Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 20. März 2006
Aktenzeichen: NotZ 50/05

(BGH: Beschluss v. 20.03.2006, Az.: NotZ 50/05)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht Celle vom 21. November 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für den Beschwerderechtszug wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit 1980 als Rechtsanwalt beim Amts- und Landgericht G. zugelassen. Im Jahr 1989 wurde er zum Notar mit Amtssitz in G. bestellt.

Mit Verfügung vom 30. Juni 2005 enthob der Antragsgegner den Antragsteller - gestützt auf § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 50 Abs. 1 Nr. 6 und 8 BNotO - vorläufig seines Amtes als Notar. Den hiergegen gerichteten Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung hat das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 21. November 2005 zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Amtsenthebung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 50 Abs. 1 Nr. 8 Alt. 1 und 2 BNotO seien gegeben, weil sowohl die Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers als auch seine wirtschaftlichen Verhältnisse die Interessen der Rechtsuchenden gefährdeten. Ob der Antragsteller auch im Sinne des § 50 Abs. 1 Nr. 6 Hs. 1 BNotO in Vermögensverfall geraten sei, könne demgegenüber offen bleiben. Gegen diese Entscheidung wendet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er der Sache nach namentlich beanstandet, dass durch seine derzeitige Vermögenssituation eine Gefahr für die Interessen der Rechtsuchenden nicht begründet werde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel (§ 111 Abs. 4 Satz 1 BNotO, § 42 Abs. 4 BRAO) ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Amtsenthebung des Antragstellers gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO sind gegeben. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung auch weder die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten noch dieses in einer nicht dem Zweck des § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNotO entsprechenden Weise ausgeübt (vgl. § 111 Abs. 1 Satz 3 BNotO).

1. Durch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers werden in Verbindung mit der Art seiner Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet.

a) Eine Zerrüttung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Notars, durch die die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet werden, ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn gegen ihn Zahlungsansprüche in erheblicher Größenordnung bestehen oder gerichtlich geltend gemacht werden, Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse gegen ihn erlassen, fruchtlose Pfändungsversuche unternommen, Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO eingeleitet oder Haftbefehle zur Erzwingung dieser Versicherung gegen ihn erlassen worden sind. Dies gilt insbesondere, wenn die Abtragung einer erheblichen Schuldenlast nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes zu erwarten ist (st. Rspr.; s. etwa Senat, Beschlüsse vom 28. November 2005 - NotZ 38/05; vom 12. Juli 2004 - NotZ 2/04; vom 20. November 2000 - NotZ 17/00 = NJW-RR 2001, 1212 und NotZ 19/00 = NJW-RR 2001, 1213; vom 20. März 2000 - NotZ 19/99 = NJW 2000, 2359; vom 12. Oktober 1990 - NotZ 21/89 = DNotZ 1991, 94). Schon als solche nicht hinnehmbar ist im Übrigen eine Wirtschaftsführung des Notars, die Gläubiger dazu zwingt, wegen berechtigter Forderungen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen. Ohne Belang ist dabei, ob diese Zwangsmaßnahmen wegen schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse, Vermögenslosigkeit oder Überschuldung des Notars erforderlich werden (Senat, Beschlüsse vom 28. November 2005 - NotZ 38/05; vom 12. Juli 2004 - NotZ 2/04; vom 20. November 2000 - NotZ 17/00 = NJW-RR 2001, 1212; vom 12. Oktober 1990 - NotZ 21/89 = DNotZ 1990, 94).

