Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Juli 2000
Aktenzeichen: 34 W (pat) 25/99

(BPatG: Beschluss v. 18.07.2000, Az.: 34 W (pat) 25/99)

Tenor

Auf die Beschwerde des Patentinhabers wird der Beschluß der Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. März 1999 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Patentansprüche 2 bis 5 gemäß Patentschrift, Beschreibung Spalten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Zeichnung Fig 1 und 2 gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Patentabteilung das Patent mit der Begründung widerrufen, dass der Gegenstand des erteilten, seinerzeit geltenden Hauptanspruches gegenüber der offenkundig vorbenutzten numerisch gesteuerten Drehbank T90 der Firma Centauro nicht mehr neu sei.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Patentinhabers. Er legt in der mündlichen Verhandlung einen eingeschränkten Patentanspruch 1 mit folgendem Wortlaut vor:

Holzdrechselmaschine mit einem Spindelstock, einem Reitstock, einem Werkzeugschlitten, der in einen Bettschlitten und in einen in dem Bettschlitten geführten Planschlitten unterteilt ist, jeweils einem Antrieb für den Bettschlitten und für den Planschlitten, wobei der Planschlitten einen Meißelhalter aufweist, auf dem ein Meißel aufgesteckt ist sowie einem Drechselantrieb, mit dem ein zwischen Spindel- und Reitstock eingespanntes Werkstück in Rotation versetzbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Bettschlitten (7) und der Planschlitten (8) über eine Kugelspindel (14a, 14b) angetrieben werden und daß die Antriebe für Bettschlitten (7) und Planschlitten (8) mit einer numerischen Steuerung (15) ausgerüstet sind, sowie einem Laser zur optischen Abtastung der Oberfläche einer Vorlage, welcher die Daten entweder an die Steuerung weitergibt oder einen später auslesbaren Speicher beschreibt.

Hieran schließen sich 4 Unteransprüche, wie erteilt, an.

Der Patentinhaber macht geltend, die nunmehr beanspruchte Holzdrechselmaschine sei durch den aufgedeckten Stand der Technik weder vorweggenommen, noch nahegelegt. Er beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit den im Tenor genannten Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechenden beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie sind der Ansicht, dass die vorgenommene Beschränkung der beanspruchten Holzdrechselmaschine, wonach das optische Abtasten der Oberfläche einer Vorlage mit einem Laser erfolge, in der Patentschrift nicht als erfindungswesentlich offenbart sei und dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 im Hinblick insbesondere auf den Prospekt "T90" der Firma Centauro, 41010 Limidi, Italien [mit Bestätigungsschreiben (Fax Nr 3646 und 3710) der Firma Centauro hinsichtlich des Druckes dieses Prospekts] in Verbindung mit den vor dem Anmeldetag bekannt gewordenen Laser-Anwendungen der Firma LAP GmbH, Lüneburg (vgl deren Schreiben vom 13. April 2000 an die Einsprechende I, welches in der vorausgegangenen mündlichen Verhandlung vom 18. April 2000 überreicht wurde) für den Fachmann nahegelegen habe.

Im Verfahren sind weiterhin zu berücksichtigen, ein Prospekt der Firma Albin Weirather Außerferner Metallwaren, A 6600 Höfen-Reutte, über eine Drehbank DFC-1700 mit Nachweisen zu seiner Vorveröffentlichung, ein Prospekt der Einsprechenden II über die CNC-gesteuerte Mehrzweckmaschine CN-15, ein Prospekt der Firma Hans Pfohl (HAPFO), Kiefersfelden, über die Holz-Kopier-Drehbank AP 7000 H, die Seite 366 aus dem Taschenbuch Maschinenbau, Bd 1, Carl Hanser Verlag München 1984, die deutsche Offenlegungsschrift 31 19 259 und die deutschen Gebrauchsmusterschriften 87 11 407 und 91 01 561.

Nach Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung eines Mitarbeiters der Firma Iselautomation zum Herausgabezeitpunkt einer von den Einsprechenden eingereichten Katalogseite zu "Steuer- und Leistungselektronik, Zubehör", haben die Einsprechenden diese Entgegenhaltung zurückgezogen.

Der Senat hat einen Beweisbeschluss erlassen zur Frage der öffentlichen Zugänglichkeit des Prospekts "T 90".

Wegen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

A) Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

B) Der Einspruch war ebenfalls zulässig.

Die Angaben zu einer offenkundigen Vorbenutzung sind substantiiert und nachprüfbar. Demnach wurde die Drehbank T90 (gemäß dem eingereichten Prospekt) auf der Ligna, einer in Fachkreisen mit Ort und Zeitpunkt allgemein bekannten Messe vor dem Prioritätstag offenkundig, wozu auch Zeugen benannt wurden. Nach der BGH-Entscheidung GRUR 1997, 740-741 "Tabakdose" ist es ausreichend, wenn "behauptet ist, daß die Vorbenutzung vor dem maßgeblichen Anmelde- bzw. Prioritätsdatum stattgefunden habe".

Ob das Einspruchsvorbringen im übrigen substantiiert ist, kann dahinstehen.

