Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juli 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 202/01

(BPatG: Beschluss v. 17.07.2002, Az.: 32 W (pat) 202/01)

Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die IR-Marke 686 489 SQMS die Schutz in Deutschland begehrt u.a. für Machines et machinesoutils; appareils et instruments d'enseignement; produits de l'imprimerie; materiel d'instruction ou d'enseignement (à l'exception des appareils)

sind Widersprüche erhoben aus der Marke 396 52 464 SQM die seit 7. Mai 1997 eingetragen ist u.a. für:

Auf Datenträgern befindliche Testprogramme, Unterrichtsapparate; Druckereierzeugnisse, nämlich Konferenzunterlagen; Broschüren, Bücher, Folien, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Unterrichtsapparate), Aufkleber, Mappen, Zeitschriftenund aus der Bildmarke 1 018 260 SMS die seit 22. Mai 1981 eingetragen ist u.a. für:

Walz-, Preß-, Schmiede- und Gießanlagen zur Formung von Stahl..., Werkstoffen... bestehend aus Maschinen und Apparaten zum spanlosen und spanabhebenden Formen...

Die Markenstelle für Klasse 41 IR hat die Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr mit Beschluss vom 10. Mai 2001 zurückgewiesen, weil bei Buchstabenmarken jeder einzelne Buchstabe vom Verbraucher aufmerksam wahrgenommen und wiedergegeben werde. Auch das Internet trage zur Sorgfalt bei, weil dort jeder abweichende Buchstabe zu Fehlern führe. Bei SQMS seien die beiden S am Anfang und Ende besonders markant. In SMS fehle das klangstarke Q.

Gegen diese Entscheidung haben die Widersprechenden Beschwerden eingelegt.

Die Widersprechende zu 1) stellt zur Begründung ihrer Beschwerde vor allem darauf ab, die Anfangsbuchstaben stimmten überein. Ein Zusammenhang von Anfangs- und Schluss-S bestehe nicht. Übereinstimmungen seien relevanter als Unterschiede.

Die Widersprechende zu 1) beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 10. Mai 2001 aufzuheben und die IR-Marke in den Klassen 9, 16, 35 bis 42 zu löschen.

Hilfsweise regt sie Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Widersprechende zu 2) beantragt sinngemäß, unter Widerruf des angegriffenen Beschlusses die IR-Marke zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen IR-Marke stellt den Antrag, die Beschwerden zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Buchstabenfolgen seien nicht aussprechbar. Zeichen aus drei Buchstaben seien üblich, weshalb der Verbraucher bei ihnen auf Unterschiede aufmerksam achte. Die Abweichung von drei gegenüber vier Buchstaben falle deutlich auf.

II.

Die zulässigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg, weil keine Gefahr von Verwechslungen besteht (Art 5 MMA, Art 6quinquies Abschn. B Nr 1 PVÜ i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 43, §§ 107, 114, MarkenG).

Einer IR-Marke ist der Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu versagen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl BGH GRUR 2000, 886 - Bayer/BeiChem; 2001, 158, 159 - Drei-Streifen-Kennzeichnung), so dass z.B. ein geringerer Grad an Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad an Markenähnlichkeit ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH MarkenR 1999, 236 - Lloyd/Loint's; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA; 2000, 603 - Ketof/ETOP; 2000, 1040 - FRENORM/FRENON).

1. SQM Nr. 396 52 464 Nachdem Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von der Registerlage auszugehen. Zwischen den wechselseitigen Waren besteht z.T. Warenidentität nämlich z.B. zwischen Produits d'imprimer•e material d'instructions ou d'enseignement einerseits und Druckereierzeugnissen, Lehr- und Unterrichtsmitteln andererseits.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Die allgemeine Annahme, aus drei Buchstaben bestehende, als Wort nicht aussprechbare Marken seien nur unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftig, läßt sich aus dem Markengesetz nicht ableiten (vgl. BGH GRUR 2001, 344 - DB Immobilienfonds - GRUR 2002, 626, 628 - IMS). Die Kennzeichnungskraft die nicht als Wort aussprechbare Buchstabenkombinationen hat, ist wie bei sonstigen Wortzeichen eine Frage des Einzelfalls. Es konnten keine Feststellungen getroffen werden, dass die Widerspruchsmarke eine Stärkung, etwa durch intensive Benutzung, oder eine Schwächung, etwa durch einen die beanspruchten Waren/Dienstleistungen beschreibenden Anklang erfahren habe.

