Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 19. April 2011
Aktenzeichen: 4a O 236/09

(LG Düsseldorf: Urteil v. 19.04.2011, Az.: 4a O 236/09)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents A(im Folgenden: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 29.04.2005 unter Inanspruchnahme der Priorität der B vom 29.04.2004 in englischer Verfahrenssprache angemeldet, wobei die Offenlegung der Patentanmeldung am 02.11.2006 erfolgte. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 18.11.2009 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Die Beklagte zu 3) hat am 27.01.2010 neben weiteren Einspruchsführern Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents eingelegt. Über die Einsprüche wurde bisher nicht entschieden.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung "Zusammensetzungen mit fluorsubstituierten Olefinen" ("Compositions containing fluorine substituted olefins"). Sein Patentanspruch 1 lautet:

"Verwendung einer ein Tetrafluorpropen (HFO-1234) umfassenden Zusammensetzung als Kältemittel in einer Auto-Klimaanlage."

Hinsichtlich der Formulierung des durch die Klägerin nur hilfsweise geltend gemachten Unteranspruchs 7 wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Die Beklagten gehören zur international tätigen C Gruppe, die verschiedene Chemikalien und Polymere produziert und vertreibt. Die Beklagte zu 1), deren Konzernmutter die Beklagte zu 2) ist, ist für die Vermarktung der C Produkte in Deutschland verantwortlich. Bei der Beklagten zu 3) handelt es sich um eine französische Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2).

Nach der Richtlinie 2006/40/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 17.05.2006 über die Emission aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen und zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG des Rates erhalten Kraftfahrzeuge mit einer Klimaanlage, die darauf ausgelegt ist, fluorierte Treibhausgase mit einem Treibhauspotential von über 150 zu erhalten, seit dem 01.01.2011 keine EG-Typengenehmigung mehr. Damit wird auch der Einsatz des Kältemittels R-134a untersagt, welches bisher überwiegend in Klimaanlagen für Kraftfahrzeuge verwendet wurde.

Als Reaktion darauf fand sich in dem Magazin D, Ausgabe März 16/23, 2009 ein Pressebericht, wonach beabsichtigt sei, zwischen 500 und 3000 Tonnen des Kältemittels E herzustellen, abhängig von der Nachfrage und den Kapazitäten der Automobilhersteller. Zum genauen Inhalt des Presseberichtes wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Anlage K 5 Bezug genommen. Zudem fand sich vor Erteilung des Klagepatents auf der Internetseite der Beklagten eine Pressemitteilung vom 29.10.2008, in der es unter anderem heißt:

"In the runup to the stricter environmental standards coming into force in 2011, C, a world leader in fluorinated gases, has developed E, a new fluorinated fluid with a low GWP designed to gradually replace HFC 134a currently used in automotive airconditioning circuits. […]

A 4th generation substitute for automotive airconditioning circuits, E is characterized in particular by a global warming potential index (GWP = 4) that is much lower than that of HFC 134a (GWP = 1,300) currently on the market.

To assist its automotive customers with this latest challenge, C has announced plans to produce E on an industrial scale in Europe, using an innovative process developed by ist own R&D, within the time scale set out under Directive 2006/40/CE. […]"

(vgl. Anlage K 5)

Übersetzt:

"Im Vorgriff auf die ab 2011 in Kraft tretenden strengeren Umweltnormen bietet C, einer der weltweit führenden Anbieter von Fluorgasen, E, ein neues Fluorgas mit einem niedrigen GWP-Wert an, um allmählich das zurzeit in Kfz-Klimaanlagen verwendete HFKW 134a zu ersetzen. […]

E ist ein Substitut der vierten Generation für Kfz-Klimaanlagen und zeichnet sich insbesondere durch ein niedriges globales Erwärmungspotential (GWP = 4) aus, das weit unter dem GWP von HFKW (GWP = 1300), das heute vermarktet wird, liegt.

Um ihre Kunden aus der Automobilindustrie angesichts dieser neuen Herausforderung zu unterstützen, hat C ein Produktionsprojekt E im Industriemaßstab in Europa innerhalb der von der Richtlinie 2006/40/EU vorgegebenen Fristen angekündigt. […]."

(vgl. Anlage K 5a)

Des Weiteren erfolgte am 09.10.2008 durch die Beklagte zu 3) bei dem Europäischen Amt für Chemische Stoffe (ECHA = European Chemicals Agency) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des europäischen Parlamentes und des Rates vom 18.12.2006 (sog. REACH-Verordnung) eine Registrierungsanfrage für die Produktion oder den Import von HFO-1234yf, hinsichtlich deren genauen Inhalts auf die Anlage K 6 verwiesen wird. Zudem erschien in dem Fachmagazin ACtion in der Ausgabe Mai 2009 folgende, verkleinert wiedergegebene Werbeanzeige der Beklagten zu 3):

Dieses Magazin wird von der Mobile F veröffentlicht und an ihre Mitglieder versandt, von denen sich zahlreiche Mitglieder in Deutschland befinden.

Überdies hielten die Beklagten auf einer Konferenz des Deutschen Verbands der Automobilindustrie (VDA) mit dem Titel "Alternative Refrigerant Winter Meeting", die am 11. und 12.02.2009 stattfand, eine Präsentation mit dem Titel "E Stakes for Environment and Air Conditioning". Im Hinblick auf die zugehörige Powerpoint-Präsentation wird auf die Anlage K 11 verwiesen.

Weiterhin machte die Klägerin eine Industriegasflasche ausfindig, deren Etikett nachfolgend verkleinert wiedergegeben wird:

Die vorstehend eingeblendete Fotografie wurde von einem Vertriebshändler der Klägerin im Juni 2010 an der Technischen Universität Paris, École des Mines bei G erstellt. Auf die Anlage K 12 wird insoweit Bezug genommen.

