Anwaltsgerichtshof Celle:
Urteil vom 13. Februar 2012
Aktenzeichen: AGH 5/11
(AGH Celle: Urteil v. 13.02.2012, Az.: AGH 5/11)
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Februar 2011 - Aktenzeichen FAVerwR 4/06 - wird aufgehoben und dem Kläger wird gestattet, die Bezeichnung €Fachanwalt für Verwaltungsrecht€ zu führen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 12.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der seit Dezember 2002 zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Kläger beantragte mit Schreiben vom 12.10.2006 bei der Beklagten, ihm die Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Verwaltungsrecht" zu gestatten. Zum Nachweis seiner besonderen theoretischen Kenntnisse fügte er seinem Antrag ein Zeugnis gemäß § 6 FAO des Deutschen Anwaltsinstitutes e.V. bei. Dieses bestätigte ihm die erfolgreiche Teilnahme an drei einwöchigen Lehrgängen in der Zeit vom 19.05.2003 bis 03.04.2004 im Fachgebiet Verwaltungsrecht sowie die erforderlichen drei schriftlichen Aufsichtsarbeiten. Hinsichtlich der Einzelheiten des Zeugnisses wird auf Blatt 5 der Beiakte verwiesen.
Zum Nachweis seiner besonderen praktischen Erfahrungen gemäß §§ 5 a, 6 Abs. 3 FAO überreichte der Kläger auf entsprechenden Hinweis der Beklagten eine überarbeitete Fallliste, die am 20. Oktober 2006 bei der Beklagten einging (Blatt 7 bis 36 der Beiakte). Diese führte unter lfd. Nummerierung 102 Fälle auf. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Fallliste Bezug genommen. Unter Ziffern 3, 4, 5 und 10 werden Fälle aufgeführt, deren Bearbeitungszeitraum vor dem 12.10.2003 endete. Unter Ziffern 19 bis 21 werden drei gerichtliche Verfahren aufgeführt, die unter dem Aktenzeichen 3 A 1798/03 beim VG G. geführt wurden. Unter Ziff. 22 wird ein vor dem VG P. unter dem Aktenzeichen 3 L 917/03 geführtes Eilverfahren aufgeführt. Dort heißt es:
€Einreichung eines Eilantrages zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen einen Bescheid des Bundesverteidigungsministeriums zur Benutzung eines Sperrgebietes als Bombenabwurfplatzes. Die Mandantschaft wurde durch die Auswirkungen des Übungsplatzes erheblich im Betriebsablauf gestört. Da das Bundesverteidigungsministerium versucht hatte, die gesamte Angelegenheit als €Verwaltungskonzept€ durchzuführen, ging es im Wesentlichen um die rechtliche Einordnung dieser Maßnahme. Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage haben die Gerichte bis heute nicht hierzu gefunden, so dass es auf die Analogien zum Planfeststellungsrecht ankam. Materiell-rechtlich wurden die Grundrechte am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geltend gemacht und insoweit die privaten Interessen gegenüber dem Durchsetzungsinteresse des Bundesverteidigungsministeriums gegenübergestellt.€
Unter Ziffern 25 bis 27 werden drei Verfahren zu drei unterschiedlichen Aktenzeichen beim VG G. 3 A 1828/03, 3 A 1854/03 und 3 B 1853/03 aufgeführt.
Unter Ziffern 42, 51, 55 und 56 der Liste werden Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzung von Zweitwohnungssteuern für verschiedene Jahre nebst zwei sich anschließenden Klageverfahren beim VG O. zu den Aktenzeichen 2 A 1564/04 und 2 A 1562/04 aufgeführt, wobei das letztere Klageverfahren mit einem Vergleich beendet wurde, durch den das Ergebnis des erstgenannten Verfahrens übernommen werden soll.
Unter den Ziffern 33 bis 41 sowie 45 bis 47 und 49 werden verschiedene Widerspruchsverfahren eines Mandanten und dessen Schwester gegen Kurbeitragsbescheide der Jahre 2000 bis 2004 aufgeführt. Dabei ist für einen dieser beiden Mandanten ein Antrag beim VG O. gegen die sofortige Vollziehung eines Kurbeitragsbescheides unter dem Aktenzeichen 2 B 3752/03 gestellt worden.
