Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Dezember 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 229/01
(BPatG: Beschluss v. 03.12.2003, Az.: 29 W (pat) 229/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke Certified Internet Engineerist am 20. November 1998 für die Waren und Dienstleistungen Datenverarbeitungsprogramme; Unterricht; Vermittlung, Organisation und Durchführung von Schulung, Lehrgängen und Seminaren; Wissensvermittlung; Elektronische Dienstleistungen, insbesondere das Sammeln, Speichern, Übersetzen, Weiterleiten oder Verteilen von Daten, Informationen, Abbildungen, Video- und Audiosequenzen, Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen, insbesondere auch mittels interaktiv kommunizierender (Computer-)Systeme; Entwicklung, Erstellung und Vermietung von Datenverarbeitungsprogrammenzur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 4. Juli 2001 als freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe teilweise zurückgewiesen für die Dienstleistungen Unterricht; Vermittlung, Organisation und Durchführung von Schulung, Lehrgängen und Seminaren; Wissensvermittlung; elektronische Dienstleistungen; Entwicklung, Erstellung und Vermietung von Datenverarbeitungsprogrammen.
Die sprachüblich gebildete Wortfolge sei an vergleichbare Bezeichnungen für Bildungsabschlüsse wie "Certified Systems Engineer", "Certified Databased Administrator", "Certified Novell Engineer", "Certified ecommerce Manager" oder "Certified Internet Online Publisher" angelehnt und werde nicht nur von der Anmelderin, sondern auch von anderen Anbietern verwendet. In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen weise das Zeichen daher lediglich auf deren Gegenstand bzw darauf hin, dass diese durch einen Certified Internet Engineer erbracht würden.
Die Anmelderin hat ihre hiergegen gerichtete Beschwerde nicht begründet.
Sie beantragt sinngemäß, die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses.
Die Ergebnisse der vom Senat durchgeführten Internetrecherche wurden der Anmelderin übersandt.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen.
1. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit geht der Senat davon aus, das die Teilzurückweisung auch die Dienstleistungen "insbesondere das Sammeln, Speichern, Übersetzen, Weiterleiten oder Verteilen von Daten, Informationen, Abbildungen, Video- und Audiosequenzen, Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen, insbesondere auch mittels interaktiv kommunizierender (Computer-)Systeme" umfasst. Zwar sind im Tenor des Zurückweisungsbeschlusses der Markenstelle vom 4. Juli 2001 nur die "Elektronischen Dienstleistungen" ausdrücklich genannt. In der von der Anmelderin gewählten Formulierung "Elektronische Dienstleistungen, insbesondere ...." kommt aber nach Auffassung des Senats deutlich zum Ausdruck, dass die Anmelderin Schutz für den Oberbegriff "elektronische Dienstleistungen" beansprucht und es sich bei den nach dem Zusatz "insbesondere" angeführten Dienstleistungen lediglich um eine beispielhafte Aufzählung und nicht um eine rechtliche Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses handelt (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl 2003, § 32 Rdn 91). Dass die Prüferin in den Entscheidungsgründen von der Schutzfähigkeit der "weiteren beanspruchten Waren und Dienstleistungen" ausgeht, obwohl nur die Ware "Datenverarbeitungsprogramme" von der Zurückweisung ausgenommen wurde, steht dem nicht entgegen. Denn der Ausdruck "Waren und Dienstleistungen" ist eine Standardformulierung für das vom Anmelder beanspruchte Verzeichnis, die häufig auch dann verwendet wird, wenn das Verzeichnis tatsächlich nur Waren oder nur Dienstleistungen enthält.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG sind Marken, denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt, von der Eintragung ausgeschlossen. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift bedeutet die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Unterscheidungskraft fehlt in der Regel, wenn einer Marke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder es sich um ein Wort der deutschen oder einer Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st Rspr, vgl BGH WRP 2003, 1429, 1430 - Cityservice). Dies ist hier der Fall.