Buchstabenabkürzungen pflegt der Verbraucher besonders aufmerksam zu betrachten und wiederzugeben, weil er daran gewöhnt ist, dass dabei kleinste Unterschiede zu beachten sein können. Die Aufmerksamkeit, die der Verbraucher bestimmten Marken bzw. Marken allgemein auf dem fraglichen Waren- und Dienstleistungsgebiet entgegenbringt, ist wesentliches Kriterium für die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr.

SQMS und SQM unterscheiden sich bildlich durch ihre unterschiedlichen Längen ausreichend. Derartige Unterschiede fallen bei der Kürze der Marken besonders ins Auge.

Klanglich sind SQMS und SQM durch die zusätzliche Silbe [es] in SQMS ausreichend voneinander abgesetzt, zumal diese letzte Silbe betont wird. Dieser Unterschied reicht wegen der oben angesprochenen besonderen Aufmerksamkeit der Verbraucher bei Buchstabenabkürzungen aus. Zudem handelt es sich bei den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke SQM um Leistungen, die sich weitgehend an gewerbliche Abnehmer richten. Fachkreise sind noch mehr als das allgemeine Publikum daran gewöhnt, auf Unterschiede in Kennzeichen zu achten. Sie kaufen nicht flüchtig ein, sondern prüfen Angebote sorgfältig. Ihnen entgehen daher selbst verhältnismäßig kleine Unterschiede in der Benennung der Waren nicht. Hinzu kommt, dass der Fachverkehr nicht aus der bloßen Erinnerung heraus handelt, sondern anhand von schriftlichen Angeboten, Katalogen, Preislisten etc.

Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Allein die Übereinstimmung in mehreren Buchstaben reicht nicht zur Annahme einer (mittelbaren) Verwechslungsgefahr aus. Hinzukommen müsste, dass die übereinstimmenden Bestandteile der zu vergleichenden Marken selbständig kennzeichnend hervortreten. Das ist hier ersichtlich nicht der Fall.

Auch Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr als Serienzeichen (vgl BGH GRUR 1969, 40, 41 - Pentavenon; 1975, 312, 313 - BiBA; 1989, 350 - Abbo/Abo; 1991, 319, 320 - HURRICANE) sind nicht erkennbar. Die Widersprechende zu 1) hat nicht substantiiert vorgetragen, dass sie über mehrere Marken mit dem Stamm SQM verfüge, die durch Einzelbuchstaben jeweils ergänzt würden (z.B. SQMA, SQMB ... SQMS).

Da eine Verwechslungsgefahr bei Warenidentität schon nicht feststellbar ist, erübrigt sich eine Prüfung der Verwechslungsgefahr für nur - mehr oder weniger - ähnliche Waren und Dienstleistungen.

2. SMS Nr. 1 018 260 Auch hier besteht z.T. Warenidentität zwischen den wechselseitigen Waren z.B. zwischen machines et machinesoutils einerseits und z.B. Schmiedeanlagen zur Formung um Stahl bestehend aus Maschinen zum ... Formen ...

Auch hier ist die Kennzeichnungskraft aus den Gründen zu II 1 und mangels anderer Feststellungen durchschnittlich. Da es sich auch hier um eine nicht als Wort aussprechbare Buchstabenkombination handelt, wendet der Verbraucher, wie oben dargelegt, eine gewisse Sorgfalt an, um Unterschiede auszumachen.

SQMS und die Bildmarke SMS mit dem Dreieck im Kreis unterscheiden sich durch die Graphik unübersehbar.

Klanglich sind sich SQMS und die Bildmarke SMS ebenfalls nicht ähnlich, weil das Q eine zusätzliche Silbe bildet (Ku) mit einem aus der Reihe fallenden Vokal (u), da alle anderen Buchstaben als mit dem Vokal E gebildeten Silbe gesprochen werden (es, em, es).

Eine mittelbare Verwechslungsgefahr ist hier aus denselben Gründen wie zu II 1 nicht feststellbar.

3. Die von der Widersprechenden zu 1) angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht geboten. Die sie belastende Entscheidung ergibt sich aus der einzelfallbezogenen Würdigung des Vergleichs der Marken. Insoweit handelt es sich ausschließlich um eine tatrichterliche Würdigung im Rahmen anerkannter Rechtsgrundsätze.

Zu einer Kostenauferlegung besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Winkler Richter Sekretaruk und Richter Dr. Albrecht sind wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert.

Winkler Winkler Hu






BPatG:
Beschluss v. 17.07.2002
Az: 32 W (pat) 202/01


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