Bundespatentgericht:
Urteil vom 17. April 2007
Aktenzeichen: 4 Ni 62/05
(BPatG: Urteil v. 17.04.2007, Az.: 4 Ni 62/05)
Tenor
1. Patentanspruch 1 des deutschen Patents DE 42 93 178 wird insoweit für nichtig erklärt, als er über folgende Fassung hinausgeht:
1. Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren, wie z. B. von Kühen, in einem Melkstand (1), mit einem Melkroboter (8), der einen Roboterarm (45) aufweist, wobei der Roboterarm (45) unter ein sich im Melkstand aufhaltendes Tier bewegbar ist, um zum Melken Zitzenbecher (53, 54) an die Zitzen des Tieres anzuschließen, und mit einer Nachbehandlungseinrichtung (105), die zum automatischen Nachbehandeln des Euters und/oder der Zitzen des Tieres nach dem Melken vorgesehen ist, wobei die Nachbehandlungseinrichtung (105) eine Sprühdüse (108) aufweist, wobei die Sprühdüse (108) nahe dem Ende des Roboterarms (45) in dem Roboterarm (45) derart angeordnet ist, dass der Sprühstrahl relativ zum Ende des Roboterarms (45) nach vorn und oben gerichtet ist.
Patentansprüche 2, 3, 5, 6, 8 und 9 werden insoweit für nichtig erklärt, als sie auf Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung rückbezogen sind.
2. Patentansprüche 10 bis 14 werden für nichtig erklärt.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
5. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des international angemeldeten (PCT-Veröffentlichungs-Nr.: WO 93/06716) deutschen Patents DE 42 93 178 (Streitpatent), das am 1. Oktober 1992 unter Inanspruchnahme der Priorität der niederländischen Patentanmeldungen NL 9101676 vom 4. Oktober 1991 und NL 9200258 vom 13. Februar 1992 angemeldet worden ist. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Nachbehandlung der Zitzen eines gemolkenen Tieres und umfasst 14 Patentansprüche, von denen nur die Ansprüche 1 bis 3, 5, 6 und 8 bis 14 angegriffen sind. Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 10 lauten ohne Bezugszeichen wie folgt:
1. Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren, wie z. B. von Kühen, in einem Melkstand, mit einem Melkroboter, der einen Roboterarm aufweist, wobei der Roboterarm unter ein sich im Melkstand aufhaltendes Tier bewegbar ist, um zum Melken Zitzenbecher an die Zitzen des Tieres anzuschließen, und mit einer Nachbehandlungseinrichtung, die zum automatischen Nachbehandeln des Euters und/oder der Zitzen des Tieres nach dem Melken vorgesehen ist, wobei die Nachbehandlungseinrichtung eine Sprühdüse aufweist, wobei die Sprühdüse nahe dem Ende des Roboterarms in dem Roboterarm angeordnet ist.
10. Verfahren zum Nachbehandeln der Zitzen eines Tieres nach dem Melken mit einer Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren in einem Melkstand, die einen Melkroboter mit einem Roboterarm aufweist, der zum Anschließen von Zitzenbechern unter ein sich im Melkstand aufhaltendes Tier bewegbar ist, wobei eine Sprühdüse einer Nachbehandlungseinrichtung nahe dem Ende des Roboterarms in dem Roboterarm angeordnet ist, wobei nach dem Melken des Tieres zunächst die Zitzenbecher von den Tierzitzen abgenommen werden und vor dem Besprühen des Euters und/oder der Zitzen mit einer Nachbehandlungsflüssigkeit der Roboterarm zunächst in eine Position gebracht wird, in der ein vom Roboterarm nach vorne und aufwärts zum Euter gerichteter Sprühstrahl der Sprühdüse exakt auf das Euter trifft oder geringfügig außerhalb desselben liegt, und dann die Nachbehandlungsflüssigkeit automatisch von dem Roboterarm auf das Euter und/oder die Zitzen gesprüht wird.
Wegen der Patentanspruch 1 beziehungsweise Patentanspruch 10 nachgeordneten und angegriffenen Patentansprüche 2, 3, 5, 6, 8, 9, 11, 12, 13 und 14 wird auf die Streitpatentschrift DE 42 93 178 B4 Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, die Ansprüche 1 und 10 seien gegenüber dem Inhalt der ursprünglichen Anmeldung unzulässig erweitert worden; zudem seien diese Ansprüche, ebenso wie die übrigen angegriffenen Patentansprüche weder neu noch beruhten sie auf einer erfinderischen Tätigkeit. Den Ansprüchen 10 bis 14 mangele es an einer gewerblichen Anwendbarkeit, da es sich um Verfahren im Sinne von § 5 Abs. 2 S. 1 PatG handle. Zum Nachweis der fehlenden Neuheit und der fehlenden erfinderischen Tätigkeit beruft sich die Klägerin auf folgende Druckschriften und Dokumente:
Ni3 Artmann, R.: "Konzepte und Entwicklungen zur Automatisierung des Melkens", in: VDI/MEG Kolloquium Landtechnik, Heft 9, Robotereinsatz in der Landwirtschaft am Beispiel des Melkens, Tagung Braunschweig-Völkenrode, 5./6. Dezember 1990, S. 45 - 69 Ni5 EP 0 323 444 A2 Ni11 Müller, E.: "Krankheiten bei Rindern, Schweinen und Schafen", BLV-Verlag München, 5. Auflage, 1974, S. 209, 210 Ni12 Alfa Laval: "Fight mastitis - it pays" (1974)
Ni13 GB 2 192 351 A Ni14 SU 16 34 193 A1 Ni23 GB 1 415 318 Ni24 Green, M.: "Parlour robot draws nearer", in: Farmer's Weekly, 10. Juli 1987 Ni25 Mate, J.: "Back to the future - There's a revived interest in automatic milking", in: Dairy Farmer, Mai 1986, S. 44 - 47 NK8 EP 0 360 354 A1 NK9 DE 39 16 653 A1 NK10 US 4 508 058 NK11 US 4 904 148 NK12 US 4 403 569 NK13 US 4 763 605.
Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent DE 42 93 178 im Umfang der Ansprüche 1, 2, 3, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 13 und 14 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass die Patentansprüche 1 und 5 folgende Fassung erhalten und die übrigen Patentansprüche in der erteilten Fassung weiterbestehen (Hilfsantrag I):
1. Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren, wie z. B. von Kühen, in einem Melkstand (1), mit einem Melkroboter (8), der einen Roboterarm (45) aufweist, wobei der Roboterarm (45) unter ein sich im Melkstand aufhaltendes Tier bewegbar ist, um zum Melken Zitzenbecher (53, 54) an die Zitzen des Tieres anzuschließen, und mit einer Nachbehandlungseinrichtung (105), die zum automatischen Nachbehandeln des Euters und/oder der Zitzen des Tieres nach dem Melken vorgesehen ist, wobei die Nachbehandlungseinrichtung (105) eine Sprühdüse (108) aufweist, wobei die Sprühdüse (108) nahe dem Ende des Roboterarms (45) in dem Roboterarm (45) derart angeordnet ist, dass der Sprühstrahl relativ zum Ende des Roboterarms (45) nach vorn und oben gerichtet ist.
5. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sprühstrahl fächerförmig ist.
