Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. April 2002
Aktenzeichen: 9 W (pat) 50/00

(BPatG: Beschluss v. 03.04.2002, Az.: 9 W (pat) 50/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der angefochtene Beschluß aufgehoben und das Patent 41 32 788 auf der Grundlage folgender Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

- Patentansprüche 1-6, eingegangen am 15. März 2002,

- angepaßte Beschreibungseinleitung, 1 Blatt eingegangen am 18. Februar 2002,

- Beschreibung Spalte 1, Zeile 43 bis Spalte 4, Zeile 54,

- Figuren 1-5, jeweils nach Patentschrift.

Gründe

I Mit Beschluß vom 8. Juni 2000 hat die Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts nach Prüfung des Einspruchs das am 2. Oktober 1991 angemeldete Patent mit der Bezeichnung

"Antrieb für wahlweisen Schön- oder Schön- und Widerdruck an Mehrfarben-Bogenrotationsdruckmaschinen"

widerrufen.

Die Patentabteilung ist der Auffassung, daß das Beanspruchte gegenüber dem Gegenstand nach der DE 41 32 250 C2 nicht mehr neu sei.

Gegen diesen Beschluß der Patentabteilung hat die Patentinhaberin Beschwerde erhoben.

Sie verteidigt das Patent mit der mit Schriftsatz vom 13. März 2002 am 15. März 2002 eingegangenen Fassung, die Patentansprüche 1 bis 6 umfaßt.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

Antrieb für wahlweisen Schön- oder Schön- und Widerdruck an Mehrfarben-Bogenrotationsdruckmaschinen in Reihenbauweise, bei denen die Druckwerkseinheiten über einen geschlossenen Räderzug verbunden sind, und wobei eine Verstellung der relativen Winkellage der Zylinder möglich ist und mindestens zwei Zahnräder auf einer gemeinsamen Achse angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass das von zwei Druckzylinderantriebsrädern (1) umgebene Wendetrommelantriebsrad (2) in der Ebene zur Ebene der Druckzylinderantriebsräder (1) versetzt angeordnet ist und die Verbindung der Druckzylinderantriebsräder (1) zum Wendetrommelantriebsrad (2) über je zwei Zwischenräder (4, 3; 5) erfolgt, von denen das Zwischenrad (4, 3) als auf einer gemeinsamen Welle (7) liegendes Ritzel (4) und als Losrad (3) ausgebildet ist und das Losrad (3) auf der Welle (7) mittels einer Formatkupplung (6) verschiebbar angeordnet ist.

Der dem Patentanspruch 1 nebengeordnete Patentanspruch 2 lautet:

Antrieb für wahlweisen Schön- oder Schön- und Widerdruck an Mehrfarben-Bogenrotationsdruckmaschinen in Reihenbauweise, bei denen die Druckwerkseinheiten über einen geschlossenen Räderzug verbunden sind, und wobei eine Verstellung der relativen Winkellage der Zylinder möglich ist und mindestens zwei Zahnräder auf einer gemeinsamen Achse angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass das von zwei Druckzylinderantriebsrädern (1) umgebene Wendetrommelantriebsrad (2) in der Ebene zu den Druckzylinderantriebsrädern (1) angeordnet ist und die Verbindung der Druckzylinderantriebsräder (1) zum Wendetrommelantriebsrad (2) über je zwei Zwischenräder (4, 3; 5) erfolgt, von denen das Zwischenrad (4, 3) als auf einer gemeinsamen Welle (7) liegendes Ritzel (4) und als Losrad (3) ausgebildet ist und das Losrad (3) auf der Welle (7) mittels einer Formatkupplung (6) verschiebbar angeordnet ist.

Rückbezogene Patentansprüche 3 bis 6 sind den Patentansprüchen 1 und 2 nachgeordnet.

Die Patentinhaberin trägt vor, daß das nunmehr Beanspruchte gegenüber dem Gegenstand nach der DE 41 32 250 C2 neu und durch den weiteren nachgewiesenen Stand der Technik nicht nahegelegt sei.