Unter Ziffern 80 und 82 werden Verfahren aus dem Abgabenrecht aufgelistet, wobei es sich zum einen um das Klageverfahren VG O., Aktenzeichen 2 A 5408/05 und das Eilverfahren Aktenzeichen 2 B 5410/05 VG O. handelt. Auch bei den unter Ziff. 84 und 88 aufgeführten Verfahren ging es um ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und das entsprechende Klageverfahren. Unter Ziff. 87 wird unter dem Aktenzeichen 3 L 797/05 ein Verfahren vor dem VG P. genannt. Hier handelt es sich um ein Eilverfahren in Form eines Abänderungsantrages gegen den unter Ziff. 22 aufgeführten Beschluss.
Unter Ziff. 28 und 97 werden Verfahren beim VG O., Aktenzeichen 2 A 27/05 und dem OVG L., Aktenzeichen 7 LA 87/06, aufgeführt, wobei es sich bei dem letztgenannten Verfahren um das Berufungsverfahren zu dem unter Ziff. 28 aufgeführten Verfahren handelt.
Mit Schreiben vom 26.09.2007 teilte der Berichterstatter des Fachausschusses mit, er habe dem Kläger bereits am 02. März 2007 telefonisch Bedenken gegen die eingereichte Fallliste mitgeteilt und darauf verwiesen, dass Fälle aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt nicht hinsichtlich der einzelnen Instanzen in mehrere Fälle aufgeteilt werden könnten. Dies gelte für Widerspruchsverfahren, Klageverfahren, Berufungsverfahren und Eil- und Beschwerdeverfahren. Diese Hinweise erfolgten am 26.09.2007 schriftlich. Mit Schreiben vom 01.03.2008 wies der Berichterstatter erneut auf die angesprochene Problematik hin. Darüber hinaus kritisierte er, es sei nicht erkennbar, dass sich die Fälle der Fallliste auf drei Schwerpunkte beziehen. Der Kläger listete die Fälle entsprechend den Schwerpunkten dann mit Schriftsatz vom 04. April 2008 auf. Hinsichtlich der einzelnen Fälle wird auf den Vortrag im Schriftsatz vom 04. April 2008 verwiesen. Darüber hinaus wurde per 05.04.2008 eine überarbeitete Fallliste vorgelegt, die um die Fälle 104 bis 121 ergänzt wurde. Die Fälle Ziffer 1 bis 102 entsprachen der zunächst eingereichten Fallliste, wobei die Bearbeitung der Fälle mit folgenden Ziffern vor dem 05.04.2005 endete: 1 bis 7, 10 bis 13, 16 bis 21, 23, 24, 25 bis 27, 29 bis 32, 43, 44, 48, 50, 52, 60 bis 64 sowie 66, mithin insgesamt 37 Fälle.
Im Übrigen weist die neue Fallliste mit dem Stand 05.04.2008 (Blatt 54 bis 87 der Beiakte) unter Fall Ziffer 112 ein vor dem OVG L. unter dem Aktenzeichen 7 MC 239/07 geführtes Klageverfahren aus, während unter Ziff. 113 das dazugehörige Eilverfahren aufgeführt wird (Aktenzeichen 7 MS 45/08).
Nach Überprüfung der neu eingereichten Fallliste mit Stand 5. April 2008 wurde die weitere Stellungnahme des Fachausschusses eingeholt, die zu dem Ergebnis kam, dass nach Abzug der 37 außerhalb des Zeitraumes 05.04.2005 bis 05.04.2008 liegenden Fälle 20 weitere Fälle wegen einheitlicher Lebenssachverhalte abzulehnen seien, sodass die 64 verbleibenden Fälle die erforderliche Fallzahl nicht erreichten. Mit Bescheid vom 02. Februar 2011, dem Kläger zugestellt am 03. Februar 2011, wurde der Antrag des Klägers zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid hat er am 16. Februar 2011 Klage erhoben, die am 23. Februar 2011 beim Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof eingegangen ist.