Derartige Umstände belegen in aller Regel die von § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO vorausgesetzte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Die Verschuldung eines Notars gefährdet seine Integrität und stellt seine Unabhängigkeit in Frage. Sie lässt besorgen, dass er fremde Vermögensinteressen nicht mit der gebotenen Sorgfalt wahrnimmt und Versuchen Dritter, seine Amtsführung sachwidrig zu beeinflussen, nicht mit dem erforderlichen Nachdruck entgegentreten will oder kann (Senat, Beschlüsse vom 12. Juli 2004 - NotZ 2/04; vom 20. März 2000 - NotZ 19/99 = NJW 2000, 2359). Darüber hinaus begründen Zahlungsschwierigkeiten des Notars und insbesondere gegen ihn geführte Maßnahmen der Zwangsvollstreckung die Gefahr, dass er etwa Kostenvorschüsse nicht auftragsgemäß verwendet oder gar zur Tilgung eigener Schulden auf ihm treuhänderisch anvertraute Gelder zurückgreift (Senat, Beschlüsse vom 12. Juli 2004 - NotZ 2/04; vom 20. November 2000 - NotZ 19/00 = NJW-RR 2001, 1213, 1214). Eine solch abstrakte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden genügt. Es ist nicht erforderlich, dass sich bereits in einem konkreten Fall Anhaltspunkte ergeben haben, der Notar könnte aufgrund seiner wirtschaftlichen Zwangslage sachwidrigen Einflüssen auf seine Amtsführung nicht entgegengetreten sein oder habe gar Fremdgelder weisungswidrig für sich verbraucht (Senat, Beschlüsse vom 28. November 2005 - NotZ 17/05; vom 12. Juli 2004 - NotZ 2/04; vom 12. Oktober 1990 - NotZ 21/89 = DNotZ 1991, 94, 96). Dies folgt daraus, dass die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden in den beiden ersten Tatbestandsvarianten des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO nur allgemein aus den wirtschaftlichen Verhältnissen des Notars beziehungsweise der Art seiner Wirtschaftsführung resultieren muss, während die dritte tatbestandliche Alternative dieser Vorschrift demgegenüber gerade an konkrete Amtstätigkeiten des Notars anknüpft, indem sie als Amtsenthebungsgrund die durch die Durchführung von Verwahrungsgeschäften bedingte Gefährdung der Rechtsuchenden normiert (Senat, Beschluss vom 12. Juli 2004 - NotZ 2/04). Hinzu kommt, dass die Interessen der Rechtsuchenden auch ohne Zutun des Notars durch ausgebrachte Vollstreckungsmaßnahmen seiner Gläubiger beeinträchtigt werden können; denn es sind ohne weiteres Fallgestaltungen denkbar, in denen seine Gläubiger auf ihm anvertraute Fremdgelder Zugriff nehmen können, bevor sie auf einem Notaranderkonto eingezahlt sind (Senat, Beschlüsse vom 12. Juli 2004 - NotZ 2/04; vom 12. Oktober 1990 - NotZ 21/89 = DNotZ 1991, 94, 96). Um so mehr ist eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden dann anzunehmen, wenn der Notar bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er ihm treuhänderisch anvertraute Fremdgelder nicht entsprechend den ihm erteilten Weisungen verwaltet (vgl. § 50 Abs. 1 Nr. 8 Fall 3 BNotO) und bereit ist, potentiell verwertbares eigenes Vermögen dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen.

b) Auf Grundlage der vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen, deren Richtigkeit der Antragsteller nicht in Zweifel zieht und die im Übrigen durch den Akteninhalt belegt werden, hat der Antragsgegner nach diesen Maßstäben die Voraussetzungen für die (vorläufige) Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO zutreffend bejaht.

Gegen den Antragsteller bestehen Schadensersatzansprüche in beträchtlicher Höhe, die er aus eigenen Mitteln nicht zu befriedigen vermag. Dem Antragsteller waren von 17 Geschädigten aufgrund entsprechender Treuhandverträge höhere Geldsummen auf sein "Rechtsanwaltskonto" überwiesen worden, über die er nach Maßgabe der Treuhandverträge zu verfügen hatte. Die Gelder dienten als Sicherheit oder Eigenkapitalnachweis im Rahmen von Kreditvermittlungsverträgen, die die Geschädigten mit der Fa. S. C. P. geschlossen hatten. Ohne dass nach den Treuhandverträgen die hierfür notwendigen Voraussetzungen gegeben gewesen wären, überwies der Antragsteller die Gelder an den ehemaligen Rechtsanwalt und Notar A. , der die Gelder unterschlug. Hierdurch entstand den Geschädigten ein Schaden in Höhe von ursprünglich insgesamt 1.331.895 €, für den der Antragsteller aufzukommen hat.

Soweit der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde nunmehr erstmals geltend macht, es sei nach Maßgabe der Treuhandverträge zulässig gewesen, die Gelder an den ehemaligen Rechtsanwalt und Notar A. weiterzuleiten, steht dies in einem nicht auflösbaren Widerspruch dazu, dass er gleichzeitig die gegen ihn erhobenen Ersatzforderungen als berechtigt bezeichnet. Darüber hinaus werden das vertragswidrige Verhalten und die Ersatzpflicht des Antragstellers auch dadurch belegt, dass vier der Geschädigten rechtskräftige Urteile gegen den Antragsteller auf Schadensersatzleistung erwirkten, nachdem dieser ihre Forderungen nicht außergerichtlich befriedigt hatte (Geschädigter S. über 40.000 € nebst Zinsen; Geschädigter R. über 160.000 € nebst Zinsen; Geschädigter J. über 32.365 € nebst Zinsen; Geschädigter S. -H. über 7.115 € nebst Zinsen).