Außerdem erhob die Beklagte zu 3) gemeinsam mit der C Inc. am 10.06.2010 vor dem District Court des Eastern District of Pennsylvania in den USA eine negative Feststellungsklage betreffend zweier US-Patente der Klägerin, die ebenfalls den Einsatz von E als Kältemittel in Auto-Klimaanlagen betreffen. In der Klageschrift findet sich unter anderem (in deutscher Übersetzung):

"22. Cs Abnehmer streben an, E für die Nutzung in Auto-Klimaanlagen zu erwerben. Zahlreiche Automobilhersteller und Zulieferer von Ersatzteilen in den Vereinigten Staaten und in Europa haben bei C die Lieferung von E an sie zur Nutzung in Auto-Klimaanlagen angefragt." […]

"24. C ist überdies auf zumindest eine Anfrage eines US-Automobilherstellers eingegangen und hat ein Festpreisangebot für die Lieferung von E in die Vereinigten Staaten gemacht. C befindet sich im Antwortprozess auf anderweitige Anfragen für Angebote zur Lieferung von E an Automobilhersteller."

(vgl. Anlage K 13a, S. 6)

Darüber hinaus fand sich am 29.10.2010 auf der Internetseite www.H.com, in deren Impressum die Beklagten zu 2) und zu 3) angegeben sind, folgende Presseerklärung vom 22.01.2010:

"[…] As part of this initiative, C has announced plans to produce R-E on an industrial scale. With negligible GWP, R-E is a substitute for HFC-134a in automotive airconditioning systems." […]

Übersetzt:

"[…] Als Teil dieser Initiative hat C Pläne angekündigt, R-E im industriellen Maßstab herzustellen. Mit zu vernachlässigendem Erderwärmungspotential ist R-E ein Ersatz für HFC-134a in Auto-Klimaanlagen."

Schließlich fanden sich am 14.10.2010 auf der Internetseite www.C-inc.com folgende Aussagen:

"C is already producing laboratory scale quantities of RE, and intends to produce on an industrial scale in Europe […]

With this project, C confirms its longterm commitment to meeting customers‘ needs, in terms of both location (Europe, North America and Asia)…"

Übersetzt:

"C stellt bereits labormaßstabsmäßige Mengen von RE her und beabsichtigt, industriemaßstabsmäßig in Europa zu produzieren […]

Mit dieser Aussicht bestätigt C sein langfristiges Engagement, den Kundenbedürfnissen nachzukommen. Dies betrifft nicht nur den Standort (Europa, Nordamerika und Asien)…"

Ergänzend wird auf die Anlagen K 20 und K 20a Bezug genommen.

Nach Auffassung der Klägerin verletzen die Beklagten das Klagepatent. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1) selbst Angebotshandlungen gegenüber deutschen Automobilherstellern vorgenommen oder zumindest den Vertrieb über andere Konzerngesellschaften ermöglicht oder gefördert habe. Jedenfalls habe sie Kenntnis vom Angebot und der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland gehabt.

Die Beklagte zu 2) sei als Störerin ebenfalls passivlegitimiert. Es sei davon auszugehen, dass der als Anlage K 5 vorgelegte Pressebericht nicht wie von den Beklagten behauptet von der Beklagten zu 3), sondern von der Beklagten zu 2) stamme, da dort als Kontaktadresse nur "C" und nicht "C France" angegeben sei. Neben der Beklagten zu 2) existiere im C-Konzern keine andere Gesellschaft mit dem Einzelnamen "C" ohne weiteren Zusatz mit Sitz in Frankreich. Weiterhin habe die Beklagte zu 2) den Vertrieb über ihre Tochtergesellschaften ermöglicht und gefördert. Dabei habe sie in ihrer Funktion als Mutterkonzern die strategische Entscheidung über das "ob" des Markteintritts der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland getroffen und steuere den Vertrieb innerhalb Deutschlands zentral über ihre Vertriebsunternehmen, insbesondere über die Beklagte zu 1). Die Entscheidungen über die Herstellung, den Markteintritt und die Steuerung des angegriffenen Kältemittels würden die wesentliche Grundlage für die Quelle der Patentverletzung bilden. Jedenfalls habe sie Kenntnis von Angebot und Lieferung der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland gehabt. Dies folge bereits daraus, dass der gesetzliche Vertreter der Beklagten zu 2) zugleich gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 3) sei. Damit erlange die Beklagte zu 2) zugleich mit der Beklagten zu 3) Kenntnis von dem relevanten Tatbestand.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR - ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

Tetrafluorpropen (E) in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, das sinnfällig hergerichtet ist zur Verwendung als Kältemittel in einer Autoklimaanlage;

hilfsweise:

Tetrafluorpropen (E), das geeignet ist, als Kältemittel mit einer Zusammensetzung in einer Auto-Klimaanlage verwendet zu werden,

anzubieten und/oder zu liefern,

a) ohne im Falle des Anbietens im Angebot darauf hinzuweisen, dass das Tetrafluorpropen (E) nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des europäischen Patents Nr. 1 716 216 als Kältemittel in einer Zusammensetzung in einer Auto-Klimaanlage verwendet werden darf;

b) ohne im Falle des Lieferns die Abnehmer durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung zu verpflichten, nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des europäischen Patents Nr. A das Tetrafluorpropen (E) als Kältemittel in einer Zusammensetzung in einer Auto-Klimaanlage zu verwenden;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1) bezeichneten Handlungen seit dem 18.12.2009 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten unter Ziffer 1) bezeichneten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie - im Falle von mehreren Teilbestellungen aufgeteilten Bestellungen - durch Kennzeichnung der jeweils zusammenhängenden Teile der Bestellungen;

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnung, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei die Beklagten Bestell- und Lieferscheine oder Rechnungen vorzulegen haben;

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnung sowie der Namen und Anschriften der einzelnen Angebotsempfänger, wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

3. der Klägerin zu gestatten, den Urteilskopf und Urteilstenor auf Kosten der Beklagten durch jeweils eine halbseitige Anzeige in drei aufeinanderfolgenden Ausgaben des von der Mobile I veröffentlichten Fachmagazins "J" öffentlich bekannt zu machen;

II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1) bezeichneten Handlungen seit dem 18.12.2009 entstanden ist und noch entstehen wird.