Sie tritt dem Vortrag der Klägerin voll umfänglich entgegen. Nach ihrer Ansicht stehe die Patentfähigkeit außer Frage und es liege auch keine unzulässige Erweiterung vor.
Die Klägerin beantragt auch insoweit die Erklärung der Nichtigkeit im Umfang der Ansprüche 1, 2, 3, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 13 und 14.
Gründe
I.
Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg, nämlich soweit Anspruch 1 in der erteilten Fassung und die auf ihn rückbezogenen Unteransprüche 2, 3, 5, 6, 8 und 9 betroffen sind. Es mag dahinstehen, ob die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung gegenüber dem Stand der Technik neu ist, jedenfalls beruht sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, § 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 1 bis 5 PatG.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist der Senat davon überzeugt, dass der hier einschlägige Durchschnittsfachmann, ein Fachhochschulingenieur der allgemeinen Verfahrens- oder Prozesstechnik mit mehrjähriger Erfahrung in der Automatisierung landwirtschaftlicher Arbeitsverfahren, im Prioritätszeitpunkt in der Lage war, aufgrund seines Fachwissens und in Kenntnis des in das Verfahren eingeführten Standes der Technik, die Lehre des Patentanspruchs 1 in naheliegender Weise aufzufinden. Die auf Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung unmittelbar rückbezogenen Ansprüche 2, 3, 5, 6, 8 und 9 haben insoweit keinen Bestand.
Begründet ist die Klage auch hinsichtlich der Ansprüche 10 bis 14, denn hier hat das Ergebnis der mündlichen Verhandlung zur Feststellung der fehlenden Patentfähigkeit i. S. v. §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 2 S. 1 PatG geführt, denn es handelt sich beim Gegenstand des Anspruchs 10 um ein als nicht gewerblich anwendbar geltendes Verfahren zur therapeutischen Behandlung eines tierischen Körpers. Die Unteransprüche 11 bis 14 ohne eigenen erfinderischen Gehalt teilen das Schicksal des Hauptanspruchs, auf den sie sich beziehen (vgl. Benkard/-Rogge, PatG, 10. Aufl., § 22 Rdnr. 23 m. w. N.).
Unbegründet ist die Klage jedoch in Bezug auf die hilfsweise beschränkt verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1, denn insoweit hat das Ergebnis der Verhandlung zu keiner eindeutigen Feststellung im Sinne des klägerischen Vorbringens geführt. Durch die zulässige Beschränkung infolge der Aufnahme eines Merkmals des angegriffenen Anspruchs 5 der erteilten Fassung ergibt die Würdigung des Standes der Technik nicht, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der beschränkt verteidigten Fassung für den Durchschnittsfachmann nach seinem Fachwissen und -können nahe gelegen hätte. Dies geht zu Lasten der Klägerin. Die auf Anspruch 1 in der beschränkt verteidigten Fassung unmittelbar rückbezogenen und angegriffenen Ansprüche 2, 3, 5, 6, 8 und 9 haben mit jenem Bestand; sie werden durch die Rückbeziehung mit getragen, ohne dass es weiterer Feststellungen bedürfte (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 84 Rdnr. 42 m. w. N.; Benkard/Rogge, a. a. O., § 22 Rdnr. 23).
II.
1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren in einem Melkstand mit einem Melkroboter, der einen, unter ein sich im Melkstand aufhaltendes Tier bewegbaren und mit Zitzenbechern versehenen Arm aufweist (Anspruch 1) und ein Verfahren zum Nachbehandeln der Zitzen des Tieres nach dem Melken (Anspruch 10).
Sowohl Vorrichtungen zum automatischen Melken von Tieren als auch Verfahren zur Reinigung der Zitzen sind im Stand der Technik bekannt, weisen aber den Nachteil auf, dass die Reinigung entweder nur vor dem Melkvorgang erfolgt oder aber die Reinigungseinrichtung, die zur Behandlung nach dem Melkvorgang erforderlich ist, sich nicht unmittelbar auf dem zum Melken erforderlichen und unter das Tier verschwenkbaren Roboterarm befindet, sondern in einem zusätzlichen Arbeitsgang in Betrieb genommen werden muss. Darüber hinaus ist bei den vorbekannten Systemen nicht gewährleistet, dass die nach dem Melken versprühte Desinfektionsflüssigkeit nicht in den Melkbecher gelangen kann.
2. Vor diesem Hintergrund bezeichnet die Patentschrift als zu lösendes Problem eine automatisierte Melkvorrichtung zu schaffen, bei der nach dem Melkvorgang mittels eines besonderen Verfahrens und ohne weiteren Arbeitsschritt die Euter oder die Zitzen mit einer Nachbehandlungsflüssigkeit, die ein Desinfektionsmittel enthalten kann besprüht werden, um so Entzündungen vorzubeugen (Abs. [0007]).
3. Patentanspruch 1 beschreibt demgemäß eine Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren in einem Melkstand mit folgenden Merkmalen:
1.1 Die Vorrichtung umfasst einen Melkroboter.
1.1.1 Der Melkroboter weist einen Roboterarm auf.
1.1.2 Der Rotoboterarm ist unter ein sich im Melkstand aufhaltendes Tier bewegbar, um zum Melken Zitzenbecher an die Zitzen des Tieres anzuschließen.
1.2 Die Vorrichtung umfasst eine Nachbehandlungseinrichtung.
1.2.1 Die Nachbehandlungseinrichtung ist zum automatischen Nachbehandeln des Euters und/oder der Zitzen des Tieres nach dem Melken vorgesehen.
1.2.2 Die Nachbehandlungseinrichtung weist eine Sprühdüse auf.
1.2.2.1 Die Sprühdüse ist nahe dem Ende des Roboterarms angeordnet.
1.2.2.2 Die Sprühdüse ist in dem Roboterarm angeordnet.
Der nebengeordnete Anspruch 10 beschreibt ein Verfahren zum Nachbehandeln der Zitzen eines Tieres nach dem Melken mit einer Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren in einem Melkstand 10.1 Die Vorrichtung weist einen Melkroboter mit einem Roboterarm auf.
10.1.1 Der Roboterarm ist zum Anschließen von Zitzenbechern unter ein sich im Melkstand aufhaltendes Tier bewegbar.
10.1.2 Es ist eine Sprühdüse einer Nachbehandlungseinrichtung nahe dem Ende des Roboterarms in dem Roboterarm angeordnet.
10.2 Nach dem Melken des Tieres werden zunächst die Zitzenbecher von den Tierzitzen abgenommen.
10.3 Vor dem Besprühen des Euters und/oder der Zitzen mit einer Nachbehandlungsflüssigkeit wird der Roboterarm zunächst in eine Position gebracht, in der ein von dem Roboterarm nach vorne und aufwärts zum Euter gerichteter Sprühstrahl der Sprühdüse exakt auf das Euter trifft oder geringfügig außerhalb desselben liegt.
