Kammergericht:
Urteil vom 4. Mai 2012
Aktenzeichen: Not 24/11

(KG: Urteil v. 04.05.2012, Az.: Not 24/11)

Wird ein Anwaltsnotar auf seinen Antrag aus dem Amt entlassen und verzichtet er zugleich auf seine Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, kann die Erlaubnis zur Führung der Bezeichnung "Notar a.D." nicht erteilt werden, wenn die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" nicht weiter geführt werden darf. Daran ändert eine spätere Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft nichts.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Wert des Verfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der am € geborene Kläger wurde am € zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Am € wurde er für den Bezirk des Kammergerichts zum Notar bestellt. Seit € war er auch als Steuerberater tätig.

Am € wurde der Kläger auf seinen Antrag vom € aus dem Amt des Notars entlassen. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wurde auf die Verzichtserklärung des Klägers vom € mit Verfügung vom € widerrufen. Am € verzichtete er auf seine Bestellung als Steuerberater.

Mit Urteil vom € wurde der Kläger durch das Landgericht B€ wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen, davon in einem Fall wegen Versuchs rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 29 bis 48 des bei den Personalakten befindlichen Sonderhefts VI verwiesen.

Der Kläger wurde am € wieder als Steuerberater bestellt. Mit Wirkung vom € wurde er erneut zur Rechtsanwaltschaft zugelassen.

Mit Schreiben vom 11. April 2011 hat der Kläger die Erlaubnis beantragt, die Amtsbezeichnung €Notar a.D.€ führen zu dürfen. Die Beklagte hat diesen Antrag nach Anhörung der Notarkammer und des Klägers mit diesem am 7. September 2011 zugestellten Schreiben vom 1. September 2011 zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis lägen nicht vor. Über diese sei zeitnah mit der Beendigung des Amts zu entscheiden und ohnehin nicht möglich, wenn der Anwaltsnotar nicht mehr zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sei. Das Gesetz sehe ein Wiederaufleben der Möglichkeit zur Erteilung einer Erlaubnis nach erneuter Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht vor und eine Analogie komme nicht in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 221 bis 224 der Personalakte verwiesen.

Hiergegen richtet sich die am 6. Oktober 2011 eingegangene Klage vom 2. Oktober 2011.

Der Kläger hält die Erteilung einer Erlaubnis auch bei einer erneuten Zulassung als Rechtsanwalt für zulässig. Die Verurteilung durch das Landgericht Berlin sei falsch gewesen, eine Wiederaufnahme des Verfahrens allerdings nicht möglich.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihn, den Kläger, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die bei der Beklagten geführte Personalakte des Klägers € € € lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO. Das gerichtliche Verfahren richtet sich nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung, soweit sich aus der Bundesnotarordnung keine abweichenden Bestimmungen ergeben, § 111b Abs. 1 S. 1 BNotO. Der Kläger strebt die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung seines Antrags vom 11. April 2011 an, mit dem er die Erlaubnis zur Führung der Bezeichnung €Notar a.D.€ begehrt hat. Insofern handelt es sich um eine Bescheidungsklage als Unterart der Verpflichtungsklage, § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO (VGH Kassel, Beschluss vom 29. April 2010 € 8 A 3247/09 € Juris; vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. Mai 1988 - NotZ 9/87 € Juris).

Die Verpflichtungsklage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht nach Zustellung des Bescheids der Beklagten vom 1. September 2011 gegen diese erhoben worden, §§ 74 Abs. 2, 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 2 ZPO, 188 Abs. 2 BGB, 111c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BNotO. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht, §§ 68 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 VwGO, 30 Abs. 1 S. 2, 26 Abs. 6 S. 1 AZG Berlin.

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Mit der Beendigung seines Notaramts erlosch die Befugnis des Klägers, die Bezeichnung €Notar€ € auch mit einem auf das Erlöschen des Amts hinweisenden Zusatz € zu führen, § 52 Abs. 1 BNotO. Allerdings ist die Landesjustizverwaltung ermächtigt, einem bisherigen Anwaltsnotar unter bestimmten Voraussetzungen die Erlaubnis erteilen, die Amtsbezeichnung mit dem Zusatz €außer Dienst (a.D.)€ weiterzuführen, § 52 Abs. 2 S. 2 BNotO. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.

Einem Anwaltsnotar, der wie der Kläger zugleich auf seine Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet, kann die Erlaubnis nur dann erteilt werden, wenn er sich weiterhin Rechtsanwalt nennen darf. Dies wiederum setzt eine Erlaubnis der Rechtsanwaltskammer voraus, § 17 Abs. 2 BRAO, die der Kläger aber nicht erhalten hat und auch nicht hätte erhalten können, weil sein Verzicht auf die Rechte aus der Zulassung nicht wegen hohen Alters oder körperlicher Leiden erfolgte, § 17 Abs. 2 BRAO.

