Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 27. März 1998
Aktenzeichen: 6 U 246/96

(OLG Köln: Urteil v. 27.03.1998, Az.: 6 U 246/96)

1. Langjährige und trotz vielfacher Mahnungen nicht abgestellte schwerwiegende Mängel bei den Abrechnungen der Vergütung eines Autors, Komponisten und Texters im Rahmen eines "Künstlervertrages" berechtigen diesen zur fristlosen Vertragskündigung gegenüber dem Produzenten und Verleger. 2. Nach Beendigung des "Künstlervertrages" steht dem Produzenten eines Tonträgers dessen weitere Verwertung auch dann nicht (mehr) zu, wenn ihm in dem Vertrag von dem Berechtigten ein die Leistungsschutzrechte betreffendes unbefristetes Auswertungsrecht eingeräumt worden ist.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. Septem-ber 1996 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 68/96 - teilweise abgeändert. Der Beklagte wird über die in dem vorgenannten Urteil des Landgerichts ausgesprochene Verurteilung zur Auskunft hinaus verurteilt,1)es zwecks Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,die Musikcassette "Alarm, Alarm" (Mara-Records, Bestell-Nr. 6017, LC 6842) zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen sowie zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen;2)die Vollständigkeit und Richtigkeit der mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 30. Januar 1998 erteilten Auskunft über die Ver-vielfältigung und Verbreitung der Musikcassette "Alarm, Alarm" mittels Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vor dem Amtsgericht Brühl zu bestätigen. Die Berufung des Beklagten gegen das am 25. September 1996 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 28 O 68/96 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden dem Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer des Beklagten wird wie folgt festge-setzt:Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung: 20.000 DMVerurteilung zur Leistung der eidesstatt-lichen Versicherung: 2.000 DMAnschlußberufung des Beklagten: insgesamt 6.000 DM

Gründe

(Abgekürztes Urteil gem. § 543 Abs. 1 ZPO)

Die Berufungen der Parteien sind beide zulässig. Begründet ist

jedoch nur die Berufung des Klägers, während das Rechtsmittel des

Beklagten in der Sache ohne Erfolg bleibt.

1.

Das vom Kläger mit seiner Berufung verfolgte

Unterlassungsbegehren ist - im Hauptantrag - gem. § 97 Abs. 1 UrhG

gerechtfertigt.

Die Vervielfältigung und der Vertrieb der Musikcassette "Alarm,

Alarm" (Mara-Records, Bestell-Nr. 6017, LC 6842) verletzen die

Urheberrechte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UrhG, § 7 UrhG) und

Leistungsschutzrechte (§§ 73 ff. UrhG) des Klägers, die diesem

unstreitig als Autor des auf der Musikcassette befindlichen

Hörspiels "Alarm, Alarm" sowie als (Mit- Komponist und (Mit-)

Texter der beiden ebenfalls auf der Musikcassette enthaltenen

Musikstücke "Das Feuerteufelchen" und "Das Auto von der Feuerwehr"

und als mitwirkender Künstler bei der Produktion der Musikcassette

zustehen.

Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Beklagte im Sinne

von § 85 UrhG Hersteller der Musikcassette ist, wie von ihm geltend

gemacht. Auch dann wäre er zu den vom Kläger zur Unterlassung

verlangten Handlungen nur berechtigt, wenn ihm der Kläger

entsprechende Nutzungsrechte übertragen hätte (§§ 15 ff, 75 UrhG).