Sie beantragt sinngemäß, den Beschluß der Patentabteilung 27 vom 8. Juni 2000 aufzuheben und das Patent mit den in der Beschlußformel angegebenen Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende hat sich in der Sache nicht geäußert.

II Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig. Sie hat insofern Erfolg, als sie zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents führt.

1. Die Patentansprüche sind zulässig.

Patentanspruch 1 geht inhaltlich auf die erteilten Patentansprüche 1 und 5 zurück, in Verbindung mit der Beschreibung der Fig 3 in Sp 2, Z 46 bis Z 66. Der Patentanspruch 2 geht inhaltlich auf die erteilten Patentansprüche 2 und 5 zurück, in Verbindung mit der Beschreibung der Fig 4 und 5 in Sp 3, Z 1 bis Z 35. Der Patentanspruch 1 ergibt sich aus den ursprünglichen Patentansprüchen 1, 2 und 4 in Verbindung mit der ursprünglichen Beschreibung der Fig 3 auf S 5, 1. und 2. Abs. Weiterhin ergibt sich der Patentanspruch 2 aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3 und 4 in Verbindung mit der ursprünglichen Beschreibung der Fig 4 und 5 auf S 7, 3. und 4. Abs, und S 8. Die Patentansprüche 3 bis 6 entsprechen inhaltlich den erteilten Patentansprüchen 3 und 4 sowie 6 und 7, die wiederum den ursprünglichen Ansprüchen 2, 3, 5 und 6 entsprechen.

2. Das Patent betrifft einen Antrieb für wahlweisen Schön- oder Schön- und Widerdruck an Mehrfarben-Bogenrotationsdruckmaschinen. In der Beschreibungseinleitung der Patentschrift ist angegeben, daß bei der Bogenrotationsdruckmaschine nach der DE-AS 11 07 246 nachteilig ist, daß zur Formatänderung über das lösbare Ritzel die Antriebsräder der Übertragungszylinder voneinander gelöst werden.

Das dem Patent zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische Problem besteht daher darin, bei einer notwendigen Formatumstellung bzw. bei Betriebsartenwechsel in Bogenrotationsdruckmaschinen eine Trennung der Hauptantriebsräder des Antriebsräderzuges zu vermeiden.

Dieses Problem soll jeweils durch die Merkmale der Patentansprüche 1 und 2 gelöst werden.

3. Der beanspruchte Antrieb ist neu.

Er unterscheidet sich vom gattungsbildenden Antrieb nach der DE-AS 11 07 246 unbestritten durch die Merkmale der kennzeichnenden Teile der Patentansprüche 1 und 2.

Die DE 41 32 250 C2, die erst nach dem für den Zeitrang des angegriffenen Patents maßgeblichen Tag (2.10.91) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, zählt gemäß PatG §3 (2) zum Stand der Technik, da der Inhalt der zugehörigen Patentanmeldung einen älteren Zeitrang (27.9.91) aufweist und der Inhalt der DE 41 32 250 C2 in entscheidenden Punkten mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen der Anmeldung übereinstimmt.

Der Senat legt bei seiner nachfolgenden Bewertung als Durchschnittsfachmann einen Ingenieur des Maschinenbaus zugrunde, der berufliche Erfahrung auf dem Gebiet des Antriebs von Bogenrotationsdruckmaschinen aufweist.

