Bundesgerichtshof:
Urteil vom 3. Dezember 2015
Aktenzeichen: IX ZR 40/15
(BGH: Urteil v. 03.12.2015, Az.: IX ZR 40/15)
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät, und die Beklagte schlossen am 16. November 2012 eine als "Beratungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung. Der Text besteht aus einer Präambel und sieben Paragraphen mit gleicher Schrifttype, gleichen Zeilenabständen und einheitlicher drucktechnischer Gestaltung. Der Vertrag bestimmt unter anderem:
"§ 1 Vertragsgegenstand 1) Gegenstand dieses Vertrages sind rechtliche Beratungsleistungen der Auftragnehmer, insbesondere Überprüfung und Erstellung von Verträgen / Urkunden, Erstattung von Gutachten / gutachterlichen Stellungnahmen, Vorbereitung von und Mitwirkung an Verhandlungen mit Geschäftspartnern und sonstigen Dritten, Erteilung schriftlicher und (fern-) mündlicher Auskünfte, mit Ausnahme von strafrechtlichen Angelegenheiten.
2) Dieser Beratungsvertrag gilt für die außergerichtliche Tätigkeit.
(...)
§ 4 Vergütung 1) Zwischen den Parteien wird eine monatliche Vergütung in Höhe von netto EUR 3.000,-- (in Worten: Euro dreitausend) vereinbart, zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer. Das Beratungshonorar beträgt derzeit somit brutto EUR 3.570,--.
(...)"
Außerdem enthält der Vertrag Regelungen zur Haftungsbegrenzung (§ 5) sowie eine Gerichtsstandsvereinbarung (§ 7 Abs. 1). In der Schlussbestimmung (§ 7 Abs. 2) verpflichten sich die Parteien, sich im Fall der Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen auf eine dem wirtschaftlich gewollten Sinn und Zweck entsprechende Regelung zu einigen.
Die Beklagte kündigte den Vertrag zum 30. September 2013. Sie nahm im August und September 2013 keine Dienstleistungen der Klägerin mehr in Anspruch. Die Klägerin macht im Urkundenprozess die Vergütung für August und September 2013 in Höhe von insgesamt 7.140 € geltend. Das Landgericht hat die Beklagte unter dem Vorbehalt der Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Gründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in AnwBl 2015, 350 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Zahlung der in § 4 Abs. 1 des Beratungsvertrages festgeschriebenen Pauschalvergütung für die Monate August und September 2013 gegen die Beklagte zu. Die seitens der Klägerin geschuldeten Leistungen gingen über eine anwaltliche Beratungstätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 RVG hinaus. Deshalb sei die Vereinbarung an den formellen Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 RVG zu messen. Da die Vergütungsvereinbarung nicht gemäß § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG deutlich von den anderen im Beratungsvertrag enthaltenen Vereinbarungen abgesetzt sei, könne die Klägerin gemäß § 4b RVG lediglich die gesetzliche Vergütung geltend machen. Ein gesetzlicher Vergütungsanspruch sei aber nicht entstanden, weil die Klägerin im August und September 2013 keine Tätigkeiten für die Beklagte erbracht habe.
II.
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat einen aus vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage folgenden Honoraranspruch der Klägerin für die Monate August und September 2013 mit Recht verneint.
1. Die Vergütungsvereinbarung unterliegt den Formerfordernissen des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG. Das Berufungsgericht hat den der Klägerin erteilten Auftrag dahin ausgelegt, dass er auch nach Nummer 2300 VV RVG zu vergütende rechtsanwaltliche Geschäftstätigkeiten umfasse und die Vergütungsabrede sich auch auf diese Tätigkeit erstrecke. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Mithin kann sich die Klägerin nicht auf die Ausnahme des § 3a Abs. 1 Satz 4 RVG berufen.
a) Ein Rechtsanwalt kann aufgrund einer formfrei geschlossenen Vergütungsvereinbarung - unabhängig von ihrer Bezeichnung (§ 133 BGB, § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG) - für anwaltliche Tätigkeiten eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur verlangen, soweit der Gegenstand des Auftrags die in § 34 Abs. 1 RVG genannte Beratung ist und diese nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt oder es sich um die Ausarbeitung schriftlicher Gutachten oder die Tätigkeit als Mediator handelt. Erstreckt sich der Auftrag, für den die Vergütungsvereinbarung getroffen wird, auch auf anwaltliche Tätigkeiten, für die andere gesetzliche Gebührentatbestände gelten, kann der Anwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung aus der Vergütungsvereinbarung nur fordern, wenn sie die Anforderungen des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG einhält (§ 4b RVG).