In Bezug auf die Formulierung der auf Unteranspruch 7 gestützten Hilfsanträge wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Klageschrift Bezug genommen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise: die Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung über den durch die Beklagte zu 3) gegen die Erteilung des Klagepatents erhobenen Einspruch.

Sie rügen zunächst die fehlende internationale Zuständigkeit der Kammer in Bezug auf die gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) gerichtete Klage.

Des Weiteren behaupten die Beklagten, sie hätten das in Rede stehende Kältemittel nach Erteilung des Klagepatents weder in der Bundesrepublik Deutschland angeboten oder dorthin geliefert, noch sei dies beabsichtigt, solange das Klagepatent in Kraft sei.

Überdies sei die Beklagte zu 2) als Holdinggesellschaft auch nicht operativ tätig und habe daher patentverletzende Handlungen weder im deutschen Inland, noch im Ausland vorgenommen. Vielmehr würden die jeweiligen Tochtergesellschaften das operative Geschäft jeweils unabhängig von der Beklagten zu 2) betreiben. Die Beklagte zu 2) nehme auf ihre Tochtergesellschaften keinen Einfluss. Soweit die Klägerin ihren Verletzungsvorwurf auf die Anlagen K 5, K 6, K 7 und K 11 stütze, würden diese Unterlagen aus dem Zeitraum vor Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents stammen. Auch das als Anlage K 12 vorgelegte Foto begründe keine patentverletzende Handlung in Deutschland. Das Etikett sei in englischer Sprache verfasst und damit erkennbar nicht für den deutschen Markt bestimmt. Überdies handele es sich um eine Industriegasflasche, die Verbindung E im gasförmigen Zustand stelle jedoch kein Kältemittel für Klimaanlagen in Automobilen dar.

Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Einspruchsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Das Klagepatent nehme die Priorität nicht wirksam in Anspruch. Weder habe die Klägerin den Übergang des Prioritätsrechts hinreichend dargelegt, noch sei der Gegentand der Patentansprüche 1 und 7 vom Offenbarungsgehalt des Prioritätsdokumentes gedeckt. Überdies sei die Prioritätsschrift nicht die erste Anmeldung im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EPÜ. Ferner werde die technische Lehre des Klagepatents durch die WO K, die WO L, die WO M, die WO N sowie die JP O neuheitsschädlich, zumindest aber naheliegend vorweggenommen. Schließlich beruhe das Klagepatent auf einer unzulässigen Änderung und sei auch nicht ausführbar.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Zwar würden die als Anlagen K 5, K 6, K 7 und K 11 vorgelegten Unterlagen aus der Zeit vor der Erteilung des Klagepatents stammen. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass in der Automobilindustrie jahrelange Vorlaufzeiten üblich seien. Zudem sei die als Anlage K 5 vorgelegte Pressemitteilung, wie der in der mündlichen Verhandlung als Anlage K 5a vorgelegte Ausdruck zeige, nach wie vor auf der Seite www.p.com abrufbar, wobei man zu dieser Seite über eine einfache "Google-Suche" gelange. Darüber hinaus sei auch die als Anlage K 11 vorgelegte Präsentation nach wie vor auf der Internetseite des Deutschen Verbands der Automobilindustrie (VDA) abrufbar, die ebenfalls über eine "Google-Suche" erreichbar sei.

Ferner werde die Störereigenschaft der Beklagten zu 2) nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei der Beklagten zu 2) um eine reine Holding-Gesellschaft handele. Vielmehr über die Beklagte zu 2) als Muttergesellschaft der Beklagten zu 1) und zu 3) die Oberleitung der Gesellschaft aus, wobei sie auch in die geschäftlichen Entscheidungen bezüglich der Herstellung und den Vertrieb maßgeblich mit eingebunden sei. Überdies hafte die Beklagte zu 2) auch für ihr Organ und Vorstandsmitglied, ihren Chairman und Chief Executive Officer Q, der als leitende Führungskraft für die weltweite Absatzplanung der Beklagten zu 2) sämtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der Markteinführung des Kältemittels E mitgetroffen und als Vorstandsvorsitzender an sämtlichen Verletzungshandlungen mitgewirkt habe. Die patentverletzenden Handlungen in Deutschland würden auch aus seinem Verantwortungsbereich stammen. Schließlich seien die Beklagten zu 1) und 3) ihrer Muttergesellschaft insoweit weisungsgebunden, als es um die Frage gehe, ob das streitgegenständliche Kältemittel überhaupt auf dem deutschen Markt eingeführt werde, denn die Entscheidung über die Errichtung von Produktionsanlagen, von denen die Automobilhersteller mit dem streitgegenständlichen Kältemittel beliefert werden sollen, sei von der Beklagten zu 2) als Muttergesellschaft getroffen worden. Da der Vertrieb des Produkts in Deutschland maßgeblich von der Herstellung in diesen Produktionsanlagen abhänge, sei von einer faktischen Abhängigkeit auszugehen. Jedenfalls in diesem Umfang übe die Beklagte zu 2) eine konkrete Leitungsmacht über ihre beiden Tochtergesellschaft aus.

Darüber hinaus könnten Klimaanlagen in Automobilen nicht mit Wärmepumpen oder stationären Klimaanlagen gleichgesetzt werden. Insbesondere müsse eine Auto-Klimaanlage die Kühlung über eine breite Spanne von Betriebsbedingungen gewährleisten. Da Kondensatortemperaturen von 65 °C und mehr erreicht würden, müsse das Kältemittel in der Lage sein, sehr hohen Verdichtungstemperaturen stand zu halten. Zudem müsse das Kühlmittel mit den Geräten, für die es genutzt werde, kompatibel sein und aufgrund der Nähe zum benzingetriebenen Motor spezifischen Anforderungen an die Entflammbarkeit genügen. Schließlich habe auch die Art und Weise, in der die verschiedenen Komponenten miteinander kombiniert werden, ebenso wie die verwendete Methode für den Betrieb des Kompressors Bedeutung für die Auswahl des Kühlmittels.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht sowie Gestattung der Veröffentlichung des Urteils aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3, 140e PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB nicht zu. Das Vorbringen der Klägerin lässt die tatrichterliche Feststellung nicht zu, dass die Beklagten von der technischen Lehre des Klagepatentes bereits unmittelbar oder mittelbar Gebrauch gemacht haben oder das zumindest eine entsprechende Erstbegehungsgefahr besteht.

