Bundespatentgericht:
Urteil vom 10. Juli 2007
Aktenzeichen: 3 Ni 38/05

(BPatG: Urteil v. 10.07.2007, Az.: 3 Ni 38/05)

Tenor

1. Das europäische Patent 0 930 948 wird teilweise mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 8 sowie weiterhin dadurch für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 9 - auch für den Rückbezug in den Ansprüchen 10 und 11 - folgende Fassung erhält:

"Verbundverschleißteil gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei keramische Platten nebeneinander angeordnet sind, zwischen denen ein Zwischenraum von ungefähr 10 mm gelassen ist, um die Zuführung des flüssigen Metalls zu ermöglichen."

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt 1/4, die Beklagte 3/4 der Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 27. August 1997 angemeldeten und u. a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in französischer Sprache erteilten europäischen Patents EP 0 930 948 B1 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 697 02 988 geführt wird und dessen Übersetzung die Bezeichnung "Verschleißfester Verbundkörper" trägt. Für das Streitpatent wurden die Unionsprioritäten EP 96202741 vom 1. Oktober 1996 und EP 97870099 vom 4. Juli 1997 in Anspruch genommen. Das Streitpatent umfasst in der erteilten Fassung 11 Patentansprüche, die sämtlich mit der vorliegenden Nichtigkeitsklage angegriffen sind, und wie folgt lauten:

"1. Verbundverschleißteil, das durch herkömmlichen Guss oder Schleuderguss unter Verwendung von Sandformen verwirklicht ist, und das aus einer metallischen Grundmasse besteht, deren tragende Fläche oder Flächen Einsätze aufweisen, die eine gute Verschleißfestigkeit haben, dadurch gekennzeichnet, dass die Teile einen Querschnitt über 25 mm haben, und dass die Einsätze aus einer keramischen Platte gebildet sind, die bei dem Guss mit einem flüssigen Metall getränkt wurde, wobei diese keramische Platte aus einer homogenen, festen Lösung aus 20 bis 80 % Al2O3 und 80 bis 20 % ZrO2 besteht, wobei die Prozentsätze in Gewichtsprozent der Bestandteile ausgedrückt sind.

2. Verbundverschleißteil gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das keramische Material 55 bis 60 Gewichtsprozent Al2O3 und 38 bis 42 Gewichtsprozent ZrO2 aufweist.

3. Verbundverschleißteil gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das keramische Material 70 bis 77 Gewichtsprozent Al2O3 und 23 bis 27 Gewichtsprozent ZrO3 aufweist.

4. Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Gehalt an keramischen Materialien bei dem Einsatz zwischen 35 bis 80 Gewichtsprozent, vorzugsweise zwischen 40 und 60 Gewichtsprozent liegt, und in vorteilhafter Weise ungefähr 50 % beträgt.

5. Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einsätze aus einem Agglomerat von keramischen Verbundkörnern bestehen, die eine Kornklassierung haben, die in dem Bereich F6 bis F22 gemäß der FEPA-Norm liegt.

6. Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die keramischen Körner durch Elektroschmelzen, durch Sintern, durch thermisches Spritzen oder nach irgendeinem anderen Verfahren hergestellt sind.

7. Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die keramischen Körner mit Hilfe eines mineralischen oder organischen, flüssigen Klebers miteinander verbunden werden, um die keramische Platte zu verwirklichen.

8. Verbundverschleißteil gemäß Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Platte nicht mehr als 4 % Kleber enthält.

9. Verbundverschleißteil, das unter Verwendung von Sandformen durch Gießen hergestellt ist und aus einer metallischen Grundmasse besteht, die mindestens eine keramische Platte aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Teile einen Querschnitt über 25 mm haben, und dass mindestens zwei keramische Platten nebeneinander angeordnet sind, zwischen denen ein Zwischenraum von ungefähr 10 mm gelassen ist, um die Zuführung des flüssigen Metalls zu ermöglichen.

10. Verbundverschleißteil, verwirklicht durch herkömmlichen Guss oder Schleuderguss, gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, das aus einer metallischen Grundmasse besteht, die eine verschleißfeste, keramische Platte aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die keramische Platte eine Bienenwabenstruktur hat, deren verschiedene Zellen eine polygonale oder kreisförmige Form innerhalb der keramischen Phase haben.

11. Verbundverschleißteil gemäß Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Dicke der Wände der verschiedenen Zellen, aus denen die keramische Phase besteht, von 5 bis 25 mm variiert.

Die Klägerin mach den Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit geltend und stützt ihre Klagebegründung auf den Inhalt folgender Druckschriften und Unterlagen:

K1 = EP 0 930 948 B1 K2 = DE 697 02 988 T2, Übersetzung von EP 0 930 948 B1 K3 = Merkmalsanalyse Anspruch 1 von EP 0 930 948 B1 K4 = EP 0 575 685 A1 K5 = US 3 181 939 K6 = Ullmann«s Encyclopaedia of Industrial Chemistry, 1985, 5th completely revised edition, Vol. A1: "Abrasives to Aluminum Oxide", S. 5 K7 = W. Bergmann "Werkstofftechnik", Teil 2: Anwendung, 1991, 2. durchgesehene Auflage, Carl Hanser Verlag, München-Wien K8 = Patent Abstracts of Japan, JP 01113161 A K9 = Merkmalsanalyse Anspruch 9 von EP 0 930 948 B1 K10 = Ausdruck der Internetseite http://www.fepaabrasives.org K11 = Erklärung von Herrn Gianmaria Pasqualotto von der Firma GSA SpA vom 16. Februar 2006 K12 = Zeichnung der Firma KSB Italia SpA, Nr. V7171 vom 24. März 1991 K13 = Zwei Photos eines von der Firma GSA SpA durch Gießen mit verlorenem Wachs hergestellten Hebels (K13)

K14 = Abbildungen von Beispielen von mit verlorenem Wachs hergestellten Gussteilen Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 930 948 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte verteidigt das Streitpatent gemäß Hauptantrag mit den mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2005 eingereichten Patentansprüchen 1 bis 11, hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen gemäß Hilfsanträgen 1 bis 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2007 und beantragt, insoweit Klageabweisung.

