Kammergericht:
Urteil vom 18. Dezember 2007
Aktenzeichen: 5 U 119/04

(KG: Urteil v. 18.12.2007, Az.: 5 U 119/04)

Tenor

A.

Auf die Berufung des Klägers wird das Versäumnisteil- und Teilurteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 25. Mai 2004 - 16 O 227/03 - teilweise abgeändert und in Ziffer II. wie folgt neu gefasst:

II. 1.

Die Beklagten werden weiterhin verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die nachstehend genannten Mittel als Nahrungsergänzungsmittel (Lebensmittel) zu bewerben und/oder zu vertreiben:

1.12 Gemeine Kiefer/Waldkiefer Kapseln1.13Waldmalve/Käseappel Kapseln1.14Thymian/Römische Quendel Kapseln1.15Breitwegerich/Wegtritt Kapseln1.17Honigklee Kapseln1.21Stechender Mäusedorn Kapseln1.27Lactobacillus Kapseln1.35Große Brennessel Kapseln1.47Gemeiner Baldrian Kapseln1.56Ashwagandha Kapseln1.62Zwergpalme Kapseln1.65Acidophilus Kapseln1.70Laxier Kapseln1.73Darmrein Tabletten1.97Atrosan Tabletten1.99Creme Arnicaforce1.100SymphosanII. 2.

Die Klage wird in ihren Haupt- und Hilfsanträgen abgewiesen, soweit sie sich auf folgende von der Beklagten beworbene und vertriebene Mittel bezieht:

1.10 Wiesenkönigin/Spierstaude Kapseln1.11Kanadische Gelbwurzel Kapseln1.16Blaubeere/Heidelbeere Kapseln1.22Rosskastanie Kapseln1.23Wijnpit OPC Kapseln1.24Guarana® Kapseln1.25Kola® Kapseln1.26Siberische Ginseng® Kapseln1.28Lithothamnium lithothamnium calcareum Kapseln1.29Mariendistel Kapseln Kapseln1.32Indischer Nierentee Kapseln1.36Feldstiefmütterchen Kapseln1.37Große oder Gemeine Klette Kapseln1.38Heermoes Kapseln1.39Cat's Claw Kapseln1.41Sarsaparilla/Sarsa Kapseln1.42Saathafer/Hafer Kapseln1.43Hopfen Kapseln1.45Passionsblume Kapseln1.49Eenhoornwortel Kapseln1.50Indiaanse klaver Kapseln1.51Mönchspfeffer Kapseln1.52Shatavari Kapseln1.53Gemeine Nachtkerze Kapseln1.54Frauenmantel Kapseln1.55Amerik. Wanzenkraut 150 Kapseln1.57Gelee Royale Kapseln1.59Ginseng 150 Kapseln1.61Spanischer Pfeffer Kapseln1.68Maegh Kapseln1.74Leberrein Tabletten1.75Prostata Kapseln1.76Blase Kapseln1.78Augentrost Kapseln1.85Widerstand Kur / 5 TAGE Abwehrkur Tabletten1.9338 Bachblüten-Konzentrate1.96Atrosan forte Gel1.98Alchemilla Kompl. Tabl.B.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger zu 82 % und den Beklagten zu je 9 % auferlegt.

C.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung wegen A. / II. 1. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.250 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Jede Partei darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

D.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit den folgenden Ergänzungen Bezug genommen:

Mit dem angefochtenen Versäumnisteil- und Teilurteil vom 25. Mai 2004 hat das Landgericht (in Ziff. II der Urteilsformel) die Klage insgesamt abgewiesen, soweit sie sich auf folgende Mittel bezieht:

1.10 Wiesenkönigin/Spierstaude Kapseln1.11Kanadische Gelbwurzeln Kapseln1.12Gemeine Kiefer/Waldkiefer Kapseln1.13Waldmalve/Käseappel Kapseln1.14Thymian/Römische Quendel Kapseln1.15Breitwegerich/Wegtritt Kapseln1.16Blaubeere/Heidelbeere Kapseln1.17Honigklee Kapseln1.21Stechender Mäusedorn Kapseln1.22Rosskastanie Kapseln1.23Wijnpit OPC Kapseln1.24Guarana® Kapseln1.25Kola® Kapseln1.26Siberische Ginseng® Kapseln1.27Lactobacillus Kapseln1.28Lithothamnium lithothamnium calcareum Kapseln1.29Mariendiestel Kapseln Kapseln1.32Indischer Nierentee Kapseln1.35Große Brennessel Kapseln1.36Feldstiefmütterchen Kapseln1.37Große und Gemeine Klette Kapseln1.38Heermoes Kapseln1.39Cat's Claw Kapseln1.41Sarsaparilla/Sarsa Kapseln1.42Saathafer/Hafer Kapseln1.43Hopfen Kapseln1.45Passionsblume Kapseln1.47Gemeiner Baldrian Kapseln1.49Eenhoornwortel Kapseln1.50Indiaanse klaver Kapseln1.51Mönchspfeffer Kapseln1.52Shatavari Kapseln1.53Gemeine Nachtkerze Kapseln1.54Frauenmantel Kapseln1.55Amerik. Wanzenkraut 150 Kapseln1.56Ashwagandha Kapseln1.57Gelee Royale Kapseln1.59Ginseng 150 Kapseln1.61Spanischer Pfeffer Kapseln1.62Zwergpalme Kapseln1.65Acidophilus Kapseln1.68Maegh Kapseln1.70Laxier Kapseln1.73Darmrein Tabletten1.74Leberrein Tabletten1.75Prostata Kapseln1.76Blase Kapseln1.78Augentrost Kapseln1.85Widerstand Kur Tabletten1.9338 Bachblüten-Konzentrate1.96Artrosan forte Gel1.97Atrosan Tabletten1.98Alchemilla Kompl. Tabl.1.99Creme Arnicaforce1.100SymphosanHiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, die er indes teilweise in der Berufungsverhandlung, und zwar hinsichtlich folgender Anträge - mit Zustimmung der Beklagten - zurück genommen hat:

1.10,1.11,1.16,1.22 bis 1.26,1.28,1.29,1.32,1.36 bis 1.39,1.41 bis 1.43,1.45,1.49 bis 1.55,1.57,1.59,1.61,1.68,1.74 bis 1.76,1.78,1.85,1.93,1.96 sowie1.98Der Kläger vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und beantragt zuletzt,

worauf unter A / II 1 der Urteilsformel erkannt worden ist,

hilfsweise,

(€ es zu unterlassen €) die nachstehend genannten Mittel als Nahrungsergänzungsmittel (Lebensmittel) zu bewerben und/oder zu vertreiben:

1.12 "Gemeine Kiefer/Waldkiefer" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Unbehinderte Atemwege"1.13 "Waldmalve/Käseappel" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Besänftigt die Atemwege"1.14 "Thymian/Römische Quendel" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Freies Ein- und Ausatmen"1.15 "Breitwegerich/Wegtritt" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Freies Ein- und Ausatmen"1.17 "Honigklee" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Blaue Adern"1.21 "Stechender Mäusedorn Kapseln", sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Schwere Beine"1.27 "Lactobacillus" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Pro Biotikum, Darmflora"1.35 "Große Brenn-Nessel" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Hautreinigend, Juckreiz"1.47 "Gemeiner Baldrian" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Ungestörter Schlaf"1.56 "Ashwagandha" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Libidofördernd"1.62 "Zwergpalme" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Prostata, Potenz"1.65 "Acidophilus" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Für eine gesunde Darmflora"1.70 "Laxier" Kapseln, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Stimuliert die Darmfunktion"1.73 "Darmrein" Tabletten, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Stimuliert die innere Darmreinigung"1.97 "Atrosan" Tabletten, sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Bei Gelenkschmerzen"1.99 "Creme Arnicaforce", sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Bei Muskelschmerzen und leichten Prellungen"1.100 "Symphosan", sofern das Mittel mit folgenden Anwendungsgebieten beworben wird: "Lindert Muskelschmerzen und leichten Prellungen".Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

und tragen vor:

