Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. August 2002
Aktenzeichen: 3 Ni 11/01
(BPatG: Beschluss v. 13.08.2002, Az.: 3 Ni 11/01)
Tenor
Die Erinnerung der Beklagten gegen den Beschluss des Rechtspflegers vom 13. August 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Beklagte.
Der Wert des Gegenstandes des Erinnerungsverfahrens beträgt 40.783,20 €.
Gründe
I.
Mit Urteil vom 7. März 2002 wurde die Klage abgewiesen mit der Folge, dass der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden. Der Rechtspfleger hat demgemäß auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 13. August 2002 die der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 122.329,15 € festgesetzt. Die für den auf Seiten der Beklagten mitwirkenden Patentanwalt geltend gemachten zwei Gebühren wurden nur in Höhe einer Gebühr analog § 143 Abs 5 PatG aF zuerkannt.
Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 5. September 2002 Erinnerung eingelegt mit dem Antrag, bei den Kosten für den mitwirkenden Patentanwalt auch eine zweite Gebühr (Verhandlungsgebühr) als erstattungsfähig anzuerkennen. Sie ist der Auffassung, dass die Mitwirkung des Patentanwalts wegen der besonderen Situation notwendig im Sinne des § 91 ZPO war. Es sei im übrigen seit langem anerkannt, dass in Patentnichtigkeitsstreitigkeiten für einen mitwirkenden (Patent)Anwalt zwei Gebühren erstattungsfähig seien. § 143 Abs 5 PatG in der seit 1. Januar 2002 geltenden Fassung sei daher anwendbar.
Die Klägerin ist dem entgegengetreten. Die Erstattung der Gebühren für einen mitwirkenden Anwalt in voller Höhe, wie es § 143 Abs 5 PatG nF nunmehr vorsehe, komme nach Art 14 der Überleitungsvorschriften zur Gesetzesänderung für Klagen, die vor dem 1. Januar 2002 eingelegt worden seien, nicht in Betracht.
Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die Erinnerung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt, § 99 Abs 1 PatG, § 104 Abs 3 ZPO, § 23 Abs 2 S 1 und 2 RPflG. Sie ist in zulässiger Weise auf einen Teil der Kosten beschränkt worden, die der Rechtspfleger für nicht erstattungsfähig angesehen hat (BPatGE 30, 69; Thomas-Putzo, ZPO, § 104, Rdnr 38).
Die Erinnerung ist jedoch nicht begründet, denn der Rechtspfleger hat für die Mitwirkung des Patentanwalts in analoger Anwendung des § 143 Abs 5 PatG aF zutreffend nur eine Gebühr zugesprochen.
1) a) Dass die Mitwirkung tatsächlich stattgefunden und der Patentanwalt auch an der mündlichen Verhandlung am 7. März 2002 teilgenommen hat, wird von der Klägerin nicht bestritten. Ebenso wenig ist die Frage der Notwendigkeit der Mitwirkung und deren Erstattungsfähigkeit in Zweifel gezogen worden. Insoweit verweist der Senat auf die ständige Rechtsprechung der Nichtigkeitssenate (vgl BPatGE 31, 51 und 75), wonach es in Fällen des § 143 Abs 5 PatG aF nicht für sinnvoll erachtet wurde, die Frage der Notwendigkeit einer Doppelvertretung jeweils im Einzelfall zu prüfen (BPatG aaO, S 77). Diese langjährige Spruchpraxis wird durch die Neuregelung des § 143 Abs 3 PatG in der Fassung des Art 3 des Gesetzes zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten vom 23. Juli 2002 (BlPMZ 2002, 353) nicht in Frage gestellt. Da sich an der Konstellation und der Aufgabenverteilung der Vertretung in Verletzungsverfahren einerseits und in Nichtigkeitsverfahren andererseits nichts geändert hat, ist die Neuregelung des § 143 Abs 3 PatG nF in gleicher Weise auf das Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht anzuwenden, wie es vor dem 1. Januar 2002 gemäß § 143 Abs 5 PatG aF der Fall war.