Davon kann aber zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung

nicht ausgegangen werden. Zwar haben einmal solche Vereinbarungen

der Parteien bestanden. Dies gilt nicht nur für den (unstreitig)

von den Parteien am 26.03./19.04.1991 abgeschlossenen

Verlagsvertrag, mit dem der Kläger dem Beklagten seine

Nutzungsrechte an den beiden Musikstücken "Das Feuerteufelchen" und

"Das Auto von der Feuerwehr" übertragen hat. Der Kläger hat

vielmehr bereits im Frühjahr 1991 dem Beklagten ebenfalls das Recht

eingeräumt, die Musikcassette "Alarm, Alarm" herzustellen, zu

vervielfältigen und zu verbreiten. Dies belegen nicht nur eindeutig

das zu den Akten gereichte Schreiben des Klägers vom 22.03.1991 und

das damit korrespondierende Schreiben des Beklagten vom 11.04.1991

mit den dort jeweils unter der Óberschrift "Vereinbarung"

niedergelegten Modalitäten der zukünftigen Zusammenarbeit der

Parteien. Das Zustandekommen dieser Vereinbarung wird auch

bestätigt durch das Schreiben des Klägers vom 16.06.1992 und durch

die den erwähnten Schreiben vom Frühjahr 1991 nachfolgende

Vervielfältigung und Verbreitung der Musikcassette "Alarm, Alarm"

durch den Beklagten mit Wissen und Mitwirkung des Klägers. Dabei

macht dieses Verhalten der Parteien zugleich deutlich, daß die in

Rede stehende Vereinbarung entgegen dem Vorbringen des Klägers

nicht auf die im Schreiben des Klägers vom 22.03.1991 genannten

2000 Musikcassetten beschränkt war. Mit dem Landgericht ist

schließlich davon auszugehen, daß für die Rechtsbeziehung der

Parteien ebenfalls der zu den Akten gereichte "Künstlervertrag"

maßgeblich ist, der die Óbertragung der dem Kläger bezüglich der

"Produktion Alarm, Alarm" zustehenden Leistungsschutzrechte als

ausübendem Künstler auf den Beklagten zum Gegenstand hat. Aufgrund

des Schreibens des Klägers vom 16.06.1992 steht zwar fest, daß

dieser auf den 01.02./ 06.02.1991 datierte Vertrag tatsächlich erst

im Juni 1992 vom Kläger unterzeichnet und offensichtlich auch erst

zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden ist. Es mag weiterhin

sein, daß der Vertrag zu dem Zweck abgeschlossen wurde, ihn der

Gesellschaft für die Verwertung von Leistungsschutzrechte (GVL) als

Grundlage für die mit dieser vorzunehmenden Abrechnungen

vorzulegen, und er deshalb auch rückdatiert worden ist. Daraus

folgt jedoch nicht, daß der Vertrag für die Rechtsbeziehung der

Parteien ohne Belang ist. Zweifelhaft ist allenfalls, ob sämtliche

Modalitäten dieses "Künstlervertrags" im Innenverhältnis der

Parteien Geltung haben sollten, denn unstreitig hat dies zum

Beispiel für die interne Abrechnung der Parteien nicht gegolten,

wie sich schon aus dem Schreiben des Klägers vom 16.06.1992 und

auch aus den nachfolgenden Abrechnungen des Beklagten gegenüber dem

Kläger ergibt.

Die vorstehend angeführten Verträge der Parteien sind jedoch

durch die vom Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 24.10.1997

erklärte fristlose Kündigung beendet worden und können daher vom

Beklagten nicht mit Erfolg dem Kläger zur Rechtfertigung seiner zur

Unterlassung geforderten Verwertungshandlungen entgegengehalten

werden. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH GRUR 1977/551 f.

"Textdichteranmeldung"; BGH GRUR 1982/41 f. "Musikverleger III";

BGH GRUR 1990/443, 444 "Musikverleger IV"; Senatsurteil vom 27.03.

1986, abgedruckt in GRUR 1986/679; jeweils mit weit. Nachw.) können

Dauerschuldverhältnisses wie die hier in Rede stehenden

Vereinbarungen in entsprechender Anwendung von § 626 BGB fristlos

gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher

Grund war zum Zeitpunkt der vom Kläger ausgesprochenen Kündigung

gegeben, denn die Vertrauensgrundlage der Parteien, die bei

Dauerschuldverhältnissen von besonderer Bedeutung ist (BGH aaO.),

war nachhaltig zerstört und dem Kläger eine Fortsetzung seiner

Verträge mit dem Beklagten deshalb nicht mehr zumutbar.