Entgegen der Ansicht der Revision rechtfertigt es die durch den Gesetzgeber mit der Neufassung der Vorschrift des § 34 RVG bezweckte Deregulierung der außergerichtlichen Beratungstätigkeit und die damit verbundene Förderung und Erleichterung des Abschlusses von Gebührenvereinbarungen nach § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 3, 239) nicht, den Anwendungsbereich der Vorschrift über die gesetzliche Wertung hinaus auszudehnen. Es entspricht weder dem gesetzgeberischen Willen noch den § 3a Abs. 1 Satz 4 RVG zugrunde liegenden Wertungen, den Anwendungsbereich einer formfreien Gebührenvereinbarung auch auf anwaltliche Tätigkeiten zu erstrecken, welche - wie etwa eine Geschäftstätigkeit nach Nummer 2300 VV RVG - die Voraussetzungen eines anderen gesetzlichen Gebührentatbestandes erfüllen. Ein solch weites Verständnis einer Gebührenvereinbarung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG widerspricht vielmehr dem für den Bereich der gesetzlichen Gebührentatbestände mit der Formvorschrift des § 3a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 RVG bezweckten Schutz des - häufig geschäftsunerfahrenen - Auftraggebers (vgl. BT-Drucks. 16/8384, S. 10).
b) Ob ausschließlich eine Beratungstätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG zwischen den Parteien vereinbart wurde, oder ob der anwaltliche Auftrag auch eine Geschäftstätigkeit gemäß Nummer 2300 VV RVG umfassen sollte, ist eine Frage der tatrichterlichen Auslegung. Diese kann in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt dahingehend überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentlicher Auslegungsstoff unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR 224/13, WuM 2015, 80 Rn. 37; vom 25. März 2015 - VIII ZR 125/14, NJW 2015, 2584 Rn. 33; vom 22. Oktober 2015 - IX ZR 100/13, zVb; jeweils mwN). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Die Parteien haben eine Individualvereinbarung geschlossen. Die vom Berufungsgericht getroffene Auslegung, dass die Klägerin sich darin auch zu Tätigkeiten verpflichtete, die nach Nummer 2300 VV RVG zu vergüten waren, ist nach dem Wortlaut der Vereinbarung möglich. Sie verletzt weder das Gebot der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung und der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrages (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 93/09, WRP 2011, 1302 Rn. 18) noch lässt sie wesentlichen Auslegungsstoff außer acht.
bb) Soweit die Revision geltend macht, dass sich die im Vertrag genannte Mitwirkung an Verhandlungen oder der Gestaltung von Verträgen nur auf eine beratende Tätigkeit der Klägerin im Hintergrund beziehen sollte, ohne dass die Klägerin dabei gegenüber dem Geschäftspartner aufträte, setzt sie nur ihre eigene Auslegung an die Stelle der Auslegung durch das Berufungsgericht. Revisionsrechtlich erhebliche Auslegungsfehler zeigt sie nicht auf. Insbesondere legt sie nicht dar, dass das Berufungsgericht entsprechenden Tatsachenvortrag der Klägerin übergangen hat. Vielmehr hat die Klägerin das von der Beklagten im Berufungsrechtszug vorgetragene Verständnis des Auftragsumfangs unwidersprochen hingenommen; das Berufungsgericht durfte es daher seiner Auslegung zugrunde legen. Es gibt im festgestellten Auslegungsstoff keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Parteien abweichend vom Wortlaut ausschließlich Beratungstätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 1 RVG vereinbaren wollten.