10.4 Dann wird die Nachbehandlungsflüssigkeit automatisch von dem Roboterarm auf das Euter und/oder Zitzen gesprüht.
Die beiden nebengeordneten Ansprüche 1 und 10 (Vorrichtung und Verfahren sind jeweils auf die Nachbehandlung des Tiereuters nach dem Melkvorgang gerichtet. Der Melkvorgang selbst wird dabei von einem Melkroboter ausgeführt, der einen Roboterarm zum Anschließen von Zitzenbechern an die Zitzen eines sich im Melkroboter aufhaltenden Tieres aufweist. Dieser Roboterarm ist gleichzeitig Sitz einer Nachbehandlungseinrichtung in Form einer Sprühdüse, die nahe dem Ende des Roboterarms und in diesem angeordnet ist. Die Formulierung "in dem Roboterarm angeordnet" (Merkmal 1.2.2.2) wäre dabei ausgehend von der maßgeblichen englischen Fassung der ursprünglichen Unterlagen gemäß WO 93/06716 (Anlage NK 1b), S. 22, Z. 30 "arranged in the end of the robot arm..." einerseits bei engster Auslegung als innerhalb der äußeren Konturen des Armes angeordnet zu verstehen, jedoch andererseits bei Anwendung der vollen Bedeutungsbreite des englischen Ausdrucks "in" auch als "an" oder "auf" dem Roboterarm lesbar, d. h., dass die Sprühdüse schlussendlich so angeordnet ist, dass sie von dem Roboterarm getragen, ständig mitgeführt und über dessen Bewegung positioniert wird. Nicht zuletzt deshalb, weil der technische Aufbau an sich oder gar eine spezielle Ausgestaltung des Roboterarms nicht Gegenstand des Anspruchs 1 oder auch weiterer angegriffener Ansprüche ist, kann nach Auffassung des Senats nur die o. g. weitere Auslegung, nämlich i. S. einer insoweit engen technischen Verbindung der Sprühdüse mit dem Roboterarm dahingehend, dass sie von diesem getragen und über dessen Bewegung positioniert wird, einer verständigen Würdigung der Bedeutung dieses Merkmals zugrunde gelegt werden.
4. Das Streitpatent ist in der erteilten und nach Hauptantrag verteidigten Fassung nicht bestandsfähig.
4.1 Der nach Hauptantrag verteidigte erteilte Anspruch 1 ist zulässig.
Anders als die Klägerin vorträgt, sind die dort niedergelegten Merkmale und deren Kombination als zur Erfindung gehörend in den ursprünglichen Unterlagen offenbart.
Die Thematik des Anspruchs 1 (Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren) ist im ursprünglichen Anspruch 37 niedergelegt, wobei der Zusatz, wonach dies in einem Melkstand geschehen soll, aus der die ursprünglichen Unterlagen wiedergebenden Offenlegungsschrift WO 93/06716 (NK 1b) gemäß Beschreibung S. 9 Z. 29 bis 31 bzw. deren deutscher Übersetzung (NK 1c) S. 11, letzter Abs., Z. 1 bis 3 ersichtlich ist.
Das Merkmal 1.1 (vgl. Merkmalsanalyse), wonach die Vorrichtung (zum autom. Melken) einen Melkroboter umfasst, geht auf die Beschreibungsstelle S. 10, Z. 9 bis 15 der Offenlegungsschrift bzw. S. 12, Z. 9 bis 15 der deutschen Übersetzung zurück.
Merkmal 1.1.1, wonach der Melkroboter einen Roboterarm aufweist findet seine Stütze in der Offenlegungsschrift S. 21, Z. 38 bis S. 22, Z. 3 bzw. in der Übersetzung S. 26, 2. Abs. Z. 1 bis 4.
Die Tatsache, dass der Roboterarm unter ein sich im Melkstand aufhaltendes Tier bewegbar ist, um zum Melken Zitzenbecher an die Zitzen des Tieres anzuschließen (Merkmal 1.1.2), geht aus der ursprünglichen Beschreibung gemäß Offenlegungsschrift S. 10, Z. 9 bis 15 i. V. m. S. 14, Z. 24 bis S. 15, Z. 7 (Anschluss der Zitzenbecher) bzw. S. 12, Z. 13 bis 15 i. V. m. S. 17, Z. 5 bis Abs. Ende der deutschen Übersetzung hervor.
Dass diese Vorrichtung eine Nachbehandlungseinrichtung umfasst (Merkmal 1.2) ist im ursprünglichen Anspruch 37 offenbart, ebenso wie die Tatsache, dass die Nachbehandlungseinrichtung zum automatischen Nachbehandeln von Euter und/oder Zitzen vorgesehen ist, wobei der Zeitpunkt wann dies geschehen soll, nämlich nach dem Melken, aus der Offenlegungsschrift S. 21, Z. 37 bis S. 22, Z. 3 bzw. der deutschen Übersetzung S. 26, 2. Abs., Z. 1 bis 4 ersichtlich ist, so dass auch Merkmal 1.2.1 seine Stütze in der ursprünglichen Beschreibung findet.
Das Merkmal 1.2.1, wonach die Nachbehandlungseinrichtung eine Sprühdüse aufweist sowie deren Anordnung nahe dem Ende des Roboterarms (Merkmal 1.2.2.1) beruht auf den ursprünglichen Ansprüchen 38 bzw. 43.
Die Anordnung der Sprühdüse in dem Roboterarm (Merkmal 1.2.2.2) beruht auf dem ursprünglichen Anspruch 42 und ist in der Beschreibung gemäß Offenlegungsschrift S. 22, Z. 29, 30 bzw. der deutschen Übersetzung S. 27, 2. Abs., Z. 3, 4 noch näher am Anspruchswortlaut dargestellt.
Demgemäß sind alle Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag in den ursprünglichen Unterlagen offenbart. Der klägerseitige Vortrag, wonach Merkmal 1.1.2, gemäß dem sich der Roboterarm zum Zwecke des Anschließens der Zitzenbecher unter das Tier bewegen soll, insoweit die Arbeit des Melkroboters unvollständig wiedergebe, als ein Hinweis auf das Abkoppeln der Zitzenbecher nach dem Melkvorgang fehle, vermag deshalb nicht durchzugreifen, weil diese Tatsache einmal für den Fachmann bereits durch den Ausdruck "Melkroboter" ersichtlich ist ("Roboter" bedeutet, dass alle Arbeiten durch diese Vorrichtung zu Ende geführt werden, wie auch die Beschreibung erkennen lässt) und zum andern dieses Merkmal nur dazu dienen soll, die Bewegbarkeit bzw. Schwenkbarkeit des Roboterarms in Bezug auf das Tier im Melkstand zu beschreiben. Mit der Beschreibung des Weges den der Melkroboter mit seinem Arm nehmen kann, soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass die Nachbehandlungseinrichtung, auf deren Lage und Anordnung es im Anspruch 1 eigentlich ankommt, auch in der Lage ist, mittels des Bewegungsraumes des Roboterarms das Euter des Tieres zu erreichen.
Nachdem der Anspruch 1 lediglich auf das Vorhandensein einer Nachbehandlungseinrichtung und den Ort, an dem sie angeordnet und verbaut ist, um das Euter des Tieres zu erreichen, abstellt, kommt es nicht darauf an, wie das Melksystem am Roboterarm beschaffen ist (modulartiger Aufbau oder andere Ausgestaltungen).
Nachdem es überdies allgemeine Aufgabe des Streitpatents ist aus Gründen von Hygiene und Qualität das Euter auch nach dem Melkvorgang zu reinigen (Abs. [0004] der Streitpatentschrift), kann auch seitens der Aufgabenstellung keine Einschränkung hergeleitet werden, die dazu führen müsste, dass bei dem auf die Beschreibung des Ortes der Anordnung der Nachbehandlungseinrichtung beschränkten Patentanspruch 1 weitere Merkmale angegeben werden müssten.