Die gemäß Hauptantrag verteidigte Fassung der Patentansprüche 1 bis 11 unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass Patentanspruch 9 mit einem Rückbezug auf Patentanspruch 1 versehen ist und wie folgt lautet:

9. Verbundverschleißteil gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei keramische Platten nebeneinander angeordnet sind, zwischen denen ein Zwischenraum von ungefähr 10 mm gelassen ist, um die Zuführung des flüssigen Metalls zu ermöglichen.

Die gemäß Hilfsantrag 1 verteidigte Fassung umfasst 11 Patentansprüche, deren Patentansprüche 1, 5 und 9 von der erteilten Fassung abweichen und wie folgt lauten:

1. Verbundverschleißteil, das durch herkömmlichen Guss oder Schleuderguss unter Verwendung von Sandformen verwirklicht ist, und das aus einer metallischen Grundmasse besteht, deren tragende Fläche oder Flächen Einsätze aufweisen, die eine gute Verschleißfestigkeit haben, dadurch gekennzeichnet, dass die Teile einen Querschnitt über 25 mm haben, und dass die Einsätze aus einer keramischen Platte gebildet sind, die bei dem Guss mit einem flüssigen Metall getränkt wurde, wobei diese keramische Platte aus einem Agglomerat von keramischen Verbundkörnern besteht, wobei die keramischen Verbundkörner aus einer homogenen, festen Lösung aus 20 bis 80 % Al2O3 und 80 bis 20 % ZrO2 bestehen, wobei die Prozentsätze in Gewichtsprozent der miteinander verschmolzenen Bestandteile ausgedrückt sind.

5. Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die keramischen Verbundkörner des Agglomerats eine Kornklassierung haben, die in dem Bereich F6 bis F22 gemäß der FEPA-Norm liegt.

9. Verbundverschleißteil gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei keramische Platten nebeneinander angeordnet sind, zwischen denen ein Zwischenraum von ungefähr 10 mm gelassen ist, um die Zuführung des flüssigen Metalls zu ermöglichen.

Der Hilfsantrag 2 umfasst 10 Patentansprüche, wobei Patentansprüche 2 bis 8 der erteilten Fassung entsprechen und Patentansprüche 1, 9 und 10 wie folgt lauten:

1. Verbundverschleißteil, das durch herkömmlichen Guss oder Schleuderguss unter Verwendung von Sandformen verwirklicht ist, und das aus einer metallischen Grundmasse besteht, deren tragende Fläche oder Flächen Einsätze aufweisen, die eine gute Verschleißfestigkeit haben, dadurch gekennzeichnet, dass die Teile einen Querschnitt über 25 mm haben, und dass die Einsätze aus einer keramischen Platte gebildet sind, die bei dem Guss mit einem flüssigen Metall getränkt wurde, wobei diese keramische Platte aus einer homogenen, festen Lösung aus 20 bis 80 % Al2O3 und 80 bis 20 % ZrO2 besteht, wobei die Prozentsätze in Gewichtsprozent der Bestandteile ausgedrückt sind, wobei die keramische Platte eine Bienenwabenstruktur hat, deren verschiedene mit Metall gefüllte Zellen eine polygonale oder kreisförmige Form innerhalb der keramischen Phase haben.

9. Verbundverschleißteil gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei keramische Platten nebeneinander angeordnet sind, zwischen denen ein Zwischenraum von ungefähr 10 mm gelassen ist, um die Zuführung des flüssigen Metalls zu ermöglichen.

10. Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Dicke der Wände der verschiedenen Zellen, aus denen die keramische Phase besteht, von 5 bis 25 mm variiert.

Die gemäß dem dritten Hilfsantrag verteidigte Fassung umfasst 10 Patentansprüche, deren Ansprüche 1, 5, 9 und 10 von der erteilten Fassung abweichen und wie folgt lauten:

1. Verbundverschleißteil, das durch herkömmlichen Guss oder Schleuderguss unter Verwendung von Sandformen verwirklicht ist, und das aus einer metallischen Grundmasse besteht, deren tragende Fläche oder Flächen Einsätze aufweisen, die eine gute Verschleißfestigkeit haben, dadurch gekennzeichnet, dass die Teile einen Querschnitt über 25 mm haben, und dass die Einsätze aus einer keramischen Platte gebildet sind, die bei dem Guss mit einem flüssigen Metall getränkt wurde, wobei diese keramische Platte aus einem Agglomerat von keramischen Verbundkörnern besteht, wobei die keramischen Verbundkörner aus einer homogenen, festen Lösung aus 20 bis 80 % Al2O3 und 80 bis 20 % ZrO2 bestehen, wobei die Prozentsätze in Gewichtsprozent der miteinander verschmolzenen Bestandteile ausgedrückt sind, wobei die keramische Platte eine Bienenwabenstruktur hat, deren verschiedene mit Metall gefüllte Zellen eine polygonale oder kreisförmige Form innerhalb der keramischen Phase haben.

5. Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die keramischen Verbundkörner des Agglomerats eine Kornklassierung haben, die in dem Bereich F6 bis F22 gemäß der FEPA-Norm liegt.

9. Verbundverschleißteil gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei keramische Platten nebeneinander angeordnet sind, zwischen denen ein Zwischenraum von ungefähr 10 mm gelassen ist, um die Zuführung des flüssigen Metalls zu ermöglichen.

10. Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Dicke der Wände der verschiedenen Zellen, aus denen die keramische Phase besteht, von 5 bis 25 mm variiert.

Die Beklagte hält das Streitpatent in der gemäß Haupt- und Hilfsanträgen verteidigten Fassung für patentfähig.

Die Beklagte verweist zur Stützung ihres Vorbringens auf folgende Unterlagen:

B1 = Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, 19. Aufl., Springer Verlag 1997, Seiten S. 19, S. 37, S. 51 und S. 52 B2 = A. Kucera, The Compact Dictionary of Exact Science and Technology, Oscar Brandstetter Verlag GmbH & Co. KG Wiesbaden 1989, Seiten 2 und 1172 B3 = G. Cevales, Ber. Dtsch. Keram.Ges. 45, 1968 S. 216 B4 = Bauchemie und Wirkstoffe des Bauwesens, Einführung in die Bauchemie, Prof. Thienel, Universität der Bundeswehr, München 2006, S. 36 B5 = Internet Auszug aus Wikipedia "Gießen(Verfahren)" vom 3. Juli 2007 Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als teilweise begründet. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ) führt zur teilweisen Nichtigerklärung des Streitpatents in dem im Tenor genannten Umfang. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Soweit das Streitpatent über die von der Beklagten nur noch beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht, war es ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (vgl. Schulte, PatG, 7. Aufl., § 81 Rdn. 132 m. w. Hinw.).

I.

1. Gegenstand des Streitpatents ist ein durch Gießen verwirklichtes Verbundverschleißteil, das aus einer metallischen Grundmasse besteht, und dessen Verschleißfläche Einsätze umfasst, die gute Verschleißfestigkeitseigenschaften aufweisen. Derartige Verschleißteile werden bei Anlagen zum Mahlen, Brechen und Transportieren von diversen Schleifmaterialien verwendet, wie man sie in Zementfabriken, Minen, Steinbrüchen, Kraftwerken oder der Metallurgie antrifft. Wegen der starken mechanischen Beanspruchung ist es wünschenswert, dass diese Teile einerseits eine hohe Abriebfestigkeit und andererseits aber auch eine gewisse Duktilität aufweisen, um den mechanischen Beanspruchungen widerstehen zu können, wie auch eine hohe Verschleißfestigkeit und Lebensdauer der Teile aufweisen. Da beide Eigenschaften mittels eines Materials nur schwer zu realisieren sind, kommen Vebundsverschleißteile zum Einsatz, so wie es in der Patentschrift zum Stand der Technik bei Mahlsteinen ausgeführt wird, deren arbeitende Flächen mit Einsätzen aus Chromgusseisen versehen sind. Als besonders geeignet haben sich keramische Materialen aufgrund ihrer großen Härte und mechanischen Festigkeit und damit auch ihrer guten Abrieb- und Verschleißfestigkeitseigenschaften erwiesen. Auf diesem technologischen Hintergrund fußend weist die Patentschrift zum Stand der Technik auf die Verwendung von keramischen Materialien im Zusammenhang mit Schleifmaschinen zur Bearbeitung von Gießereiprodukten auf das Dokument K6 beim Formgießen mit verlorenem Wachs auf die Druckschrift K4 hin (vgl. DE 697 02 988 T2 S. 1 Z. 1 bis S. 2, Z. 32).

2. Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe soll nach den Angaben in der Streitpatentschrift darin bestehen, ein Verbundverschleißteil mit keramischen Einsätzen zu verwirklichen, das folgende Anforderungen auf zufrieden stellende Weise erfüllt:

Es soll für Anwendungen geeignet sein, wie sie bei Anlagen zum Mahlen, Brechen oder Transportieren von Schleifmaterial angetroffen werden, wo die Verschleißteile im Allgemeinen Querschnitte von mindestens 25 mm oder mehr aufweisen.

Hinsichtlich des thermischen Verhaltens zwischen dem keramischen Material und dem Metall des Verschleißteils soll eine gewisse Kompatibilität vorhanden sein.

Im Übrigen sollen hinsichtlich der speziellen Anwendung die mechanischen Eigenschaften des keramischen Materials an diejenigen des Metalls angepasst sein.

Schließlich soll das Problem der schlechten Infiltration des Metalls bei einer Dicke des keramischen Materials über 25 mm durch spezielle Geometrien des Verbundverschleißteils gelöst werden (vgl. DE 697 02 988 T2 S. 3 Z. 1 bis 29).

3. Zur Lösung dieser Aufgabe wird gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beansprucht ein 1.1 Verbundverschleißteil, 1.1A das durch herkömmlichen Guss oder Schleuderguss unter Verwendung von Sandformen verwirklicht ist, 1.2 und das aus einer metallischen Grundmasse besteht, 1.3 und deren tragende Fläche oder Flächen Einsätze aufweisen, 1.4 die eine gute Verschleißfestigkeit haben, dadurch gekennzeichnet, dass 1.5 die Teile im Querschnitt über 25 mm haben, und dass 1.6 die Einsätze aus einer keramischen Platte gebildet sind, 1.7 die bei dem Guss mit einem flüssigen Material getränkt wurde, 1.8 wobei diese keramische Platte aus einer homogenen festen Lösung aus 20 bis 80 % Al2O3 und 80 bis 20 % ZrO2 besteht, wobei die Prozentsätze in Gewichtsprozent der Bestandteile ausgedrückt sind.