Die Klage sei abzuweisen, soweit diese nicht in räumlicher Hinsicht auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt sei. Darüber hinaus seien die Beklagten nicht für den von der Klägerin monierten Inhalt der Website "p€ -s€ .nl" verantwortlich, da sie nicht deren Inhaber und Betreiber seien, sondern die P... S€ B.V. Im Übrigen finde die angegriffene Werbung im Internet inzwischen auch nicht mehr statt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Teilurteil ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig, und hat, soweit aufrechterhalten, auch in der Sache Erfolg.

Die erstinstanzliche Abweisung der Unterlassungs(haupt)anträge 1.12-15, 17, 21, 27, 35, 47, 56, 62, 65, 70, 73, 97, 99, 100 ist zu Unrecht erfolgt. Insoweit steht dem - gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 UWG (bzw. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) klagebefugten - Kläger der jeweils geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG a.F., § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu. Insoweit handelt es sich bei den streitgegenständlichen Erzeugnissen um (Funktions-)Arzneimittel i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG, die ohne arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland nicht vertrieben (§ 21 Abs. 1 AMG) und nicht beworben werden dürfen (§ 3a HWG), was einen dem Kläger zustehenden lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch aus den eingangs zitierten Normen nach sich zieht.

I.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG sind Arzneimittel Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG sind Lebensmittel i. S. des § 2 Abs. 2 LFGB keine Arzneimittel.

II.

Die Regeln für die sonach vorzunehmende Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmitteln haben in der höchstrichterlichen Rechtsprechung infolge europarechtlicher Vorgaben in jüngerer Zeit eine gewisse Modifikation erfahren.

1. Vormals und auch zur Zeit der hier als Verletzung gerügten Handlung der Beklagten (Bewerbung im November 2002) ist der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend ist, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt. Die Verkehrsauffassung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung des Verbrauchers von der Zweckbestimmung des Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft, durch ihm beigefügte oder in Werbeprospekten enthaltene Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie durch die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher entgegentritt, beeinflusst sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (vgl. BGH GRUR 2000, 528, 529 - L-Carnitin). Verbraucher, an welche sich die Werbung richtet, werden im Allgemeinen nicht annehmen, dass ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Präparat tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn dieses in der empfohlenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen besitzt (BGH GRUR 2003, 631, 632 - L-Glutamin m.w.N.). Die vorstehend eingangs unter B II 1 skizzierte Abgrenzung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittelbegriff nach der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (BGH GRUR 2004, 793, 796 - Sportlernahrung II; vgl. auch EuGH WRP 2005, 863 Tz. 45 - HLH Warenvertriebs GmbH).

2. In der Folgezeit ist durch Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 136 v. 31.3.2004, S. 34) der Arzneimittelbegriff neu definiert worden. Nach Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG sind danach Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Durch die neu in die Begriffsbestimmung des Funktionsarzneimittels aufgenommenen Wirkungen (pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung) stellt der Arzneimittelbegriff jedenfalls in größerem Umfang als die zuvor maßgebliche Definition des Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG auf objektive Merkmale des Produkts ab (vgl. Doepner/Hüttebräuker, WRP 2005, 1195, 1196; Meyer/Reinhart, WRP 2005, 1437, 1444; weiter gehend Gröning, WRP 2005, 709, 712). Mit der neuen Definition des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts verfolgte der europäische Gesetzgeber nach Erwägungsgrund Nr. 7 der Richtlinie das Ziel, die Begriffsbestimmungen weiter zu klären und zu spezifizieren und auftretende Zweifel der Begriffsbestimmung vermeiden zu helfen. Mit der Bestimmung des Begriffs des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 ist nunmehr anders als unter Geltung des Arzneimittelbegriffs nach Art. 1 Nr. 2 in der ursprünglichen Fassung der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (vgl. EuGH WRP 2005, 863 Tz. 56 - HLH Warenvertriebs GmbH) von einem einheitlichen europäischen Begriff des Funktionsarzneimittels und einer Vollharmonisierung in diesem Bereich auszugehen (vgl. Doepner/Hüttebräuker, WRP 2005, 1195, 1202; Meyer/Reinhart, WRP 2005, 1437, 1444). Nach Ablauf der Umsetzungsfrist gemäß Art. 3 der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 am 30. Oktober 2005 ist die Bestimmung des § 2 AMG, die den nationalen Arzneimittelbegriff regelt, richtlinienkonform i. S. des neu gefassten europarechtlichen Arzneimittelbegriffs auszulegen. Dabei ist für die Abgrenzung zwischen Arzneimittel und Lebensmittel auch die Definition des Lebensmittels heranzuziehen. Denn Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG nicht Lebensmittel i. S. von § 2 Abs. 2 LFGB. Nach § 2 Abs. 2 LFGB i. V. mit Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl. EG L 31 v. 1.2.2002, S. 1) sind "Lebensmittel" alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden (alles Vorstehende unter B II 2 aus BGHZ 167, 91, 105 f., Tz. 33 - Arzneimittelwerbung im Internet).