4.2 Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen angegriffenen Ansprüche 2, 3, 5, 6, 8 und 9 sind zulässig.
Die Zulässigkeit dieser Ansprüche ist von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen worden und ergibt sich daraus, dass die Merkmale der angegriffenen Ansprüche 2, 3, 5, 6, 8 und 9 auf die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 40, 38, 43, 45 und 44 (vgl. Offenlegungsschrift WO 93/06716) zurückgehen.
4.3 Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag mag zwar neu und gewerblich anwendbar sein, jedoch beruht er aus den nachfolgend dargelegten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Durch die als Anlage NK9 ins Verfahren eingeführte DE 39 16 653 A1 ist u. a. eine Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren, wie z. B. von Kühen bekannt geworden (vgl. Sp. 1, Z. 1, 2), welche - anders als die Beklagte meint - in einem Melkstand (vgl. z. B. Sp. 5, Z. 23 bis 28 bzw. Sp. 7, Z. 20) eingesetzt wird und dort arbeitet.
Übereinstimmend mit Merkmal 1.1 des Anspruchs 1 (vgl. hierzu Merkmalgliederung gemäß Punkt 3.) umfasst die Vorrichtung auch einen Melkroboter (Sp. 5, Z. 26 bis 28), der hier "Robotermanipulator" (60) genannt wird. Der Melkroboter (60) weist auch einen Roboterarm auf (Merkmal 1.1.1), welcher sich in Fig. 1 z. B. zwischen dem Stellglied (62) und dem Melkbecheranbringungsmechanismus (30) befindet. Bei dem beschriebenen Robotermechanismus handelt es sich schon deshalb um einen "echten" Roboter, weil dieser in der Lage ist "kartesisch" zu arbeiten, d. h. gemäß NK9, Sp. 6, Z. 30 bis 37 in drei aufeinander senkrecht stehenden Richtungen verstellbar zu sein.
Wie die Beklagte in ihrem Widerspruchsschriftsatz vom 1. August 2006, S. 26, Abs. [0073] selbst einräumt, ist der Roboterarm unter ein Tier bewegbar, um zum Melken Zitzenbecher an die Zitzen des Tieres anzuschließen. Dies ist aus Fig. 1 der Anlage NK9 ersichtlich und in Sp. 5, Z. 23 bis 28 sowie Sp. 6, Z. 30 bis 37 auch textlich beschrieben. Lediglich aus Gründen der Vollständigkeit wird noch darauf hingewiesen, dass der Roboterarm nicht nur lineare Verschiebebewegungen nach vorne und zurück, bzw. auf und ab vollführen kann, sondern auch u. a. Drehbewegungen zum Verschwenken usw. ausführen kann, wie in Sp. 6, Z. 60 bis Sp. 7, Z. 11 beschrieben ist. Somit sind auch verschwenkende Bewegungen möglich und denkbar im Rahmen dessen, was die Anlage NK9 insgesamt offenbart. Solche Bewegungsmuster versteht die Beklagte unter dem entsprechenden Merkmal 1.1.2 bevorzugt, obwohl der Anspruchstext lediglich neutral von "unter ein ... Tier bewegbar" spricht. Auch findet die Melkprozedur entgegen der Auffassung der Beklagten in einem Melkstand statt, wie bereits der Text zu Fig. 1 (Sp. 5, Z. 23 bis 28) erkennen lässt, wonach in Fig. 1 das hintere Ende eines Melkstandes abgebildet sein soll. Die Bauteile des Melkstandes an sich sind bei der Darstellung nach Fig. 1 weggelassen, weil es auf diese hier - wie auch beim Patentgegenstand - nicht ankommt. Aus der Beschreibung der entgegengehaltenen Vorrichtung in Sp. 7, Z. 16 bis 24 und Z. 47 ist bereits weiter ersichtlich, dass die Vorrichtung zu mehreren Kühen nacheinander verbracht werden kann, die ihrerseits in mehreren parallel oder im Fischgrätenmuster nebeneinander angeordneten Melkständen - diese tragen die Bezugsziffer "56" - angeordnet sein können, was dann auch in Fig. 3 (schematisch) dargestellt ist (Melkstandreihe im Fischgrätenmuster, vgl. Sp. 5, Z. 33 bis 37). Somit hält sich das zu melkende Tier auch bei der entgegengehaltenen Vorrichtung zweifelsfrei während des Melkvorgangs in einem Melkstand auf, so dass das Merkmal 1.1.2 des Anspruchs 1 durch diese Entgegenhaltung ebenfalls vollständig beschrieben ist.
Auch umfasst die entgegengehaltene Vorrichtung eine Nachbehandlungseinrichtung, wie in Merkmal 1.2 von Patentanspruch 1 gefordert, denn in Sp. 8, Z. 42 bis 44 heißt es: "Nach dem Abschluss des Melkvorgangs kann der Robotermanipulator 60 die Melkeinrichtung 31 entfernen und ein Desinfektionsmittel auf das Euter aufbringen". Dies ist eine klassische Nachbehandlung (vgl. "nach dem Abschluss des Melkvorgangs" und "Desinfektionsmittel", die von dem Robotermanipulator 60 ausgeführt werden soll, der - wie es auch die Beklagte gemäß Widerspruchsschriftsatz S. 26, Abs. [0076] sieht - seinerseits eigentlich den "Roboterarm 60" darstellt. Demgemäß ist die Nachbehandlungseinrichtung auch zum automatischen Nachbehandeln des Euters und/oder der Zitzen des Tieres nach dem Melken vorgesehen, wie Merkmal 1.2.1 des Patentanspruchs 1 fordert.
Zwar ist die Art und Weise der Ausgestaltung und Funktion der Nachbehandlungseinrichtung hier nicht weiter beschrieben, so dass die auf eine Sprühdüse ausgerichteten Merkmale des Anspruchs 1, nämlich 1.2.2 bis 1.2.2.2 nicht bzw. nicht gänzlich durch die Anlage NK9 vorbeschrieben sind (und Patentanspruch 1 somit gegenüber dieser Entgegenhaltung als neu zu gelten hat). Aus der zur Nachbehandlung zitierten Textstelle der Anlage NK9 ist aber erkennbar, dass der Robotermanipulator, also der Roboterarm ein Desinfektionsmittel auf das Euter aufbringen kann. Dies bedeutet bei verständiger technischer Würdigung der Textstelle, dass die Nachbehandlungseinrichtung - wie immer sie aussehen mag - in irgendeiner Weise an, in oder auf dem Roboterarm angeordnet sein muss. Nachdem alle hierfür in Frage kommenden Desinfektionsmittel Flüssigkeiten sind, ist es bereits durch diese kurze textliche Andeutung in die Vorstellung des eingangs näher bezeichneten Fachmanns gerückt, dass es sich hierbei entweder um ein spritzendes oder sprühendes Verfahren oder um ein Tauchverfahren handeln muss. Jedenfalls weist bereits die genannte textliche Andeutung den Fachmann in die Richtung der Merkmale 1.2.21 und 1.2.2.2, denn, wenn der Roboterarm Desinfektionsmittel aufbringen soll, nachdem er die Melkeinrichtung entfernt hat, ist es zweckmäßig die entsprechenden Mittel hierzu auch nahe dem Ende des Arms anzuordnen und irgendwie in diesem i. S. v. in diesen integriert und/oder von diesem getragen gemäß der vorher definierten weiteren Lesart dieses Merkmal anzuordnen.