I.

Ohne Erfolg haben die Beklagten in Bezug auf die gegen die Beklagte zu 2) und 3) gerichtete Klage die Rüge der mangelnden internationalen Zuständigkeit erhoben, da sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die geltend gemachten deliktsrechtlichen Ansprüche der Klägerin wegen einer Verletzung des Klagepatents aus Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (kurz: EuGVVO) ergibt.

1.

Demnach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, vor den Gerichten eines anderen Mitgliedsstaates verklagt werden, wenn Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung Gegenstand des Verfahrens sind und das schädigende Ereignis in diesem Mitgliedsstaat eingetreten ist oder einzutreten droht. Von dieser Regelung werden alle nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO anknüpfenden Klagen erfasst, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht werden soll. Dazu gehören auch Unterlassungsansprüche (Zöller/Geimer, ZPO 28. Aufl., Anh. 1 Art. 5 EuGVVO Rz. 23). Als Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, kommt sowohl der Handlungsort, als auch der Erfolgsort in Betracht (aaO Rz. 26). Im Falle der Verletzung eines europäischen Patents kann das grundsätzlich nur der Ort sein, wo der betreffende nationale Schutzrechtsteil belegen ist (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Aufl.: Rz. 491), also die Bundesrepublik Deutschland für die Verletzung des deutschen Teils eines europäischen Patents. Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO reicht es aus, dass die Verletzung des geschützten Rechtsguts im Inland behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Die Zuständigkeit ist nicht davon abhängig, dass eine Rechtsverletzung tatsächlich eingetreten ist (BGH GRUR 2005, 431 - Hotel Maritime). Unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr steht der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO auch für vorbeugende Unterlassungsklagen zur Verfügung, § 5 Nr. 3 a. E. EuGVVO (vgl. auch Kühnen/Geschke, a. a. O.).

2.

Vor diesem Hintergrund ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte auch für die gegen die Beklagten zu 2) und 3) gerichtete Klage gegeben. Unter Berücksichtigung des Vortrages der Klägerin ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Klägerin gegen die Beklagten Ansprüche wegen einer Verletzung des Klagepatents, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt einer Erstbegehungsgefahr, zustehen. Ob die Klägerin demgegenüber tatsächlich entsprechende Ansprüche gegen die Beklagten hat, ist keine Frage der Zuständigkeit, sondern der Begründetheit.

Nach dem Vortrag der Klägerin fand sich am 29.10.2010 und damit nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents auf der Internetseite www.C.com, auf der die Beklagten zu 2) und 3) als Verantwortliche genannt sind, der Hinweis, dass "C" im industriellen Umfang R-E produzieren wolle, das HFC-134a in Auto-Klimaanlagen ersetzen soll (vgl. Anlage K 19). Dies steht in Einklang mit einer entsprechenden Mitteilung auf der Internetseite www.C-inc.com. Darüber hinaus bestätigt auch unter anderem die Beklagte zu 3) in der als Anlage K 13a vorgelegten VS-Klageschrift auf Seite 5, dass C eine Erhöhung der Produktion anstrebt. Schließlich hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die als Anlage K 5 vorgelegte Presseerklärung auch nach Erteilung des Klagepatents auf der Seite www.p.com, auffindbar über Google, abrufbar gewesen sei. Gleiches gilt für die als Anlage K 11 vorgelegte Präsentation, die nach dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nach wie vor auf der Seite des Deutschen Verbandes der Automobilhersteller (VDA), zu finden über eine "Google-Suche", abrufbar war.

II.

Das Klagepatent betrifft Kältemittelzusammensetzungen, die zur Verwendung in Auto-Klimaanlagen geeignet sind.

Wie das Klagepatent einleitend ausführt, werden Fluide auf der Basis von vollhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffen beispielsweise in Klimaanlagen-, Wärmepumpen- und Kälteerzeugungsanwendungen verwendet. Eines der geläufigsten Verfahren zum Abkühlen oder Erhitzen in einem Kälteerzeugungssystem ist nach der Klagepatentbeschreibung der Dampfverdichtungszyklus, dessen Funktionsweise sich anhand der durch die Parteien vorgelegten, Wikipedia entnommenen Skizze verdeutlichen lässt:

Der Dampfkompressionskreislauf beinhaltet den Wechsel der Aggregatzustände des Kältemittels von der flüssigen in die gasförmige Phase durch Wärmeaufnahme bei relativ geringem Druck, die Verdichtung des Dampfes zu einem relativ erhöhten Druck und relativ erhöhter Temperatur, kondensieren des Dampfes zu der flüssigen Phase durch Temperaturabnahme bei diesem relativ erhöhten Druck sowie die Reduzierung des Drucks, um den Kreislauf erneut zu starten.