Ob eine Störung des Vertrauensverhältnisses vorliegt, die eine

fristlose Kündigung rechtfertigt, ist unter Berücksichtigung und

Abwägung sämtlicher Umstände des Falls festzustellen, wobei eine

fristlose Kündigung selbst bei einer schwerwiegenden

Vertragsverletzung der anderen Partei nur im äußersten Fall zur

Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses führen kann, zumal wenn es

- wie im Streitfall - um Verträge geht, die auf eine lange Dauer

angelegt sind (vgl. dazu BGH GRUR 1982/41, 45 "Musikverleger III").

Der Kläger war aber auch unter Beachtung dieser Grundsätze zu der

von ihm ausgesprochenen fristlosen Kündigung berechtigt.

Unmittelbarer Anlaß für die Kündigungserklärung vom 24.10.1997 war,

daß der Beklagte die von ihm im Senatstermin vom 25.06.1997

zugesagte "erschöpfende Abrechnung" weder innerhalb der im

Senatstermin zwischen den Parteien verabredeten Frist noch

innerhalb der ihm vom Kläger gesetzten Nachfristen erstellt hat,

ohne dies durch Darlegung nachvollziehbarer Gründe plausibel zu

machen. Diese Säumnis des Beklagten, die schon für sich genommen

geeignet ist, die Vertrauensbasis der Parteien nachhaltig zu

stören, wiegt um so schwerer, wenn sie - wie geboten - im

Zusammenhang mit dem schon jahrelang vorher geführten Streit der

Parteien gesehen wird. Bei diesem Streit ging es insbesondere immer

um den Vorwurf des Klägers, daß die vom Beklagten erteilten

Abrechnungen zu der Verwertung der Musikcassette "Alarm, Alarm"

ungenügend und unrichtig seien, also genau um den Vorwurf, der dann

leztlich auch zu der Kündigung vom 24.10.1997 geführt hat. So hatte

der Kläger schon im Jahre 1994 nach vorangegangener Korrespondenz

der Parteien bzw. zwischen deren Anwälten mit anwaltlichen

Schreiben vom 17.07.1994 wegen dieser Beanstandungen die fristlose

Kündigung sämtlicher Verträge der Parteien ausgesprochen, was zu

dem vom Beklagten eingeleiteten gerichtlichen Verfahren (28 O

356/94 LG Köln) geführt hat, in dem diese Kündigung vom Gericht

nicht als berechtigt erachtet worden ist. Nach Beendigung dieses

Verfahrens hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 24.10.1995

erneut die Abrechnungen des Beklagten beanstandet und den Beklagten

zur Erteilung richtiger und vollständiger Abrechnungen

aufgefordert. Da der Beklagte dieser Aufforderung aus der Sicht des

Klägers nicht Folge leistete, kam es zu dem vorliegenden, vom

Kläger am 16.02.1996 eingeleiteten Verfahren, in dem der Kläger von

Anfang an insbesondere die Abrechnungen des Beklagten aus den

Jahren 1991 bis 1994 als fehlerhaft gerügt hat und zudem - insoweit

schon vor dem Landgericht erfolgreich - Auskunft über die

Verwertungshandlungen des Beklagten in der Zeit vom 19.04.1994 bis

zum 31.12.1995 gefordert hat.

Tatsächlich waren diese Abrechnungen des Beklagten auch

mangelhaft und stellten Vertragsverletzungen des Beklagten dar, so

daß sämtliche vorstehend angeführten Beanstandungen vom Kläger zu

Recht erhoben worden sind. Der Kläger hat in der ersten Instanz im

einzelnen detailliert dargelegt, weshalb die vom Beklagten

erteilten Abrechnungen vom 31.12.1991, 03.12.1992, 26.10.1993,

28.02.1994 und 18.04.1994 seiner Ansicht nach nicht richtig sind.

Der Beklagte ist diesem Vortrag des Klägers nicht substantiiert

entgegengetreten, wie er auch nicht den Darlegungen des Klägers auf

Seite 6 (Bl. 195 GA) im Schriftsatz vom 30.05.1997 zur

Unrichtigkeit dieser Abrechnungen substantiiert widersprochen hat.