C) Die Ansicht der Einsprechenden, wonach die vorgenommene Beschränkung des Patentanspruchs 1 auf einen "Laser zur optischen Abtastung der Oberfläche einer Vorlage" in der Patentschrift nicht als erfindungswesentlich offenbart sei, teilt der Senat nicht. Denn als einziges Beispiel überhaupt für ein Gerät zur beanspruchten optischen Abtastung der Oberfläche einer Vorlage wird in Spalte 1 Zeile 60 der Streitpatentschrift ein Laser angegeben. Dass diese Lehre zur Erfindung gehört, steht damit außer Zweifel (vgl dazu auch Schulte PatG 5. Aufl. § 35 Rdn 190, 191). Diese Offenbarung findet sich jedenfalls auch schon in den Anmeldungsunterlagen der Stamm-Anmeldung 195 29 525.0 (vgl dort S 11 Abs 2).

Zu sonstigen formalen Bedenken besteht kein Anlaß.

D) Die Holzdrechselmaschine nach dem geltenden Anspruch 1 ist patentfähig.

1) Sie ist unbestritten gegenüber dem aufgedeckten Stand der Technik neu. Von den bekannten Holzdrechselmaschinen unterscheidet sie sich zumindest durch die Art der Erfassung der Oberfläche einer Vorlage, nämlich durch die optische Abtastung der Oberfläche mittels eines Lasers.

2) Die offensichtlich gewerblich anwendbare Holzdrechselmaschine nach Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

a) Der Erfindung am nächsten kommt die numerisch gesteuerte Drehbank der Firma Centauro nach dem im Verfahren befindlichen Prospekt "T90", für die eine Telekamera als Scanner für die Profileinlesung einer Schablone bzw eines Holzmusters angegeben wird.

Der Senat unterstellt, dass dieser Prospekt bereits zum Prioritätstag öffentlich zugänglich war.

Die Erfassung der Oberfläche eines Musters gemäß der Holz-Kopier-Drehbank "AP 7000 H" der Fima HAPFO erfolgt mittels hydraulischer Abtastung und liegt damit weiter ab.

Die optische Erfassung mittels Telekamera wurde, ausweislich der Angaben in dem Fax Nr. 3646 der Firma Centauro allerdings niemals entwickelt oder eingesetzt, da sich technische Probleme bereits bei den Test-Versuchen im Werk einstellten. Gleichwohl war damit die optische Erfassung eines Musters mittels Telekamera und das daraus erfolgende Einscannen seines Profils in einen Computer in der Firma Centauro spätestens 1993 angedacht und im Prospekt als technische Lehre auch formuliert und veröffentlicht. Eine Anregung, die Profileinlesung mittels eines anderen optischen Erfassungssystems zu versuchen, gibt dieser Prospekt jedoch nicht.

b) Zu diesem Zeitpunkt war der Einsatz von Lasern zur berührungslosen Meßwerterfassung bei der Vermessung von Span- und MDF-Platten sowie zur Abtastung von Bahnschienen, Stahlbändern, Gummibahnen und Fermacell-Platten dem Fachmann offenbar bereits bekannt (vgl dazu das Schreiben der Firma LAP vom 13. April 2000). Selbst wenn diese Meßwerterfassung auf einer Laser-Abstandsmessung beruht, wie die Einsprechenden vortragen, so kann man nicht darauf schließen, dass diese Messungen auch schon zum Scannen eines Profils eines Werkstückes bzw Musters eingesetzt wurden. Das haben die Einsprechenden auch nicht behauptet. Die Laser-Abstandsmessung läßt sich beispielsweise in einer Soll-Istwert-Abgleichung bei den angegebenen Einsatzgebieten einsetzen. Durch den Vortrag der Einsprechenden ist aber nicht erkennbar geworden, dass diese bekannten Laser-Anwendungen dem Fachmann auch einen Hinweis in die hier beanspruchte Richtung geben konnten.

c) Die ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2000 von den Einsprechenden überreichten Schriftstücke (Schreiben der Firma G... OHG vom 14. April 2000 an die Einsprechende I und Angebot Nr 236 der Firma A... vom 1. Dezember 1993 an die Firma M... in N... bezüglich eines Laserprogrammiersystems, liegt offensichtlich neben der Sache, da dieses System erkennbar nur zur schnelleren Programmerstellung und nicht zum Einscannen eines Musters eingesetzt wird. Den diesbezüglichen Ausführungen des Patentinhabers, der in diesem Zusammenhang auch auf den offenbar relativ niedrigen Preis dieses Systems hingewiesen hat, wurde seitens der Einsprechenden nicht widersprochen.

d) Die übrigen im Verfahren noch zu berücksichtigenden Druckschriften liegen vom Patentgegenstand weiter ab, denn sie enthalten weder Angaben zur Abtastung von Vorlagen für Holzdrechselmaschinen noch Ausführungen zur Anwendung von Lasern.

e) Der Patentanspruch 1 hat somit Bestand.

Die Unteransprüche 2 bis 5 enthalten Ausgestaltungen der Holzdrechselmaschine nach Anspruch 1, die nicht platt selbstverständlich sind. Sie haben deshalb ebenfalls Bestand.

3) Weil der Patentinhaber sein Patent zuletzt nur noch beschränkt verteidigt hat, konnte der Senat die öffentliche Zugänglichkeit des Prospekts "T90" unterstellen. Der Beweisbeschluss brauchte deshalb nicht mehr ausgeführt zu werden.

Ch. Ulrich Hövelmann Barton Ihsenprö






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Beschluss v. 18.07.2000
Az: 34 W (pat) 25/99


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