Das Klagepatent führt weiter aus, dass seit vielen Jahren vollhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe in vielen Wärmeaustauschfluiden wie Kältemitteln eine bevorzugte Komponente darstellen würden. Jedoch habe in den letzten Jahren die Sorge um potentielle Schädigungen der Erdatmosphäre und des Erdklimas zugenommen, wobei bestimmte Verbindungen auf Chlorbasis als in dieser Hinsicht besonders problematisch identifiziert worden seien. Die Verwendung von Chlor enthaltenden Zusammensetzungen (wie vollhalogenierten Chlorfluorkohlenwasserstoffen [FCKWs]), teilhalogenierten Chlorfluorkohlenwasserstoffen [H-FCKWs]) und dergleichen als Kältemittel in Klimaanlagen- und Kälteerzeugungssystemen sei wegen der mit vielen derartigen Verbindungen assoziierten ozonschädigenden Eigenschaften in Ungnade gefallen. Daher habe ein zunehmender Bedarf an neuen voll- und teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffverbindungen und Zusammensetzungen bestanden, die Alternativen für Kälteerzeugungs- und Wärmepumpenanwendungen bieten. So sei es beispielsweise wünschenswert geworden, chlorfreie, die Ozonschicht nicht schädigende Kältemittel wie teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKWs) einzusetzen. Dabei sei es jedoch wichtig, dass auch diese Stoffe hervorragende Wärmeübertragungseigenschaften und nur eine geringe oder gar keine Toxizität aufweisen sowie chemisch stabil, nicht entflammbar und schmiermittelverträglich seien. Zudem sollen die Ersatzstoffe für FCKW-Kältemittel ohne größere Veränderung des Aufbaus der mit FCKW-Kältemitteln verwendeten Dampfverdichtungstechnik effektiv arbeiten können.

Wie die Klagepatentschrift weiter ausführt, sind im Stand der Technik als Kältemittel höhere Fluoralkene, das heißt fluorsubstituierende Alkene mit mindestens fünf Kohlenstoffatomen, vorgeschlagen worden. Die US-R von S betreffe die Herstellung von fluorierten C5- bis C8-Verbindungen mit mindestens einem bestimmten Unstättigungsgrad. Nach der Patentschrift von S sollen - so führt die Klagepatentschrift weiter aus - derartige höhere Olefine zur Verwendung als Kältemittel, Pestizide, dielektrische Fluide, Wärmeübertragungsfluide, Lösungsmittel und Zwischenprodukte bei verschiedenen chemischen Reaktionen geeignet sein.

Diese fluorierten Olefine kritisiert das Klagepatent jedoch dahingehend, dass einige dieser Verbindungen dazu neigen würden, Substrate, insbesondere Allzweckkunststoffe wie Acrylharze und ABS-Harze, anzugreifen. Außerdem könnten die bei S beschriebenen höheren olefinischen Verbindungen auch wegen des potentiellen Toxizitätsgrades unerwünscht sein. Schließlich könnten derartige Verbindungen einen Siedepunkt aufweisen, der für eine Verwendung als Kältemittel bei bestimmten Anwendungen zu hoch sei.

An den als weiterer Stand der Technik erwähnten Bromfluormethan- und Bromchlorfluormethanderivaten, die eine breite Anwendung als Feuerlöschmittel in geschlossenen Bereichen wie Flugzeugkabinen und Computerräumen gefunden hätten, bezeichnet es das Klagepatent als nachteilig, dass diese stark ozonschädigend seien.

Sodann befasst sich das Klagepatent mit der JP T, die den Erhalt von neuen Fluiden für Wärmeübertragungszwecke betreffe, die für Wärmepumpen und Wärmekraftmaschinen geeignet seien. Bei der offenbarten Erfindung handele es sich um ein Wärmeübertragungsmedium, das eine organische Verbindung umfasse, die durch die Molekularformel C3HmFm (worin m von 1 bis 5 sei, n von 1 bis 5 und m+n=6) dargestellt werden könne und eine Doppelbindung in der Molekularstruktur aufweise.

In der US U, so führt die Klagepatentschrift weiter aus, werde ein Verfahren zur Herstellung eines fluorierten Alkans, nämlich 1, 1, 1, 3, 3 - Pentafluorpropan, beschrieben, welches sich zur Verwendung als Treibmittel bzw. Kältemittel eignen solle. Das Verfahren umfasse einen Schritt der Addition von Fluorwasserstoff an 1, 1, 1, 3, 3 - Pentafluorpropen in flüssiger Phase in Gegenwart eines Hydrohalogenierungskatalysators. Es werde auch ein Verfahren zur Bildung von 1, 3, 3, 3 - Tetrafluorpropen beschrieben, das sich zur Verwendung als Zwischenprodukt von Arzneimitteln und Agrochemikalien und als funktionelle Materialien sowie als Kältemittel eignen solle.

Schließlich werde in der US V ein Kit und ein Verfahren zur Umrüstung einer R12-Klimaanlage zu einer R134A-Klimaanlage offenbart.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein Kältemittel zur Verwendung in einer Auto-Klimaanlage zu entwickeln, das gegenüber dem Stand der Technik den Vorteil hat, die Ozonschicht nicht zu zerstören und das eine vernachlässigende Wirkung auf die Erderwärmung hat. Ferner soll es ähnliche Eigenschaften wie die bekannten Kältemittel besitzen und dabei keine wesentlichen technischen Veränderungen gegenüber der konventionellen Dampfkompressionstechnologie erfordern und damit kostengünstig sein.

Dies geschieht nach Patentanspruch 1 durch eine Kombination der folgenden Merkmale:

(1) Verwendung einer ein Tetrafluorpropen (HFO-1234) umfassenden Zusammensetzung

(2) als Kältemittel

(3) in einer Auto-Klimaanlage

III.

Anhand des Vortrages der Klägerin lässt sich die tatrichterliche Feststellung nicht treffen, dass die Beklagten bereits von der technischen Lehre des Klagepatents unmittelbar oder mittelbar Gebrauch gemacht haben. Ebenso lässt sich nicht feststellen, dass zumindest eine entsprechende Erstbegehungsgefahr besteht.

1.

