Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Dezember 2006
Aktenzeichen: 8 W (pat) 355/03

(BPatG: Beschluss v. 14.12.2006, Az.: 8 W (pat) 355/03)

Tenor

Das Patent 101 39 864 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 - 7 und Beschreibung Spalten 1 und 2, jeweils eingegangen am 6. August 2004, mit der Maßgabe, dass in Abschnitt [0012] der Satz: "Auch können die Aufträge punktförmig ausgebildet sein" gestrichen wird, und 1 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2 gemäß Patentschrift 101 39 864.

Gründe

I.

Das Patent 101 39 864 mit der Bezeichnung "Bauplatte mit rutschfester Oberfläche" wurde am 14. August 2001 beim Patentamt angemeldet. Mit Beschluss vom 13. Januar 2003 wurde hierauf das Patent erteilt und am 18. Juni 2003 dessen Erteilung veröffentlicht.

Gegen das Patent hat die Firma A... GmbH & Co. in B... Straße in C...

am 18. September 2003 Einspruch erhoben.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf die Widerrufsgründe des § 21 PatG; insbesondere wird der Einspruchsgrund geltend gemacht, dass der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei. Zur Begründung ihres Vorbringens nennt sie folgenden Stand der Technik:

1. Produktbeschreibung "ERROSAFE 3600", Herausgeber: D... GmbH (D1), 2. Prüfzeugnis Nr. 9821293/3210, Herausgeber: Prüf- und Zertifizierungsstelle des BIA (Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit) vom 1. April 1998 (D2), 3. Pressetext ERROSAFE 3600, Herausgeber: D... GmbH, (D3), 4. Schreiben der D... GmbH vom 29. Juli 1999 (D4), 5. In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift diskutierter Stand der Technik (Streitpatentschrift, Spalte 1, Zeilen 7 bis 28) (D5) und 6. DE 2 101 800 A1 (D6).

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2006 vertritt die Einsprechende die Ansicht, dass der Patentgegenstand nach Patentanspruch 1 durch die Druckschriften D1 bis D3 vorweggenommen sei, da auch dort ein partieller Auftrag eines Kunststoffes vorliege und das fadenförmige Auftragen über die Viskosität des zu sprühenden Materials sich einstelle.

Die Einsprechende beantragte, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin ist dem entgegengetreten und vertritt die Ansicht, dass der Patentgegenstand gegenüber dem von der Einsprechenden genannten Stand der Technik neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, da keine der Druckschriften einen Hinweis darauf gebe, auf der Oberseite einer Bauplatte über ihre im Wesentlichen vollen Fläche partiell verteilte, zur Aufrauhung der Oberfläche dienende fadenförmige Aufträge eines Kunstharzes oder Kunststoffklebers vorzusehen.

Sie beantragt:

das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten, mit den Patentansprüchen 1 bis 7 und mit Beschreibung jeweils vom 5. August 2004 mit der Maßgabe, dass in der Beschreibung Absatz [0012] der Satz "Auch können die Aufträge punktförmig ausgebildet sein" gestrichen wird, und ein Blatt Zeichnungen (Figuren 1 und 2) nach Patentschrift.

Im Verfahren vor der Erteilung des Patents ist zum Stand der Technik noch die 7. DE 197 52 836 A1 und die 8. DE 199 38 184 A1 genannt worden.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung (vgl. BlPMZ 2005, 3 und 2006, 225) durch den zuständigen Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.

Der Einspruch ist jedoch nur insoweit begründet, als er zur Aufrechterhaltung des Patents im beschränkten Umfang führt.

3. Nach dem geltenden mit Eingabe vom 25. August 2004 eingereichten Patentanspruch 1 betrifft der Gegenstand des Patents eine Bauplatte aus Holzwerkstoff, insbesondere OSB-Platte, mit einer Oberseite (1) und einer Unterseite, wobei zumindest die Oberseite (1) mit einer rutschfesten Oberfläche versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Oberseite (1) über ihre im Wesentlichen volle Fläche partiell verteilte, zur Aufrauhung der Oberfläche dienende fadenförmige Aufträge eines Kunstharzes oder Kunststoffklebers aufweist.

Hinsichtlich der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 wird auf die Akte verwiesen.

Gemäß der Patentschrift ist Aufgabe der Erfindung die in Spalte 1, Zeilen 7 bis 28 beschriebene Bauplatte so zu verbessern, dass die rutschfeste Oberfläche möglichst kostengünstig erzeugt wird (Spalte 1, Z. 43 bis 46 der Patentschrift).

4. Die geltende Fassung der Patentansprüche 1 bis 7 ist zulässig. Der Anspruch 1 basiert auf dem erteilten Patentanspruch 1 und ist unter Hinzunahme der Merkmale des erteilten Patentanspruchs 2 beschränkt worden. Die geltenden Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den erteilten Patentansprüchen 3 bis 8 unter entsprechender Änderung ihrer Rückbeziehungen.

5. Die aufgrund ihrer Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare Bauplatte nach Patentanspruch 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu.

So zeigt keine der "Errosafe"-Entgegenhaltungen D1 bis D4, die unbestritten als vorveröffentlicht gelten, und auch nicht das Plattenelement gemäß DE 199 38 184 A1 einen fadenförmigen Auftrag. Der streifenförmige Leimauftrag nach der DE 2 101 800 A dient zum Herstellen plattenförmiger Holzplatten. Diese haben keine rutschfesten Oberseiten.