4. Ausgehend von der vorerwähnten Problemstellung und damit von dem technischen Gebiet, auf dem der Gegenstand der beanspruchten Lehre liegt, ist als angesprochener Fachmann ein in der Gießereitechnik tätiger Diplomingenieur mit speziellen Kenntnissen in der Materialwissenschaft und im Maschinenbau für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit heranzuziehen, der mit Verbundmaterialen bzw Verbundverschleißteilen vertraut ist. Dieser weiß, dass der Auswahl eines geeigneten Materials für die Herstellung derartiger Teile, die eine hohe Abriebfestigkeit und eine gewisse Duktilität aufweisen müssen, um mechanischen Beanspruchungen, wie Stöße oder Abrieb, widerstehen zu können und um eventuell maschinell bearbeitet werden zu können, entscheidendes Gewicht zukommt.

II.

Zum Hauptantrag 1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist nicht patentfähig, weil er gegenüber dem sich aus K4 i. V. m. K5 oder K8 ergebenden Stand der Technik sowie dem unter anderem in K6 und K7 lexikalisch und als Lehrmaterial dokumentierten allgemeinen Fachwissen über die Eigenschaften von Keramik, insbesondere auch den Eigenschaften von Mischkeramiken als Verbundmaterial, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sondern für den hier maßgeblichen Fachmann nahegelegt war.

Die Druckschrift K4, die ein Feingussverfahren zur Herstellung von Gussstücken mit verbundartig eingelagerter Keramik betrifft, beschreibt ein Gussstück mit verbundartig in gegossenem Stahl eingelagertem Keramikkörper, wobei das Gussstück beispielsweise eine Refinerplatte zum Mahlen von Faserstoff bei der Papierherstellung sein kann, die beim Mahlen dem Verschleiß unterworfen ist (Anspruch 3 und Figur 1 i. V. m. Beschreibung Sp. 3 Zn. 25 bis 37). Somit handelt es sich um ein Verbundverschleißteil (Merkmal 1.1), das aus einer metallischen Grundmasse besteht (Merkmal 1.2).

Wie aus der K4, Figur 1 i. V. m. Sp. 3 Zn. 25 bis 32, des Weiteren hervorgeht, bestehen bei diesem Verbundverschleißteil die Verschleißbereiche der Stege 10 aus einem Stahl/Keramikverbund 20, in welchem ein poröser Keramikkörper 2 eingelagert ist, was nichts anderes bedeutet, als dass die tragenden Flächen des Verbundverschleißteiles Einsätze aus einer keramischen Platte aufweisen, die eine gute Verschleißfestigkeit haben, so dass auch die Merkmale 1.3 und 1.4 gegeben sind. Aus der Figur 1 ist zudem ersichtlich, dass der Keramikkörper plattenförmig ist (Merkmal 1.6). Beim Gießen des Stahls in die Formschale 30 füllen sich die Porenräume der Keramikkörper 2 vollständig, bevor die Erstarrung der Schmelze eintritt, was nichts anderes bedeutet, als dass die keramische Platte 2 mit flüssigem Material getränkt wird (Merkmal 1.7).

Von dem in K4 dargestellten Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 somit durch die ausdrücklichen Angaben, dass die Teile im Querschnitt über 25 mm haben (Merkmal 1.5) und dass die keramische Platte aus einer homogenen festen Lösung aus 20 bis 80 % Al2O3 und 80 bis 20 % ZrO2 - in Gewichtsprozent der Bestandteile ausgedrückt - besteht (Merkmal 1.8).

Diese Unterschiede können die Patentfähigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 jedoch nicht begründen, denn der Fachmann wird aufgrund seines Wissens und Könnens der K4 ohne weiteres entnehmen, dass es sich bei den dort beschriebenen Verbundverschleißteilen nicht notwendiger Weise nur um kleine Gussteile handelt, bloß weil in der K4 von Präzisionsguss mit keramischer Formschale und wachsgefülltem Keramikkörper die Rede ist (Sp. 3 Zn. 38 bis 57). Vielmehr entnimmt er aus der Größenangabe "1 cm" bei den zeichnerischen Darstellungen einer offenzelligen Keramikstruktur in den Figuren 7 und 8 (i. V. m. Sp. 4 Zn. 28 bis 54), dass die mit einem dementsprechenden Keramikkörper ausgestatteten Gussteile (Figur 1) mindestens in dieser Größenordnung dimensioniert sein müssen. Schließlich wird er auch durch die in Figur 12 i. V. m. Sp. 5 Zn. 20 bis 28 dargestellte Turbinenschaufelspitze darauf hingewiesen, dass die K4 nicht auf die Herstellung kleiner Teile zielt, wie die Beklagte im Schriftsatz vom 16. Dezember 2005 auf S. 10 Abs. 2 ausführt. Er hat vielmehr insbesondere auch größere Gussteile im Blickfeld, wie sie als Refiner in der Papierherstellung, als Turbinenschaufelspitzen oder als Lagerteile oder Dichtungen angewendet werden (Sp. 1 Zn. 26 bis 30, Sp. 2 Zn. 47 bis 49 und Sp. 5 Zn. 20 bis 24). Die Größe des Querschnitts der Gussteile wird der Fachmann schließlich je nach Anwendungsfall zweckmäßig auswählen, so dass er ohne erfinderisches Zutun zu der in dem Merkmal 1.5 bestimmten Mindestgröße gelangt.

