Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 15. Mai 2003
Aktenzeichen: 20 W 168/03

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 15.05.2003, Az.: 20 W 168/03)

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen. Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 60,65 EUR

Gründe

In einem wegen Zahlung rückständigen Wohngeldes betriebenen Verfahren erklärten die Antragsteller die Hauptsacheerledigung hinsichtlich der für März bis Juli 2002 in Höhe von 88,95 EUR geltend gemachten Rückstände und nahmen ihren Antrag hinsichtlich des für August bis Dezember 2002 geltend gemachten Betrags zurück. Der Antragsgegner widersprach der Erledigungserklärung der Antragsteller nicht, verwahrte sich jedoch gegen die Kostenlast. Das Amtsgericht legte dem nicht anwaltlich vertretenen Antragsgegner die Gerichtskosten und die außergerichtlicher Kosten der Antragsteller jeweils zur Hälfte auf. Zur Begründung der Kostenentscheidung wurde angegeben, dass sich der Antragsgegner bis zur Gutschrift seiner Nachzahlung am 18.09.2002 für den Zeitraum März bis Juli 2002 auch nach seinen eigenen Kontounterlagen in Verzug befunden habe (Bl. 45-47 d. A.).

Die als Einspruch bezeichnete sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den amtsgerichtlichen Beschluss hat das Landgericht in dem jetzt mit der weiteren Beschwerde angefochtenen Beschluss (Bl. 57, 58 d. A.) als unzulässig verworfen, da der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht 100,00 EUR erreiche. Außerdem fehle es an der zusätzlichen Voraussetzung, dass gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel zulässig gewesen wäre, da die Beschwerdesumme von 750,00 EUR nicht erreicht sei.

Gegen den am 19.04.2003 zugestellten Beschluss des Landgerichts hat der Antragsgegner mit am 30.04.2003 bei Gericht eingegangenem Schreiben Einspruch erhoben. Zur Begründung hat er auf Widersprüche in dem landgerichtlichen Beschluss verwiesen und geltend gemacht, dass der Geschäftswert nicht 177,90 EUR, sondern 88,95 EUR betrage.

Die sofortige weitere Beschwerde, als welche der Einspruch des Antragsgegners anzusehen ist, ist unzulässig.

In Wohnungseigentumssachen gelten für das Verfahren die Vorschriften des FGG (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG), somit ist für die Beurteilung der Statthaftigkeit des Rechtsmittels der in § 27 Abs. 2 FGG enthaltene Rechtsmittelausschluss zu beachten. Danach ist die weitere Beschwerde nach § 27 Abs. 1 FGG in den Fällen des § 20 a Abs. 2 FGG, also bei einer Entscheidung über den Kostenpunkt ohne Hauptsacheentscheidung (sog. isolierte Kostenentscheidung), nur dann gegeben, wenn das Beschwerdegericht erstmals eine Entscheidung über den Kostenpunkt getroffen hat.

Da das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 17.03.2003 nach einer Teilerledigung und Antragsrücknahme im übrigen nur noch über die Kosten entschieden hat, liegt eine isolierte Kostenentscheidung vor, die nach § 20 a Abs. 2 FGG mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 100 EUR übersteigt. Die weitere Beschwerde ist dagegen nicht eröffnet, da das Amtsgericht und nicht das Landgericht als Beschwerdegericht die isolierte Kostenentscheidung getroffen haben (Bärmann/Pick/Merle: WEG, 8. Aufl., § 47 Rdnr. 64; Niedenführ/Schulze: WEG, 5.Aufl, § 47, Rdnr. 23; OLG Düsseldorf ZMR 1993, 581, 583). Der Gesetzgeber hat insoweit im Hinblick auf die wachsende Geschäftslast der Gerichte und die untergeordnete Bedeutung von Kostenfragen für die in erster Linie der Wahrung der Rechtseinheit dienende weitere Beschwerde die Überprüfung durch eine Instanz für ausreichend erachtet. Dies ist der Begründung zum Regierungsentwurf für das Rechtspflege - VereinfachungsG vom 17.12.1990 (BT-Drucksache 11/3621 Seite 61), durch das der Absatz 2 des § 27 FGG a.F. angefügt wurde, zu entnehmen (OLG Frankfurt am Main StAZ 1998, 316; OLG Hamm NZM 1999, 576, 577; Keidel/Kahl: FGG, 14. Aufl., § 27 Rdnr. 9).