Hierauf ist der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom

25.06.1997 vom Senat hingewiesen worden. Den dem Termin vom

25.06.1997 nachfolgenden Stellungnahmen des Beklagten sind

ebenfalls keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die dazu führen

könnten, die erwähnten Abrechnungen des Beklagten von 1991 bis 1994

plausibel zu machen und als richtig und vollständig

auszuweisen.

Der Beklagte verweist gegenüber dem somit vom Kläger in den

vergangenen Jahren jeweils zu Recht erhobenen Vorwurf, nicht

ordnungsgemäß abgerechnet zu haben, ohne Erfolg auf

§ 11 Nr. 4 des bereits erörterten "Künstlervertrags", wonach die

Abrechnung als genehmigt gilt, wenn der Künstler nicht innerhalb

von drei Monaten Einspruch einlegt. Unstreitig haben die Parteien

die in § 11 Nr. 1) und 2) des "Künstlervertrags" niedergelegten

Modalitäten der Abrechnung nicht befolgt, sondern einverständlich

in anderer Weise abgerechnet. Schon deshalb kann nicht davon

ausgegangen werden, daß für diese andere, im "Künstlervertrag"

gerade nicht niedergelegte Abrechnungsweise ebenfalls die Regelung

des § 11 Nr. 4 des Künstlervertrags habe gelten sollen, ohne daß

die Parteien derartiges vereinbart hätten. Eine solche Vereinbarung

ist aber dem Vortrag des Beklagten nicht zu entnehmen. Für die

Abrechnung vom 31.12.1991 kann im übrigen § 11 Nr. 4 des

Künstlervertrags schon deshalb nicht gelten, weil dieser Vertrag,

wie schon erörtert, erst Mitte 1992 zustande gekommen ist.

Ohne Erfolg bleibt ebenfalls der vom Beklagten erstmals im

Schriftsatz vom 30.01.1998 erhobene Einwand, dem Kläger stünden ab

dem Jahr 1993/94 wegen Verletzung der in § 3 Abs. 1 des

Künstlervertrags vereinbarten persönlichen Exklusivbindung nach der

Regelung des § 10 Abs. 3 des Künstlervertrags ohnehin keine

Tantiemen mehr zu, so daß er - der Beklagte - auch keine

Abrechnungen zu erstellen habe. Abgesehen davon, daß der

Künstlervertrag nur die Leistungsschutzrechte des Klägers als

ausübender Künstler erfaßt und nicht die sonstigen Rechte des

Klägers, die durch die Verwertung der Musikcassette berührt werden,

hat der Beklagte auch keinen Verstoß des Klägers gegen die erwähnte

Exklusivbindung dargelegt. Der Künstlervertrag bezieht sich

nämlich, wie in § 1 Abs. 3 des Vertrags ausdrücklich festgehalten,

nur auf die "Produktion Alarm, Alarm". Die vom Beklagten

angeführten angeblichen Verstöße des Klägers gegen § 3 Abs. 1 des

Künstlervertrags betreffen aber nicht diese Produktion, sondern

andere Werke des Klägers.

Schließlich vermag den Beklagten auch nicht zu entlasten, wenn

der Kläger tatsächlich zunächst häufig wechselnde Abrechnungsmodi

verlangt hat, wie vom Beklagten geltend gemacht. Abgesehen davon,

daß die vorliegenden Abrechnungen des Beklagten aus den Jahren 1991

bis 1994 hierzu keinen Aufschluß geben, erklärt dieser Vortrag des

Beklagten nicht, warum der Beklagte nicht zumindest 1993 und in der

nachfolgenden Zeit ordnungsgemäß abgerechnet und seine früheren

Abrechnungen entsprechend ergänzt und berichtigt hat.