Dies gilt auch für die erfindungsgemäße Auswahl einer aus Al2O3 und ZrO2 bestehenden Mischkeramik, da diese für den Fachmann nahegelegt war. Insoweit spricht bereits viel dafür, dass entgegen der Auffassung der Patentinhaberin für den hier im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents angesprochenen Fachmann die Verwendung einer derartigen Keramikmischung aus K7 impliziert offenbart, dh von ihm als selbstverständlich erkannt und in Gedanken mitgelesen wurde (vgl. BGH GRUR 1995, 330 - Elektrische Steckverbindung). Letztlich kann die Frage des Mitlesens aber dahinstehen, denn unabhängig davon war es für den Fachmann ausgehend von der K4 naheliegend, eine aus Al2O3 und ZrO2 bestehende Mischkeramik zur Lösung des Problems zu verwenden, bei der Herstellung von Verbundverschleißteilen die Lebensdauer und Standzeiten der Teile zu erhöhen (vgl. die bereits im Jahr 1965 veröffentlichte K5 als weiterem auf dem hier in Frage stehenden Gebiet einschlägigen Stand der Technik).

So ist in der K4 ausgeführt, dass Aluminiumoxid, Zirkonoxid oder Magnesiumoxid in Verbindung mit Stahlguss in Frage kommen. Über die genauere Zusammensetzung oder gar Mengenangaben ist dort zwar nichts ausgesagt. Der Fachmann erfährt jedoch, dass das in K4 beschriebene Verbundverschleißteil einerseits im Bereich, der durch Verschleißvorgänge angetragen wird, eine keramische Verstärkung erhält (Sp. 1 Z. 50 bis Sp. 2 Z. 3), andererseits bleibt in Bereichen, in denen keine Keramik eingelagert ist, die hohe Zähigkeit des Gusswerkstoffs erhalten (Sp. 3 Zn. 28 bis 37). Außerdem wird in K4 darauf hingewiesen, dass auch bei unterschiedlicher Wärmeausdehnung zwischen Keramik und Stahl die verwendeten Keramikstrukturen im Verbund mit Gussstahl intakt bleiben (Sp. 2 Zn. 39 bis 46). Davon ausgehend wird der Fachmann im Hinblick auf seine eigene Aufgabenstellung, nach Verbundwerkstoffen aus Keramik und Metall zu suchen, die seine Anforderungen erfüllen können, insbesondere auch die K8 in Betracht ziehen. Denn dort geht es um die Herstellung eines Werkstücks mit hoher Stoßfestigkeit und Biegefestigkeit (high resistance to shocking force and bending force), was nichts anderes bedeutet, als die geeignete Abstimmung zwischen der Härte der aus beispielsweise Al2O3 oder Al2O3-ZrO2 bestehenden Keramik und der Zähigkeit des Gießmetalls, z. B. legiertem Stahl, herzustellen.

Wenn der Fachmann eine der genannten Keramiken geeignet auswählt, z. B. bedarfsweise Al2O3-ZrO2' wird er sich hinsichtlich der Zusammensetzung im Bereich der Werkstoffkunde informieren und sich auch in Fachgebieten umsehen, in denen Härte und Zähigkeit von Keramikwerkstoffen eine bestimmende Rolle spielen, was bekanntlich im Bereich der Schleifmittel der Fall ist. Dann erfährt er z. B. aus K6, S. 6 Abs. 2.2, dass es sich bei einer Al2O3-ZrO2-Keramik um ein Produkt handelt, das man durch Verschmelzen von Al2O3 und ZrO2 erhält, wobei primäre Al2O3-Kristalle in einer Matrix aus einem Eutektikum aus Al2O3 und ZrO2 vorliegen - und somit eine feste Lösung aus Al2O3 und ZrO2, die zweckmäßigerweise homogen ist, gebildet wird. Dabei liegt der Gehalt an ZrO2 zwischen 10 und 60 %, worauf der Fachmann den Gehalt an Al2O3 je nach Anwendungsziel geeignet ergänzen wird. Er kommt deshalb in nahe liegender Weise zu einer Keramik, wie sie in dem weit gefassten Merkmal in 1.8 angegeben ist.

Dies gilt aber auch, wenn der Fachmann statt der K6 die K5 heranzieht, was sich aufgrund der dem Patent vergleichbaren Zielrichtung der Erzeugung von Verschleißteilen hoher Härte und Zähigkeit aufdrängt, zumal die patentierte Erfindung insbesondere auf Verschleißteile gerichtet ist, die u. a. zum Mahlen von Schleifmaterialien verwendet werden (Streitpatent S. 1 Zn. 8 bis 11). Auch in der K5 sind für Al2O3-ZrO2-Keramiken, in denen die Festigkeit und Härte von Al2O3 mit der Beständigkeit und Abriebfestigkeit von ZrO2 in Schleifmitteln kombiniert werden (Sp. 1 Zn. 57 bis 63 und Sp. 2 Zn. 1 bis 23), Anteilsbereiche angegeben, die weitgehend mit den Angaben im Merkmal 1.8 des geltenden Anspruchs 1 überlappen, nämlich zwischen 90 % Al2O3-10 % ZrO2 und 40 % Al2O3-60 % ZrO2.

