Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 6. Februar 1998
Aktenzeichen: 4 WF 292/97
(OLG Köln: Beschluss v. 06.02.1998, Az.: 4 WF 292/97)
1. Beschränkt sich im isolierten Sorgerechtsverfahren die Antragsbegründung auf vier Sätze, die Antragserwiderung auf einen Satz und fällt auch die Stellungnahme des Jugendamtes, das eine Teilnahme am Anhörungstermin für entbehrlich sah, denkbar kurz aus und sind sich die Parteien darüber einig, welcher Elternteil das Sorgerecht erhalten soll, so kann allein der Ansatz der Mindestgebühr als billig im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO angesehen werden.
2. Eine Verwirkung des Erinnerungsrechtes der Landeskasse wegen überhöhter Vergütungszahlung an den beigeordneten Anwalt kann in entsprechender Anwendung des § 7 GKG erst nach Ablauf des auf die Kostenfestsetzung folgenden Kalenderjahres eintreten.
Tenor
Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Bonn werden der seine Erinnerung vom 13.08.1997 gegen die Festsetzung der Prozeßkostenhilfevergütung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 21.06.1996 zurückweisenden Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - von vom 21.10.1997 (42 F 61/96 PKH) und die vorgenannte Kostenfestsetzung vom 21.06.1996 aufgehoben. Der Kostenbeamte wird angewiesen, bei der vorzunehmenden neuen Kostenberechnung jeweils nur die Mindestgebühren in Ansatz zu bringen.
Gründe
Die nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde ist
begründet.
1.
Entgegen der Auffassung der Verfahrensbevollmächtigten der
Antragstellerin war die Befugnis der Landeskasse zur Einlegung des
Rechtsbehelfs der Erinnerung am 13.08.1997 gegen die über ein Jahr
zuvor ergangene Kostenfestsetzung vom 21.06.1996 nicht verwirkt.
Die Erinnerung der Landeskasse gegen die Kostenfestsetzung ist an
eine Frist nicht gebunden. Das ergibt sich aus § 128 Abs. 3 Satz 2
BRAGO in Verbindung mit § 10 Abs. 4 BRAGO. Im August 1997 war die
Befugnis der Landeskasse zur Einlegung des Rechtsbehelfs auch nicht
in entsprechender Anwendung des § 7 GKG verwirkt. Nach dieser
Vorschrift dürfen Kosten wegen eines irrigen Ansatzes nur
nachgefordert werden, wenn der berichtigte Ansatz dem
Zahlungspflichtigen vor Ablauf des nächsten Kalenderjahres
mitgeteilt worden ist, nachdem die Entscheidung Rechtskraft erlangt
oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Diese Bestimmung
setzt im Interesse des Zahlungspflichtigen dem Nachforderungsrecht
der Landeskasse eine zeitliche Grenze. In entsprechender Anwendung
des § 7 GKG kann die Landeskasse daher nach Fristablauf auch nicht
im Wege der Erinnerung - statt der Nachforderung - durch eine
gerichtliche Entscheidung die Ànderung einer Kostenfestsetzung
erzwingen, wie allgemein anerkannt ist (vgl. nur OLG Düsseldorf
JurBüro 1996, 144 mit weiteren Nachweisen). Eine Verwirkung des
Erinnerungsrechtes der Landeskasse wegen überhöhter
Vergütungszahlungen an die beigeordnete Anwältin hätte hier jedoch
überhaupt erst nach Ablauf des auf die Kostenfestsetzung folgenden
Kalenderjahres, mithin erst nach Ablauf des Jahres 1997, eintreten
können, weil die einjährige Frist des § 7 Satz 1 GKG nicht schon
mit dem Tage der Kostenfestsetzung vom 21.06.1996, sondern erst mit
Ablauf des Jahres 1996 begonnen hat.
2.
Im vorliegenden Verfahren war allein der Ansatz der
Mindestgebühr angemessen. In dem Kostenfestsetzungsverfahren des §
128 BRAGO sind der Rechtspfleger und das Gericht, nachdem
Prozeßkostenhilfe unter anwaltlicher Beiordnung bewilligt ist,
allerdings auf die Prüfung beschränkt, ob die geltend gemachte, vom
Rechtsanwalt bestimmte Gebühr sich innerhalb des Gebührenrahmens
hält und ob sie im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände
nicht unbillig ist. (vgl. Madert, in Gerold/Schmidt, BRAGO, 11.
Aufl., § 12 Rn. 6).
Der Streitfall war indessen denkbar einfach gelagert. Die
Parteien waren sich einig, daß das knapp 9 Monate nach Rechtskraft
der Scheidung geborene Kind Angelina nicht von dem Antragsgegner
stammte und die Antragstellerin daher das Sorgerecht erhalten
sollte. Folgerichtig beschränkten sich die Antragsbegründung auf
vier Sätze, die Antragserwiderung auf einen Satz, und auch die
Stellungnahme des Jugendamtes, das eine Teilnahme am
Anhörungstermin für entbehrlich ansah, viel denkbar kurz aus. Das
führt zur zwingenden Anwendung der Mindestgebühr: wenn nicht hier,
dann wäre auch sonst nie auf sie zurückzugreifen. Die demgegenüber
von der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin betonte
"Bedeutung der Angelegenheit für die Mandantin" kann zu keiner
anderen Beurteilung führen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die
Mutter erst durch das Sorgerechtsverfahren die Möglichkeit erhalten
hat, die - von dem Antragsgegner offenbar überhaupt nicht
bezweifelte - Nichtehelichkeit des Kindes feststellen zu
lassen.
OLG Köln:
Beschluss v. 06.02.1998
Az: 4 WF 292/97
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