Die Auffassung der Revision, dass die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung allein unter § 34 Abs. 1 RVG fallende Tätigkeiten abdecken sollte und weitere vom Auftrag erfasste Tätigkeiten von ihr nicht abgegolten werden sollten, trifft nicht zu. Vielmehr ist das Berufungsgericht zu Recht stillschweigend davon ausgegangen, dass nach dem Willen der Parteien sämtliche in der Leistungsbeschreibung angeführte Tätigkeiten der Klägerin mit dem vereinbarten monatlichen Pauschalhonorar einheitlich abgegolten werden sollten. Für eine Unterscheidung einzelner Leistungen und deren jeweilige Gewichtung innerhalb des Vertragsgefüges finden sich keine Anhaltspunkte im Vertragswortlaut, der Vertragssystematik oder im Parteivortrag. Somit fehlt die erforderliche Grundlage, um die unter § 34 Abs. 1 RVG fallenden Beratungstätigkeiten als einen selbständigen, mit einer konkret zu bestimmenden Vergütung abzugeltenden Teil des Rechtsgeschäfts zu behandeln. Daher unterliegt die in § 4 des Vertrags getroffene Vergütungsvereinbarung als Ganzes den formalen Anforderungen des § 3a Abs. 1 RVG.
2. Im Ergebnis mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung nicht den formalen Anforderungen des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG entspricht, weil sie sich innerhalb des einheitlichen Vertragstextes befindet und nicht deutlich von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung abgesetzt ist.
a) Der Vertrag vom 16. November 2012 enthält neben der Vergütungsabrede weitere, als andere Vereinbarungen im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG zu bewertende Regelungen. Zumindest die Vereinbarung einer Haftungsbegrenzung (§ 5) sowie die Gerichtsstandsklausel (§ 7 Abs. 1) beziehen sich auf das gesamte Mandatsverhältnis und sind somit als andere Vereinbarungen im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - IX ZR 119/03, NJW 2004, 2818, 2819; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. § 3a Rn. 10; Hinne/Klees/Müller/Teubel/Winkler, Vereinbarungen mit Mandanten, § 1 Rn. 29 ff).
b) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Wertung des Berufungsgerichts, dass die Regelung über die Vergütung nicht im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG von den anderen Vereinbarungen deutlich abgesetzt ist.
aa) Allerdings kommt es - anders als das Berufungsgericht meint - für die Frage, wann eine Vergütungsvereinbarung "deutlich abgesetzt" ist, weder auf die Anforderungen an die äußere Gestaltung einer Widerrufsbelehrung nach Art. 246 Abs. 3 EGBGB noch auf diejenigen an, die im Heilmittelwerberecht (§ 4 Abs. 3 Satz 1 HWG) oder Arzneimittelrecht (§ 11 Abs. 5 Satz 2 AMG) an "deutlich abgesetzte und abgegrenzte" Angaben gestellt werden. Entscheidend sind vielmehr die vom Gesetzgeber mit § 3a Abs. 1 RVG verfolgten Regelungsziele. Nach dem Willen des Gesetzgebers zielt dies auf eine räumliche Trennung zwischen der Vergütungsvereinbarung und sonstigen Abreden und soll dem Schutz des rechtssuchenden Auftraggebers dienen (vgl. BT-Drucks. 16/8384, S. 10). Regelungsziel ist es, den Mandanten auf die Vergütungsvereinbarung klar erkennbar hinzuweisen und auf diese Weise davor zu schützen, unbemerkt eine Honorarabrede abzuschließen, die dem Rechtsanwalt von den gesetzlichen Gebührenvorschriften abweichende Honoraransprüche auf vertraglicher Grundlage verschafft (vgl. auch AnwK-RVG/Onderka, 7. Aufl., § 3a Rn. 41; Krämer/Maurer/Kilian, Vergütungsvereinbarung und -management, Rn. 648; Mayer, AnwBl. 2006, 160, 163). Eine Unterscheidung zwischen dem als Verbraucher und dem als Unternehmer handelnden Auftraggeber sieht die Regelung des § 3a RVG hierbei nicht vor.
Um dieser Schutz- und Warnfunktion gerecht zu werden, genügt es für ein "Absetzen" von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung, wenn der Vertrag die Vergütungsvereinbarung in einem gesonderten und entsprechend gekennzeichneten Abschnitt oder Paragraphen regelt. "Deutlich" ist dieses Absetzen, wenn die Vergütungsvereinbarung optisch eindeutig von den anderen im Vertragstext enthaltenen Bestimmungen - mit Ausnahme der Auftragserteilung - abgegrenzt ist. Dies ist objektiv zu beurteilen. Mehr ist im Hinblick auf die vom Kostenmodernisierungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) grundsätzlich erstrebte Lockerung der Formvorschriften gegenüber der Vorgängervorschrift des § 3 BRAGO (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 188) nicht erforderlich. Dies lässt sich durch eine klare räumliche Trennung, aber auch auf andere Art und Weise erreichen. Das Gesetz schreibt keine bestimmte Gestaltung vor (Ahlmann in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl. § 3a Rn. 16). Entscheidend ist, dass die Art der gewählten Gestaltung das gesetzgeberische Ziel erreicht: Der Mandant muss bereits bei einem einfachen Blick auf die Gesamtheit der im Vertrag getroffenen Vereinbarungen unschwer erkennen können, dass sie eine Abrede enthalten, die dem Rechtsanwalt einen Vergütungsanspruch auf vertraglicher Grundlage verschafft, der möglicherweise von den gesetzlichen Vergütungen abweicht.