Das Vorbringen der Klägerin lässt die tatrichterliche Feststellung nicht zu, dass die Beklagten bereits unmittelbar oder mittelbar von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben.

a)

Unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr stehen der Klägerin die gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche nur zu, wenn die Beklagten mindestens einmal im räumlichen Geltungsbereich des Klagepatents die durch das Klagepatent geschützte Erfindung den Vorschriften der §§ 9 bis 13 zuwider benutzt hätten (§ 139 Abs. 1 PatG), das heißt, wenn sie mindestens einmal im räumlichen Geltungsbereich des Klagepatents eine der (vielerlei) Benutzungshandlungen vorgenommen hätten, zu denen nach § 9 PatG allein der Patentinhaber befugt ist (BGH in GRUR 1957, 208 , 211 - Grubenstempel; GRUR 1964, 491 , 493 - Chloramphenicol; BGH GRUR 1970, 358, 359 - Heißlüfter). Bei einem Verwendungspatent ist dem Patentinhaber in der Bundesrepublik Deutschland neben dem Herrichten für die geschützte Verwendung insbesondere das Anbieten und Inverkehrbringen des hergerichteten Erzeugnisses im Inland vorbehalten, und zwar auch dann, wenn das Herrichten im Ausland erfolgt ist. Die Ausfuhr und ihr Anbieten vom Inland aus verletzen das Patent ebenso wie die Einfuhr ins und der Besitz im Inland zum Zweck des Vertriebs oder des Gebrauchs (vgl. Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage, S. 783).

b)

Vor diesem Hintergrund lässt sich anhand des Tatsachenvortrages der Klägerin eine bereits erfolgte unmittelbare wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents durch die Beklagten nicht feststellen.

Soweit die Klägerin auf die Anlagen K 5, K 6 sowie K 7 abstellt, stammen diese aus der Zeit vor der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents. Gleiches gilt für die als Anlage K 11 vorgelegten Unterlagen, bei denen es sich um eine Präsentation handelt, die sich auf einen im Rahmen einer Konferenz des Deutschen Verbands der Autoindustrie (VDA) gehaltenen Vortrag bezieht, die vom 11.02. - 12.02.2009 stattfand. Derartige "Benutzungshandlungen" aus dem Zeitraum vor Erteilung des Klagepatents reichen, auch wenn die Einführung neuer Produkte in der Automobilindustrie möglicherweise mit einer langen Vorlaufzeit verbunden ist, zur Begründung einer Wiederholungsgefahr jedoch nicht aus. Angebots- und Lieferhandlungen der Beklagten vor Erteilung des Klagepatents stellen keine Verletzungshandlung dar.

Dass die als Anlage K 5 vorgelegte Erklärung nach dem Vortrag der Klägerin wie aus der Anlage K 5a ersichtlich auch am 21.03.2011 im Internet abrufbar war, rechtfertigt keine andere Bewertung. Wie bereits der Fußzeile der Anlage K 5a zu entnehmen ist, stammt der entsprechende Auszug aus der Internetseite www.p.com und nicht, wie die als Anlage K 5 vorgelegte Erklärung, von der Internetseite der Beklagten. Damit könnte es sich bei dieser Internetseite nur dann um ein patentrechtlich relevantes Angebot handeln, wenn die Veröffentlichung auf der Seite www.p.com den Beklagten zurechenbar wäre. Dass dies der Fall ist, lässt sich nicht feststellen. Da die ursprüngliche Veröffentlichung auf der Internetseite der Beklagten aus der Zeit vor Patenterteilung stammt und damit rechtmäßig war, erwächst daraus insbesondere auch keine Pflicht der Beklagten, dass Internet danach zu durchsuchen, ob dort auf Seiten, für deren Inhalt die Beklagten nicht verantwortlich sind, die ursprüngliche Erklärung der Beklagten weiterhin zum Abruf bereitgehalten wird. Dies gilt umso mehr, da auch die auf der Internetseite www.p.com bereitgestellte Presseerklärung das Datum 29.10.2008 trägt, so dass deutlich erkennbar ist, dass die entsprechende Erklärung der Beklagten vor Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung abgegeben wurde.

Gleiches gilt für den Hinweis der Klägerin, die als Anlage K 11 vorgelegte Präsentation sei nach wie vor auf der Internetseite des Deutschen Automobilverbandes (VDA) abrufbar, wobei die entsprechende Seite über "Google" zu finden sei. Auch insoweit lässt sich nicht feststellen, dass das Bereithalten der Präsentation auch nach Erteilung des Klagepatents durch die Beklagten veranlasst oder diesen zurechenbar ist. Vielmehr wird durch das Bereithalten der Präsentation lediglich dokumentiert, dass ein entsprechender Vortrag im Februar 2009 und damit vor Erteilung des Klagepatents durch die Beklagten gehalten wurde. Da die entsprechende Präsentation aus der Zeit vor Erteilung des Klagepatents stammt und damit keine Patentverletzung darstellt, lässt sich - ebenso wie in Bezug auf die Anlage K 5 - daraus nicht der Schluss ziehen, dass die Beklagten die angegriffene Ausführungsform auch nach der Erteilung des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland zur Verwendung als Kältemittel in Auto-Klimaanlagen anbieten.

Ferner vermag auch die als Anlage K 12 vorgelegte Fotografie eine unmittelbare, wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents nicht zu begründen. Zum Einen ist bereits nicht erkennbar, dass der in der Flasche enthaltene Stoff "E" (1-Propene, 2, 3, 3, 3 - tetrafluoro) tatsächlich für die Verwendung als Kältemittel in Auto-Klimaanlagen sinnfällig hergerichtet wurde. Inbesondere genügt insoweit der auf der Flasche zu findende Hinweis "R-12" nicht, da es sich bei diesem Stoff um ein Kältemittel handelt, das nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten in verschiedenen kühltechnischen Anlagen und damit nicht nur in Auto-Klimaanlagen, sondern z. B. auch in Kühlschränken zur Anwendung kommt. Zum Anderen ist auch weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass die Flasche tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland angeboten oder dorthin geliefert wurde. Dem Vortrag der Klägerin lässt sich insoweit nur entnehmen, dass die Flasche von der Beklagten zu 3) stamme und von einem Vertriebshändler der Klägerin im Juni 2010 an der Technischen Universität Paris fotografiert worden sei. Entsprechend ist auch unklar, wann diese Flasche in den Besitz der Technischen Universität Paris gelangt ist.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die "Funkuhr"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes berufen (vgl. BGH GRUR 2002, 599 - Funkuhr I; BGH GRUR 2007, 313 - Funkuhr II). Zwar weist die Klägerin zurecht darauf hin, dass danach in grenzüberschreitenden Fällen auch ein im Ausland ansässiger Lieferant für die Verletzung inländischer Patentrechte mitverantwortlich sein kann, wenn er den patentverletzenden Gegenstand in Kenntnis des Klagepatentes und in Kenntnis des Bestimmungslandes liefert und damit den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich mitverursacht. Dass dies hier jedoch der Fall ist, ist weder anhand konkreter Tatsachen vorgetragen, noch ersichtlich.