Dem weiteren Merkmal 1.1.A des Patentanspruchs 1, wonach das Verbundverschleißteil durch herkömmlichen Guss oder Schleuderguss unter Verwendung von Sandformen verwirklicht ist, kommt bereits keine Eignung zur Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik zu, weil es nicht zur Bestimmung des Patentgegenstandes beiträgt. Der Gegenstand eines Sachanspruchs kann in seinen körperlichen oder funktionalen Eigenschaften zwar auch durch Merkmale bestimmt sein, die sich aus der Anwendung eines Verfahrens bei seiner Herstellung ergeben. Welche Eigenschaften das sind, ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln, wobei maßgebend ist, wie der angesprochene Fachmann die Angaben zum Herstellungsweg versteht und welche Schlussfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit der auf diesem Wege herstellbaren Sache zieht (BGH GRUR 2001, 1129, 1133 - zipfelfreies Stahlband).

Insoweit sind vorliegend aber keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch die Verwendung von Sandformen beim Gießverfahren und Anwendung dieses Verfahrens zur Herstellung eines Verbundverschleißteils für einen Fachmann die körperlichen und funktionalen Eigenschaften des beanspruchten Verbundverschleißteils definiert werden und damit die Angabe des Herstellungsverfahrens dazu bestimmt ist, das Verfahrenserzeugnis selbst weiter zu kennzeichnen. Auch die Beklagte selbst hat dies in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliche Nachfrage durch den Senat nicht mehr behauptet. Auch der Umstand, dass in der Beschreibung des Streitpatents die hohen Kosten des Präzisionsformgießens gemäß K4 erwähnt sind und sich Verbundverschleißteile durch Gießverfahren unter Verwendung von Sandformen sich kostengünstiger realisieren lassen, rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn auch insoweit werden hierdurch keinerlei räumlichkörperliche Merkmale bzw die (physikalische) Beschaffenheit des Verbundverschleißteils charakterisiert (vgl. BGH a. a. O. - zipfelfreies Stahlband).

2. Die fehlende Patentfähigkeit trifft auch auf die angegriffenen, auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8 gemäß Hauptantrag zu, da die insoweit gekennzeichneten Merkmale gleichfalls unmittelbar aus dem Stand der Technik hervorgehen und dem Fachmann nahegelegt waren oder sich allein schon in nahe liegender Weise aus dem Wissen und Können des Fachmanns ergeben.

Nach dem Patentanspruch 2 und dem Patentanspruch 3 ist das Verbundverschleißteil gemäß Patentanspruch 1 weiter dadurch gekennzeichnet, dass das keramische Material 55 bis 60 Gewichtsprozent Al2O3 und 38 bis 42 Gewichtsprozent ZrO2 bzw. 70 bis 77 Gewichtsprozent Al2O3 und 23 bis 27 Gewichtsprozent ZrO3 aufweist. Wie bereits oben zum Merkmal 1.8 des Anspruchs 1 ausgeführt wurde, ergibt sich eine keramische Platte, die aus einer homogenen festen Lösung aus 20 bis 80 % Al2O3 und 80 bis 20 % ZrO2 besteht, wobei die Prozentsätze in Gewichtsprozent der Bestandteile ausgedrückt sind, in nahe liegender Weise aus der K6 oder der K5 (Sp. 1 Zn. 57 bis 63 und Sp. 2 Zn. 1 bis 23). Eine weitere Einschränkung der Gewichtsanteile wird der Fachmann je nach Anwendungsziel geeignet auswählen, ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen.

Nach dem Patentanspruch 4 ist das Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche außerdem dadurch gekennzeichnet, dass der Gehalt an keramischen Materialien bei dem Einsatz zwischen 35 bis 80 Gewichtsprozent, vorzugsweise zwischen 40 und 60 Gewichtsprozent liegt, und in vorteilhafter Weise ungefähr 50 % beträgt. Zu dieser Einschränkung gibt es zwar im Stand der Technik kein explizites Vorbild. Die Bereichsangaben sind jedoch weit gefasst und im Streitpatent auch hinsichtlich ihrer Auswahl weder als besonders wirkungsvoll beschrieben, noch von der Patentinhaberin in dieser Hinsicht als vorteilhaft hervorgehoben worden, so dass der Fachmann, wenn er das Anteilsverhältnis von Keramik zu Metall je nach Anwendungsziel in geeigneter Weise ausgewählt, zu den beanspruchten Anteilsangaben gemäß dem Anspruch 4 kommt, ohne hierfür über den fachüblichen Rahmen der Auswahl geeigneter Zusammensetzungen, wie sie in K6 und K5 vorbeschrieben sind, hinausgehen zu müssen.

Die Patentansprüche 5, 7 und kennzeichnen das Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche dadurch weiter, dass die Einsätze aus einem Agglomerat von keramischen Verbundkörnern bestehen, die eine Kornklassierung haben, die in dem Bereich F6 bis F22 gemäß der FEPA-Norm liegt, und dass die keramischen Körner mit Hilfe eines mineralischen oder organischen, flüssigen Klebers miteinander verbunden werden, um die keramische Platte zu verwirklichen bzw. dass die Platte nicht mehr als 4 % Kleber enthält. Auch diese Maßnahmen führen nicht zu Ausgestaltungen, die auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend anzusehen sind. Denn bereits aus der K4 ist bekannt, einen zusammenhängenden Keramikkörper unter Verwendung von Keramikkörnern mit einem Durchmesser zwischen 0,8 und 1,2 mm herzustellen, wobei diese Körner mittels Brücken aus einem gut fließfähigen Bindemittel wie z. B. Silikatbinder miteinander verbunden sind (Sp. 4 Zn. 1 bis 15). Das bedeutet nichts anderes, als dass der Keramikkörper aus einem Agglomerat von keramischen Verbundkörnern besteht, die eine Kornklassierung haben, die im Bereich F16 bzw. F22 gemäß FEPA-Norm liegt (vgl. Anlage K10), wobei die keramischen Körner mit Hilfe eines mineralischen, flüssigen Klebers miteinander verbunden werden, wie in den Ansprüchen 5 und 7 angegeben. Den Kleberanteil im Keramikkörper wird der Fachmann wiederum bedarfsweise geeignet auswählen, so dass den in den Ansprüchen 5, 7 und 8 beschriebenen Angaben ebenfalls keine Patent begründende Wirkung zukommt.

