Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. November 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 215/03

(BPatG: Beschluss v. 03.11.2005, Az.: 33 W (pat) 215/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Juli 2003 teilweise aufgehoben, nämlich für die Waren Poster, Aufkleber, Kalender, Schilder und Modelle aus Papier und Pappe; Papier, Pappe (Karton).

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Am 20. März 2003 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke Königstestfür folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 9: auf elektronischen Datenträgern gespeicherte Druckereierzeugnisse, Druckschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, Druckschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher; Buchbinderartikel, Poster, Aufkleber, Kalender, Schilder und Modelle aus Papier und Pappe, Fotografien und Lichtbilderzeugnisse; Papier, Pappe (Karton) sowie Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten;

Klasse 36: Finanzwesen, insbesondere Analyse von Finanzdienstleistungen und Geldanlagen aller Art, insbesondere Analyse von und Beratung im Hinblick auf Geldanlagen in Form von Aktien, Optionsscheinen, Rentenwerten und Fonds; Vermögensberatung und Vermögensverwaltung, insbesondere auch über Online-Dienste; Beratung in Geldangelegenheiten aller Art; Kreditberatung, Kreditvermittlung; Vermittlung von Geschäften im Hinblick auf Geldanlagen aller Art; Finanzdienstleistungen; Internet-Banking; Steuerberatung, nämlich Erstellen von Steuergutachten und Steuerschätzungen;

Klasse 42: Erstellen, Pflege und Aktualisierung von Datenverarbeitungsprogrammen einschließlich des dazugehörigen Online-Updating-Service; Entwurf, Entwicklung und Beratung im Bereich von Computersystemen, Computerberatungsdienste; Konfiguration von Computer-Netzwerken durch Software; Dienstleistungen einer Datenbank, insbesondere Eingabe, Speichern, Aktualisieren, Verwalten, Sammeln, Ordnen, Pflegen, Analysieren, insbesondere im Hinblick auf Finanzdienstleistungen; Dienstleistungen eines Netzwerkbetreibers und Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Erstellung, Design und Programmierdienstleistungen zur Einrichtung von Internetpräsentationen; Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Datenverarbeitung; Erstellen von Dokumentationen, nämlich Datenspeicherung und Datenverwaltung auf Servern.

(Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in der Fassung des Schriftsatzes vom 2. Mai 2003).

Mit Beschluss vom 8. Juli 2003 hat die Markenstelle für Klasse 36 durch ein Mitglied des Patentamts die Anmeldung nach §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle handelt es sich bei der Bezeichnung "Königstest" um eine sprachübliche, aus sich heraus ohne weiteres verständliche Wortkombination mit dem nahe liegenden Sinngehalt "herausragender Test". In diesem Sinne werde die angemeldete Bezeichnung auch nachweislich als Sachangabe benutzt, und zwar nicht nur von der Anmelderin, sondern auch in allgemeinen Quellen, wie zum Beispiel www.faz.net. Gerade im hier relevanten Finanzbereich werde der Verkehr die Bezeichnung "Königstest" daher nur als solche, nicht aber als betriebliche Herkunftsbezeichnung verstehen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, dass es sich bei dem Wort "Königstest" um eine nicht gebräuchliche Wortneuschöpfung handele. Es handele sich um keine sprachüblich gebildete Wortkombination, die auch keinen gebräuchlichen Bestandteil der deutschen Sprache darstelle. Die Markenstelle habe ihre gegenteilige Ansicht nicht belegen können. Im Nachschlagewerk "Duden" seien nur Begriffe mit dem Stichwort "Königs-" erläutert, die sich auf die Person oder das Amt eines Königs bezögen. Nur die ungewöhnliche Begriffsbildung "Königsweg" bilde eine Ausnahme, die aber gerade untypisch und nicht sprachüblich sei. Für den Verkehr mache der "Test eines Königs" keinen Sinn, so dass er mit der Anmeldemarke zunächst nichts anzufangen wisse. Wie auch die Eintragung der Wortmarke "Königsanalyse" zeige, könne der Bestandteil "Königs-" auch nicht als Qualitätsmerkmal mit der Bedeutung "herausragend" oä angesehen werden. Der Anmeldemarke könne kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt im Hinblick auf die konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen zugeordnet werden. Im Finanzbereich werde die Bezeichnung "Königstest" ausschließlich von der Anmelderin selbst gezielt als Werbeschlagwort verwendet, das die Aufmerksamkeit des Verkehrs wecken und auf die so gekennzeichneten Waren lenken solle. Hingegen werde sie nicht in beschreibender Funktion verwendet. Das Wort solle dem Empfänger suggerieren, dass die Anmelderin eine besonders hochwertige Analysemethode anwende. Es handele sich damit um ein sprechendes Zeichen, ohne dass ein unmittelbarer, konkreter Bezug zum Finanzbereich oder zu elektronischen Druckereierzeugnissen und Dienstleistungen einer Datenbank ersichtlich sei. Insbesondere enthalte der von der Markenstelle genannte Beleg aus www.faz.net lediglich ein Zitat eines Wirtschaftsexperten im Rahmen der Geschäftstätigkeit einer Tochtergesellschaft der Anmelderin. Als allgemeines Werbewort ohne konkreten Produktbezug sei die angemeldete Marke auch nicht freihaltungsbedürftig.

