Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. März 2007
Aktenzeichen: 28 W (pat) 94/06

(BPatG: Beschluss v. 14.03.2007, Az.: 28 W (pat) 94/06)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden gegen den Beschluss der Markenstelle für die Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. September 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das WortÖkoländerwurde am 20. Dezember 2001 in das Markenregister eingetragen für Waren der Klassen 29, 30 und 31, u. a. für "Fleisch", "Geflügel" und "Wild".

Gegen diese Eintragung ist Widerspruch erhoben worden aus den beiden deutschen Marken der Beschwerdeführerin:

Nr. 305 78 194 (abgetrennt aus 395 14 145)

Ökolandeingetragen am 13. September 1995 für Waren der Klassen 29 und 30:

"Fleisch, Fisch, Wild und Geflügel, Fleischextrakte, Obst- und Gemüsekonserven, Konfitüren, Marmelade, Fruchtzubereitungen, Fruchtaufstriche, Fruchtmus als Dessert, Fruchtsuppen, Fruchtsaucen; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette Brot, feine Backwaren, Mehl- und Getreidepräparate, verarbeitetes Getreide und Getreidemahlerzeugnisse und Getreideflocken für Nahrungszwecke; Müsli aus den vorgenannten Waren; Teigwaren; Reis und Reisprodukte; getrocknete Hülsenfrüchte und deren Mahlerzeugnisse; Kaffee und Kaffee-Ersatzmittel, Kakao, Tee, Kräutertee, Teemischungen für nichtmedizinische Zwecke, Hefeprodukte, nämlich Hefeextrakte und Hefeflocken; Suppen, Suppenkonzentrate, Saucen, einschließlich Salatsaucen und Würzmittel; Speiseessig; Senf; Speisesalz; Speiseeis; Sojaprodukte, nämlich Sojasaucen, einschließlich Sojasalatsaucen; Honig; Zucker, Zuckerwaren; Schokoladenwaren, Nußnougatcreme; sämtliche vorgenannten Waren (soweit möglich) auch als diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke"

und Nr. 398 48 257 Grafikeingetragen am 20. November 1998 für Waren der Klassen 29 und 31:

"Fleisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; Fleischgallerten; Fleischkonserven; lebende Tiere."

Diese Widersprüche hat die Markenstelle für Klasse 29 mit zwei Beschlüssen, von denen einer auf die Erinnerung der Widersprechenden ergangen ist, mit der Begründung zurückgewiesen, dass beide Widerspruchsmarken wegen ihres klar beschreibenden Gehalts nur einen geringen Schutzumfang hätten und deswegen die bestehenden Unterschiede zwischen ihnen und der angegriffenen Marke ausreichten, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Gegen diese Beschlüsse richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Mit richterliche Verfügung vom 11. Dezember 2006 hat der Senat beiden Verfahrensbeteiligten mitgeteilt, dass der Senat das Verfahren Anfang März 2007 in Bearbeitung nehmen würde, auch wenn bis dahin keine Beschwerdebegründung vorliegen sollte.

Die anwaltlich vertretene Widersprechende hatte im patentamtlichen Verfahren ihren Widerspruch und die spätere Erinnerung nicht begründet. Im Beschwerdeverfahren hat sie keine Beschwerdebegründung und keine Anträge eingereicht, sie hat auch nicht - gegebenenfalls hilfsweise - beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich weder im patentamtlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren zur Sache geäußert. Er hat im Beschwerdeverfahren auch keine Anträge gestellt.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil auch nach Ansicht des Senats zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

1. Diese Entscheidung kann im schriftlichen Verfahren ergehen. Das Patentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung, § 69 MarkenG. Eine mündliche Verhandlung ist lediglich vorgeschrieben, wenn einer der Beteiligten sie beantragt, Beweis erhoben werden soll oder wenn das Patentgericht eine solche für sachdienlich hält. Ein entsprechenden Antrag hat die Widersprechende nicht gestellt. Besondere Gründe, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus sachlichen Gründen erforderlich machten, liegen nicht vor. Die anwaltlich vertretene Widersprechende hatte daher zu gewärtigen, dass das Beschwerdegericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet, zumal der Senat im Dezember 2006 beide Verfahrensbeteiligten davon unterrichtet hatte, dass er das Verfahren auch dann Anfang März 2007 in Bearbeitung nehmen würde, wenn bis dahin keine Beschwerdebegründung vorliegen sollte. Seitdem hatten beide Verfahrensbeteiligten genügend Zeit, zur Sache vorzutragen oder für einen solchen Vortrag eine neue Frist zu beantragen. Das Gebot zur Wahrung des rechtlichen Gehörs gebietet lediglich, dass für die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit besteht, sich in eigener Sache zu äußern. Insoweit genügt in der Regel ein Zeitraum von zwei Wochen (vgl. BGH GRUR 1997, 223, 224 - "Ceco").

2. Die angegriffene Marke "Ökoländer" kommt den beiden Widerspruchsmarken nicht i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verwechselbar nahe.

2.1 Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren besteht, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Identität bzw. Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr. des EuGH und des BGH; vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 29 m. w. N.).