Er beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom
02. Februar 2011zu gestatten, die Bezeichnung "Fachanwalt für Verwaltungsrecht" zu führen.
Der Kläger verweist darauf, dass er aufgrund der Hinweise des Berichterstatters des Prüfungsausschusses eine geänderte Fallliste eingereicht habe, womit eine Verschlechterung seiner Ausgangsposition nicht beabsichtigt gewesen sei. Stelle man auf den Antragszeitpunkt und die ursprüngliche Liste ab, seien die Fallzahlen erreicht. Er erläutert und vertieft seinen Vortrag hinsichtlich der Fälle mit den Ziffern 22 und 87 und verweist darauf, dass die Zielrichtungen des Hauptsache- und Eilverfahrens jeweils verschieden seien und daher unterschiedliche Begründungen erforderten. Zudem handele es sich bei den Verfahren 28/97 um umfangreiche Verfahren im Abfallrecht mit zahlreichen Beteiligten, sodass in einem solchen Fall Ausgangs- und Rechtsmittelverfahren nicht als ein Fall anzurechnen seien. Entsprechendes gelte für die Verfahren Ziffer 84 und 88 der Fallliste, weil es sich im Eilverfahren um die vorläufige Zulassung zu einer mündlichen Prüfung handelte, während es im dazugehörigen Hauptsacheverfahren um materielles Prüfungsrecht ging.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist darauf, dass sich der 3-Jahres-Zeitraum durch die weitere Fallliste verschoben habe und vor diesem Hintergrund allein wegen des nicht mehr eingehaltenen 3-Jahres-Zeitraumes alle Fälle herausfielen, die vor dem 05.04.2005 beendet waren. Dies seien 37 Fälle, wie im Rahmen des angefochtenen Bescheides festgestellt. Im Übrigen sei erneut auf die Fälle zu verweisen, die aufgrund des einheitlichen Lebenssachverhaltes als nur ein Fall gewertet werden müssten. Abgesehen davon seien die erforderlichen Fallzahlen auch nicht nachgewiesen, wenn man auf die ursprüngliche Fallliste abstelle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegende Personalakte des Klägers Bezug genommen.
II.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Verleihung der Bezeichnung €Fachanwalt für Verwaltungsrecht€ (§§ 1, 2 Abs. 1 FAO).
1. Der Kläger hat durch Vorlage des Zeugnisses gemäß § 6 FAO des Deutschen Anwaltsinstitutes e.V. Sitz B. vom April 2004 den erforderlichen Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse auf dem Gebiet des Verwaltungsrechtes (§§ 2, 4, 6 FAO) erbracht (Bl. 5 der Beiakte). Da der Antrag am 12.10.2006 gestellt wurde, war nach der damals geltenden Fassung der FAO (Stand: 01.07.2006) die Vorlage weiterer Fortbildungsnachweise gemäß § 15 FAO entbehrlich. Hier ist die dem Kläger günstigere Fassung der FAO anzuwenden. Danach begann die Fortbildungsverpflichtung erst ab 01.01.2007, während der Kläger den Antrag vor diesem Zeitpunkt gestellt hat.
2. Der Kläger hat auch nachgewiesen, dass er auf dem Gebiet des Verwaltungsrechtes innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragstellung die erforderliche Anzahl von Fällen aus dem Bereich des Verwaltungsrechts bearbeitet hat und damit über die erforderlichen besonderen praktischen Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügt (§§ 1, 2 Abs. 2, 5 a, 8 FAO).