Auch die als Anlagen K 13/K 13a vorlegte Klageschrift, mit der die Beklagte zu 3) mit ihrer amerikanischen Schwestergesellschaft eine negative Feststellungsklage in Bezug auf zwei parallele amerikanische Patente erhoben hat, rechtfertigt keine andere Bewertung. Zwar findet sich dort, dass C eine Erhöhung der Produktion von E anstrebt (vgl. Anlage K 13a, S. 2, Ziff. 6.), wobei "Cs Abnehmer" auch anstreben würden, E in Auto-Klimaanlagen zu erwerben (vgl. Anlage K 13a, S. 6, Ziff. 22). Dies stellt jedoch ebenso wenig ein Angebot der angegriffenen Ausführungsform dar wie der Hinweis, zahlreiche Automobilhersteller und Zulieferer von Ersatzteilen in den Vereinigten Staaten und in Europa hätten bei C die Lieferung von E an sie zur Nutzung in Auto-Klimaanlagen angefragt (vgl. Anlage K 13a, S. 6, Ziff. 22 a. E.). Soweit sich demgegenüber in der Klageschrift der Hinweis darauf findet, C sei auf zumindest eine Anfrage eines US-Automobilherstellers eingegangen und befinde sich im Antwortprozess auf anderweitige Anfragen für Angebote zur Lieferung von E an Automobilhersteller (vgl. Anlage K 13a, S. 6, Ziff. 24), bezieht sich diese Äußerung ausschließlich auf die USA, nicht aber auf Europa und damit auch nicht auf die Bundesrepublik Deutschland.

Zudem handelt es sich auch bei der als Anlagen K 19/K 19a vorgelegten Presseerklärung vom 22.01.2010 um kein Angebot der angegriffenen Ausführungsform. Zwar ist patentrechtlich unter einem Anbieten jede Handlung zu verstehen, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Form zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt, so dass jede Art des Anbietens, die Dritten die Abgabe von Geboten auf Überlassung ermöglicht, genügt (vgl. BGH GRUR 1970, 358, 360 - Heißläuferdetektor). Jedoch handelt es sich bei dieser Pressemitteilung lediglich um einen allgemein gehaltenen Hinweis, dass "C" Pläne bekanntgegeben habe, R-Eim industriellen Umfang herzustellen, welches HF-123a in Auto-Klimaanlagen ersetzen soll. Dass das Mittel demgegenüber bereits zum Erwerb in der Bundesrepublik Deutschland bereit steht, lässt sich der Pressemitteilung nicht entnehmen.

Gleiches gilt schließlich für den als Anlagen K 20/K 20a vorgelegten Auszug der Internetseite www.C-inc.com. Unabhängig davon, welche Gesellschaft aus dem C-Konzern für den Inhalt dieser Seite verantwortlich ist, handelt es sich jedenfalls auch bei dieser Mitteilung lediglich um die Ankündigung, R-E im industriellen Umfang in Europa herzustellen, nicht aber um ein Angebot im patentrechtlichen Sinne.

c)

Der Klägerin stehen auch keine Ansprüche wegen einer bereits erfolgten mittelbaren Verletzung des Klagepatents zu.

Eine mittelbare Verletzung des Verwendungspatents liegt - unter den sonstigen Voraussetzungen des § 10 PatG - vor, wenn der nicht hergerichtete Stoff zum Zweck erfindungsgemäßer Anwendung angeboten oder geliefert wird. Nach den Regeln über den Verfahrensschutz würde dies nicht nur dann gelten, wenn das Anbieten oder Liefern zum gebrauchsfertigen Herrichten, sondern auch zur unmittelbaren Anwendung erfolgt. Jedoch muss bei Verwendungspatenten, die im Sinne eines zweckgebundenen Sachschutzes für das hergerichtete Erzeugnis verstanden werden, allein den hierfür und nicht den für den Verfahrensschutz geltenden Grundsätzen gefolgt werden. Für die mittelbare Verletzung bedeutet dies, dass sie nur in Betracht kommt, wenn das Anbieten oder Liefern zum gebrauchsfertigen Herrichten, nicht aber zur unmittelbaren Anwendung erfolgt. Gleiches ergibt sich, wenn die Verwendungserfindung durch ein zweckgebundenes Stoffpatent geschützt ist (Bernhard/Kraßer, PatentR, 6. Aufl., S. 784; LG Düsseldorf GRUR-RR 2004, 193, 196 - Ribavarin).

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten die angegriffene Ausführungsform nicht zur unmittelbaren Anwendung, sondern zum gebrauchsfertigen Herrichten in der Bundesrepublik Deutschland angeboten oder geliefert hätten, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Vielmehr richtet sich das Angebot der Beklagten auch nach dem Vortrag der Klägerin an Automobilhersteller und Werkstätten, die die angegriffene Ausführungsform nicht sinnfällig herrichten, sondern diese in Klimaanlagen für Automobile einsetzen und damit anwenden. Das Liefern zur unmittelbaren Anwendung stellt jedoch - wie bereits dargestellt - gerade keine mittelbare Patentverletzung dar.

2.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr gegen die Beklagten kein patentrechtlicher (vorbeugender) Unterlassungsanspruch zu.