III.

Nach beiden vorstehend unter B II 1 und 2 dargestellten Abgrenzungsansätzen kommt es in diesem Zusammenhang für den Streitfall vornehmlich darauf an, ob die in Rede stehenden Erzeugnisse "pharmakologisch" wirken: Für die aktuelle Rechtslage (vorstehend B II 2) folgt das aus der in Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG festgeschriebenen Voraussetzung der Verwendung, um die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische (oder metabolische) Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (immunologische Wirkung oder medizinische Diagnose stehen hier nicht in Rede). Für die frühere Auslegung (oben B II 1) folgt im Wesentlichen Gleiches aus dem Erfahrungssatz, ein verständiger Durchschnittsverbraucher werde im Allgemeinen nicht annehmen, dass ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Präparat tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn es in der empfohlenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen hat. Dieser Erfahrungssatz griff auch im Streitfall, denn die Beklagten haben in ihrer Werbung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie "keine Medikamente, sondern Ergänzungsstoffe mit einer therapeutischen Wirkung" vertrieben, und auch der Kläger stellt nicht nur in der Antragsfassung ("als Nahrungsergänzungsmittel"), sondern auch in der Klagebegründung (Seite 20) ausdrücklich darauf ab, dass die Erzeugnisse von den Beklagten als Mittel zur "Nahrungsergänzung" in den Verkehr gebracht worden seien.

IV.

Ob den in Rede stehenden Erzeugnissen pharmakologische (oder metabolische) Wirkungen im vorbeschriebenen Sinne zukommen, lässt sich real (beispielsweise durch sachverständige Begutachtung) nicht feststellen, da die Erzeugnisse dem Senat nicht vorliegen. Gleichwohl ist der Senat an der Feststellung solcher Wirkungen insoweit nicht gehindert, als solche sich aus den Werbeangaben zur stofflichen Zusammensetzung, zur Wirkweise und zum Anwendungsgebiet schlussfolgern lassen, da diese Angaben - was zwischen den Parteien unstreitig ist - sämtlich der Wirklichkeit entsprechen. Bei dieser Sachlage ist es prozessual zulässig, davon auszugehen, dass es sich bei den Produkten der Beklagten um Funktionsarzneimittel handelt, soweit die Produkte nach den in den Werbeangaben getroffenen - unstreitig zutreffenden - Aussagen eine pharmakologische (oder metabolische) Wirkung haben (vgl. BGHZ 167, 91, 107, Tz. 36 - Arzneimittelwerbung im Internet).

V.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sind die im Berufungsrechtszug zuletzt noch in Rede stehenden Produkte als Funktionsarzneimittel einzustufen, und zwar nach Maßgabe der Werbeaussagen der Beklagten, deren Richtigkeit keine der Parteien in Abrede gestellt hat. Die betreffenden Produkte haben danach eine pharmakologische Wirkung.