Nach dem Patentanspruch 6 ist das Verbundverschleißteil gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche ferner dadurch gekennzeichnet, dass die keramischen Körner durch Elektroschmelzen, durch Sintern, durch thermisches Spritzen oder nach irgendeinem anderen Verfahren hergestellt sind. Auch dieses Merkmal kann die Patentfähigkeit nicht begründen, denn es gehört zum Wissen des Fachmanns, dass ein gängiges Verfahren zum Herstellen von Keramikkörnern das Elektroschmelzen ist, so wie es beispielsweise auch in K6 S. 5 in den beide Spalten umgreifenden Zeilen angesprochen ist.

3. Dagegen erweisen sich der nunmehr als abhängiger Anspruch formulierte und auf den Anspruch 1 rückbezogene Anspruch 9 sowie die Ansprüche 10 und 11 gemäß Hauptantrag als patentfähig.

a) Die Beschränkung des Patentanspruch 9 ist zulässig. Sie enthält weder ein "Aliud" noch eine unzulässige Erweiterung des Gegenstandes der Anmeldung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ) oder des Schutzbereichs des erteilten Patents (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 4 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. d EPÜ). Die Änderung führt deshalb zu einer zulässigen Einschränkung des Patentgegenstandes.

Zur Beantwortung der Frage, ob der Gegenstand des nunmehr beanspruchten Patentanspruchs über den Inhalt der Anmeldung hinausgeht, ist die durch den Patentanspruche definierte Lehre mit dem gesamten Offenbarungsgehalt der Patentanmeldung zu vergleichen. Entscheidend ist, ob die ursprüngliche Offenbarung in ihrer Gesamtheit das in dem geänderten Patentanspruch niedergelegte Schutzbegehren umfasst, ob also der Fachmann aufgrund des Offenbarungsgehalts der ursprünglichen Unterlagen erkennen konnte, dass die die beanspruchte Lehre zum technischen Handeln von dem mit der Anmeldung verfolgten Schutzbegehren umfasst sein soll (vgl. BGH GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm). Hierbei kommt den mit der Anmeldung ursprünglich formulierten Patentansprüchen keine eine weitergehende Offenbarung in der Beschreibung einschränkende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 2005, 1023, 1024 - Einkaufswagen II).

In der Patentschrift kommt an mehreren Stellen deutlich zum Ausdruck, dass die in der verteidigten Fassung von Anspruch 9 angegebenen und auch im Anspruch 9 erteilter Fassung enthaltenen Merkmale und der hieraus resultierenden technischen Lehre, wonach mindestens zwei keramische Platten nebeneinander angeordnet sind, zwischen denen ein Zwischenraum von ungefähr 10 mm gelassen ist, um die Zuführung des flüssigen Metalls zu ermöglichen, auch in Verbindung mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen offenbart sind.

Insoweit ist maßgeblich, welche Bedeutung der Angabe "nebeneinander" in dem nunmehr auf Anspruch 1 erteilter Fassung rückbezogenen Anspruch 9 zukommt, insbesondere ob im Lichte der offenbarten Lehre der Streitpatentschrift die dadurch vorgegebene Anordnung der Platten wegen des Rückbezugs auf Patentanspruch als gleichbedeutend mit der Anordnung "übereinander" zu verstehen ist und deshalb die beanspruchte Lehre so zu verstehen ist, dass die Platten übereinander liegen sind und zugleich einen Zwischenraum von ungefähr 10 mm aufweisen. Der Patentanspruch ist deshalb auszulegen.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Patentanspruch nicht wörtlich in philologischer Betrachtung, sondern seinem technischen Sinn nach aufzufassen ist, das heißt der Erfindungsgedanke muss unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich im Patent ergeben, bestimmt werden (BGH Mitt. 1999, 304, 307 - Spannschraube), wobei Begriffe so zu deuten sind, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln versteht (GRUR 2001, 232, 233 - Brieflocher m. w. H.). Patentansprüche sind deshalb immer im Zusammenhang mit der Beschreibung zu lesen (vgl. Scharen in Benkard PatG 10. Aufl., § 14 Rn. 22), wobei auch der Gesamtzusammenhang nicht aus dem Auge verloren werden darf, da Feststellungen zum Inhalt einzelner Merkmale stets nur dazu dienen, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als einer Einheit zu ermitteln (BGH GRUR 2006, 311, 312 - Baumscheibenabdeckung m. w. H.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist zu berücksichtigen, dass in der in der Streitpatentschrift ab S. 3 Z. 31 bis S. 5 Z. 28 das im Patentanspruch 1 angegebene Verschleißteil fortlaufend beschrieben wird, um unmittelbar daran anschließend die Lösung des Problems der schlechten Infiltration des Metalls innerhalb der keramischen Phase in "dem speziellen Fall, in dem die Dicke der aus einem keramischen Material verwirklichten Platte groß wird", in einer sogenannten "ersten Ausführungsform" anzugeben. Bei dieser - auch durch Figur 1 dargestellten Ausführungsform - sind zwei oder mehrere Platten aus keramischem Material übereinander angeordnet, während sie durch einen Zwischenraum von ungefähr 10 mm getrennt gehalten werden, um die Zuführung des flüssigen Metalls zu ermöglichen. Darstellung und Beschreibung entsprechen damit mit Ausnahme der Bezeichnung "nebeneinander" exakt der in dem verteidigten Patentanspruch 9 erkennbar beanspruchten Lehre. Legt man deshalb die Angabe "nebeneinander" in dem nunmehr rückbezogenen Anspruch 9 im Lichte dieser in der Streitpatentschrift offenbarten technischen Lehre aus, so ist der gewählte Begriff als gleichbedeutend mit der Anordnung der Platten "übereinander" zu verstehen. Dies bedeutet zugleich auch, dass die Offenbarung der kennzeichnenden Merkmale im neuen Anspruch 9 in der Streitpatentschrift in Verbindung mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1 ihre Grundlage hat und offenbart ist. Auch das Beispiel 1 auf S. 7 der Streitpatentschrift zielt in Richtung dieser Merkmalskombination. Im Übrigen findet sich in der Streitpatentschrift kein Hinweis, der gegen eine solche Kombination sprechen würde.