Nach alledem waren die Vertragsbeziehungen der Parteien schon

lange vor dem am 16.2.1996 eingeleiteten Rechtsstreit wegen der

wiederholt vom Kläger zu Recht erhobenen Beanstandungen gegenüber

den vom Beklagten erteilten Abrechnungen erheblich beeinträchtigt.

Das Verhalten des Beklagten im vorliegenden Verfahren hat diese

Störung des Vertrauensverhältnisses der Parteien weiter vertieft,

denn der Beklagte hat auch im Verlauf dieses Rechtsstreits in der

Zeit bis zum ersten Berufungstermin vom 25.06.1997 die streitigen

Abrechnungen weder ganz noch teilweise ergänzt oder zumindest

nachvollziehbar dargelegt, warum ihm dies nicht sei. Selbst in der

mündlichen Verhandlung vom 25.06.1997 vermochte der Beklagte nach

Hinweisen des Senats zu diesen Fragen dies nicht zu erläutern. Das

Verhalten des Beklagten begründete daher nicht nur aus der Sicht

des Klägers den Schluß, daß der Beklagte trotz der geschilderten

langjährigen Mahnungen des Klägers entweder nicht gewillt oder bzw.

und wegen mangelhafter Buchführung oder sonstiger

selbstverschuldeter Versäumnisse nicht in der Lage war, den ihm

nach den Verträgen mit dem Klägerin obliegenden Verpflichtungen zur

ordnungsgemäßen Abrechnung nachzukommen. Es liegt auf der Hand, daß

gerade solche über einen langen Zeitraum andauernde

Vertragsverletzungen das Vertrauensverhältnis der Parteien

schwerwiegend belasten (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 27.03.1986

abgedruckt in: GRUR 1986/679).

Der Beklagte hat jedoch trotz der erwähnten Hinweise des Senats

in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.1997 und der schon dort vom

Kläger angekündigten fristlosen Kündigung der Verträge, falls der

Beklagten nicht zumindest nunmehr seinen Abrechnungspflichten

nachkommt, wiederum ohne plausible Erklärung die von ihm im Termin

zugesagte "erschöpfende Abrechnung" nicht innerhalb des dabei bis

zum 30.07.1997 verabredeten Zeitraums und der sodann vom Kläger

gesetzten Nachfristen erteilt. Angesichts dieses Verhaltens des

Beklagten muß daher das Vertrauensverhältnis der Parteien bei

Gesamtbetrachtung aller Umstände als zerstört und ein Festhalten an

den Vereinbarungen mit dem Beklagten als für den Kläger unzumutbar

angesehen werden. Das in diese Erwägungen einzubeziehende

Interessen des Beklagten an diesen Verträgen begründet keine andere

Wertung. Die vorzeitige Beendigung der Verträge bringt zwar dem

Beklagten wirtschaftliche Nachteile. Die geschilderten Versäumnisse

des Beklagten bei der Abrechnung führen aber auch wirtschaftlichen

Nachteilen des Klägers. Zudem hat der Beklagte, wie dargelegt, die

Situation, die zu der fristlosen Kündigung der Verträge geführt

hat, durch sein eigenes langjähriges Verhalten geschaffen, wobei er

es in der Hand hatte, die Kündigung abzuwenden. Der Kläger hat

somit zu Recht mit anwaltlichen Schreiben vom 15.10.1997, und nach

dessen Zurückweisung durch den Beklagten wegen Fehlens der

Originalvollmacht des Anwalts des Klägers, nochmals mit

anwaltlichen Schreiben vom 24.10.1997 die fristlose Kündigung aller

hier in Rede stehender Verträge ausgesprochen.