Diese vier Gläubiger mussten aufgrund ihrer Titel Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller in die Wege leiten, bevor dieser die Forderungen der Geschädigten S. und S. -H. in vollem Umfang befriedigte und an die Geschädigten R. und J. je 10.000 € zahlte sowie Ratenzahlungsvereinbarungen mit ihnen schloss, aufgrund derer er monatliche Zahlungen an R. in Höhe von 1.500 € und an J. in Höhe von 1.000 € leistet. Weiterhin besteht eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Geschädigten S. , wonach sich der Antragsteller verpflichtet hat, auf dessen Ersatzanspruch in Höhe von 85.000 € monatlich 1.000 € zu leisten. Diese und die weiteren Geschädigten, denen gegenüber er auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat, gehen im Moment nicht gerichtlich gegen den Antragsteller vor. Rechtswirksame Stundungen oder Stillhaltevereinbarungen mit den noch nicht befriedigten Gläubigern hat der Antragsteller trotz entsprechender Ankündigungen indessen nicht vorgelegt.

Nachdem Herr J. P. , Inhaber der Firma S. C. P. , auf die Ersatzforderungen einiger der Geschädigten insgesamt 66.500 € gezahlt hat, verbleiben danach fällige Schadensersatzansprüche gegen den Antragsteller von über 1.100.000 € nebst Zinsen. Zu deren - auch nur teilweisen - Ausgleich, sei es auch durch nur geringe weitere monatliche Ratenzahlungen, ist der Antragsteller aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht in der Lage. Hierzu wird auf die vom Oberlandesgericht im Einzelnen getroffenen Feststellungen verwiesen, die auf dem eigenen Vorbringen des Antragstellers sowie den von ihm vorgelegten Unterlagen beruhen.

Dass die Ansprüche gegen den Antragsteller in absehbarer Zeit von dritter Seite in nennenswertem Umfang befriedigt würden, steht nicht zu erwarten. Die vom Antragsteller mehrfach angekündigten weiteren Zahlungen des Herrn J. P. sind ausgeblieben. Im Hinblick auf das erkennbar unseriöse Geschäftsgebaren des Herrn P. , der sich nicht gescheut hat, in vorliegendem Verfahren Bankbelege über nicht durchgeführte Überweisungen an einige der Geschädigten vorlegen zu lassen, ist mit solchen auch nicht mehr zu rechnen. Aus der Insolvenzmasse des ehemaligen Rechtsanwalts und Notars A. sind ebenfalls keine ins Gewicht fallenden Zahlungen an die Geschädigten zu erwarten. Der Vertrauensschadensfond der Notarkammern, der zu Leistungen nur nach pflichtgemäßem Ermessen verpflichtet ist (vgl. § 67 Abs. 4 Nr. 3 BNotO; Schippel/Kanzleiter, BNotO, 7. Aufl., § 67 Rdn. 39), hat ein Eintreten abgelehnt. Auch die Berufshaftpflichtversicherung des Antragstellers lehnt Zahlungen ab und hat sich hierfür schon im Dezember 2003 darauf berufen, dass die schadensbegründenden Handlungen bei einer nicht vom Deckungsschutz erfassten rein treuhänderischen Tätigkeit des Antragstellers vorgenommen worden und diesem im Übrigen die Haftung ausschließende wissentliche Pflichtverletzungen vorzuwerfen seien. Ob und gegebenenfalls wann die nunmehr nach Erlass der angefochtenen Entscheidung des Oberlandesgerichts im Dezember 2005 vom Antragsteller beim Landgericht G. gegen die Berufshaftpflichtversicherung eingereichte Klage Erfolg haben wird, ist nicht absehbar. Im Übrigen würde selbst bei vollem Erfolg wegen der vorgesehenen Haftungsbeschränkung auf die noch offen stehende Ersatzforderung eine Deckungslücke von mindestens 100.000 € verbleiben, die der Antragsteller aus eigenen Mitteln nicht in überschaubarer Zeit aufzufüllen vermag. Hierbei sind die auflaufenden Zinsen noch nicht berücksichtigt.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Art der Wirtschaftsführung des Antragstellers stellen sich daher zusammengefasst wie folgt dar: Der Antragsteller sieht sich fälligen Forderungen von über 1.100.000 € nebst Zinsen ausgesetzt, die er aus seinem eigenen Einkommen und Vermögen nicht in nennenswerter Weise zu reduzieren vermag. Er musste von seinen Gläubigern teilweise gerichtlich in Anspruch genommen werden und war trotz Vorliegens rechtskräftiger Titel zu (Teil-)Zahlungen und den Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen erst bereit, als die Gläubiger gegen ihn im Wege der Zwangsvollstreckung vorgingen. Ein Eintreten Dritter für die Schulden des Antragstellers steht nicht zu erwarten. Auch hinreichende Bemühungen des Antragstellers hierzu fehlen. Obwohl seine Berufshaftpflichtversicherung bereits im Dezember 2003 ein Eintreten für die Schadensersatzverpflichtungen des Antragstellers abgelehnt hatte, hat er erst unter dem Druck des vorliegenden Verfahrens nach Erlass der Entscheidung des Oberlandesgerichts im Dezember 2005 Deckungsklage eingereicht. Stattdessen hat sich der Antragsteller immer wieder von dem ersichtlich unseriösen Geschäftsmann J. P. auf Zahlungen vertrösten lassen, die an die Geschädigten mit Geldern geleistet werden sollten, deren Herkunft schon nach erstem Anschein äußerst dubios erscheinen musste.