b) Aus Art 7 Nr 36 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes vom 13. Dezember 2001 (BlPMZ 2002, 14), der zur Änderung des § 143 Abs 5 PatG geführt hat, und der dazu veröffentlichten Begründung (BlPMZ aaO S 54, 55) lässt sich indessen nicht erkennen, wie mit Fällen zu verfahren ist, deren Anfang vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2002 liegt (s Art 30 Abs 1 des og Gesetzes, BlPMZ aaO, S 36). Zwar enthält Art 14 des Gesetzes Übergangsvorschriften zur Anwendbarkeit bisheriger Gebührensätze. Wenn der Begriff "Gebühr" im Sinne der Klägerin verstanden würde, könnte aus Abs 1 Nr 1 des § 14 abgeleitet werden, dass altes Recht anzuwenden wäre, wenn die Fälligkeit der Gebühr vor dem 1. Januar 2002 liegt. Aus dem Zusammenhang dieser Regelung mit der zugehörigen Begründung (BlPMZ aaO, S 43) ergibt sich allerdings, dass darin die Höhe der durch das Patentgebührengesetz an das Deutsche Patent- und Markenamt oder das Bundespatentgericht zu zahlenden Gebühren betroffen ist. Für die Frage, ob für den mitwirkenden Anwalt - wie bisher - nur eine oder nunmehr zwei Gebühren entsprechend dem vom Senat festgesetzten Gegenstandswert abgerechnet werden können, sagt diese Bestimmung nichts aus.
c) Seit August 1983 wird die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines im Patentnichtigkeitsverfahren mitwirkenden Patentanwalts nicht nach der Patentanwalts-Gebührenordnung, sondern nach der Bundesrechtsanwalts-Gebührenordnung in entsprechender Anwendung des § 10 Abs 1 BRAGO beurteilt (s Schulte, PatG, 6. Aufl, § 80, Rdnr 33; BPatGE 25, 222; 26, 68; 28, 107 und 193). Auch an dieser Entscheidungspraxis hält der Senat fest, denn auch hier ergeben sich durch die Gesetzesänderung keine Umstände, die zu einer Abkehr von der langjähriges Spruchpraxis und damit zu einer unterschiedlichen Behandlung der Gebührentatbestände von Rechtsanwälten einerseits und Patenanwälten andererseits zwingen würden.
Mit § 134 Abs 1 Satz 1 enthält die BRAGO eine Übergangsvorschrift, nach der die Vergütung nach altem Recht zu berechnen ist, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit iS des § 13 BRAGO vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Die beiden zuletzt genannten Tatbestandsmerkmale liegen hier ersichtlich nicht vor. Der Fall des Abs 1 Satz 2 des § 134 BRAGO ist hier nicht anwendbar, weil dort die Vergütung für das wegen derselben Sache anhängige Rechtsmittel-Verfahren geregelt ist, das nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung eingeleitet worden ist. Nach dem Gesetzeszweck sollte mit dieser Bestimmung ein eindeutiger Anknüpfungspunkt geschaffen werden, der alte Streifragen über den Beginn oder das Ende eines Rechtszuges oder einer Angelegenheit oder über den Zeitpunkt der Auftragserteilung oder der Fälligkeit der Vergütung beilegen sollte (s Hartmann Kostengesetze, 30. Aufl 2001, § 134 BRAGO, Rdnr 6).
Maßgeblich ist somit der Zeitpunkt der Auftragserteilung bzw in analoger Anwendung der BRAGO für die Vergütung mitwirkender Anwälte der Zeitpunkt der Anzeige der Mitwirkung eines Anwalts für das Verfahren vor dem Bundespatentgericht (vgl Hartmann, aaO, Rdnr 4; 6; 21). Soweit eine gesonderte Anzeige für die Mitwirkung eines weiteren Anwalts nicht erfolgt ist, muss sich dessen Tätigkeit unzweifelhaft entweder aus der Mitarbeit an eingereichten Schriftsätzen oder aus der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ergeben (vgl insow OLG München Mitt 1997, 167; OLG Frankfurt GRUR 1965, 506; Busse, PatG, 5. Aufl, § 143, Rdnr 406, 407; Benkard, PatG, 9. Aufl, § 143, Rdnr 23). Im vorliegenden Fall wurde die Mitwirkung eines (Patent)Anwalts dem Gericht mit Schriftsatz vom 21. Mai 2001 angezeigt. Da diese Anzeige deutlich vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der gesetzlichen Änderung des § 143 Abs 5 nF (nunmehr § 143 Abs 3) PatG zu den Akten gelangt ist, folgt aus § 134 Abs 1 Satz 1 BRAGO in entsprechender Anwendung, dass auf den vorliegenden Fall § 143 Abs 5 PatG in der bis zum 1. Januar 2002 maßgeblichen Fassung gilt und der auf Seiten der Beklagten mitwirkende Anwalt für das Verfahren vor dem Bundespatentgericht daher nur eine Gebühr beanspruchen kann.
2) Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Beklagte gemäß § 84 Abs 2 PatG iVm §§ 97 Abs 1, 104 Abs 3 ZPO.
3) Der Wert des Erinnerungsverfahrens ergibt sich aus dem mit der Erinnerung zur Überprüfung gestellten Betrag in Höhe einer Gebühr von 40.783,20 €.
Hellebrand Sredl Dr. Egerer Fa
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Beschluss v. 13.08.2002
Az: 3 Ni 11/01
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