Das Vorbringen des Beklagten im Schriftsatz vom 30.01.1998 und

die damit erteilten Auskünfte geben keinen Anlaß zu einer anderen

Beurteilung. Dies gilt schon deshalb, weil diesen Darlegungen des

Beklagten nicht entnommen werden kann, warum er nicht bereits

früher, zumindest aber innerhalb des im Senatstermin vom 25.06.1997

besprochenen Zeitraums die von ihm zugesagte Abrechnung vorgelegt

oder jedenfalls näher begründet hat, warum ihm dies nicht möglich

ist. Der Schriftsatz des Beklagten vom 30.01.1998 ist daher nicht

geeignet, die angeführten Rückschlüsse aus dem vorangegangenen

Verhalten des Beklagten bis zum Zugang des Kündigungsschreibens des

Klägers vom 24.10.1997 im Hinblick auf das Vertrauensverhältnis der

Parteien in Frage zu stellen. Daß die Angaben des Beklagten im

Schriftsatz vom 30.01.1998 ihrerseits geeignet sind, Zweifel

hinsichtlich ihrer Richtigkeit zu wecken oder jedenfalls darauf

hinzuweisen, daß die Unterlagen des Beklagten über die Verwertung

der Musikcassette trotz der wiederholten langjährigen

Beanstandungen seitens des Klägers offensichtlich nicht vollständig

sind, ist allenfalls geeignet, diese Beurteilung noch zu

bestätigen.

Schließlich führt auch der erst nach der letzten mündlichen

Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Beklagten vom 23.03.1998

zu keiner abweichenden Beurteilung der Kündigungserklärung des

Klägers vom 24.10.1997. Dies gilt schon deshalb, weil dem Beklagten

kein Schriftsatznachlaß eingeräumt war.

Sind danach die Verträge, in denen der Kläger dem Beklagten

Nutzungsrechte übertragen hat, mit Zugang der Kündigungserklärung

des Klägers vom 24.10.1997 beendet worden, ist somit dem Beklagten

die Fortsetzung der Verwertung der Musikcassette gem. § 97 Abs. 1

UrhG zu untersagen, selbst wenn der Beklagte Produzent der

Musikcassette "Alarm, Alarm" sein sollte. Dabei spielt es entgegen

der vom Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom

23.03.1998 vertretenen Ansicht keine Rolle, daß der Kläger dem

Beklagten in § 3 Abs. 2 des auf den 01.02./06.02.1991 datierten

"Künstlervertrags" ein unbefristetes Auswertungsrecht übertragen

hat. Der vom Beklagten aus dieser Regelung des Künstlervertrags

gezogene Schluß auf ein weiterbestehendes Auswertungsrecht für die

Musikcassette trotz Beendigung des Künstlervertrags läßt zunächst

außer acht, daß sich der Künstlervertrag nur auf die

Leistungsschutzrechte des Klägers bezieht, also nichts für die

anderen hier in Rede stehenden urheberrechlichen Nutzungsrechte des

Klägers z.B. als Autor des auf der Musikcassette befindlichen

Hörspiels "Alarm, Alarm" besagt, mit denen der Kläger nach

Beendigung der Verträge die weitere Verwertung der Musikcassette

durch den Beklagten nach § 97 Abs. 1 UrhG verhindern kann. Aber

auch sonst vermag die Ansicht des Beklagten von dem Fortbestehen

seines Verwertungsrechts nicht zu überzeugen. Die Kündigung aus

wichtigem Grund ist sowohl bei Dauerschuldverhältnissen auf

bestimmte als auch auf unbestimmte Zeit möglich (vgl. z.B.

Fomm/NordemannUrheberrecht, 8. Auflage, Rd. 28 vor § 31 UrhG;

Palandt-Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch, 57. Auflage, Vorbem. v. §

620 BGB Rd. 45). Die vom Beklagten im nicht nachgelassenen

Schriftsatz angeführten Gesichtspunkte können daher nur dazu

führen, bei Verträgen, in denen Nutzungsrechte oder

Leistungsschutzrechte unbefristet übertragen werden, diese

Gesichtspunkte bei der Interessenabwägung und der Prüfung zu

berücksichtigen, ob das Vertrauensverhältnis tatsächlich derart

zerstört ist, daß dies die fristlose Kündigung des Vertrags

rechtfertigt. Im Streitfall vermag aber die im Künstlervertrag der

Parteien enthaltene unbefristete Óbertragung der

Leistungsschutzrechte des Klägers auf den Beklagten ebenso wie der

Regelungsgegenstand der übrigen Verträge der Parteien angesichts

der oben festgestellten Unzumutbarkeit für den Kläger, die Verträge

mit dem Beklagten fortzusetzen, nichts daran zu ändern, daß die vom

Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung vom 24.10.1997 berechtigt

war, mit der Folge, daß mit den Verträgen ebenfalls die darin

vereinbarte Rechtsübertragung auf den Beklagten endete.