Ebenso stellt der danach lediglich einschränkend geänderte Patentanspruch 9 keine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents i. S. d. Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 4 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. d EPÜ dar (vgl. BGH GRUR 2005, 145, 146 - Elektronisches Modul). Damit erweisen sich auch die auf den geänderten Patentanspruch 9 u. a. rückbezogenen Ansprüche 10 und 11 als zulässig.

b) Das nach Patentanspruch 9 nunmehr beanspruchte Verbundverschleißteil gemäß Patentanspruch 1, das durch eine mindestens zwei keramische Platten betreffende Ausgestaltung eines Verbundverschleißteils gekennzeichnet ist, bei dem die die Einsätze bildenden keramischen Platten einen Zwischenraum von ungefähr 10 mm aufweisen, lässt sich dem vorveröffentlichten Stand der Technik nicht entnehmen, was auch die Klägerin nicht in Abrede gestellt hat. Darüber hinaus ist das Problem der schlechten Infiltration des flüssigen Metalls innerhalb der keramischen Phase, insbesondere wenn die Dicke eines aus einem keramischen Material verwirklichten Körpers groß wird, an keiner Stelle auch nur erwähnt, so dass der Fachmann keinerlei Hinweis auf die patentgemäße Lösung, wie sie im Anspruch 9 angegeben ist, erhalten kann.

Dies gilt ebenso für Patentanspruch 10, wonach das gemäß irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche beanspruchte Verbundverschleißteil dadurch gekennzeichnet ist, dass die keramische Platte eine Bienenwabenstruktur hat, deren verschiedene Zellen eine polygonale oder kreisförmige Form innerhalb der keramischen Phase haben. Auch insoweit lässt sich weder dem vorveröffentlichten Stand der Technik eine derartige Ausgestaltung unmittelbar entnehmen, noch findet sich ein Hinweis in Richtung des beanspruchten Verbundverschleißteils, den der Fachmann bei der Lösung seiner zugrunde liegenden Aufgabe aufgreifen könnte.

Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass auch die vorveröffentlichte K8 bereits eine derartige Ausgestaltung belege, verkennt sie den insoweit maßgeblichen Unterschied zwischen der dort offenbarten mikroskopischen Ausbildung der erstarrten Schmelze, des Eutektikums, und der makroskopischen Ausgestaltung der eingesetzten Keramikplatten in Form einer "Bienenwabe", wie sie in der Patentschrift als vorteilhaft beschrieben und in Anspruch 10 auch beansprucht ist.

Damit erweist sich auch der rückbezogene Patentanspruch 11 als patentfähig, da es sich bei der für die keramischen Zellen beanspruchten Dicke der Wände von 5 bis 25 mm um eine vorteilhafte Weiterbildung des patentfähigen Anspruchs 10 handelt.

Zu den Hilfsanträgen 1 bis 3 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1, der sich in zulässiger Weise aus Merkmalen der erteilten Patentansprüche 1, 5 und 6 zusammensetzt, ist aus den unter Ziffer II 1 und 2 genannten Gründen nicht patentfähig. Entsprechendes gilt für die Unteransprüche 2 bis 8 gemäß Hilfsantrag 1. Der auf Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 rückbezogene Patentanspruch 9 bedarf keiner Prüfung, da er über den als patentfähig erachteten Patentanspruch 9 gemäß Hauptantrag nicht hinausgeht.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist gebildet aus den Patentansprüchen 1 und 10 gemäß Hauptantrag und geht insoweit nicht über den als patentfähig erachteten Gegenstand des Patentanspruchs 10 gemäß Hauptantrag hinaus. Das gleiche gilt für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag 3, der aus dem erteilten Patentanspruch 1 sowie den erteilten Patentansprüchen 5, 6 und 10 gebildet ist und somit ebenfalls nicht über den als patentfähig erachteten Gegenstand des Patentanspruchs 10 nach Hauptantrag hinausgeht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Dr. Schermer Engels Dr. Egerer Richter Dr. Maksymiw ist erkrankt und kann daher nicht unterschreiben.

Dr. Schermer Zettler Pr






BPatG:
Urteil v. 10.07.2007
Az: 3 Ni 38/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b20ab3534717/BPatG_Urteil_vom_10-Juli-2007_Az_3-Ni-38-05




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