Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. September 2005
Aktenzeichen: 6 W (pat) 309/02
(BPatG: Beschluss v. 01.09.2005, Az.: 6 W (pat) 309/02)
Tenor
Das Patent 197 52 643 wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen:
- Patentansprüche 1 - 11 vom 1.9.2005
- Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.
Gründe
I.
Gegen die am 21. Februar 2002 veröffentlichte Erteilung des Patents 197 52 643 mit der Bezeichnung "Fugenanordnung" ist am 21. Mai 2002 Einspruch erhoben worden.
Der Einspruch ist auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu sei und die Gegenstände der Unteransprüche, soweit sie ebenfalls nicht neu seien, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
Die Einsprechende stützt sich in ihrer Begründung auf folgenden Stand der Technik:
Richtzeichnung der Deutschen Bahn WIB 20 (Anlage 1)
Richtzeichnung der Deutschen Bahn WIB 30 (Anlage 2)
DS 804 (Druckschrift 804) Vorschrift für Eisenbahnbrücken und sonstige Ingenieurbauwerke.
Zum Nachweis für die Veröffentlichung der Richtzeichnungen WIB 20 und WIB 30 verweist die Einsprechende auf ein Schreiben der Deutschen Bahn vom 21. Juli 1995 betreffend DS 804 00 10-Richtzeichnungen für stählerne Eisenbahnbrücken, Bekanntgabe 6, gültig vom 01.09.95 an (Anlage 3).
Im Prüfungsverfahren ist folgender Stand der Technik in Betracht gezogen worden:
DE 30 36 620 C2 DE-PS 955 241 EP 0 878 582 A1 (nachveröffentlicht).
Mit Eingabe vom 6. Februar 2003, eingegangen am 10. Februar 2003, hat die Einsprechende den Einspruch zurückgezogen.
Der Patentinhaber hat in der mündlichen Verhandlung am 1. September 2005 neue Ansprüche 1 bis 11 vorgelegt.
Der Patentinhaber beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit folgenden Unterlagen:
- Patentansprüche 1 - 11 vom 1.9.2005
- Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.
Der nunmehr geltende Anspruch 1 lautet:
"Fugenanordnung, insbesondere für Querfugen von Brücken, mit einem Widerlager, auf dem ein Überbau abgestützt ist, wobei ein im wesentlichen horizontaler Spalt zwischen diesen von einer Tropfbahn abgedeckt ist, die eine niederschlagsdichte Verbindung zu einer Flächendichtung aufweist, die auf dem Überbau vorgesehen ist, wobei die Flächendichtung von Schutzbeton abgedeckt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Tropfbahn (18) an einem an dem Überbau (12) verankerten Kragprofil (20) insbesondere klemmend aufgehängt ist, wobei das Kragprofil (20) einen schräg abfallenden Kragschenkel (36) aufweist, die Abstützung des Schutzbetons (30) auf dem Überbau (12) in einer Längsfuge (56) benachbarten Bereichen über Flansche (50) eines Längsfugenbandes (52) erfolgt, das die Längsfuge (56) abdeckt und dass die Flansche (50) des Längsfugenbandes (52) heruntergezogen sind und vor dem Kragschenkel (36) enden."
Wegen der Ansprüche 2 bis 11 sowie weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.
2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und zulässig. In der Anlage 3 ist der 1.9.1995 als Zeitpunkt für die Bekanntgabe der Richtzeichnungen WIB 20 und WIB 30 genannt. Der Patentinhaber hat diesen Zeitpunkt zwar in Abrede gestellt, sein Einwand betrifft jedoch nicht die Frage der Zulässigkeit, sondern die Frage der Begründetheit des Einspruchs.
3. Die geltenden Ansprüche 1 bis 11 sind zulässig.
Der Anspruch 1 stellt eine Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1, 2 und 4 dar. Diese Ansprüche entsprechen auch den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 2 und 4.