6. Die Bauplatte nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Beim Streitgegenstand werden über die volle Oberfläche einer Bauplatte partiell verteilte fadenförmige Aufträge, bestehend aus einem Kunstharz oder einem Kunststoffkleber, aufgebracht. Diese Kunststoffmaterialien werden in feinen Fäden aufgesprüht, sind unregelmäßig über die Oberfläche verteilt (Sp. 2, Z. 19 bis 23) und dienen der Aufrauhung der Oberfläche der Bauplatte aus Holzwerkstoff, um diese rutschfest zu machen.

Für diese Maßnahmen vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann, einem Diplom - Ingenieur (FH) der Fachrichtung Holztechnik mit mehrjährigen Kenntnissen auf dem Gebiet der Beleimung von Holzplatten, keine Anregungen.

Die Entgegenhaltungen D1 bis D4 betreffen das Auftragen eines Kunststoffes auf Oberflächen, die nachträglich rutschhemmend ausgerüstet werden sollen. Dazu wird ein Epoxy-Ester-Kunststoff auf die Oberfläche von Holz, Beton, Stahl, Fiberglas, Aluminium, keramische Fliesen, Natursteinen usw. so aufgetragen, dass sich eine texturierte Oberfläche bildet, wobei die Antirutschwirkung durch ein synthetisches Korn ohne scharfe Kanten erreicht wird. Gemäß der D3 ist der aufgebrachte Kunststoff besonders für Oberflächen geeignet, die oft feucht und nass sind. Ferner soll durch die Transparenz und Konsistenz der Beschichtung die Originalfarbe und Kontur des Untergrundes erhalten bleiben. Das Aufbringen der Antiruschbeschichtung erfolgt gemäß der D1 bzw. D3 bei kleineren Bereichen durch Aufsprühen und bei größeren Flächen durch Streichen oder Walzen (D3). Gemäß D1 bis D4 wird somit die rutschhemmende Beschichtung großflächig bzw. über die gesamte Fläche des Untergrundes aufgebracht, denn nur so treten keine störenden, andersfarbigen Stellen auf Böden und Treppen auf. Ein partiell verteilter fadenförmiger Auftrag ist nicht vorgesehen. Auch tritt die Antirutschwirkung durch ein dem Kunstharz beigegebenes Korn ein. Dieser Stand der Technik gibt dem Fachmann somit weder einen Hinweis auf einen fadenförmigen Auftrag noch darauf, diesen nur partiell zu verteilen und regt den Fachmann nicht zur patentgemäßen Lösung an.

Die DE 2 101 800 A betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Aufbringen eines streifenförmigen Leimauftrages auf Holz und holzähnliche Werkstoffe für allgemeine Bauzwecke. Insbesondere geht es dabei darum, bei Ingenieurbauten im Holzleimbau einen mechanisierten Arbeitsablauf zu erzielen. Das Problem der Rutschfestigkeit der Oberfläche ist in dieser Druckschrift an keiner Stelle angesprochen, so dass der Fachmann aus dieser Druckschrift keine Anregungen für die patentgemäße Lösung entnehmen wird.

Gemäß dem in der Beschreibungseinleitung genannten Stand der Technik (D5) wird auf die Oberfläche einer Bauplatte ein Pottasche-Farbe-Gemisch aufgebürstet. Dadurch wird eine sandfarbige Oberfläche erzielt, die rutschfest ist. Auch hieraus entnimmt der Fachmann keine Anregung oder Hinweise zur Aufrauhung der Oberfläche ein Kunstharz partiell fadenförmig aufzutragen, denn hier wird das Pottasche-Gemisch vollflächig aufgebürstet.

In der DE 199 38 184 A1 ist ein Plattenelement beschrieben, das aus einer Platte mit durchgreifenden Ausnehmungen besteht, deren Rückseite mit einem Elastomerelement zumindest bereichsweise überdeckt ist, wobei das Elastomerelement in die Ausnehmungen, diese im Wesentlichen ausfüllend, eingreift. Das Elastomerelement bildet im Bereich der Ausnehmungen noppenartige Vorwölbungen aus, die die Rutschfestigkeit verbessern sollen (Spalte 4, Zeilen 18 bis 22). Bei diesem Plattenelement wird die Rutschfestigkeit über Noppen erzeugt. Auch diese Druckschrift regt den Fachmann nicht an, patentgemäß fadenförmige Aufträge eines Kunstharzes zu sehen.

Die DE 197 52 836 A1 ist von der Einsprechenden nicht mehr aufgegriffen worden. Sie kann, wie die Überprüfung durch den Senat ergeben hat, die Patentfähigkeit des Patentgegenstands nicht in Frage stellen.

Der Patentanspruch ist 1 ist daher in seiner beschränkten Fassung bestandsfähig.

Die auf diesen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7 haben ebenfalls Bestand. Es handelt sich hierbei um Unteransprüche, die auf Ausgestaltungen der Bauplatte gerichtet sind.

Das Patent war somit beschränkt aufrechtzuerhalten.






BPatG:
Beschluss v. 14.12.2006
Az: 8 W (pat) 355/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b1d1b96c8341/BPatG_Beschluss_vom_14-Dezember-2006_Az_8-W-pat-355-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share