Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 12. April 2010
Aktenzeichen: 2 X (Not) 17/09
(OLG Köln: Beschluss v. 12.04.2010, Az.: 2 X (Not) 17/09)
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Enthebung des Antragstellers aus dem Notaramt vorliegen, weil dieser sich in Vermögensverfall (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO) befindet sowie seine wirtschaftlichen Verhältnisse und die Art seiner Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtssuchenden gefährden (§ 50 Abs. 1 Nr. 8 1. Alt. BNotO).
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin.
Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit 1983 Notar im Bezirk der Antragsgegnerin; sein Amtssitz war W.. Er ist nach eigenen Angaben gegenüber dem Insolvenzgericht in C. mit mehr als 6 Mio. £ überschuldet. Verhandlungen mit seiner Hauptgläubigerin, der Sparkasse I. - S. - W., über eine Reduzierung der ihr zustehenden Forderung und ratenweise Rückführung des Restes sind nicht erfolgreich gewesen. Die Sparkasse betreibt gegen den Antragsteller derzeit die Zwangsvollstreckung wegen eines Teilbetrages von 50.000 € aus einem notariellen Schuldanerkenntnis über 750.000 €.
Der Antragsteller hat im Frühjahr 2009 beim C. D. E. Insolvenzantrag gestellt. Dabei hat er angegeben, dass er seinen Lebensmittelpunkt im September 2008 nach C. verlegt habe und den Beruf eines Sportphotographen ausüben wolle, wenn ihm die Ausübung seines Amtes als Notar untersagt werden sollte. Ein entsprechendes Gewerbe hatte der Antragsteller bereits im Februar 2009 in C. angemeldet und die sonstigen Voraussetzungen für eine Berufsaufnahme (Steuer- und Sozialversicherungsnummer) getroffen. Nach Anhörung des Antragstellers wurde das Insolvenzverfahren am 21.05.2009 eröffnet; Restschuldbefreiung sollte danach am 21.05.2010 eintreten.
Über diesen Sachverhalt hat der Antragsteller den Präsidenten des Landgerichts Wuppertal am 29.05.2009 informiert. Mit Schreiben vom 02.06.2009 - zugestellt am 03.06.2009 - hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mitgeteilt, dass sie Veranlassung habe, seine vorläufige Amtsenthebung nach §§ 54 Abs. 1 Nr. 2, 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO zu prüfen. Diese Entscheidung hat sie dann mit Verfügung vom 08.06.2009 getroffen und dem Antragsteller gleichzeitig eröffnet, dass sie seine Amtsenthebung in Aussicht genommen habe.
Hiergegen hat der Antragsteller durch einen am 09.07.2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt .Seinen zugleich gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung der Anordnung der vorläufigen Amtsenthebung wiederherzustellen, hat er im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht aufrecht erhalten. Der Antragsteller begründet seinen Antrag damit, dass die Voraussetzungen einer Amtsenthebung nicht vorlägen. Die Insolvenzeröffnung durch das Gericht in C. sei für deutsche Gerichte und Behörden bindend. Deshalb seien Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung gegen ihn in Deutschland nicht mehr möglich. Im Hinblick auf die bereits feststehende Restschuldbefreiung am 21.05.2010 sei auch - trotz des Insolvenzverfahrens - nicht von ungeordneten Vermögensverhältnissen auszugehen.
Der Beschluss des C. D. E. vom 21.05.2009 ist durch weiteren Beschluss desselben Gerichts vom 11.03.2010 aufgehoben und der Insolvenzantrag des Antragstellers zurückgewiesen worden. Hiergegen hat der Antragsteller Rechtsmittel eingelegt, über das noch nicht entschieden worden ist.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die Voraussetzungen für seine Amtsenthebung nicht vorliegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie meint, der Antragsteller habe sich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in C. durch falsche Angaben zu seinem Lebensmittelpunkt erschlichen. Deshalb sei die Entscheidung des Gerichts in C. wegen Verstoßes gegen den ordre public unbeachtlich gewesen. Jedenfalls sei der Beschluss inzwischen aufgehoben worden und stehe deshalb der Feststellung des Vermögensverfalls nicht (mehr) entgegen.
Der Senat hat am 31.03.2010 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
II.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 50 Abs. 3 S. 3 BNotO bei Gericht eingegangen, jedoch nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 8 BNotO liegen vor.
Der Antragsteller befindet sich in Vermögensverfall. Nach seinen eigenen Angaben gegenüber dem C. D. E. ist er in Höhe von über 6 Mio. £ überschuldet. Der Senat hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es dem Antragsteller in der Zwischenzeit gelungen sein könnte, seine Überschuldung nennenswert zurückzuführen. Aus diesem Umstand sowie der von der Sparkasse I. - S. - W. gegen ihn betriebenen Zwangsvollstreckung folgt zugleich, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse und die Art seiner Wirtschaftsführung derart sind, dass hierdurch die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet werden.
An dieser Bewertung ändert sich auch nicht deshalb etwas, weil das C. D. E. durch Beschluss vom 21.05.2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet und zugleich den Eintritt der Restschuldbefreiung für den 21.05.2010 angeordnet hat. Dieser Beschluss wurde durch den weiteren Beschluss des C. D. E. vom 11.03.2010 wieder aufgehoben. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung über die im Verlauf des Verfahrens erörterten Fragen, ob der Beschluss vom 21.05.2009 im Inland anzuerkennen und die darin bereits erteilte Restschuldbefreiung geeignet ist, die sich aus der Insolvenzeröffnung ergebende Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen.
Der Umstand, dass der Antragsteller - nach seinem Vortrag - Rechtsmittel gegen die Entscheidung des C. D. E. vom 11.03.2010 eingelegt hat, ist unerheblich. Dieses Rechtsmittel entfaltet nach englischem Verfahrensrecht keine aufschiebende Wirkung (Sec. 57.2 Civil Procedure Rules). Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass dieses Rechtsmittel Erfolg haben wird.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 201 Abs. 1 BRAO i. V. m. § 111 Abs. 4 S. 2 BNotO. Es entsprach darüber hinaus der Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen (§ 13a FGG).
OLG Köln:
Beschluss v. 12.04.2010
Az: 2 X (Not) 17/09
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