2.

Der Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten, die

Vollständigkeit und Richtigkeit der mit Schriftsatz vom 30.01.1998

erteilten Auskunft über die Vervielfältigung und Verbreitung der

Musikcassette "Alarm, Alarm" mittels Abgabe einer eidesstattlichen

Versicherung zu bestätigen, ist gem. §§ 259 Abs. 1 und 2, 261 BGB

begründet.

Wie bereits unter Ziff. 1 der Entscheidungsgründe dieses Urteils

erörtert hat der Kläger die vom Beklagten erstellten Abrechnungen

vom 31.12.1991, 03.12.1992, 26.10.1993, 28.02., 18.04. und

28.08.1994 zu Recht beanstandet, wobei das dargelegte

Gesamtverhalten des Beklagten einschließlich dessen Verhalten im

vorliegenden Verfahren, was die Abrechnung gegenüber dem Kläger

angeht, dem Kläger im Sinne von § 259 Abs. 2 BGB Grund für die

Annahme gab, der Beklagte habe die von ihm geschuldeten

Abrechnungen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt. Schon

diese sich aus den früheren Abrechnungen des Beklagten ergebende

Besorgnis des Klägers begründet jedoch auch eine entsprechende

Annahme hinsichtlich der nunmehr mit dem Schriftsatz vom 30.01.1998

vom Beklagten erteilten Auskünfte, ohne daß es auf die vom Kläger

in dessen nachgelassenen Schriftsatz vom 20.02.1998 gegenüber

diesen Auskünften erhobenen Einwände ankommt.

Der ursprüngliche Klageantrag zu Ziff. 2) der Klage ist damit

auch nach seiner Ànderung im letzten Berufungstermin begründet.

3.

Die vom Beklagten mit seiner Anschlußberufung geltend gemachten

Anträge zu Ziff. 4) und 5) seiner Widerklage bleiben dagegen ohne

Erfolg und führen zur Zurückweisung des Rechtsmittels des

Beklagten.

Diese Anträge der Widerklage sind darauf gerichtet, den Kläger

zu verurteilen, dem Beklagten hinsichtlich der in den Anträgen im

einzelnen genannten Werke die Verlagsrechte zu verschaffen.

Derartige Ansprüche des Beklagten gegenüber dem Kläger bestehen

jedoch nicht. Die Vereinbarung der Parteien vom 26.03./18.04.1991,

auf die sich der Beklagten zur Rechtfertigung seines Begehrens

allein stützt, kann schon deshalb diese Ansprüche des Beklagten

nicht begründen, weil die Vereinbarung mit Zugang der

Kündigungserklärung des Klägers vom 24.10.1997 beim Beklagten

beendet worden ist. Andere Anspruchsgrundlagen, die den in Rede

stehenden Widerklageanträgen zum Erfolg verhelfen könnten, sind

aber nicht ersichtlich.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a Abs. 1, 97 Abs. 1

ZPO.

Eine Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO wegen der vom Kläger in der

Berufungsinstanz erklärten fristlosen Kündigung kam nicht in

Betracht, denn Anlaß und Grund für diese Kündigung war das

erörterte Verhalten des Beklagten nach dem ersten

Berufungstermin.

5.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht

gem. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Beschwer des Beklagten war gem. § 546 Abs. 2 ZPO

festzusetzen und entspricht dem Wert seines Unterliegens im

Rechtsstreit.






OLG Köln:
Urteil v. 27.03.1998
Az: 6 U 246/96


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b6333f5fe3d5/OLG-Koeln_Urteil_vom_27-Maerz-1998_Az_6-U-246-96




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