Die Unteransprüche 2 bis 11 entsprechen den erteilten Ansprüchen 3 und 5 bis 13, die ihrerseits ebenfalls den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 3 und 5 bis 13 entsprechen.
4. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt auch eine patentfähige Erfindung iSd §§ 1 bis 5 PatG dar.
4.1 Die zweifelsfrei gewerblich anwendbare Fugenanordnung nach dem Anspruch 1 ist neu. Weder die Richtzeichnungen WIB 20 und WIB 30 noch die im Prüfungsverfahren entgegengehaltenen Druckschriften DE 30 36 620 C2 und DE-PS 955 241 befassen sich mit der Ausgestaltung einer Fugenanordnung im Bereich einer Längsfuge. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von diesem Stand der Technik zumindest durch die Merkmale, dass die Abstützung des Schutzbetons auf dem Überbau in einer Längsfuge benachbarten Bereichen über Flansche eines Längsfugenbandes erfolgt, das die Längsfuge abdeckt und dass die Flansche des Längsfugenbandes heruntergezogen sind und vor dem Kragschenkel enden.
Die weiter noch im Prüfungsverfahren genannte EP 0 878 582 A1 ist nachveröffentlicht mit älterem Zeitrang. Wie ohne weiteres bereits aus der Zeichnung ersichtlich ist, weist sie die vorstehend genannten Merkmale ebenfalls nicht auf, so dass sie dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neuheitsschädlich entgegensteht und wegen ihrer Nachveröffentlichung bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit außer Betracht bleibt.
4.2 Die Fugenanordnung nach dem Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist als Fachmann ein Bauingenieur (FH) mit mehrjähriger Erfahrung im Brückenbau anzusehen.
Die Richtzeichnung WIB 30 (Anlage 2) betrifft eine Fugenanordnung, insbesondere für Querfugen für Brücken, mit einem Widerlager, auf dem ein Unterbau abgestützt ist, bei der ein im wesentlichen horizontaler Spalt zwischen diesen von einer Tropfbahn ("Elastomer-Schürze 5 bis 8 mm") abgedeckt ist, die eine niederschlagsdichte Verbindung zu einer Flächendichtung ("Abdichtung nach DS 835, Abs 108") aufweist, die auf dem Überbau vorgesehen ist, wobei die Flächendichtung von Schutzbeton ("Schutzbeton B 25, bewehrt") abgedeckt ist. Wie der Richtzeichnung WIB 30 ohne weiteres zu entnehmen ist, ist auch hier die Tropfbahn an einem an dem Überbau verankerten Kragprofil insbesondere klemmend ("Klemmleiste 60 x 8 .....") aufgehängt, wobei das Kragprofil einen schräg abfallenden Kragschenkel aufweist.
Wie vorstehend schon bei der Frage der Neuheit ausgeführt, betrifft die Richtzeichnung WIB 30 nicht die Ausbildung einer Fugenanordnung im Bereich einer Längsfuge. Von dieser Richtzeichnung kann somit auch keine Anregung für die Ausbildung und Anordnung eines Längsfugenbandes entspechend dem Anspruch 1 ausgehen.
Eine derartige Anregung erhält der Fachmann auch nicht durch die Kenntnis der übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen. Da auch keine dieser Entgegenhaltungen, wie vorstehend schon ausgeführt, sich mit der Ausbildung und Anordnung von Längsfugenbändern befasst, kann auch keine von ihnen dem Fachmann die Schaffung einer Fugenanordnung entsprechend dem Anspruch 1 nahelegen.
Der geltende Anspruch 1 hat mithin Bestand.
4.3 Die Unteransprüche 2 bis 11 sind auf den Anspruch 1 zurückbezogen und haben mit diesem ebenfalls Bestand.
Dr. Lischke Riegler Schneider Müller Cl
BPatG:
Beschluss v. 01.09.2005
Az: 6 W (pat) 309/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b2543c6f1a00/BPatG_Beschluss_vom_1-September-2005_Az_6-W-pat-309-02