1. Über die Definition des Begriffs "pharmakologische Wirkung" besteht in diesem Zusammenhang zwar eine gewisse Unklarheit (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht [2007], § 2 AMG Anm. 4). Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat insoweit aber jedenfalls ausgeführt, bei der Prüfung der pharmakologischen Eigenschaften eines Erzeugnisses seien seine sämtlichen Merkmale, insbesondere die Zusammensetzung sowie die Risiken und Nebenwirkungen zu berücksichtigen (EuGH Slg. 1991 I-1525, 1535 - Delattre). Er hat insbesondere ein Erzeugnis als ein Arzneimittel angesehen, wenn es (u. a.) dazu bestimmt ist, zur Beeinflussung der Körperfunktionen angewandt zu werden (EuGH Slg. 1991, I-1547, 1568, Tz. 17 - Monteil und Samanni), wobei er alle Stoffe als umfasst ansieht, die eine Auswirkung auf die Körperfunktionen im eigentlichen Sine haben können. Jedoch solle dieses Kriterium es nicht erlauben, die Stoffe einzubeziehen, die - wie bestimmte Kosmetika - zwar auf den menschlichen Körper einwirken, sich aber nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussen (EuGH Slg. 1991, I-1547, 1568, Tz. 21, 22 - Monteil und Samanni).

2. Nach diesen Maßgaben sind die (hier noch) streitgegenständlichen Produkte nach ihrer sich aus den Aussagen der streitgegenständlichen Bewerbung abzuleitenden Funktionalität (objektiv) pharmakologische Wirkungen festzustellen, weil und soweit diese Aussagen etwa zu behebende Krankheiten benennen bzw. weite Indikationsangaben enthalten oder bestimmte Krankheitssymptome anführen. Mit solchen Produkten werden keine ernährungsphysiologischen Wirkungen erzielt. Die betreffenden Produkte dienen der Manipulation der Körperfunktionen und der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers. Es findet eine gezielte Beeinflussung körpereigener Funktionen des Körpers statt, der kein gleichwertiger oder überwiegender Ernährungszweck gegenüber steht oder es bestehen zumindest Gesundheitsgefahren aufgrund Selbstmedikation bzw. Risiken, Nebenwirkungen und Gegenanzeigen. Solche Produkte sind sonach als Arzneimittel einzustufen.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

Anträge 1.12-1.15

Es werden Krankheitssymptome angesprochen, und überwiegend stehen auch Krankheiten bei den herkömmlichen Anwendungsgebieten der jeweiligen Inhaltsstoffe in Rede:

KapselbezeichnungZugeschriebeneWirksamkeitHeilpflanzeAnwendungGemeineKiefer/WaldkieferUnbehinderteAtemwegePinus sylvestrisLuftröhrenkatarrh Waldmalve/KäsepappelBesänftigt dieAtemwegeMalva sylvestris neglectaKatarrhe derAtemwegeThymian/Römische Quendel freies Ein- und Ausatmen Breitwegerich/WegtrittReizung derAtemwegePlantago majorKatarrhe deroberen LuftwegeHier ist sonach von pharmakologischen Wirkungen auszugehen, was eine Einstufung als (Funktions-) Arzneimittel rechtfertigt. Dass Thymian auch als Gewürz, mithin als Lebensmittel bekannt ist, steht einer solchen Einstufung nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln).

Anträge 1.17, 1.21

Nach dem nicht bestrittenen Vorbringen des Klägers findet " Honigklee " unter der botanischen Bezeichnung "Meliotus officinalis" arzneiliche Anwendung. Die dem Mittel zugeschriebene Wirksamkeit in Bezug auf "Blaue Adern", denen durch die Einnahme der Kapseln offenbar entgegen gewirkt werden soll, ist nicht in Abrede gestellt. Hinsichtlich der pharmakologischen Wirkung dieses Inhaltsstoffes ist das nicht bestrittene Vorbringen des Klägers zugrunde zu legen, wonach dieses unter anderem zur Entzündungshemmung, als Spasmolytikum sowie zur Steigerung der Kapillarresistenz und unter anderem als Extrakt in Venenmitteln zur Anwendung gelangt. Die zuletzt genannte Anwendung legt die Beschreibung - "Blaue Adern " - hier nahe. Das Mittel dient mithin der Einwirkung auf den Blutfluss, manipuliert mithin Körperfunktionen und ist daher als Arzneimittel anzusehen.

