Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Beschluss vom 7. November 2006
Aktenzeichen: 6 W 140/06
(Brandenburgisches OLG: Beschluss v. 07.11.2006, Az.: 6 W 140/06)
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird derKostenfestsetzungsbeschluss I des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom11. April 2006 - 31 O 89/02 - unter Zurückweisung der Beschwerde imÜbrigen teilweise abgeändert.
Aufgrund des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom13.09.2005 sind von dem Beklagten an Kosten der ersten Instanz4.611,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über demBasiszinssatz (§ 247 BGB) seit dem 29.09.2005 an die Klägerin zuerstatten.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 80%, der Beklagte
20 %.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 600,00 €festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin hat Klage erhoben im Scheckprozess.
Vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) hat am 07.01.2003 in eben diesem Verfahren eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Vor Gericht sind die Prozessbevollmächtigten der Parteien erschienen, wobei auf Klägerseite in Untervollmacht Rechtsanwältin € aufgetreten ist.
Im nachfolgenden Verfahren haben weitere Termine zur mündlichen Verhandlung am 11.03., 18.11.2003, 06.01.2004, 26.04. und 14.06.2005 stattgefunden. Nur die beiden letztgenannten Termine hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin selbst wahrgenommen. In allen anderen Terminen ist auf Klägerseite ein unterbevollmächtigter Rechtsanwalt aufgetreten.
Mit Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 13.09.2005 sind die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt worden.
Die Klägerin hat mit Antrag vom 27.09.2005 um Festsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten nachgesucht. Dabei hat sie u.a. eine Erörterungsgebühr (§§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO), nämlich eine 5/10-Gebühr in Höhe von 120,00 € angemeldet. Ferner hat sie anwaltliche Reisekosten zu den Terminen am 26.04. und 14.06.2005 angemeldet.
Daneben hat sie die Kosten des unterbevollmächtigten Anwaltes in Höhe von netto 1.268,50 € zur Festsetzung angemeldet.
Insgesamt hat die Klägerin die Festsetzung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 3.544,90 € begehrt.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss I vom 11. April 2006 hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten der ersten Instanz auf 4.491,20 € festgesetzt.
Dabei hat es lediglich außergerichtliche Kosten von 2.993,20 € für erstattungsfähig erachtet.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, im Scheckprozess sei weder eine Verhandlungs- noch eine Erörterungsgebühr angefallen. Aus dem Terminsprotokoll ergebe sich weder eine Erörterung noch seien Anträge gestellt worden.
Die zur Festsetzung angemeldeten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten und des Unterbevollmächtigten seien insgesamt insoweit erstattungsfähig, als sie die Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom Sitz seiner Kanzlei zum Ort des Prozessgerichtes nicht übersteigen würden. (Fiktive) Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu den 6 Gerichtsterminen seien jedoch nur in Höhe von gesamt 1.255,20 € angefallen (einschließlich Abwesenheitsgeld).
Gegen diesen ihr am 31.05.2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 02.06.2006 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin.
Diese meint, ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung vom 07.01.2003 habe eine Erörterung der Sache stattgefunden. Die Klägerin reicht insoweit einen Auszug aus den Handakten ihres Prozessbevollmächtigten mit dem Terminsbericht des unterbevollmächtigten Rechtsanwaltes vom 09.01.2003 ein.
Weiter meint die Klägerin, die von ihr angemeldeten Kosten des unterbevollmächtigten Rechtsanwalts seien erstattungsfähig, da sie nur unwesentlich über den fiktiven Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom Sitz seiner Kanzlei zum Ort des Terminsgerichts lägen. Zudem sei zu Beginn eines Prozesses nicht abzuschätzen gewesen, wie viele Verhandlungstermine für die Entscheidung im Rechtsstreit erforderlich würden. Die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts sei daher mit Unwägbarkeiten verbunden gewesen.
Es ist eine dienstliche Stellungnahme der den Vorsitz im Termin am 07.01.2003 führenden Richterin eingeholt worden.
II.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch nur teilweise Erfolg.
1. Die Klägerin kann die Erstattung einer Erörterungsgebühr (5/10-Gebühr in Höhe von 120,00 €) nach §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO verlangen.
Die besagte Gebühr ist entstanden unter Geltung der BRAGO.