Der Anmelderin sind Kopien des Ergebnisses einer vom Senat durchgeführten Recherche übersandt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist nur zum Teil begründet.

1. Die zur Eintragung angemeldete Bezeichnung "Königstest" weist für die meisten angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht die für eine Marke erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung zu verstehen, Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl EuGH GRUR 2002, 804 Nr 35 Philips/Remington; GRUR 2004, 428 Nr 30, 48 - Henkel). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice).

Der Anmelderin ist zwar zuzugeben, dass das Wort "Königstest" offenbar kein fester Bestandteil der deutschen Sprache ist. Zumindest lexikalisch hat es sich nicht belegen lassen. Allerdings sind zahlreiche gleichartig aufgebaute Wörter in Sprachlexika verzeichnet, die zeigen, dass die Anmeldemarke sprachüblich aufgebaut ist (zB "Königsklasse", "Königsmacher", "Königskobra", "Königsgalerie", "Königswürde", "königsblau", "Königspartei", "Königswasser"; vgl Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl).

Zudem hat der Senat bei seiner Recherche zahlreiche Hinweise darauf gefunden, dass das angemeldete Markenwort einen besonders wichtigen und aussagekräftigen Test (einer Sache oder einer Person) bezeichnet. So wird vor allem - aber nicht nur - im Bereich des Sports häufig der Begriff "Königsprüfung" verwendet, der im Hinblick auf den nahezu identischen Sinngehalt der Worte "Prüfung" und "Test" semantisch der angemeldeten Marke entspricht. Bei einer Königsprüfung handelt es sich um eine besonders wichtige und schwere Prüfung innerhalb eines sportlichen Wettbewerbs. Hierbei wurden insbesondere folgende - rein beschreibende - Verwendungen ermittelt:

www.rundschau.co.at/artikel/00/01/06/art10687.html:

"Die Sonderprüfung Kaiserau wird die Königsprüfung des vorletzten Laufes zur T-Mobile-Rallye Staatsmeisterschaft. 70 Prozent der Straße wurden aufgegraben und neu geschottert."

www.rallyemagazin.de/index.php€newsID=5307& view=news_detail:

"Dass diese Königsprüfung gleich dreimal zu fahren ist, macht das Ganze nur noch toller."

www.bbv.net.de/public...

"Als Königsprüfung gilt die 17. Etappe über den 2000 m hohen Col de Madeleine, ...";

www.reiterpferde.de/inhalt.html...

"Sie hatte bereits in der Qualifikation zur Königsprüfung ...";

www.westerninfo.de/index.php...:

"Die wahre Königsprüfung ist die Reined Cow Horse."

www.automobilrevue.ch/artikel.asp€ArtikelID=1163:

"Keine Königsprüfung Die über 37 km lange Königsprüfung <<Les Cols>> wurde von der Rennleitung zum größten Bedauern aller <<wegen einer extremen Sicherheitssituation>> annulliert."