Vorstehendes gilt sinngemäß für €

KapselbezeichnungZugeschriebeneWirksamkeitBotanischeBezeichnungAnwendungStechenderMäusedornSchwere BeineRuscus aculeatus Antiphlogistikum (Venenmittel)€ (vgl. insoweit auch OLG Hamm MD 2005, 304, juris Rdn. 7 f.).

Antrag 1.27

Die Kapsel "Lactobacillus" die laut Werbung auf die "Darmflora" wirkt, stellt ein (Funktions-) Arzneimittel dar. Laxantien sind als abführende Mittel dazu bestimmt, die Darmtätigkeit anzuregen, also eine Körperfunktion zu beeinflussen. Sie sind Arzneimittel, unabhängig davon, ob sie die Zweckbestimmung haben, Krankheiten vorzubeugen oder eine bestehende Verstopfung zu beheben (Kloesel/Cyran a.a.O. Anm. 110, "Laxantien", m.w.N.).

Antrag 1.35

Nach dem nicht bestrittenen Vorbringen des Klägers entstammt der Inhaltsstoff der Kapseln "Große Brennessel" der Pflanze "Urtica ". Die dem Mittel zugeschriebene Wirksamkeit in Bezug auf den Hautzustand und Juckreiz, dem durch die Einnahme der Kapseln entgegen gewirkt werden soll, ist nicht in Abrede gestellt. Hinsichtlich der pharmakologischen Wirkung dieses Inhaltsstoffes ist das nicht bestrittene Vorbringen des Klägers zugrunde zu legen, wonach dieses gegen Hautreizungen wirken soll. Eine solche Anwendung legt die Beschreibung - "Hautreinigend, Juckreiz" - hier nahe. Das Mittel dient mithin der Einwirkung auf die Haut, manipuliert Körperfunktionen und ist daher als Arzneimittel anzusehen.

Antrag 1.47

Die Kapsel "Gemeiner Baldrian" ist als (Funktions-) Arzneimittel einzustufen (vgl. auch Kloesel/Cyran a.a.O. "Baldriantee"). Nach dem nicht bestrittenen Vorbringen des Klägers ist "Valerinae radix" ein arzneilicher Wirkstoff mit den Anwendungsgebieten Unruhezustände und nervös bedingte Einschlafstörungen (Monographie d. früheren BGA, K 55). Damit einher geht die Werbeangabe "Ungestörter Schlaf".

Dass die Monographie insoweit keine Gegenanzeigen und Nebenwirkungen aufzeigt, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Denn mit der Verwendung der in Rede stehenden Erzeugnisse müssen nicht zwingend Gesundheitsgefahren verbunden sein, um eine pharmakologische Wirkung zu bejahen. Der Begriff des Arzneimittels ist nicht auf Präparate beschränkt, die gesundheitsgefährdend sein können. Vielmehr ist das Auftreten einer Gesundheitsgefahr nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften lediglich ein eigenständiger Faktor, der bei der Einstufung als Arzneimittel zu berücksichtigen ist (EuGH WRP 2005, 863 Tz. 54 - HLH Warenvertriebs GmbH). Demgegenüber ist die pharmakologische Wirkung - neben der immunologischen oder der metabolischen Wirkung - des Erzeugnisses ein Faktor, auf dessen Grundlage die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten zu beurteilen haben, ob das Erzeugnis i.S. von Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der ursprünglichen Fassung dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden (EuGH WRP 2005, 863 Tz. 52 und 54 - HLH Warenvertriebs GmbH) oder um nach Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG die menschlichen physiologischen Funktionen wieder herzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Insoweit ist auf die Gefahr einer unsachgemäßen Selbstmedikation aufgrund der Einnahme des in Rede stehenden Mittels statt eines gebotenen Arztbesuchs hinzuweisen. Aus diesem Grund erweisen sich das Werbe- und das Vertriebsverbot unter Berücksichtigung der von den Produkten ausgehenden Gesundheitsrisiken auch nicht als unverhältnismäßig (vgl. zu diesem Erfordernis: EuGH ZLR 2004, 464, Tz. 72 - Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland; BGH GRUR 2004, 793, 797 - Sportlernahrung II), sondern im Hinblick auf eine einheitliche Anwendung des Arzneimittelbegriffs in den Mitgliedstaaten als sachgerecht (BGHZ 167, 91, 107, Tz. 35 - Arzneimittelwerbung im Internet).

