Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. April 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 29/02
(BPatG: Beschluss v. 09.04.2003, Az.: 32 W (pat) 29/02)
Tenor
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 7. Dezember 1999 und vom 4. Dezember 2001 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Anmeldung der Marke
"Pro Leichtes Lernen"
für die Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung" ist durch Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen worden. Nach Ansicht der Markenstelle hat das Zeichen der Anmeldung im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen lediglich die beschreibende Bedeutung "für leichtes Lernen". Es sei daher in hohem Maße freihaltebedürftig. Außerdem fehle ihm die erforderliche Unterscheidungskraft.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie führt u. a. aus, im natürlichen deutschen Sprachgebrauch komme die Wortfolge "Pro Leichtes Lernen" nicht vor. Daher hätten die Mitbewerber kein berechtigtes Bedürfnis an der Freihaltung der angemeldeten Bezeichnung.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Angabe i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
a) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr., vgl. BGH, BlPMZ 2002, 85 - Individuelle).
Eine Verwendung von "Pro Leichtes Lernen" als beschreibende Angabe i.S.v. "Für leichtes Lernen" kann nicht festgestellt werden. Es wäre auch nicht sprachüblich, durch die Worte "Pro leichtes Lernen" auszudrücken, dass etwa "für leichtes Lernen" geeignet oder dafür bestimmt sei. Zwar ist das aus dem Lateinischen stammende Wort "Pro" (= "für") ein fester Bestandteil der deutschen Sprache und wird sowohl in Wortzusammensetzungen ("Prozent") als auch selbständig ("Pro und Contra") verwandt. Häufig steht es zusammen mit anderen, vorzugsweise ebenfalls aus dem lateinischen stammenden Fremdwörtern ("pro anno", "pro domo", "pro forma") oder es dient (in Wendungen wie "proamerikanisch") zur Bezeichnung einer wohlwollenden Einstellung. Es kann aber nicht gesagt werden, dass "für" generell durch "pro" ersetzt werden kann. Insbesondere ist es nicht üblich, "pro" i.S.v. "für" auf ein (nichtlateinisches) Substantiv zu beziehen (ebenso HABM, Entscheidung vom 21. September 2000, RO248/99-2 - ProBank). Weil die angemeldete Wortfolge sprachregelwidrig gebildet ist, wird sie ein erheblicher Teil des Verkehrs nicht als Sachhinweis, sondern als Angabe über die betriebliche Herkunft der beanspruchten Dienstleistungen auffassen.
Hinzu kommt, dass der Bestandteil "Pro" in der angemeldeten Marke nicht zwingend i.S.v. "Für" interpretiert werden muss. Es ist heute auch im Inland üblich geworden, "Pro" z.B. im Sportbereich als Abkürzung für den englischen Ausdruck "Professional" zu verwenden und damit einen Berufsspieler zu bezeichnen (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2000, S. 1000). Wer dies weiß, wird die Angabe "Pro Leichtes Lernen" möglicherweise dahingehend verstehen, dass auf professionelle Weise (oder durch professionelle Anleitung) ein leichtes Lernen ermöglicht werden bzw. dass durch leichtes Lernen ein professioneller Kenntnisstand vermittelt werden soll. Diese Mehrdeutigkeit und demzufolge Interpretationsbedürftigkeit der Wortfolge spricht ebenfalls für das Vorhandensein einer ausreichenden (Mindest-) Unterscheidungskraft (vgl. BGH, GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier; GRUR 2000, 231, 232 - FÜNFER).
b) Die angemeldete Marke fällt auch nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Danach sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geografischer Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - Individuelle). Wegen ihrer sprachregelwidrigen Bildung ist die Angabe "Pro Leichter Lernen" zur Bezeichnung irgendwelcher Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht geeignet.
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BPatG:
Beschluss v. 09.04.2003
Az: 32 W (pat) 29/02
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