Der Fachmann wird nach all diesen Hinweisen, die er aus dem Stand der Technik nach der DE 39 16 653 A1 (NK9) erhält lediglich noch nach einem zur Automatisierung geeigneten technischen Mittel zum Auftrag von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln suchen, welches in einem Roboterarm eines Melkroboters angeordnet werden kann.
Durch die GB 2 192 351 A (Ni 13) ist eine zunächst von Hand geführte Sprüheinrichtung zur Zitzennachbehandlung bei Kühen nach dem Melken mit einer Reinigungsflüssigkeit (vgl. Abstract, Z. 1 bis 3) bzw. einer Reinigungs- oder Desinfektionsflüssigkeit (S. 1, Z. 8 bis 11) bekannt geworden. Der Sprühkopf (z. B. Fig. 1, 3; Ziff. 10) ist dabei am Ende einer Lanze (31) angebracht und enthält im Wesentlichen eine Sprühdüse (1) und eine Elektrode (20) (Fig. 1), wobei letztere zur elektrostatischen Aufladung der Sprühflüssigkeit dient, um das Problem des Zurückfallens und Abtropfens der Sprühflüssigkeit abzumildern (S. 1, Z. 8 bis 23). Eine zweite, lediglich textlich offenbarte Ausführungsform, sieht aber vor, dass die Sprüheinrichtung Teil einer automatischen Melkvorrichtung ist (S. 2, Z. 118 bis 122). Wie die Entgegenhaltung hier weiter fortfährt, kann bei einer derartigen Anordnung die Sprüheinrichtung auf einem Arm in Position geschwenkt werden, welche sich etwa 30 cm unterhalb der Zitzen befindet (S. 2, Z. 122 bis 124). Demnach offenbart die GB 2 192 351 A eine Nachbehandlungseinrichtung, auch zum automatischen Nachbehandeln der Zitzen nach dem Melken (Merkmal 1.2.1), welche eine Sprühdüse aufweist (Merkmal 1.2.2). Nach dem Vorbild des gezeichneten Ausführungsbeispieles bezüglich einer handgeführten Sprühvorrichtung ist der Sprühkopf am Ende einer Lanze (31) angeordnet (Fig. 3). In Übertragung dieser Ausführung auf einen entsprechenden Arm einer automatischen Vorrichtung wird sich zwangsläufig eine Anordnung nahe dem Ende des Armes der automatischen Vorrichtung (Roboterarm) ergeben, was zu Merkmal 1.2.2.1 führt. Hieraus ergibt sich aber auch gleichzeitig eine Anordnung in dem Roboterarm (Merkmal 1.2.2.2), jedenfalls insoweit der Ausdruck "in" nach verständiger Würdigung des patentgemäßen Offenbarungsgehalts weit ausgelegt wird (vgl. hierzu auch Erläuterungen gemäß Punkt 3.).
Für den einschlägigen Fachmann war es vor dem Zeitrang des Streitpatents ohne weiteres möglich, eine aus der DE 39 16 653 A1 bekannte automatische Melkvorrichtung mit der ebenfalls bekannten automatisierten Variante an einer Nachbehandlungseinrichtung nach der GB 2 192 351 A auszustatten. Veranlasst war er zu diesem Schritt einmal durch den Hinweis in der DE 39 16 653 A1, wonach der Roboterarm auch Desinfektionsmittel auf das Euter aufbringen könnte und zum anderen durch den Hinweis aus der GB 2 192 351 A hinsichtlich der Anordnung auf einem Arm einer automatischen Vorrichtung.
Eine derartige, durch beide Entgegenhaltungen veranlasste fachmännische Zusammenschau führt daher ohne weitere fachmännische Überlegung zu einer Vorrichtung mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 erteilter Fassung.
Hinzu kommt noch, dass es bereits vor dem Zeitrang des Streitspatents im allgemeinen fachmännischem Bestreben lag, in die Robotergestützte Melkarbeit auch die Euternachbehandlung mit einzubeziehen. So ist aus dem Artikel von R. Artmann: "Konzepte und Entwicklungen zur Automatisierung des Melkens" (1990) (Anlage Ni3) ersichtlich, dass auch die Desinfektion der Zitzen nach dem Melken bereits als leicht mechanisierbar erachtet wurde, was gemäß S. 55, 4. Abs. dieses Artikels u. a. dadurch zu lösen sei, dass in den Roboter (gemeint hier: Melkroboter) eine Sprüheinrichtung integriert ist.
4.4 Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen angegriffenen erteilten Unteransprüche 2, 3, 5, 6, 8 und 9 nach Hauptantrag haben ebenfalls keinen Bestand, da sie bereits aufgrund der Antragsbindung mit dem Hauptanspruch fallen.
4.5 Dem auf ein Verfahren zum Nachbehandeln der Zitzen eines Tieres nach dem Melken gerichteten Patentanspruch 10 sowie den auf diesen rückbezogenen Unteransprüchen 11 bis 14 ist die gewerbliche Anwendbarkeit abzusprechen.
Bei dem in Patentanspruch 10 des Streitpatents niedergelegten Verfahren handelt es sich um ein als nicht gewerblich anwendbar anzusehendes Verfahren zur therapeutischen Behandlung des tierischen Körpers, so dass Anspruch 10 einschließlich der auf ihn bezogenen Unteransprüche gemäß §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 2 S. 1 PatG für nichtig zu erklären war. Es betrifft nämlich ein therapeutisches Verfahren zur Prophylaxe von Erkrankungen der Zitzen oder des Euters des gemolkenen Tieres, das unmittelbar am Tier vorgenommen wird.
Ohne Belang ist dabei, dass in den Ansprüchen 10 bis 14 des Streitpatents lediglich eine Nachbehandlungsflüssigkeit genannt wird, denn nach Ansicht des Senats liegt für den hier betroffenen Fachmann auf der Hand, dass es sich hierbei um eine Desinfektionsflüssigkeit handelt, wie sie auch in Absatz [0012] der Streitpatentschrift aufgeführt ist, die der Hygiene und der Gesundheit des Tieres dienen soll. So führt die Streitpatentschrift in diesem Absatz (in dessen zweiter Hälfte) aus: "... und dann die Nachbehandlungsflüssigkeit automatisch von dem Roboterarm auf das Euter und/oder die Zitzen gesprüht wird. Dadurch wird nach jedem Melkvorgang das Euter und/oder die Zitzen des gemolkenen Tieres ohne manuellen Arbeitsgang desinfiziert, ...". Dieser auf das beanspruchte Verfahren zum Nachbehandeln der Zitzen eines Tieres nach dem Melken gerichtete Beschreibungsteil lässt aus der oben zitierten Passage zweifelsfrei erkennen, dass unter dem Begriff "Nachbehandlungsflüssigkeit" ein flüssiges Desinfektionsmittel oder eine ein Desinfektionsmittel enthaltende Lösung zu verstehen ist, denn sonst könnte die erwünschte desinfizierende Wirkung nicht eintreten.
