte die Bitte der Klägerin, ihr für die Zeit vom 08. bis 12.10.1990 Urlaub zu gewähren, mit der Begründung ab, daß für dieselbe Zeit bereits einem Kollegen der Klägerin Urlaub bewilligt worden sei. Sein Antrag sei vor dem der Klägerin eingegangen. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, setzte das Arbeitsgericht den Streitwert auf 1.758,56 DM fest. Dabei handelt es sich um den Betrag, auf den sich die Vergütung der Klägerin für die Zeit vom 08. bis 12.10.1990 belief.
Gegen diesen Beschluß wenden die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sich mit ihrer Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerde ist nach § 10 Abs. 3 S. l BRAGO statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 10 Abs. 3 S. 2 BRAGO) und damit zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Der Streitwert war anderweitig auf 6.000,00 DM festzusetzen.
Nach § 8 BRAGO i.V. mit § 12 GKG gelten für die Streitwertfestsetzung in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten die §§ 3 bis 9 ZPO. Zwar ist bei einer Geldforderung grundsätzlich der Betrag der Klageforderung maßgebend. Der Urlaubsanspruch, den die Klägerin geltend gemacht hat, ist jedoch kein Entgeltsanspruch; er stellt vielmehr einen Anspruch auf Freizeitgewährung unter Fortzahlung des Entgelts zum Zweck der Erholung dar (vgl. Dersch-Neumann, BUrlG, 7. Aufl. 1990, Anm. 65 zu § 1; Stahlhacke-Bleistein-Bachmann, Gemeinschaftskommentar zum BUrlG, 4. Aufl. 1984, Anm. 10, 11 zu § 1). Aus dem Umstand, daß der Urlaubsanspruch keinen
reinen Entgeltcharakter hat, ergeben sich nicht nur Konsequenzen im Hinblick auf Pfändbarkeit und Vererblichkeit (vgl. dazu Neumann RDA 1977, 265). Die Rechtsnatur des Anspruchs hat jedenfalls dann Auswirkungen auf den Streitwert, wenn die Parteien wie hier nicht darüber streiten, ob die Klägerin überhaupt einen Urlaubsanspruch in einem bestimmten zeitlichen Umfang hat. Darüber, daß der Klägerin noch so viele Urlaubstage zustanden, daß damit die Zeit vom 08. bis 12.10.1990 abgedeckt werden konnte, bestand zwischen den Parteien kein Streit. Ihnen ging es um die Frage, ob die Klägerin Urlaub gerade für die Zeit vom 08. bis 12.10.1990 verlangen konnte. Das Wesen dieses Streits wird weniger durch den Vergütungsanspruch gekennzeichnet, der sich als Folge des Urlaubsanspruchs ergibt, als vielmehr durch die ideellen und materiellen Interessen, die die Klägerin im Hinblick auf den von ihr gewünschten Urlaubszeitpunkt geltend macht. Dabei fallen der Wunsch der Klägerin ins Gewicht, den Urlaub in den Schulferien mit ihren Kindern zu verbringen, aber auch die Aufwendungen, die sie bereits gemacht haben könnte. Zu berücksichtigen sind auch eventuelle Auswirkungen auf die betrieblichen Belange des Arbeitgebers. Dieser Situation wird es nicht gerecht, den Streitwert mit dem Vergütungsanspruch für die Urlaubszeit gleichzusetzen. Vielmehr ist der Streitwert in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung gemäß § 8 Abs. 2 BRAGO auf 6.000,00 DM festzusetzen.
Gegen diesen Beschluß ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, § 78 ArbGG.
LAG Köln:
Beschluss v. 23.09.1991
Az: 3 Ta 183/91
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