In Zusammenhang mit dem Radsport taucht dabei häufig auch der Begriff "Königsetappe" auf, der als wichtigste und in den Bergen oft rennentscheidende Etappe einer Rundfahrt" gilt (vgl entsprechende Definition unter www.radsportaktiv.de/lexikon/lexikon_K.php). Verschiedentlich ließen sich im Internet auch außerhalb des Sportbereichs entsprechende Verwendungen feststellen, etwa:

www.ruthmoschner.de/forum/showthread.php€id=297&eintrag=20:

"... nun fehlt nur noch der finale beweis für die theorie dieses programms, sozusagen die königsprüfung";

http://43972.forum.onetwomax.de/topic=100282572936&startid=2:

"klar, aber vorher musst du dich noch einer königsprüfung unterziehen ... ich dachte da so an einmal bus fahren quer durch legnica."

www.sap.info/public/de/news.php4 ...:

"Auch die Königsprobe meisterte er mit Bravour: Mit Hilfe der so genannten De-Interlacing-Funktion stellte der Dell-Monitor schnelle Action-Szenen flimmerfrei und ohne ausgefranste Kanten dar."

Dabei tauchte einmal auch das angemeldete Markenwort selbst auf:

www.qtest.de/userinfo.php3€id=Music-King&order=time&list=on&ops=0&session=:

"Der Music-King von ciao erkundet das neue Land qtest! Ich hab es mir zur Aufgabe gemacht, über sämtliche musikalischen Erzeugnisse zu schreiben und sie gnadenlos dem Königstest zu unterziehen :-)".

Aus der Gesamtschau aller og tatsächlichen Anhaltspunkte ergibt sich, dass der angemeldete Begriff zwar keine feste Sachbezeichnung darstellt, insbesondere im Bereich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Schwerpunkt auf dem Gebiet des Finanzwesens und der Informationstechnik hat er sich nicht als Fachbegriff belegen lassen. Jedoch wird der Verkehr angesichts der sprachüblichen Wortbildung und der häufigen Verwendung des Markenworts sowie gleichbedeutender Parallelbegriffe in der Alltagssprache ohne weiteres erkennen, dass es sich bei einem Königstest um einen besonders wichtigen und aussagekräftigen Test handelt, dessen Bestehen den "Probanden", etwa Wertpapiere oder sonstige Finanzanlagen, EDV-Dienstleistungen, Datenbanken usw gegenüber Konkurrenten besonders aufwertet. Ein solches Wortverständnis wird trotz einer gewissen begrifflichen Bandbreite auf der Hand liegen. Die angemeldete Marke beschreibt damit Waren oder Dienstleistungen mit geistigen Inhalten (zB Datenträger, Bücher, Erstellen von Datenverarbeitungsprogrammen; Dienstleistungen einer Datenbank) dahingehend, dass diese sich auf die Einleitung, Durchführung und Dokumentation eines solchen Königstests beziehen. Dienstleistungen, wie etwa Finanzdienstleistungen, werden mit dem Markenwort als solche beschrieben, die mit Hilfe eines derartigen Königstests erbracht werden. Wegen dieses im Vordergrund stehenden beschreibenden Charakters fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft für Waren oder Dienstleistungen, die geistige Inhalte aufweisen können, so dass der Eintragung teilweise das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegensteht. Die Beschwerde musste daher teilweise erfolglos bleiben.

2. Hingegen konnte das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft nicht bei Waren der Klasse 16 festgestellt werden, die keine geistigen Inhalte aufweisen. So ist bei Postern, Aufklebern, Kalendern, Schildern und Modellen aus Papier und Pappe; Papier, Pappe (Karton) nicht, jedenfalls nicht ohne weiteres ersichtlich, inwieweit diese Waren einen Königstest beinhalten, der Durchführung eines Königstests dienen können oder möglicherweise auf der Grundlage eines Königstests hergestellt werden. Der Verkehr wird zumindest weitere gedankliche Überlegungen anstellen, bevor er zu einer eher unsicheren Schlussfolgerung über den konkreten beschreibenden Bezug des Markenworts zur jeweiligen Ware gelangt. Damit kann der Anmeldemarke für diese Waren kein derart im Vordergrund stehender Charakter zugeordnet werden, dass ihr auch insoweit jegliche Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung abgesprochen werden muss. Insoweit ist die Marke auch nicht zur freien beschreibenden Verwendung durch die Mitbewerber freizuhalten, so dass hierfür kein Eintragungshindernis nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG festgestellt werden kann. Der Beschwerde war damit teilweise stattzugeben.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






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Az: 33 W (pat) 215/03


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