Die DE 41 32 250 C2 weist einen Antrieb für wahlweisen Schön- oder Schön- und Widerdruck an Mehrfarben-Bogenrotationsdruckmaschinen in Reihenbauweise auf, bei denen die Druckwerkseinheiten über einen geschlossenen Räderzug verbunden sind, und wobei eine Verstellung der relativen Winkellage der Zylinder möglich ist. Der Räderzug wird dabei zwischen einem Druckwerkszylinderantriebsrad 1' und einem Wendetrommelantriebsrad 4, 4' über Zwischenräder 2, 2';3; 3' umgelenkt. Dabei sind die Zahnräder 2, 2' auf einer gemeinsamen Achse angeordnet. Diese Anordnung der Zwischenräder erfolgt hierbei nur zwischen einem Druckwerkszylinderantriebsrad und dem Wendetrommelantriebsrad, nicht aber auch ein weiteres mal zwischen dem Wendetrommelantriebsrad und dem weiteren Druckwerkszylinderantriebsrad, wie dies in den Patentansprüchen 1 und 2 beansprucht wird. Außerdem unterscheiden sich die beanspruchten Antriebe nach den Patentansprüchen 1 und 2 vom Antrieb nach der DE 41 32 250 C2 auch noch durch die Ausbildung der Zwischenräder; das Zwischenrad 2, 2' bzw die Zahnräder 3, 3' nach der DE 41 32 250 C2 weist bzw. weisen nämlich kein auf einer gemeinsamen Welle liegendes Losrad auf.

Die DD 54 703 betrifft eine Bogenführungseinrichtung in Mehrfarben-Bogenrotationsdruckmaschinen. Bei dieser Maschine sind nur die Greifer- und Saugersysteme zur Bogenübergabe ausgebildet. Angaben zum Antrieb der beteiligten Zylinder fehlen.

4. Der beanspruchte Antrieb ist ohne Zweifel gewerblich anwendbar. Er beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die DE 41 32 250 C2 hat auf Grund ihres nach dem Anmeldetag des Patents 41 32 788 C2 liegenden Veröffentlichungstages bei dieser Beurteilung außer Betracht zu bleiben.

In der DE-AS 11 07 246 wird eine Bogenrotationsdruckmaschine mit mehreren Druckwerkseinheiten gezeigt, deren Antrieb über einen geschlossenen Räderzug erfolgt. Zwischen zwei folgenden Druckzylindern I1, I2 sind dabei drei Übertragungszylinder T1, T2, T3 angeordnet. Dabei dient der dritte Übertragungszylinder T3 als Wendetrommel. Selbst wenn der Fachmann bei dieser Anordnung nur den Antrieb von drei aufeinanderfolgenden Zylindern T2, T3 und I2 mit dem Wendezylinder T3 in der Mitte aufgreift, erhält er hierbei keine Anregung zur beanspruchten Ausgestaltung des Antriebs mit zwei Zwischenrädern vor und nach der Wendetrommel gemäß Patentansprüchen 1 und 2. Denn bei dieser Anordnung sind der Welle des Zylinders T2 zwei Antriebsräder zugeordnet, von denen eines lose und eines drehfest auf der Welle sitzt, die Wellen der übrigen Zylinder weisen je ein drehfest angeordnetes Zahnrad auf. Der Antrieb der beiden Zahnräder 520, 530 des Zylinders T2 erfolgt über zwei Zwischenräder 510, 511, die auf einer Welle 507 angeordnet sind. Eines der Zwischenräder 511 ist auf der Welle dreh- und festklemmbar angeordnet und wird beim Umstellen von Schön- auf Schön- und Widerdruck nach Bedarf zur Formateinstellung verstellt. Dieser Antrieb weist somit vom Beanspruchten gemäß Ansprüchen 1 und 2 weg, bei dem die Zahnräder des Räderzugs symmetrisch zum Zahnrad der Wendetrommel angeordnet sind.

Da bei der DD 54 703 - wie bereits bei der Neuheit ausgeführt - der Antrieb der Zylinder nicht ausgebildet ist, kann deren Gegenstand das Beanspruchte nach den Ansprüchen 1 und 2 nicht nahelegen.

Die Patentansprüche 1 und 2 sind daher in der diesem Beschluß zugrundeliegenden Fassung beständig. Die Patentansprüche 3 bis 6 betreffen zweckmäßige weitere Ausbildungen der Gegenstände der Patentansprüche 1 und 2, die nicht selbstverständlich sind, und haben daher ebenfalls Bestand.

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BPatG:
Beschluss v. 03.04.2002
Az: 9 W (pat) 50/00


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