Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 23. Dezember 1997
Aktenzeichen: 16 Wx 236/97
(OLG Köln: Beschluss v. 23.12.1997, Az.: 16 Wx 236/97)
Der Beschluß nach § 18 Abs. 1 und Abs. 3 WEG, die Veräußerung des Wohnungseigentums zu verlangen, ist im WEG-Verfahren nur auf formelle Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Prüfung der sachlichen Voraussetzungen des Anspruchs der Eigentümer auf Ausschluß eines Störers aus der Eigentümergemeinschaft erfolgt ausschließlich durch das nach § 51 WEG zuständige Prozeßgericht.
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers vom 28.08.1997 gegen den Beschluß des Landgerichts Köln vom 05.06.1997 - 29 T 14/97 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt. II. Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 28.08.1997 wird in Abänderung der Streitwertfestsetzung im Beschluß des Landgerichts Köln vom 05.06.1997 - 29 T 14/97 - der Geschäftswert für das Verfahren auf 150.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
Die in förmlicher Hinsicht gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG
nicht zu beanstandende sofortige weitere Beschwerde des
Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Dem gegenüber ist
die gegen die Festsetzung des Geschäftswerts gerichtete Beschwerde
des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gemäß § 31 Abs. 3
Satz 1 und 31 Abs. 1 Satz 2 KostO in Verbindung mit § 9 Abs. 2
BRAGO zulässig und auch begründet.
I.
Das Landgericht hat im angegriffenen Beschluß die Anträge des
Antragstellers auf Anfechtung der unter den Tagesordnungspunkten 4
a), b) und e) der Eigentümerversammlung vom 23.03.1995 gefaßten
Beschlüsse mit zutreffenden Erwägungen zurückgewiesen.
Die unter Tagesordnungspunkt 4 a) und b) gefaßten Beschlüsse
sind schon deshalb nicht zu beanstanden, weil sie nur das
aussprechen, wozu der Antragsteller ohnehin verpflichtet ist. Die
Beschlüsse haben insofern nur deklaratorische Bedeutung und
beinhalten einen Appell an den Antragsteller sich an die Pflichten
aus dem Gemeinschaftsverhältnis zu halten. Das Landgericht hat auch
mit zutreffenden Erwägungen angenommen, daß diese beiden Beschlüsse
durch das vorangegangene Verhalten des Antragstellers
gerechtfertigt waren. Es ist dabei ohne Rechtsfehler nach
Beweisaufnahme davon ausgegangen, daß das Verhalten des
Antragstellers Anlaß für diese Beschlüsse gab. Die tatrichterliche
Beweiswürdigung ist vom Rechtsbeschwerdegericht nur eingeschränkt,
nämlich dahingehend überprüfbar, ob sie in sich schlüssig ist sowie
die Verfahrensvorschriften beachtet wurden. Derartige Mängel läßt
die landgerichtliche Beweiswürdigung nicht erkennen. Es war
insbesondere nicht verfahrensfehlerhaft, den Zeugen E. zu dem
Vorfall vom August 1994 nicht zu hören. Nach der Klarstellung des
Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.1997 vor dem
Landgericht war dieser Zeuge bei der Auseinandersetzung mit dem
Zeugen M. nicht zugegen. Auch zu dem zweiten Vorfall vom 14.02.1995
bedurfte es der erneuten Vernehmung des Zeugen E. nicht, da das
Landgericht seiner Entscheidung dessen erstinstanzliche Aussage,
deren Richtigkeit auch der Antragsteller nicht bezweifelt, zugrunde
gelegt hat.
Schließlich muß auch dem Anfechtungsantrag zu Tagesordnungspunkt
4 e) der Eigentümerversammlung vom 23.03.1995 der Erfolg versagt
bleiben. Der Beschluß nach § 18 Abs. 1 und Abs. 3 WEG, die
Veräußerung des Wohnungseigentums zu verlangen, ist im
Wohnungseigentumsverfahren nur auf formelle Rechtmäßigkeit zu
überprüfen. Die Entscheidung darüber, ob der Beschluß materiell
berechtigt ist und ein Veräußerungsgrund im Sinne des § 18 WEG
vorliegt, muß durch das zuständige Prozeßgericht nach § 51 WEG
getroffen werden. Der Eigentümerbeschluß nach § 18 Abs. 3 WEG ist
nämlich nur besondere Prozeßvoraussetzung für die
Veräußerungsklage, die den aus dem Gemeinschaftsverhältnis
entspringenden Anspruch der Eigentümer auf Ausschluß eines Störers
zum Gegenstand hat. Die Prüfung der Voraussetzungen dieses
Anspruchs erfolgt ausschließlich durch das Prozeßgericht. Schon aus
prozeßökonomischen Gründen ist die Prüfung der sachlichen
Richtigkeit der Beschlüsse gemäß § 18 WEG den Gerichten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit entzogen (Allgemeine Meinung: Bay ObLG
WUM 1990, 95; KG Berlin, KGR 1994, 74; Pick in Bärmann/Pick/Merle,
WEG, 7. Auflage, § 18 Rn. 43 m.w.N.).
Die Beschlußfassung ist im vorliegenden Fall in
verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere
wurde der Beschluß entsprechend § 18 Abs. 3 mit absoluter Mehrheit
aller Stimmberechtigten gefaßt.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen leidet der angegriffene
Beschluß auch nicht deshalb an einem formellen Mangel, weil der
Antragsteller nicht zuvor von den übrigen Eigentümern abgemahnt
worden ist. Die Frage, ob ein Veräußerungsanspruch auch ohne
vorherige Abmahnung besteht, ist materiell rechtlicher Natur und im
vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
II.
Der Geschäftswert für das Verfahren war gemäß §§ 31 Abs. 1 Satz
2, 33 Abs. 3 KostO auf insgesamt 150.000,00 DM festzusetzen.
Zurecht hat der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers die
landgerichtliche Wertfestsetzung beanstandet.
Nach allgemeiner Meinung (BayObLG WUM 1991, 633; BayObLG WUM
1990, 95; Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Auflage, § 48 Rn.
20) richtet sich der Geschäftswert bei der Anfechtung eines
Eigentümerbeschlusses, der die Einleitung eines
Entziehungsverfahrens nach § 18 ff WEG zum Gegenstand hat, nach dem
Interesse der Beteiligten am Behalten der Eigentumswohnung bzw. dem
Ausschluß aus der Gemeinschaft. Dieses Interesse, das für den
Antragsteller in dem nicht unerheblichen Risiko eines Wertverlusts
und den Kosten einer Ersatzbeschaffung liegt, bewertet der Senat
für den Anfechtungsantrag 4 e) mit 140.000,00 DM. Dies entspricht
bei vorsichtiger Schätzung etwa 20 % des Werts der Wohnung des
Antragstellers. Die übrigen beiden Anträge hat das Landgericht im
angegriffenen Beschluß zutreffend mit je 5.000,00 DM bewertet, so
daß sich ein Geschäftswert von insgesamt 150.000,00 DM
errechnet.
III.
Hinsichtlich des Anfechtungsantrags folgt die Kostenentscheidung
aus § 47 WEG. Danach entsprach es billigem Ermessen, dem
Antragsteller die Kosten der erfolglosen weiteren Beschwerde
aufzuerlegen. Es war indes aus keinem Grund ersichtlich, von dem
Grundsatz abzuweichen, wonach im Wohnungseigentumsverfahren jeder
Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten trägt.
Das Verfahren hinsichtlich der Streitwertfestsetzung ist
gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
OLG Köln:
Beschluss v. 23.12.1997
Az: 16 Wx 236/97
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