Damit sind die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet. Die Verschuldung des Antragstellers stellt die Integrität seiner Amtsführung in Frage; die Notwendigkeit, dass gegen ihn wegen seiner Schulden bereits gerichtlich und im Wege der Zwangsvollstreckung vorgegangen werden musste, begründet latente Gefahren für die von ihm zu betreuenden Vermögensinteressen seiner Mandanten (s. oben a)). Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsteller zwei seiner Gläubiger, die vergleichsweise niedrige Schadensersatzleistungen zu beanspruchen hatten, nach Einleitung der Zwangsvollstreckung zu befriedigen vermochte, dass er mit drei weiteren Gläubigern Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen hat, die er offenbar einhält, und dass auch die anderen Gläubiger aktuell nicht gegen ihn vorgehen; denn da dieses Stillhalten allein auf dem guten Willen der Gläubiger und nicht auf verbindlichen Vereinbarungen beruht (solche ergeben sich auch nicht aus den vom Antragsteller am 17. und 19. März 2006 übermittelten Telefaxschreiben), sowie nicht erkennbar ist, dass der Antragsteller in einem überschaubaren Zeitraum zu einer nennenswerten, geschweige denn vollständigen Tilgung seiner Verbindlichkeiten in der Lage sein könnte, muss jederzeit damit gerechnet werden, dass seine Gläubiger zur Durchsetzung ihrer Forderungen wieder gegen ihn vorgehen. Die abstrakten Gefahren für die Integrität der Amtsführung des Antragstellers und die Vermögensinteressen seiner Mandanten sind daher weiterhin vorhanden.

Sie werden durch das eigene Verhalten des Antragstellers in Richtung auf eine Konkretisierung untermauert. Die Umstände, die zu der Verschuldung des Antragstellers geführt haben, stellen ein eklatantes Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Erledigung von Verwahrungsgeschäften dar. Unabhängig davon, ob es sich hierbei um ein anwaltliches oder notarielles Verwahrungsgeschäft handelte (vgl. dazu § 24 Abs. 2 BNotO), liegt es danach mehr als nahe, dass gegen den Antragsteller auch der Amtsenthebungsgrund nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 Fall 3 BNotO vorliegt, der die konkrete Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden impliziert. Dass der Antragsgegner die vorläufige Amtsenthebung des Antragstellers auf diese Tatbestandsalternative nicht gestützt hat, ändert an der Berücksichtigungsfähigkeit dieser Vorgänge bei der Gefahreinschätzung nichts. Hinzu kommt, dass der Antragsteller nach Geltendmachung der gegen ihn gerichteten Schadensersatzforderungen seine hälftigen Miteigentumsanteile an zwei Immobilien, die zumindest potentiell einer - teilweisen - Befriedigung seiner Gläubiger hätten dienen können, an seine Ehefrau übertragen hat. Dies zeigt, dass er bereit ist, die Interessen seiner ehemaligen Mandanten und jetzigen Gläubiger seinen eigenen Interessen nachzuordnen. Nicht unberücksichtigt bleiben darf letztlich, dass der Antragsteller bis in das Verfahren vor dem Oberlandesgericht hinein die angebliche Zahlungsbereitschaft des J. P. zu seiner Entlastung ins Feld zu führen suchte, obwohl ihm allein schon aufgrund des von ihm selbst - auch unter Vorlage entsprechender Schreiben - aktenkundig gemachten Verhaltens des Herrn P. dessen höchst dubiosen Praktiken nicht verborgen geblieben sein konnten. Auch dies wirft zusätzlich ein negatives Licht auf die Integrität des Antragstellers.

2. Nach alledem kann auch der Senat offen lassen, ob gegen den Antragsteller zusätzlich der Amtsenthebungsgrund des Vermögensverfalls (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO) vorliegt, wie der Antragsgegner in seiner Verfügung vom 30. Juni 2005 angenommen hat.

3. Aufgrund der aufgezeigten Umstände sind keine anderen Maßnahmen als die vorläufige Amtsenthebung erkennbar, die eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden in gleicher Weise ausschließen könnten und den Antragsteller in nur geringerem Maße belasten würden. Es lässt daher keinen Ermessensfehler des Antragsgegners erkennen, dass er diese Maßnahme angeordnet hat. Sie entspricht dem Zweck des § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNotO.

Schlick Galke Becker Lintz Eule Vorinstanz:

OLG Celle, Entscheidung vom 21.11.2005 - Not 8/05 -






BGH:
Beschluss v. 20.03.2006
Az: NotZ 50/05


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