Die Verwechslungsgefahr stellt einen - normativ auszufüllenden - Rechtsbegriff dar, der mit der tatsächlichen Verwechselbarkeit nicht stets übereinstimmen muss. Deswegen können einander sehr ähnliche Marken gleichwohl keiner Verwechslungsgefahr unterliegen, weil die weitgehenden Gemeinsamkeiten der Zeichen nur auf kennzeichnungsschwachen Wortelementen beruhen (vgl. z. B. BPatG GRUR 2002, 68 - COMFORT HOTEL). So verhält es sich hier.

2.2 Die Vergleichsmarken können sich im Bereich identischer Waren begegnen, das betrifft jedenfalls die Waren "Fleisch", "Geflügel" und "Wild" der Klasse 29.

2.3 Die Widerspruchsmarke 305 78 194 "Ökoland" hat einen sehr geringen Schutzumfang, weil dieser Ausdruck - ebenso wie in der Schreibweise "Oekoland" - in Deutschland seit längerer Zeit als Kürzel für den Begriff "ökologischer Landbau" verwandt und verstanden wird (vgl. die umfänglichen Feststellungen dazu in BPatG GRUR 2002, 885 ff - OEKOLAND). Im Zusammenhang mit den Waren der Widerspruchsmarke, bei denen es sich ausnahmslos um Lebensmittel handelt, kann "Ökoland" daher nur als unmissverständlicher Hinweis auf eine Herkunft dieser Waren aus der ökologischen Landwirtschaft verstanden werden und ist mithin eine Sachangabe. Dass die ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke durch eine nachhaltige Benutzung der Marke gestärkt worden wäre, hat die Widersprechende nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Wegen des geringen Schutzumfanges der Widerspruchsmarke können trotz einer jedenfalls zum Teil bestehenden Identität der Vergleichswaren keine hohen Ansprüche an den Abstand gestellt werden, den die jüngere Marke zur älteren halten muss. Klanglich und schriftbildlich unterscheiden sich die Wörter "Ökoland" und "Ökoländer" hinreichend deutlich wegen der unterschiedlichen Anzahl der Silben und wegen der Unterschiede in der Vokalfolge. Begrifflich kommen sich die Vergleichsmarken allerdings besonders nahe, weil eine mögliche Bedeutung der jüngeren Marke der Plural von "Ökoland" ist. Daneben hat "Ökoländer" jedoch noch eine weitere, ebenfalls allgemein verständliche Bedeutung, nämlich die einer Person, die aus "Ökoland" kommt, oder die bewusst nach den Maßgaben des ökologischen Landbaus handelt. Diese Mehrdeutigkeit begründet zwischen den Vergleichsmarken auch im Begrifflichen einen Abstand, der mit Rücksicht auf die erhebliche Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke - also aus Rechtsgründen - noch deutlich genug ist, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr zuverlässig auszuschließen.

2.4 Aus denselben Gründen kommt die angegriffene Marke "Ökoländer" auch der älteren Wort-Bild-Marke 398 48 257 "Ökoland aus ökologischer Landwirtschaft" nicht im markenrechtliche Sinnen verwechselbar nahe. Denn diese Widerspruchsmarke wird von dem Wortbestandteil "Ökoland" geprägt, so dass sich auch hier bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr die Wörter "Ökoländer" und "Ökoland" gegenüberstehen. Die Bildanteile der Widerspruchsmarke 398 48 257 "Ökoland aus ökologischer Landwirtschaft" beschränken sich sämtlich auf einfache graphische Elemente, die lediglich dazu dienen, die Wortbestandteile bildlich verschieden zu gewichten, ohne neben ihnen ein eigenständiges Gewicht zu entwickeln. Innerhalb der Wort-Bestandteile der Marke ist das Wort "Ökoland" schon deswegen prägend, weil es bildlich schlagwortartig hervorgehoben wird. Die deutlich kleinere Wortfolge "aus ökologischer Landwirtschaft" stellt im Übrigen eine vollständig ausformulierte reine Sachangabe zu den beanspruchten Waren dar und wird auch deswegen nicht als wesentlich für die Herkunftsfunktion des Zeichens wahrgenommen.

Wie im Fall der reinen Wortmarke "Ökoland" ist die Kennzeichnungskraft dieser Wort-Bild-Widerspruchsmarke sehr gering. Im Zusammenhang mit den Waren, bei denen es sich ausnahmslos um Lebensmittel und lebende Tiere handelt, kann "Ökoland" wiederum nur als unmissverständlicher Hinweis auf eine Herkunft dieser Waren aus der ökologischen Landwirtschaft verstanden werden und ist mithin eine Sachangabe. Dass die ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke durch eine nachhaltige Benutzung der Marke gestärkt worden wäre, hat die Widersprechende nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Bei der Prüfung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr kommen daher dieselben Argumente zum Tragen wie im Fall der reinen Wort-Widerspruchsmarke "Ökoland".






BPatG:
Beschluss v. 14.03.2007
Az: 28 W (pat) 94/06


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