Die Gleichsetzung von Nachbehandlungsflüssigkeit mit einer Lösung mit desinfizierender Wirkung bzw. Desinfektionsmittel steht auch nicht im Widerspruch zu dem zum Stand der Technik gehörenden Kenntnisstand des Fachmanns. So ist z. B. auch in der nächstkommenden Entgegenhaltung, der DE 39 16 653 (NK9) in Sp. 8, Z. 42 bis 44 ausgeführt, dass der Robotermanipulator die Melkeinrichtung nach Abschluss des Melkvorgangs entfernen und ein Desinfektionsmittel auf das Euter aufbringen kann. Ähnliches zeigen auch die weiteren relevanten Druckschriften im Verfahren, z. B. die GB 21 92 351 A (Ni13), S. 1, Z. 8 bis 11, die GB 1 415 318 (Ni23), S. 1, Z. 22 bis 27 oder der Artikel von Mate, J.: "Back to the future", in: Dairy Farmer, 1986, S. 44, li. Sp., Z. 8, 9, um nur auf eine Auswahl hinzuweisen. Dabei dienen die Desinfektionsmaßnahmen praktisch ausschließlich der Prophylaxe der seit langem bekannten und für einen Milchviehbestand bedrohlichen Euterentzündung, der sog. Mastitis (vgl. hierzu: Müller E: "Krankheiten bei Rindern, Schweinen, Schafen" BLV-Verlag München, 5. Aufl. 1974, S. 209, 210 (Anlage N11); Alfa-Laval: "Fight mastitis - it pays (1974) (Anlage Ni 12).
Auch wenn Verfahren zur Desinfektion, auch eines Körperbereichs, grundsätzlich gewerblich anwendbar sind, findet dies seine Grenze, wo das Desinfektionsverfahren an einem anderen Lebewesen angewendet wird, ohne bloße Voraussetzung für einen weitergehenden Eingriff zu sein (vgl. Busse, a. a. O., § 5 Rdnr. 31). Demgemäß sind alle Verfahren, deren Zweck der Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit, der Linderung von Leiden, Schmerz oder Beschwerden und der Beeinflussung von Funktionsstörungen oder Funktionsschwächen dient, als therapeutische Verfahren i. S. v. § 5 Abs. 2 S. 1 PatG anzusehen (vgl. Schulte, PatG, 7. Aufl., § 5 Rdnr. 31). Anspruch 10 des Streitpatents betrifft ein derartiges Verfahren, da es sich bei der Nachbehandlung der Zitzen eines gemolkenen Tieres mit einer Nachbehandlungsflüssigkeit entweder nur um eine prophylaktische Behandlung gegenüber Entzündungen, insbesondere einer Mastitis, oder aber um die Linderung der Folgen des Melkvorgangs oder aber eine Kombination aus diesen beiden handeln kann, die allesamt als nicht gewerblich anwendbar i. S. v. § 5 Abs. 2 S. 1 PatG anzusehen sind und daher nicht die erforderliche Patentfähigkeit aufweisen.
5. Das Streitpatent ist in der hilfsweise verteidigten Fassung teilweise bestandsfähig.
5.1 Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag beschreibt eine Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren in einem Melkstand mit den Merkmalen 1.1 bis 1.2.2.2 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag, ist also bis dorthin mit diesem gleichlautend, wobei er gegenüber dem Umfang des hauptsächlich verteidigten Anspruchs 1 durch das folgende zusätzliche Merkmal beschränkt wird:
1.2.2.3 Die Sprühdüse ist derart angeordnet, dass der Sprühstrahl relativ zum Ende des Roboterarms nach vorn und oben gerichtet ist.
Dieses Merkmal gibt nun die Ausrichtung des Sprühstahls an. Nachdem es dem erteilten Anspruch 5 entstammt, erhält dieser im Hilfsantrag nunmehr die aus dem Tatbestand ersichtliche Fassung, während alle übrigen Patentansprüche auch gemäß Hilfsantrag in der erteilten Fassung fortbestehen.
5.2 Der hilfsweise verteidigte Anspruch 1 ist zulässig.
Die Zulässigkeit der insoweit mit Anspruch 1 nach Hauptantrag identischen Merkmale 1.1 bis 1.2.2.2 ergibt sich aus den diesbezüglichen Ausführungen zum Anspruch 1 nach Hauptantrag gemäß Punkt 4.2.
Das Merkmal 1.2.2.3 bezüglich der Orientierung des Sprühstrahls ist dem erteilten Anspruch 5 entnommen und findet seine Stütze im ursprünglichen Anspruch 43, wie aus der entsprechenden Offenlegungsschrift WO 93/06716 (NK 1b) ersichtlich ist.
Die Klägerin verneint die Zulässigkeit dieses Merkmals in der Form wie unter 1.2.2.3 angegeben und damit auch die gesamte Zulässigkeit des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag, weil dieses Merkmal sowohl im erteilten Anspruch 5 als auch im ursprünglichen Anspruch 43 darüber hinaus aber auch in allen entsprechenden, den ursprünglichen sowie den erteilten Unterlagen zugehörigen Beschreibungsstellen ausschließlich in Verbindung mit der Kennzeichnung des fächerförmigen Sprühmusters genannt worden sei. Diese Merkmale gehören nach Auffassung der Klägerin daher technisch zusammen, weil sie nur in dieser Kombination offenbart seien, so dass eine Trennung - wie in Anspruch 1 nach Hilfsantrag geschehen - zwangsläufig zu einer unzulässigen Erweiterung führe.
Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen. Bereits in der Beschreibung der Streitpatentschrift findet sich in Abs. [0012] (Mitte) eine Formulierung wonach ausgeführt ist, dass "... der Roboterarm zunächst in eine Position gebracht wird, in der ein von dem Roboterarm nach vorne und aufwärts zum Euter gerichteter Sprühstrahl der Sprühdüse auf das Euter trifft oder geringfügig außerhalb desselben liegt ...". In diesem gesamten Abs. [0012] findet sich auch an einer anderen Stelle keine Verbindung der Sprühstrahlausrichtung mit dem Sprühmuster. Diese Verbindung wird erst im folgenden Abs. [0013] hergestellt wo es heißt: "Bevorzugt wird die Nachbehandlungsflüssigkeit in einem fächerförmigen Sprühstrahl gesprüht ...". Nach alledem ist bereits aus der Streitpatentschrift ersichtlich, dass die Verbindung von Sprühstrahl-Richtung und Sprühmuster lediglich Gegenstand bevorzugter Ausführungsbeispiele ist, wie z. B. aus Abs. [0008] (Ende) ersichtlich ist, wo ausgeführt wird, "... so dass die Sprühdüse nahezu sofort nach dem Öffnen des Ventils einen vorzugsweise fächerförmigen Sprühstrahl erzeugt". Das fächerförmige Sprühmuster wird also nach der patentgemäßen Lehre "vorzugsweise", d. h. nicht in jedem Falle zwingend in dieser Form erzeugt. Die Verbindung von Strahlrichtung und Sprühmuster im erteilten Anspruch 5, einem Unteranspruch, ist ebenfalls als bevorzugte Ausführungsform eines in den tragenden Hauptansprüchen niedergelegten Erfindungsgedankens zu verstehen, welche jedenfalls nicht geeignet ist, diese Verbindung als zwingende technische Maßnahme erscheinen zu lassen.