bb) Diesen Anforderungen wird die Gestaltung im Vertrag vom 16. November 2012 nicht gerecht. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, fügt sich die in § 4 des Vertrags enthaltene und lediglich mit "Vergütung" überschriebene Abrede in den übrigen Vertragstext unauffällig ein; dass der Vertrag eine Vergütungsvereinbarung enthält, die von den gesetzlichen Regeln abweicht, wird dem Auftraggeber nicht hinreichend deutlich vor Augen geführt, weil sich die Klausel zwischen anderen Regelungen befindet und in ihrer Gestaltung in keiner Weise von den übrigen Regelungen unterscheidet oder abhebt. Der gesamte Vertragstext einschließlich der Vergütungsvereinbarung ist einheitlich gestaltet. Zwar sind die Überschriften der einzelnen Paragraphen und ihre Nummerierung jeweils durch Fettdruck und Zentrierung hervorgehoben; dies gilt jedoch für sämtliche Regelungen des Vertrags. Auch wenn der Vergütungsvereinbarung mit § 4 des Vertrags ein gesonderter Paragraph gewidmet ist, ist dieses Absetzen im Streitfall nicht als hinreichend deutlich im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG anzusehen, weil der gesamte Vertragstext einschließlich der Vergütungsvereinbarung äußerlich einheitlich gestaltet ist und die Vergütungsvereinbarung hierin gleichförmig eingebettet ist. Auf alle weiteren vom Berufungsgericht zu den Anforderungen an eine wirksame Vergütungsvereinbarung angestellten Erwägungen kommt es daher nicht an.
3. Entgegen der Ansicht der Revision ist es der Beklagten nicht gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die Formunwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung zu berufen. Die salvatorische Ersetzungsklausel (§ 7 Abs. 2) gibt der Klägerin keinen Anspruch, eine (formwirksame) Vergütungsabrede in Höhe des ursprünglich vereinbarten Pauschalhonorars von monatlich 3.570 € brutto abzuschließen.
Grundsätzlich bleibt eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant, die gegen die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG verstößt, wirksam; aus ihr kann die vereinbarte Vergütung bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr verlangt werden (BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - IX ZR 137/12, BGHZ 201, 334 Rn. 16). Etwaige Lücken in einer Parteivereinbarung, die durch eine Nichtbeachtung der Formvorschriften des § 3a Abs. 1 RVG entstehen, können nicht dadurch geschlossen werden, dass im Rahmen einer grundsätzlich zulässigen Ersetzungsklausel eine inhaltlich gleichlautende Regelung an die Stelle der ursprünglichen, gegen die Vorschrift des § 3a Abs. 1 RVG verstoßende Vereinbarung tritt. Anderenfalls wäre die Beachtung der dem Schutz des Auftraggebers dienenden Formvorschriften zur vollständigen Disposition der Parteien gestellt.
4. Da die Klägerin im August und September 2013 keine anwaltlichen Tätigkeiten für die Beklagte erbrachte, ist ein gesetzlicher Vergütungsanspruch zur Abgeltung außergerichtlicher Geschäftstätigkeit bereits nicht entstanden. Auch einen nach § 34 Abs. 1 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 612 Abs. 2 oder § 632 Abs. 2 BGB zu bemessenden Honoraranspruch für Beratungsleistungen oder Gutachtenerstellung kann die Klägerin mangels entsprechender Tätigkeit nicht fordern.
Kayser Gehrlein Grupp Möhring Schoppmeyer Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 19.05.2014 - 2 O 426/13 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.01.2015 - 19 U 99/14 -
BGH:
Urteil v. 03.12.2015
Az: IX ZR 40/15
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b2476921aa0b/BGH_Urteil_vom_3-Dezember-2015_Az_IX-ZR-40-15