2.1. Die angemeldete Wortfolge ist sprachüblich aus den englischen Begriffen "Certified", "Internet" und "Engineer" zusammengesetzt. Auf dem hier maßgeblichen Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie und insbesondere im Zusammenhang mit Programmierungen für das Internet ist die Zertifizierung von Spezialkenntnissen durch unabhängige Zertifizierungsstellen oder Softwareentwickler weit verbreitet. So ergibt sich zB aus den der Anmelderin übersandten Rechercheergebnissen, dass Zertifizierungsprogramme für den "Certified Internet Professional" mit den Tätigkeitsbereichen "Certified Internet Architect, Certified Internet Business Specialist, Certified Web Designer, Certified Intranet Manager, Certified Web Developer" (vgl www.comlit.de/zert/novell.html - Zertifizierung mit Novell), für den "Certified Internet Application Developer", den "Certified Internet Online Publisher", den "Certified Network Designer" (vgl www.internetacademy.de/certline.htm) oder den "Microsoft Certified Systems Engineer" (vgl www.akademiebrueschke.de/weiterbildung/inhalt.htm) angeboten werden. In diesem Zusammenhang verwendet auch die Anmelderin selbst die Bezeichnung "Certified Internet Engineer" als Hinweis auf eine "Kompaktausbildung zu allen relevanten technischen Internetthemen" (vgl www.internetacademy.de/certline.-htm). Angesichts der genannten Verwendungen versteht das angesprochene inländische Publikum die angemeldete Wortfolge daher ohne weiteres im Sinne von "zertifizierter Internet-Ingenieur" als Hinweis auf die Zertifizierung einschlägiger Fachkenntnisse.
2.2. Dieser beschreibende Begriffsinhalt des angemeldeten Zeichens erschließt sich auch unmittelbar in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen. In Verbindung mit den Dienstleistungen "Unterricht; Wissensvermittlung" erschöpft sich die Bezeichnung "Certified Internet Engineer" in der Inhalts- und Zweckangabe, dass es sich um Unterricht und Wissensvermittlung im Rahmen der Ausbildung zum Certified Internet Engineer handelt. Gleiches gilt hinsichtlich der Dienstleistungen "Vermittlung, Organisation und Durchführung von Schulung, Lehrgängen und Seminaren". Zwar lässt sich nicht feststellen, dass diese Dienstleistungen üblicherweise nach dem Inhalt der angebotenen Fortbildungsveranstaltungen benannt werden. Aufgrund des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen der Vermittlung, Organisation und Durchführung derartiger Veranstaltungen und deren thematischen Inhalt erfasst das angesprochene Publikum die Angabe "Certified Internet Engineer" in Verbindung mit diesen Dienstleistungen aber ebenfalls nur als Hinweis auf eine Zertifizierungsveranstaltung und nicht als Unternehmenshinweis. Bei den beanspruchten "elektronischen Dienstleistungen, insbesondere das Sammeln, Speichern, Übersetzen, Weiterleiten oder Verteilen von Daten, Informationen, Abbildungen, Video- und Audiosequenzen, Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen, insbesondere auch mittels interaktiv kommunizierender (Computer-)Systeme" handelt es sich um die Dienstleistungen einer Datenbank, die mit dem angemeldeten Zeichen im Sinne einer Datenbank mit Informationen zum Thema "Certified Internet Engineer" inhaltlich beschrieben werden. Hinsichtlich der Dienstleistungen "Entwicklung, Erstellung und Vermietung von Datenverarbeitungsprogrammen" beschreibt die angemeldete Wortkombination lediglich die Art der Erbringung durch einen "Certified Internet Engineer".
3. Da dem Zeichen bereits die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, kam es auf die Frage, ob der angemeldeten Wortfolge darüber hinaus das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht, nicht an.
Grabrucker Pagenberg Fink Cl
BPatG:
Beschluss v. 03.12.2003
Az: 29 W (pat) 229/01
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