Ein solcher vorbeugender Unterlassungsanspruch käme nur dann in Betracht, wenn zwar noch kein Patenteingriff erfolgt ist, aber ernsthafte und greifbare Tatsachen dafür vorliegen, dass sich die Beklagten in naher Zukunft rechtswidrig verhalten werden (vgl. BGH GRUR 1992, 318, 319 - Jubiläumsverkauf; GRUR 1993, 53, 55 - ausländischer Inserent). Die drohende Verletzungshandlung muss sich dabei in tatsächlicher Hinsicht so greifbar abzeichnen, dass eine zuverlässige Beurteilung unter patentrechtlichen Gesichtspunkten möglich ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.05.2008, Az.: I-2 U 86/06 m. w. N.; vgl. auch Schulte/Kühnen, Patentgesetz, 8. Auflage, § 139 Rz. 35). Danach setzt der hier geltend gemachte Unterlassungsanspruch voraus, dass über die bloße Möglichkeit einer zukünftigen Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents durch die Beklagten hinaus konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine solche Patentverletzung in naher Zukunft ernsthaft und greifbar zu besorgen ist. Das kann die Kammer hier nicht feststellen.

Soweit die Klägerin zur Begründung einer Verletzung des Klagepatents auf die Anlagen K 5, K 6 und K 7 sowie K 11 abstellt, stammen diese Unterlagen aus der Zeit vor der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents. Derartige "Benutzungshandlungen" aus dem Zeitraum vor Erteilung des Klagepatents reichen auch unter Berücksichtigung des Vortrages der Klägerin, in der Automobilindustrie bestünden bei der Einführung neuer Produkte lange Vorlaufzeiten, zur Begründung einer Erstbegehungsgefahr betreffend den Zeitraum ab Erteilung nicht aus. Sie begründen keine Befürchtung, die Beklagten werden sich auch nach Erteilung des Klagepatents nicht entsprechend der dann geltenden Rechtslage verhalten (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 7, 1 - Sterilisationsverfahren). Angebote der Beklagten vor Erteilung des Klagepatents stellen somit keine Verletzungshandlung dar und begründen auch keinen vorbeugenden Unterlassungsanspruch wegen einer drohenden Patentverletzung.

Ebenso wenig, wie die nunmehr nach dem Vortrag der Klägerin über die Internetadresse www.p.com abrufbare Pressemitteilung vom 29.10.2008 (vgl. Anlage K 5a) und die über die Internetseite des Deutschen Verbands der Automobilindustrie abrufbare Präsentation (Anlage K 11) eine Verletzung des Klagepatents darstellen, vermögen sie eine Erstbegehungsgefahr für eine derartige Verletzung zu begründen. Wie bereits ausgeführt, lässt sich nicht feststellen, dass die Veröffentlichung dieser Pressemitteilung sowie der Präsentation nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatentes den Beklagten zuzurechnen ist. Da die entsprechenden, durch die Beklagten abgegebenen Erklärungen zunächst rechtmäßig waren, vermögen sie auch nicht eine entsprechende Nachforschungspflicht der Beklagten zu begründen. Auf die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer III. 1. lit. b) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Zudem lassen auch die als Anlagen K 19/K 19a sowie K 20/K 20a vorgelegten Auszüge aus den Internetseiten www.C.com sowie www.C-inc.com nicht den Schluss zu, dass die Beklagten die angegriffene Ausführungsform in naher Zukunft sinnfällig zur Verwendung als Kältemittel in Auto-Klimaanlagen in der Bundesrepublik Deutschland anbieten, in Verkehr zu bringen oder gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einführen oder besitzen werden. Während es sich bei der Mitteilung gemäß Anlagen K 19/K 19a lediglich um eine allgemein gehaltene Ankündigung zur Herstellung von R-E im industriellen Maßstab in Europa handelt, enthält die als Anlagen K 20/K 20a vorgelegte Erklärung zwar den weiteren Hinweis, dass bereits labormäßige Mengen von R-E hergestellt wurden. Rückschlüsse darauf, dass die Beklagten konkret beabsichtigen, die angegriffene Ausführungsform gerade in der Bundesrepublik Deutschland zur Verwendung als Kältemittel in Auto-Klimaanlagen anzubieten, lassen sich aus dieser allgemein gehaltenen Mitteilung jedoch nicht ziehen. Insbesondere ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagten tatsächlich zumindest beabsichtigen, Proben von R-E zur Verwendung als Kältemittel in Auto-Klimaanlagen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder dorthin zu liefern.

Gleiches gilt für die in den USA eingereichte Feststellungsklage, in welcher sich zwar der Hinweis findet, zahlreiche Automobilhersteller und Zulieferer von Ersatzteilen in den Vereinigten Staaten und in Europa hätten bei C die Lieferung von E an sie zur Nutzung in Autoklimaanlagen angefragt. Diese Anfragen Dritter lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass die Beklagten die angegriffene Ausführungsform auch tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland zur Verwendung als Kältemittel in Auto-Klimaanlagen anbieten. Soweit die Beklagte zu 3) zusammen mit ihrer amerikanischen Schwestergesellschaft demgegenüber darauf hinweist, C sei zumindest auf eine Anfrage eingegangen, nimmt sie Bezug auf die Anfrage eines US-Automobilherstellers. Rückschlüsse darauf, die Beklagten würden die angegriffene Ausführungsform auch zur Verwendung in Kälte-Klimaanlagen für Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland anbieten, lassen sich daraus ebenso wenig ziehen wie aus dem nicht näher konkretisierten Hinweis, C befinde sich im Antwortprozess auf anderweitige Anfragen für Angebote zur Lieferung von E an Automobilhersteller.

Da es somit an einer Erstbegehungsgefahr fehlt, lässt sich eine solche auch nicht dadurch (nachträglich) konstruieren, dass die Klägerin die Beklagten erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert hat. Denn ohne das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs müssen die Beklagten eine derartige Erklärung nicht abgeben.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird im Einvernehmen mit den Parteien auf 10.000.000,- EUR festgesetzt.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 19.04.2011
Az: 4a O 236/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b5a92fdde692/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_19-April-2011_Az_4a-O-236-09




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