Die Erörterungsgebühr fällt an, sobald in einem Termin zur mündlichen Verhandlung vor Gericht ein sachbezogenes Gespräch zwischen den Parteien und dem Gericht über tatsächliche und/oder rechtliche Fragen des Rechtsstreits stattgefunden hat. Zwar verhält sich das Protokoll vom 07.01.2003 nicht darüber. Auch die dienstliche Stellungnahme der am 07.01.2003 den Vorsitz führenden Richterin war unergiebig, da diese infolge Zeitablaufes keinerlei Erinnerung mehr hatte.
Die Klägerin hat aber durch Vorlage des Berichtes des den Termin am 07.01.2003 wahrnehmenden unterbevollmächtigten Rechtsanwalts glaubhaft gemacht, dass zwischen den Parteien und dem Gericht ein Gespräch über tatsächliche und rechtliche Fragen des Rechtsstreits stattgefunden hat.
Der Beklagte ist diesem Vortrag der Klägerin nicht entgegengetreten.
Es ist daher die angemeldete Erörterungsgebühr von 120,00 € dem bereits festgesetzten Erstattungsbetrag von 4.491,20 € hinzuzurechnen.
Eine Anrechnung auf die Verhandlungsgebühr des Nachverfahrens findet nicht statt. Die Anrechnung erfolgt lediglich hinsichtlich der Prozessgebühr, § 39 S. 2 BRAGO.
2. Die sofortige Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen Festsetzung der Reisekosten bzw. die Ablehnung der Festsetzung der Kosten eines unterbevollmächtigten Rechtsanwaltes wendet.
25Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat und wie in dem angefochtenen Beschluss auch zutreffend zitiert wird, sind die Kosten eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts nur insoweit erstattungsfähig als diese die (fiktiven) Reisekosten des Prozessbevollmächtigten vom Sitz seiner Kanzlei zum Ort des Prozessgerichtes nicht übersteigen.
Eben dieses ist der Fall. Wären die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu allen 6 Gerichtsterminen vom Sitz ihrer Kanzlei in Hannover angereist zum Ort des Prozessgerichtes, so wären insgesamt, wie in dem angefochten Kostenfestsetzungsbeschluss dargestellt, Fahrtkosten von 1.069,20 € zzgl. Abwesenheitsgeld von 186,00 €, mithin 1.255,20 € insgesamt angefallen.
Unter Berücksichtigung der Kosten des unterbevollmächtigten Anwalts (1.268,50 €) sowie der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu den Terminen am 26.04. und 14.06.2005 (gesamt 418,40 €) ergibt sich ein Gesamtbetrag von 1.686,90 €.
Die durch die Bevollmächtigung des Unterbevollmächtigten ausgelösten Kosten sind mithin höher als die (fiktiven) Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu sämtlichen Terminen beim Landgericht Frankfurt (Oder).
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass zu Beginn eines Rechtsstreits nicht absehbar ist, wie viele Verhandlungstermine bis zur Entscheidung eines Rechtsstreits erforderlich sein werden und deshalb die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts mit gewissen Unwägbarkeiten verbunden ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass, nachdem der unterbevollmächtigte Rechtsanwalt bereits 4 Termine wahrgenommen hatte vor dem Landgericht Frankfurt (Oder), bei Wahrnehmung der letzten 2 Gerichtstermine die Gesamtkosten des Unterbevollmächtigten betragsmäßig unter den (fiktiven) gesamten Reisekosten der Klägervertreter gelegen hätten; die Entfernung der Kanzlei des unterbevollmächtigten Rechtsanwalts zum Ort des Prozessgerichtes betrug lediglich 20 km. Bei Wahrnehmung der letzten beiden Gerichtstermine durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin war daher abzusehen, dass durch die Unterbevollmächtigung und die eigenen Reisekosten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin Kosten entstehen werden, die den fiktiven Gesamtbetrag der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersteigen werden. Zwar ist es dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der Sache nicht verwehrt, diese Termine selbst wahrzunehmen. Es ist jedoch die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten zu verneinen, da sie nicht notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 ZPO sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens war gemäß § 47 GKG festzusetzen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Brandenburgisches OLG:
Beschluss v. 07.11.2006
Az: 6 W 140/06
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