Dies gilt auch dann, wenn das Landgericht wie im vorliegenden Fall die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen hat (vgl. -jeweils für das Wohnungseigentumsverfahren- BayObLG ZMR 1999, 50 und WuM 1999, 190; OLG Hamm NZM 1999, 576). Zwar muss die Frage, ob das Beschwerdegericht zu Recht von einer Unzulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen ist, grundsätzlich einer Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht zugänglich sein (Keidel/Kahl, aaO., § 27 Rdnr. m.w.H.). Dieser allgemeine, insbesondere aus § 547 ZPO a.F. hergeleitete Verfahrensgrundsatz kann jedoch nur dann eingreifen, wenn ein Rechtsmittel an sich statthaft ist ((BGH NJW 1984, 2368 zu §§ 547, 545 Abs.2 ZPO a.F.; Thomas /Putzo: ZPO, 22. Aufl., zu § 547 Rdnr. 1 a.F.). Hier fehlt es aber an einer rechtsmittelfähigen Entscheidung des Landgerichts, weil durch § 27 Abs. 2 FGG die weitere sofortige Beschwerde bei einer isolierten Kostenentscheidung nach § 20 a Abs. 2 FGG ausgeschlossen ist (BayObLG ZMR 1999, 50 m.w.H.; Senatsbeschluss vom 07.03.2001 - 20 W 331/2000-). Es kann dahingestellt bleiben, ob die sofortige weitere Beschwerde als außerordentliches Rechtsmittel unter dem Gesichtspunkt der sog. greifbaren Gesetzeswidrigkeit zulässig sein könnte, denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH (z.B. NJW 1993,1865) war die außerordentliche Beschwerde auf die Fälle krassen Unrechts und unzumutbarer Härte beschränkt und nur dann eröffnet, wenn die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd, d.h. wenn sie mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist. An seiner früheren Rechtsprechung zur außerordentlichen Beschwerde hat der BGH aber nach Schaffung des neuen § 321 a ZPO durch das Zivilprozessreformgesetz nicht mehr festgehalten, sondern aus dieser Norm den allgemeinen Rechtsgedanken abgeleitet, dass bei Verletzung von Verfahrensgrundsätzen oder sonstigen Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit eine Selbstkorrektur durch das entscheidende Gericht ermöglicht ist, die eine Anfechtung mit der außerordentlichen Beschwerde ausschließt (BGHZ 150, 133 = MDR 2002, 901 = NJW 2002, 1577). Das OLG Celle (ZIP 2002, 2058) und das KG (MDR 2002, 1086) haben sich dieser Auffassung angeschlossen, ebenso das BVerwG für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NJW 2002, 2657). Nachdem der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts offengelassen hatte, ob diese Grundsätze auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Anwendung kommen können (BayObLG FGPrax 2002, 218; BayObLGZ 2002, 274) hat der 2. Zivilsenat mit Beschluss vom 04.12.2002 (MDR 2003, 410) eine Gleichbehandlung bejaht und zwar nicht nur für die sog. echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die dem streitigen Verfahren der Zivilprozessordnung angenähert sind und zu denen insbesondere ganz überwiegend die Verfahren in Wohnungseigentumssachen zählen. Danach wäre eine außerordentliche Beschwerde auch in FGG-Verfahren nicht mehr eröffnet. Abgesehen davon liegt hier auch keine greifbare Gesetzeswidrigkeit vor, da die Verwerfung eines Rechtsmittels mangels Erreichung des erforderlichen Beschwerdewertes keineswegs eine der Rechtsordnung fremde Entscheidung darstellt. Der Antragsgegner verkennt mit seiner Begründung außerdem, dass sich die Mindestgeschäftswerte für die Rechtsanwaltskosten nach der Tabelle zu § 11 BRAGO auf 300,00 EUR und für die Gerichtskosten nach § 32 KostO auf 1000,00 EUR belaufen, so dass die Kosten in gleicher Höhe entstehen, gleichgültig ob von einem Geschäftswert von 177,90 EUR oder 88,95 EUR ausgegangen wird.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 47 Satz 1 WEG. Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 47 Satz 2 WEG war trotz Erfolglosigkeit der weiteren Beschwerde schon deshalb nicht veranlasst, weil die Antragsteller am Verfahren der weiteren Beschwerde nicht beteiligt worden sind.

Die Wertfestsetzung nach § 48 Abs. 3 WEG orientiert sich an der Höhe der Kosten, die der Antragsgegner nach der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung zu tragen hat.






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