Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Oktober 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 252/01
(BPatG: Beschluss v. 15.10.2002, Az.: 33 W (pat) 252/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") ist gegen die - am 10. Juni 1997 veröffentlichte - farbige (orange, grau, schwarz, weiß) Eintragung vom 2. April 1997 der Marke 396 43 924 siehe Abb. 1 am Endefür Waren der Klassen 19, 6, 8, 11, 17, 20 und 27 auf Grund der unter anderem für die Waren
"Schlosserwaren; Kleinwaren aus Metall (soweit in Klasse 6 enthalten);
Handwerkzeuge, Maschinenwerkzeuge, maschinell angetriebene, insbesondere elektrisch oder pneumatisch angetriebene handgeführte Werkzeuge sowie Einsatzwerkzeuge hierfür; Spannwerkzeuge, Fliesenlegergeräte, insbesondere Fliesenschneidgeräte und Fliesenbehaugeräte"
am 18. Februar 1994 eingetragenen Marke 2 057 244 siehe Abb. 2 am Ende Widerspruch erhoben worden.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 2. März 1999 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Von der Widersprechenden sind zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für die oben genannten Waren die eidesstattliche Erklärung ihres Geschäftsführers Herrn Thomas Meister vom 18. Juni 1998 sowie einige Publikationen und sechs Warenprospekte vorgelegt worden.
Die Markenstelle für Klasse 19 hat durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 4. Juli 2001 wegen Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke gemäß §§ 9 Abs 1 Nr 2, 43 Abs 1 Satz 2, Abs 2 MarkenG die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich im Umfang der Waren
"Kleineisenwaren und Schlosserwaren; Profile, insbesondere Übergangs- und Anschlußprofile, aus Metall;
handbetätigte Werkzeuge und Geräte, insbesondere Verlegezwingen und Zugeisen".
In den Gründen ist ausgeführt worden, auf die gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG zulässige Nichtbenutzungseinrede sei eine rechtshaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nur hinsichtlich der in der eidesstattlichen Erklärung genannten Waren glaubhaft gemacht worden. Zwischen diesen und den Waren der angegriffenen Marke, soweit ihre Löschung angeordnet werde, bestehe teilweise Identität und teilweise hochgradige Ähnlichkeit. Der Wortbestandteil der Widerspruchsmarke besitze normale Kennzeichnungskraft, weil der Begriff "Meister" hinsichtlich der betroffenen Waren nicht unmittelbar rein beschreibend sei. Das im Gesamteindruck beider sich gegenüberstehender Marken jeweils dominierende Markenwort sei identisch.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde eingelegt und die geänderte Fassung des Warenverzeichnisses vom 15. Oktober 2002 vorgelegt, in dem die von der Löschungsanordnung betroffenen Waren folgendermaßen eingeschränkt worden sind:
"Kleineisenwaren und Schlosserwaren, nämlich Schraubkrallen, Lattungsschrauben; Profile nämlich Übergangs-, Anschluß-, Anpassungs-, Abschluß- und Treppenkantenprofile aus Metall für Laminat-, Echtholz-, Kork- und Linoliumböden;
handbetätigte Werkzeuge und Geräte, nämlich Verlegezwingen für Fußbodenpaneele, Zugeisen, Schreinerhobel, Spachtel und Saughalter".
Sie trägt im wesentlichen vor, bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr seien die beiden Marken ausschließlich in ihrer jeweiligen Gesamtheit gegenüberzustellen. Der Begriff "Meister" sei jedenfalls für die in Rede stehenden Waren schutzunfähig, weil sich der beschreibende Sinnanklang in Bezug auf Handwerkzeuge, Schlosserwaren und Kleineisenwaren unmittelbar aufdränge. Eine Recherche nach in Deutschland Schutz genießenden Marken, die den Bestandteil "Meister" enthielten, habe eine Anzahl von 353 Marken ergeben, davon 46 in den Klassen 6 und 8. Der Bestandteil "Meister" weise lediglich auf eine besondere Qualität hin. Graphisch wiesen die sich gegenüberstehenden Marken erhebliche Unterschiede auf.
Sie beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle des Patentamts vom 4. Juli 2001 aufzuheben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke auf Grund des Widerspruchs aus der Marke 2 057 244 angeordnet worden ist, und den Widerspruch auch insofern zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, die beiderseitigen Waren seien identisch. Das Markenwort "meister" sei keineswegs unmittelbar beschreibend. Die Bildbestandteile beider Graphiken hätten gemeinsame Elemente. "Meister" sei ihr alter Firmenname, da der Inhaber mit Familiennamen "Meister" heiße. Zum Nachweis der weiterhin intensiven Benutzung der Widerspruchsmarke hat sie die eidesstattliche Erklärung ihrer Geschäftsführer, der Herren H... und F..., vom 26. September 2002 sowie ihren Werkzeugkatalog vom Mai 2002 eingereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen sowie die in der mündlichen Verhandlung eingeführten Unterlagen Bezug genommen.
II Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist unbegründet.