Auch die Betrachtung der ursprünglichen Unterlagen gemäß WO 93/06716 (NK 1b) führt zu keinem anderen Ergebnis, denn dort wird auf Seite 7, Zeilen 10, 11 ausgeführt: "... is produced by the spray nozzle a preferably fanshaped spray pattern".
Nach alledem war weder in den ursprünglichen noch in den erteilten Unterlagen eine zwingende Koppelung von Sprüheinrichtung und Sprühmuster gefordert.
5.3 Der Anspruch 5 nach Hilfsantrag ist ebenfalls zulässig, denn bei seiner Neuformulierung wurde lediglich das nunmehr in den Hauptanspruch aufgenommene Teilmerkmal der Ausrichtung des Sprühstrahls fortgelassen.
5.4 Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag als nicht neu gilt.
Von dem nächstkommenden Stand der Technik nach der DE 39 16 653 A1 (NK9) unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag durch seine, die Einzelheiten der Nachbehandlungseinrichtung beschreibenden Merkmale, nämlich hinsichtlich der Art (Sprühdüse), Lage und Ausrichtung der Nachbehandlungseinrichtung entsprechend den Merkmalen 1.2.2 bis 1.2.2.3 (vgl. Merkmalsgliederung gemäß Punkt 3. i. V. m. 5.1).
Die automatische Melkvorrichtung nach der EP 9 323 444 A2 (Ni5) weist zwar auch eine Behandlungseinrichtung zur Euterreinigung auf. Bei dieser Einrichtung ist jedoch schon nicht klar, ob dies überhaupt zur Nachbehandlung des Euters nach dem Melken Verwendung finden soll, oder nicht lediglich eine reine Vorreinigungsanordnung darstellt. Zudem ist diese Reinigungseinrichtung anders - nämlich als das Euter umfassendes Becken mit einer Vielzahl von Sprühdüsen darin - aufgebaut, so dass sich die hilfsweise verteidigte Melkvorrichtung nach Anspruch 1 von diesem Stand der Technik in allen, eine Nachbehandlungseinrichtung betreffenden Merkmalen (1.2.1 bis 1.2.2.3) unterscheidet.
Durch die GB 2 192 351 A (Ni13) ist einerseits ein handgeführtes Sprühgerät zur Euternachbehandlung bekannt geworden, von dem sich die Vorrichtung nach Anspruch 1 durch die auf einen automatischen Melkroboter sowie auf die eine automatische Nachbehandlungseinrichtung betreffenden Merkmale, also die Merkmale 1.1 bis 1.2.1 ebenso wie in der Ausrichtung des Sprühstrahls (Merkmal 1.2.2.3) unterscheidet. Die andererseits lediglich kurz beschriebene und zeichnerisch nicht dargestellte automatisierte Variante lässt eine an einem Arm angeordnete Sprüheinrichtung mit den Merkmalen 1.2 bis 1.2.2 erkennen, wobei weiterhin weder die Beschaffenheit des Melkroboters, an dem sie angebracht ist, noch die weitere Ausgestaltung und Positionierung der Sprühdüse selbst beschrieben wird.
Die GB 1 415 318 (Ni 23) offenbart einen mit Sprühdüsen besetzten Arm einer automatischen Nachbehandlungseinrichtung, wobei die Ausrichtung der Sprühdüsen anders als beim Gegenstand nach Anspruch 1 im rechten Winkel zu dem sie tragenden Arm vorgenommen ist. Ein Melkroboter und dessen Beschaffenheit mit dem zusammen diese Einrichtung zum Einsatz kommen soll ist in dieser Entgegenhaltung nicht beschrieben.
Die zur Nachbehandlung des Euters nach dem Melken vorgesehene Spraydose mit Sprühdüse nach der US 4 716 032 (Ni17) weist keine gemeinsamen Merkmale mit der Vorrichtung zum automatischen Melken von Tieren nach dem hilfsweise verteidigten Anspruch 1 auf.
Weitere im Verfahren befindliche Entgegenhaltungen beschreiben allgemein die Automatisierungsmöglichkeiten beim Melkprozess und thematisieren auch die Notwendigkeit einer evtl. automatisierten Euternachbehandlung, ohne jedoch die hierzu erforderliche Nachbehandlungseinrichtung näher zu kennzeichnen (z. B. Artmann, R.: "Konzepte und Entwicklungen zur Automatisierung des Melkens" (Ni3); Mate, J.: "Back to the future" (Ni25)), so dass sich die Vorrichtung nach dem hilfsweise verteidigten Anspruch 1 zumindest in allen, die Nachbehandlungseinrichtung näher kennzeichnenden Merkmalen (1.2.1 bis 1.2.2.3) von diesem Stand der Technik unterscheidet.
Die verbleibenden im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen sind von den Parteien zum Stand der Technik nicht mehr aufgegriffen worden und liegen insoweit sie überhaupt melktechnische Fragestellungen betreffen vom Patentgegenstand weiter ab, wie der Senat überprüft hat.
5.5 Die Klägerin vermochte den Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Zwar kann eine fachmännische Zusammenschau des Standes der Technik nach der DE 39 16 653 A1 (NK9) und der GB 2 192 351 A (Ni13) dem eingangs näher definierten Fachmann eine Melkvorrichtung mit den Merkmalen 1.1 bis 1.2.2.2 nahelegen, wie insoweit zum Anspruch 1 nach Hauptantrag ausführlich dargetan wurde (vgl. Punkt 4.3).
Für die Ausrichtung des Sprühstrahls relativ zum Ende des Roboterarms nach vorne und oben (Merkmal 1.2.2.3) indes erhält der Fachmann aus den o. g. Entgegenhaltungen keinerlei Anregungen. So wird in der Entgegenhaltung NK9 (Sp. 8, Z. 42 bis 44) lediglich erwähnt, dass nach Abschluss des Melkvorgangs vom Robotermanipulator (auch) Desinfektionsmittel auf das Euter aufgebracht werden soll. Wie dies jedoch geschehen soll ist in der NK9 weder dargestellt noch beschrieben, d. h. es bliebt hier offen ob überhaupt eine mit sprühenden Mitteln arbeitende oder eine mit einem Tauchverfahren oder eine mit getränkten Materialien vorgenommene (Kontaktverfahren) Euternachbehandlung Verwendung finden soll.