Anträge 1.56, 1.62

(Funktions-) Arzneimittel stellen die Kapseln "Ashwagandha" und "Zwergpalme" dar, auch wenn der Kläger zu deren Inhalt nichts vortragen kann. Denn aus dem Umstand, dass laut Werbeangaben das erste Mittel "libidofördernd" wirkt und das zweite Mittel mit Bezug auf "Potenz" anzuwenden ist, lässt sich eine pharmakologische Wirkung schlussfolgern, da damit jeweils eine Einwirkung auf den Hormonhaushalt einhergeht.

Anträge 1.65

Ein (Funktions-) Arzneimittel stellt die Kapsel "Acidophilus" dar, welche aus Bakterien besteht, die für eine Regulierung der Darmflora sorgen sollen. Da das Mittel "Für eine gesunde Darmflora" anzuwenden ist, wirkt es pharmakologisch.

Anträge 1.70, 1.73

Die Kapsel "Laxier" die laut Werbung "die Darmfunktion stimuliert", stellt ein (Funktions-) Arzneimittel dar. Laxantien sind als abführende Mittel dazu bestimmt, die Darmtätigkeit anzuregen, also eine Körperfunktion zu beeinflussen. Sie sind Arzneimittel, unabhängig davon, ob sie die Zweckbestimmung haben, Krankheiten vorzubeugen oder eine bestehende Verstopfung zu beheben (Kloesel/Cyran a.a.O., "Laxantien", m.w.N.). Entsprechendes gilt für die "Darmrein Tabletten" , mit der zugeschriebenen Wirkung "Stimuliert die innere Darmreinigung".

Antrag 1.97

"Atrosan Tabletten" sind laut Beschreibung "bei Gelenkschmerzen" anzuwenden, weshalb der Kläger insoweit auch ohne Kenntnis des Wirkstoffs in der Lage ist, eine pharmakologische Wirkung des Mittels schlüssig (und von den Beklagten nicht bestritten) zu behaupten. Das Produkt ist sonach als (Funktions-) Arzneimittel einzustufen.

Anträge 1.99, 1.100

Nach dem nicht bestrittenen Vorbringen des Klägers entstammt der Inhaltsstoff der "Creme Arnicaforce" einer Arzneipflanze "Arnica montana". Die dem Mittel zugeschriebene Wirksamkeit "bei Muskelschmerzen und leichten Prellungen", denen durch die Anwendung entgegen gewirkt werden soll, ist nicht in Abrede gestellt. Hinsichtlich der pharmakologischen Wirkung dieses Inhaltsstoffes ist das nicht bestrittene Vorbringen des Klägers zugrunde zu legen, wonach dieses u.a. bei Blutergüssen angewendet wird. Eine solche Anwendung legt die Beschreibung - "bei € leichten Prellungen" - hier nahe. Das Mittel dient mithin der Einwirkung auf die Muskeln, manipuliert Körperfunktionen und ist daher als Arzneimittel anzusehen. Gleiches gilt im Ergebnis für "Symphosan" welches - dem unstreitigen Parteivorbringen zufolge - Muskel- und Gelenkschmerzen lindert.

VI.