Nach §§ 5 a, 8 FAO muss der Kläger zum Nachweis seiner besonderen praktischen Erfahrungen persönlich und weisungsfrei 80 Fälle aus dem Bereich des Verwaltungsrechtes bearbeitet haben, wovon 30 gerichtliche Verfahren erforderlich sind. Der Kläger hat zunächst auf telefonischen Hinweis des Berichterstatters des Prüfungsausschusses und weiterer schriftlicher Hinweise eine überarbeitete Fallliste mit Stand 05.04.2008 eingereicht, bei der bereits 37 Fälle vor Beginn des relevanten 3-Jahres-Zeitraumes (05.04.2005) abgeschlossen waren. Damit verbleiben unter Berücksichtigung der strittigen Fälle, die auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt beruhen, deutlich weniger zu berücksichtigende Fälle als bei der ursprünglichen Fallliste (Zeitraum 12.10.2003 bis 12.10.2006), die um 19 Fälle aufgestockt wurde. Der Kläger hat mit der Klageschrift klargestellt, dass er seinen Antrag in erster Linie auf die ursprünglich eingereichte Fallliste stützt. Insoweit ist zunächst zugunsten des Klägers von dem maßgeblichen Fallzeitraum 12. Oktober 2003 bis 12. Oktober 2006 auszugehen. Eine Verschiebung des 3-Jahres-Zeitraumes nach hinten ist eine im Ermessen stehende Möglichkeit zugunsten eines Antragstellers (vgl. Feuerich/ Weyland, BRAO, 8. A. 2012, § 5 Rz. 7 FAO; BGH NJW 2003, 883; Berliner Erfahrungsaustausch 2001, BRAK-Mitt. 2002, 28), die keineswegs zu Lasten und gegen den Willen des Antragstellers zu berücksichtigen ist.
Diese weist 102 Fälle aus.
Die Fälle der laufenden Ziffern 3, 4, 5 und 10 liegen auch nach eigenen Angaben des Klägers außerhalb des Zeitraumes, weil die Bearbeitung vor dem 12.10.2003 endete. Diese Fälle sind somit nicht zu berücksichtigen, sodass lediglich 98 Fälle verbleiben, von denen der Kläger in der Klageschrift inzwischen selbst ausgeht.
Die Fälle mit den Ziffern 19 bis 21 sind hingegen in vollem Umfange zu berücksichtigen. Der Kläger hat bereits in der ersten Fallliste darauf verwiesen, dass es sich um mehrere Grundstücke handele. Die Beklagte geht ausweislich der Ausführungen Blatt 117 der Beiakte davon aus, dass es sich um verschiedene Grundstücke eines einzigen Mandanten handele. Demgegenüber hat der Kläger mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 (Blatt 122 der Beiakte) ausgeführt, dass es sich nicht um dieselbe Mandantschaft, sondern um verschiedene Anwohner eines Straßenzuges handele und das Verwaltungsgericht drei eigenständige Verfahren zusammengezogen habe. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Wenn es sich ursprünglich um drei Klagen mit drei Grundstücken und drei verschiedenen Klägern gehandelt hat, können diese Verfahren nicht nur als ein Fall gewertet werden. Auch wenn die rechtliche Konstellation identisch sein mag, sind weder die betroffenen Grundstücke noch die beteiligten Mandanten identisch. Dies wäre jedoch Voraussetzung für einen einheitlichen Lebenssachverhalt. Wie im Erschließungsbeitragsrecht ist bei solchen sog. Serienverfahren nämlich die Belastung eines jeden Grundstückseigentümers für jedes Grundstück anhand der jeweiligen Umlagekriterien gesondert zu prüfen (vgl. AGH Celle BRAK-Mitt. 2002, 142). Dementsprechend ist hinsichtlich der Fälle mit den Ziffern 19 bis 21 kein Abzug gerechtfertigt.
Entsprechendes gilt für die Verfahren der laufenden Ziffern 25 bis 27. Auch hier trägt der Kläger mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 vor, dass es sich um unterschiedliche Beteiligte gehandelt habe. Ausweislich der Fallliste handelt es sich um drei Verfahren vor dem Verwaltungsgericht G., die mit unterschiedlichen Aktenzeichen geführt und auch nicht zeitgleich eingeleitet wurden. Anhaltspunkte für eine doppelte Rechtshängigkeit durch Identität der jeweiligen Kläger in den Fällen der Ziffern 19 bis 21 sowie 25 bis 27 sind nicht erkennbar. Insofern ist hier, weil andere Kläger und andere Grundstücke betroffen sind, nicht von einem einheitlichen Lebenssachverhalt auszugehen, sondern lediglich von einem rechtlich gleich gelagerten Fall. Auch hier gilt das vorstehend Ausgeführte, sodass ein Abzug wiederum nicht gerechtfertigt ist.