Durch die GB 2 192 351 A (Ni13) ist einerseits ein handgeführtes Sprühgerät (Sprühlanze) zur Euternachbehandlung bekannt geworden, welches auch zeichnerisch dargestellt ist (Fig. 3). Bei diesem Handgerät ist die Sprühdüse (10) im rechten Winkel zur Längsachse der Sprühlanze (31) angeordnet. Abgesehen davon, dass ein handgeführtes Gerät hinsichtlich seiner tatsächlichen Sprühstrahlausrichtung zum Euter hin keine verlässlichen Aussagen liefern kann, weil die Führung des Gerätes durch die Zwischenschaltung einer Bedienungsperson erfolgt, die die Führung des Gerätes frei wählen kann, vermag auch der konstruktive Aufbau dieses Handgerätes (Düse im rechten Winkel zur Lanzenachse angeordnet) einem Fachmann die anspruchsgemäße Sprühstahlausrichtung nicht nahe zu legen. Die andererseits offenbarte Variante einer auf einem Arm angeordneten Nachbehandlungseinrichtung im Rahmen einer automatisierten Vorrichtung ist lediglich textlich kurz beschrieben und zeichnerisch nicht dargestellt. Auf Seite 2, Z. 122 bis 124 der Ni13 ist hierzu lediglich ausgeführt, dass die Sprüheinrichtung auf einem Arm etwa 30 cm unter die Zitzen eingeschwenkt werden kann. Eine Sprührichtung ergibt sich hieraus nicht zweifelsfrei und wenn, dann allenfalls eine solche, bei der die Düse (wie beim handgeführten Gerät dargestellt) direkt senkrecht nach oben sprüht (vgl. Sprüheinrichtung wird unter die Zitzen geschwenkt).
Nach alledem vermag der Stand der Technik nach NK9 i. V. m. Ni13 dem Fachmann die Sprüheinrichtung wie sie im Anspruch 1 nach Hilfsantrag angegeben ist, nicht nahe zu legen.
Eine derartige Sprüheinrichtung einer Sprühdüse in einem Roboterarm vermag auch die Euterwaschvorrichtung nach der EP 0 323 444 (Ni5) nicht nahe zu legen, denn diese zeigt eine Mehrzahl von Sprühdüsen (60) in einem Becken (31), wobei die Düsen aus unterschiedlichen Richtungen auf das Euter sprühen (vgl. z. B. Fig. 6). Die Sprühflüssigkeit wird dann wieder in dem Becken (31) gesammelt und von dort abgesaugt. Somit arbeitet diese Reinigungseinrichtung nach einem anderen, mit dem Patentgegenstand nicht vergleichbaren Prinzip.
Auch die Sprühdüsen (24) auf einem Arm (23, 23') nach der GB 1 415 318 (Ni 23) sind, wie aus der Zeichnung ersichtlich (Fig. 1, 3, 5), im rechten Winkel zur Längsachse des Arms (23, 23') angeordnet und können schon aus diesem Grunde die Sprührichtung nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag weder vorwegnehmen noch nahe legen. Zudem sind auch hier eine Mehrzahl von Düsen auf einem Arm angeordnet, so dass beim Gegenstand nach Ni23 ebenfalls ein anderes Prinzip des Sprühmittelauftrags Verwendung findet als beim Patentgegenstand.
Bei der Spraydose (10) zur Euternachbehandlung nach der US 4 716 032 (Ni17) ist die Sprühdüse (16) so angeordnet, dass sie am oberen Ende der Spraydose in Fortsetzung bzw. fluchtend mit der Spraydosenlängsrichtung verläuft (vgl. z. B. Fig. 2 und 6). Nachdem eine solche Spraydose in jedem Fall von Hand geführt wird, ergeben sich - bedingt durch den Standort und die individuelle Arbeitsweise der zwischengeschalteten Bedienungsperson - unterschiedliche Sprührichtungen auf das Euter, wie aus Fig. 1 und 5 ersichtlich ist. Diese unterschiedlichen Sprührichtungen sind indes nicht durch die konstruktive Ausgestaltung der Sprüheinrichtung bzw. die Anordnung der Sprühdüse bedingt, sondern hängen ausschließlich von der Führung der Spraydose durch die Bedienungsperson ab. Schon aus diesem Grunde kann ein derartiger Stand der Technik nicht Vorbild für eine automatische Vorrichtung sein, denn bei automatischen Vorrichtungen wie Roboterarmen o. Ä. ist die erreichbare Beweglichkeit zwar ausreichend um z. B. unter das Euter des Tieres zu verschwenken. Weitergehende Bewegungsmöglichkeiten indes würden die automatische Vorrichtung erheblich verteuern und komplizierter sowie störanfälliger werden lassen. Nach alledem lässt sich ein mögliches Bewegungsmuster, welches mit einem Handgerät erzeugt werden kann, nicht ohne weiteres auf eine vollmechanisierte Einheit übertragen. Somit konnte auch dieser Stand der Technik bei verständiger Würdigung der gesamten technischen Gesichtspunkte kein Vorbild für die Ausrichtung des Sprühstrahls einer automatischen Melk- und Nachbehandlungsvorrichtung bieten.
Ähnliches gilt auch für die in dem Artikel von Artmann R.: "Konzepte und Entwicklungen zur Automatisierung des Melkens" (Ni3) in Bild 4 auf S. 53 unter dem Vorgang "Nachbehandlung" bei "sprühen" dargestellten handgeführten Sprühlanze. Zwar ist hier der Sprühstrahl durch die abgeknickte Form der Lanze - so wie es zeichnerisch dargestellt ist - schräg nach vorne und oben gerichtet, wenn die Lanze selbst in der waagrechten Position gehalten wird. Allerdings vermag auch dieses Handgerät - anders als die Klägerin meint - die tatsächliche Sprührichtung nicht festzulegen, denn diese hängt von der Arbeitsweise der Bedienungsperson ab. Somit kann auch dieser Stand der Technik einem Fachmann keinerlei Anregungen zur Ausgestaltung einer robotergestützten, automatisch arbeitenden Anlage hinsichtlich der dort vorzunehmenden Düsenanordnung und Sprühstrahlausrichrtung vermitteln.
Die weiteren noch im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen liegen weiter ab und zeigen und beschreiben keinerlei Einzelheiten einer Sprühanlage zur Euternachbehandlung, wie der Senat überprüft hat.
Zusammenfassend betrachtet fand der Fachmann zum Zeitrang des Streitptatents im Stand der Technik lediglich vollautomatische Sprühsysteme vor, deren Sprühstrahl von einem waagrecht liegenden Arm senkrecht nach oben orientiert war. Lediglich bei handgeführten Vorrichtungen wurde gelegentlich von dieser Sprührichtung abgewichen. Dies wird aber überwiegend durch die individuelle Arbeitsweise der betreffenden Bedienungsperson bestimmt und kann daher nicht als Vorlage für ein automatisiertes Arbeitsschema gelten. Somit ergab sich die patentgemäße Lösung nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag nicht zwangsläufig aus dem Stand der Technik, auch nicht unter Zuhilfenahme fachmännischer Überlegungen. Dies musste zu Lasten der Klägerin gehen.
Nachdem der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag bestandsfähig ist, sind die angegriffenen, auf diesen unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Ansprüche 2, 3, 6, 8 und 9 sowie der im Rahmen des Hilfsantrages neu formulierte Anspruch 5 ebenfalls bestandsfähig.
5.6 Die Ansprüche 10 bis 14 gemäß Hilfsantrag entsprechen in ihrem Wortlaut denen nach Hauptantrag. Sie sind nicht bestandsfähig und daher für nichtig zu erklären, weil ihnen die gewerbliche Anwendbarkeit abzusprechen war. Zur Begründung hierzu wird ausdrücklich auf die Ausführungen gemäß Punkt 4.5 verwiesen, die den gleichen Sachverhalt im Rahmen des Hauptantrags betreffen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs, 2 PatG i. V. m. § 92 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
BPatG:
Urteil v. 17.04.2007
Az: 4 Ni 62/05
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