Ohne Erfolg nehmen die Beklagten - erstmalig im Berufungsrechtszug - ihre Passivlegitimation in Abrede. Soweit sie dies auf das - neue - Vorbringen stützen, für den in Rede stehenden Inhalt des Internet-Auftritts unter "p€" nicht verantwortlich (gewesen) zu sein, ist dieses Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Darüber hinaus rügt der Kläger nicht nur den Internetauftritt, sondern auch - und sogar primär - den (inhaltsgleichen) Papierkatalog, mittels dessen die Beklagten - laut unbestritten gebliebenem Klägervorbringen - die in Rede stehenden Produkte bewerben. Im Übrigen wies die im Katalog selbst angegebene Geschäftsbezeichnung "P€ S€" auf einen Geschäftsbetrieb hin, bei dem es sich laut erstinstanzlich unbestritten gebliebenem Klägervorbringen um ein einzelkaufmännisches Unternehmen der Beklagten zu 1 handelte, dessen bevollmächtigter Prokurist der Beklagte zu 2 war. Soweit die Beklagten dem nunmehr unter Einreichung fremdsprachlicher Unterlagen (Anlagen B 2 ff.) entgegenzutreten suchen, können sie damit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO und auch gemäß § 184 GVG nicht gehört werden.

VII.

Die mithin von den Beklagten beworbenen Produkte sind also - soweit im Berufungsrechtszug (zuletzt noch) in Streit stehend - Arzneimittel i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG, für deren Inverkehrbringen im Inland die erforderliche Zulassung oder Genehmigung fehlt. Diese dürfen gemäß § 21 AMG nicht im Inland vertrieben und gemäß § 3a HWG (diese Vorschrift dient der Abwendung ernsthafter und schwerwiegender Gefahren für die öffentliche Gesundheit, vgl. BGHZ 167, 91, 102 f., Tz. 30 - Arzneimittelwerbung im Internet) nicht im Inland beworben werden (die gleiche Rechtsfolge zeitigt § 4 Abs. 17 AMG). Da die Beklagten hiergegen verstoßen haben, sind sie gemäß § 1 UWG a.F. und §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet. Das Inverkehrbringen und Bewerben von Arzneimitteln ohne Zulassung stellen ein i. S. des § 1 UWG a.F. sittenwidriges und ein nach § 4 Nr. 11 UWG unlauteres Marktverhalten dar (BGHZ 167, 91, 107 f., Tz. 37 - Arzneimittelwerbung im Internet). Wegen der erfolgten Bewerbung der in Rede stehenden Produkte besteht insoweit Wiederholungsgefahr und hinsichtlich des Produktvertriebs zumindest Erstbegehungsgefahr. Der von den Beklagten im Berufungstermin behauptete Fortfall der Internet-Werbung ändert daran nichts. Eine Unterlassungserklärung haben sie nicht abgegeben.

VIII.

Vergeblich wenden sich die Beklagten gegen die Fassung der Klageanträge, weil diese keine Beschränkung auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland enthielten. Dem Klagevorbringen ist zu entnehmen, dass es nur um - nach deutschem Recht zu beurteilende - Handlungen (i. S. von § 32 ZPO und § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG (bzw. § 24 Abs. 2 Satz 1 UWG a.F.) der Beklagten in Deutschland geht und nicht um Handlungen der Beklagten beispielsweise in den Niederlanden, die keinen Bezug zum deutschen Markt aufweisen. Darauf ist auch das Unterlassungsgebot beschränkt, was - als Selbstverständlichkeit - nicht im Tenor verbalisiert werden muss und aufgrund hiesiger Ausführungen auch aus den Entscheidungsgründen hinreichend deutlich hervorgeht. Diese Handhabung entspricht der Praxis des Senats (etwa in ZLR 2003, 604 ff.), die der Bundesgerichtshof (etwa in BGHZ 167, 91 ff. - Arzneimittelwerbung im Internet) nicht beanstandet.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.






KG:
Urteil v. 18.12.2007
Az: 5 U 119/04


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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b2125750d85c/KG_Urteil_vom_18-Dezember-2007_Az_5-U-119-04




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