Hinsichtlich der Verfahren der Ziffern 33 bis 41, 45 bis 47 sowie 49 handelt es sich um Verfahren zweier Beteiligter, nämlich von Geschwistern, die sich mit dem Rechtsbehelf des Widerspruches gegen Kurbeitragsbescheide für die Zeit 2000 bis 2004 gewandt haben, wobei es sich nach der Fallliste jeweils um gesonderte Bescheide handelt. Für einen der Beteiligten wurde unter Ziffer 34 ein Antrag vor dem Verwaltungsgericht O. gegen die sofortige Vollziehung des Kurbeitragsbescheides für das Jahr 2000 gestellt (Aktenzeichen 2 B 3752/03). Von den genannten 13 Verfahren berücksichtigt die Beklagte lediglich eines.
Es handelt sich auch hier um sog. Serienverfahren verschiedener Beteiligter und unterschiedlicher Jahre. Die Voraussetzungen, ob und in welchem Umfange die Beteiligten die Wohnung für private Urlaubszwecke genutzt haben, ist für jeden der beiden Beteiligten und jedes Jahr gesondert zu prüfen. Es ist somit kein Abzug gerechtfertigt.
Es verbleiben damit 98 Fälle.
Die Fälle der Ziffern 42, 51,55 und 56 werden im angefochtenen Bescheid lediglich als ein Fall berücksichtigt. Es handelt sich nach der Fallliste um zwei Widerspruchsverfahren mit offensichtlich zwei unterschiedlichen Bescheiden in unterschiedlichen Bearbeitungszeiträumen. Während der Bescheid, gegen den offensichtlich am 04.11.2003 Widerspruch eingelegt worden ist, die Jahre 2000 bis 2003 betrifft, erfasst das Verfahren Ziffer 51 einen weiteren Bescheid für das Jahr 2004, gegen den am 09.02.2004 Widerspruch eingelegt wurde. Beide Verfahren mündeten in getrennte Klageverfahren, die prozessual unterschiedlich endeten. Das Verfahren gegen den zweiten Bescheid (VG O. 2 A 1562/04) endete mit einem Vergleich, in dem das Ergebnis des anderen Verfahrens übernommen werden sollte. Die Verfahren haben somit andere prozessuale Verläufe genommen. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, Widerspruchs- und Klageverfahren jeweils zusammen zu fassen, sodass ein Abzug von nur zwei Fällen (42 und 51) gerechtfertigt ist.
Es verbleiben danach 96 Fälle.
Schließlich handelt es sich bei den Fällen der Ziffern 22/87, 80/82, 84/88 sowie 28/97 jeweils um Hauptsache- und Eilverfahren. Diese sind wegen der Falldefinition des § 5 BRAO grundsätzlich jeweils als ein Verfahren zu werten (vgl. Feuerich/Weyland, a.a.O. § 5 BRAO Rz. 31; Berliner Erfahrungsaustausch a.a.O. S. 27). Bei dem Verfahren Fall Ziffer 87 handelte es sich um einen Abänderungsantrag zu einem im Eilverfahren ergangenen Beschluss, der ca. zwei Jahre später gestellt wurde. Es kann ausdrücklich offen bleiben, ob hier überhaupt ein Abzug gerechtfertigt ist. Denn selbst nach Abzug von vier Fällen verbleiben 92 Fälle, sodass die Voraussetzungen der §§ 5 a, 8 FAO erfüllt sind.
Von diesen Verfahren entfallen auch mehr als 30 auf gerichtliche Verfahren und 60 Fälle auf drei Gebiete des besonderen Verwaltungsrechts gemäß § 5 I a FAO.
Damit hat der Kläger den Nachweis seiner besonderen praktischen Erfahrungen erbracht.
Ein Anlass, die Berufung nach §§ 124 VwGO, 112 e BRAO zuzulassen, besteht nicht.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 112 c Abs. 1 BRAO, 154 Abs. 1, 167 Abs. 1 und 2 VwGO sowie § 709 ZPO.
Die Wertfestsetzung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senates in vergleichbaren Angelegenheiten und orientiert sich an der wirtschaftlichen Bedeutung der Fachanwaltsbezeichnung.
AGH Celle:
Urteil v. 13.02.2012
Az: AGH 5/11
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