Daneben kann einem früheren Anwaltsnotar die Erlaubnis zur Führung der Bezeichnung €Notar außer Dienst€ nur erteilt werden, wenn er auf seinen Antrag aus dem Amt entlassen wird, § 48 BNotO, oder die Altersgrenze, § 48a BNotO, erreicht hat. In diesen Fällen muss der Anwaltsnotar aber als Rechtsanwalt tätig bleiben (BT-Drs. 9/597, S. 10; Bracker, in: Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 52, Rdn. 5). Der Kläger ist nicht wegen Erreichens der Altersgrenze, sondern auf eigenen Antrag aus dem Amt ausgeschieden. Dem Anwaltsnotar soll durch diese, mit dem Ersten Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung vom 7. August 1981 (BGBl. I, 803) eingeführte Tatbestandsvariante ermöglicht werden, den Eindruck eines unehrenhaften Ausscheidens aus dem Amt zu vermeiden, wenn er sein Notaramt z.B. aus wirtschaftlichen Überlegungen aufgibt. Hintergrund war die erhebliche Erhöhung der Mindesthaftpflichtsummen durch das Gesetz vom 7. August 1981, was im Anwaltsnotariat zur Unwirtschaftlichkeit führen konnte, weshalb ein naheliegender Verzicht auf das Amt ohne Ansehensverlust ermöglicht werden sollte (BT-Drs. 8/2782, S. 15). Der Kläger ist nicht als Rechtsanwalt tätig geblieben, sondern hat zeitgleich auf seine Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet. Damit schied die Möglichkeit der Erteilung einer Erlaubnis nach § 52 Abs. 2 S. 2 BNotO aus.

Durch die Wiederzulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft hat sich hieran nichts geändert. Dieser Fall ist in § 52 Abs. 2 S. 2 BNotO nicht geregelt. Die Erlaubnis ist an das bestehende Recht des Anwaltsnotars geknüpft, sich Rechtsanwalt nennen zu dürfen. Besteht dieses Recht, § 12 Abs. 4 BRAO, nicht oder fällt es weg, vgl. § 52 Abs. 3 S. 2 BNotO, kommt eine Erlaubnis nach § 52 Abs. 2 S. 2 BNotO nicht in Betracht. Das Wiederaufleben der Möglichkeit zur Erteilung einer Erlaubnis sieht die Vorschrift nicht vor.

Auch eine analoge Anwendung des § 52 Abs. 2 S. 2 BNotO kommt nicht in Betracht. Bei den drei Tatbestandsvarianten handelt es sich um abschließende Ausnahmeregelungen (BGH, Beschluss vom 19. Juli 1991 € NotZ 17/90 € Juris). Zwar schließt dies eine analoge Anwendung nicht aus. Es muss sich aber um einen Sachverhalt handeln, bei dem in materieller Hinsicht eine weitgehend gleiche Lage wie in der gesetzlich normierten besteht. Das kann der Fall sein, wenn der Anwaltsnotar alles Erforderliche getan hat, um eine Entlassung aus dem Amt nach § 48 BNotO zu erreichen, aufgrund des Verhaltens der Justizverwaltung aber eine Beendigung nach § 47 Nr. 3 BNotO eingetreten ist (BGH, a.a.O.). Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von den gesetzlich geregelten Fällen, die gerade eine Kontinuität der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft voraussetzen. Diesen Anwaltsnotaren sollte die weitere Tätigkeit als Rechtsanwalt ohne Ansehensverlust ermöglicht werden. Das ist aber nicht erforderlich, wenn der Anwaltsnotar zugleich seine Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aufgibt. In diesem Fall sieht das Gesetz mit Ausnahme des Falles einer Erlaubnis nach § 17 Abs. 2 BRAO gerade keine Möglichkeit zur Benutzung der Bezeichnung €Notar außer Dienst€ vor.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf §§ 111b Abs. 1 BNotO, 154 Abs. 1 S. 1 VwGO, und wegen der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 111b Abs. 1 BNotO, 167 Abs. 1 VwGO. Bei der Festsetzung des Verfahrenswerts fanden die §§ 111g BNotO, 52 Abs. 2 GKG Anwendung (vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 18. Oktober 2002 € Not 22/02 € Juris).

Für die Zulassung der Berufung entsprechend § 124a Abs. 1 VwGO besteht kein Anlass. Die Voraussetzungen der §§ 111d BNotO, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.






KG:
Urteil v. 04.05.2012
Az: Not 24/11


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