Der Senat muß die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen der angegriffenen Wort-Bild-Marke "MEISTER" (396 43 924) im beschwerdegegenständlichen Umfang und der Widerspruchs-Wort-Bild-Marke "meister" (2 057 244) - im Ergebnis ebenso wie die Markenstelle des Patentamts - feststellen. Die Markenstelle hat somit insoweit die teilweise Löschung der angegriffenen Marke zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG angeordnet.
Die umfassende, alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Beurteilung der Verwechslungsgefahr beruht auf einer Würdigung aller in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, auch in ihrer Wechselbeziehung untereinander; so kann ein geringer Ähnlichkeitsgrad der Marken durch einen höheren Ähnlichkeitsgrad der Waren ausgeglichen werden (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 Ez 16, 17, 18 - Canon; EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Ez 18, 19, 20 - Lloyd; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA; BGH GRUR 1999, 241, 242 f - PATRIC LION).
Soweit die Markenstelle die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke - insbesondere für "Schlosserwaren; Kleinwaren aus Metall; Handwerkzeuge, Maschinenwerkzeuge, maschinell angetriebene ..... handgeführte Werkzeuge sowie Einsatzwerkzeuge hierfür" - festgestellt hat, wird die Benutzung der Widerspruchsmarke von der Beschwerdeführerin nicht mehr bestritten. Diese gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG zu berücksichtigenden Waren und die Waren der angegriffenen Marke, insofern sie durch die Löschungsanordnung der Markenstelle nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses noch erfaßt werden, sind zumindest weitgehend offensichtlich identisch und liegen im übrigen ("Profile ... aus Metall ...") jedenfalls im engsten Ähnlichkeitsbereich.
Die ursprüngliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nach dem Gesamteindruck ihrer Wort- und Bildelemente bewertet der Senat als durchschnittlich normal, und zwar wegen ihrer graphischen Gestaltung, insbesondere ihres hervorgehobenen initialienartigen Bildbestandteils. Den Wortbestandteil "meister" für sich hält der Senat allerdings zwar - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht für schutzunfähig, aber für äußerst kennzeichnungsschwach. Denn im Zusammenhang mit den Waren der Widerspruchsmarke, insbesondere den im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden, fassen die angesprochenen Verkehrskreise - nicht nur Fachleute wie gewerbliche Handwerker, sondern auch Privatpersonen als Heimwerker etc - das Wort "meister" in der Regel nicht als Familiennamen, sondern als den Begriff "Meister" im Sinne von "Handwerksmeister" oder "Könner auf seinem Gebiet" auf (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage 1996, S 1004). Dabei handelt es sich für die Waren der Widerspruchsmarke - wie die Markenstelle bereits ausgeführt hat - nicht um eine eindeutige unmittelbar beschreibende Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. In Alleinstellung erscheint der Begriff "Meister" - ebenso wie in der Schreibweise "meister" oder "MEISTER" - nämlich mehrdeutig, weil er offenläßt, auf welchen Umstand er sich beziehen soll. Er könnte vom Verkehr in verschiedener Weise interpretiert werden, etwa in dem Sinne, daß die Waren eigens für Handwerksmeister oder Meisterbetriebe bestimmt sind, von Handwerksmeistern konstruiert oder hergestellt werden, den fachkundigen Ansprüchen von Handwerksmeistern entsprechen, die meisterhafte Ausführung eines Werkes gewährleisten oder selbst personalisierte "Meister" ihrer Warengattung sein sollen. Andererseits sieht der Verkehr den Begriff "Meister" regelmäßig als einen - wenn auch vagen - Hinweis auf eine besonders solide und handhabungsgerechte Qualität an, so daß die Kennzeichnungskraft des isoliert betrachteten Wortes "meister" der Widerspruchsmarke von Hause aus als nur sehr gering erachtet werden muß. Ob und in welchem Maße die Widerspruchsmarke und insbesondere schon allein ihr Wortbestandteil "meister" auf Grund eines höheren Bekanntheitsgrads infolge jahrzehntelanger intensiver Benutzung eine gesteigerte Kennzeichnungskraft erlangt hat, kann hier als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, zumal fraglich ist, ob der Vortrag der Widersprechenden insoweit genügt (vgl dazu: EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 22, 23, 28 - Lloyd).
Das Wortelement "meister" der Widerspruchsmarke kann aber jedenfalls kollisionsbegründend sein, da es keine schutzunfähige Angabe darstellt (vgl dazu Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Auflage 2000, § 9 Rdn 146 - 149).
Zur Verwechslungsgefahr reicht in der Regel bereits die klangliche Ähnlichkeit der Marken aus (vgl BGH aaO - PATRIC LION; EuGH aaO Ez 27, 28 - Lloyd). Die sich gegenüberstehenden Marken sind auf Grund ihres gemeinsamen und jeweils einzigen Markenwortes "MEISTER"/"meister" klanglich sogar identisch.
Im Ergebnis der Gesamtwürdigung liegt somit trotz von Hause aus äußerst geringer Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils "meister" der Widerspruchsmarke angesichts der Warenidentität oder jedenfalls engen Warennähe sowie der klanglichen Identität der Marken sicher eine erhebliche Verwechslungsgefahr vor.
III Die Beteiligten tragen die ihnen erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).
Winkler Kätkerv. Zglinitzki Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D66584.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/33W(pat)252-01.2.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 15.10.2002
Az: 33 W (pat) 252/01
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