Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Juni 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 164/01

(BPatG: Beschluss v. 11.06.2002, Az.: 27 W (pat) 164/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarkepassive USB soll für "Elektrische Apparate; Telekommunikation" in das Register eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das aus der englischen Sprache stammende Wort "passive" werde vom Verkehr wie das deutsche Wort "passiv" verstanden; zudem werde es auf dem in Rede stehenden Warensektor zur Beschreibung der Art und Wirkungsweise von technischen Geräten verwendet. "USB" stehe als Abkürzung für "Universal Serial Bus", was eine geläufige Bezeichnung für eine bestimmte Art von Schnittstelle darstelle, die dazu geeignet sei, Peripheriegeräte (wie Tastatur, Drucker etc.) mit einem PC zu verbinden. Der Gesamtbegriff "passive USB" bedeute daher nichts anderes als "passive USB Schnittstelle", wobei sich das Adjektiv "passiv" auf die besondere Art dieser USB-Schnittstelle beziehe. Da dieser Bedeutungsgehalt von dem angesprochenen EDV-interessierten Publikum ohne weiteres verstanden werde, sei der Begriff "passive USB" in bezug auf die beanspruchten Waren "elektrische Apparate" glatt beschreibend, da es sich bei diesen Waren um Geräte handeln könne, die mit einer passiven USB-Schnittstelle ausgestattet seien oder darüber mit anderen Geräten verbunden werden könnten. Auch hinsichtlich der Dienstleistung "Telekommunikation" sei das angemeldete Zeichen unmittelbar beschreibend, da derartige Dienstleistungen (vor allem im immer bedeutsamer werdenden Bereich des ISDN) mit Hilfe von passiven USB-Anschlüssen erfolgen könnten. Der Verkehr werde daher in dem angemeldeten Zeichen keinen Herkunftshinweis sehen, so dass ihm jegliche Unterscheidungskraft fehle. Ob das angemeldete Zeichen "passive USB" zusätzlich einem Freihaltungsbedürfnis unterliege, könne dahinstehen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er weiterhin die Eintragung der Anmeldemarke begehrt. Seiner Auffassung nach besitzt das angemeldete Zeichen Unterscheidungskraft. Es sei nicht glatt beschreibend, da zum Anmeldezeitpunkt keine elektrischen Apparate, insbesondere ISDN-Terminaladapter, mit passivem USB erhältlich gewesen seien. Denn die notwendige Technologie habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung gestanden, da es erst mit Hilfe einer von ihm entwickelten technischen Neuerung, die Gegenstand des ihm erteilten deutschen Patents Nr. 199 26 609 sei, möglich sei, Geräte mit passivem USB herzustellen. Der Verkehr werde das angemeldete Zeichen "passive USB" daher als etwas Besonderes oder Paradoxes verstehen, was dem Zeichen eine erhebliche Unterscheidungskraft verleihe. Soweit die Markenstelle sich für ihre Auffassung auf einzelne Internet-Auszüge stütze, welche die Bezeichnungen "passiver USB Adapter", "passiver ISDN-Controller für die USB-Schnittstelle" und "passiver USB-Hub" enthielten, beziehe sich das Adjektiv "passiv" dort nicht auf die USB-Schnittstelle, sondern auf das jeweilige Gerät. Demgegenüber stehe das angemeldete Zeichen "passive USB" für ein USB-Protokoll ohne Microcontroller, d.h. ohne Software. Schließlich könne die Frage der Unterscheidungskraft auch dahinstehen, weil sich die Marke bereits im Verkehr nach § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt habe.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige (§ 66 Abs. 1 MarkenG) Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, welcher sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der Anmeldemarke die Eintragung versagt, weil ihr die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH, GRUR 2001, 162 [163] m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) ist die angemeldete Wortmarke nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und die angemeldete Dienstleistung gegenüber solchen anderer Unternehmen nicht geeignet, weil ein sowohl für diese Waren als auch für die Dienstleistung beschreibender Begriffsinhalt im Vordergrund steht (vgl. BGH a.a.O. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen alle an elektronischer Datenverarbeitung interessierten Hersteller, Händler und Abnehmer (d.h. sowohl Fachkräfte als auch interessierte Privatleute) gehören, werden das angemeldete Wortzeichen "passive USB" ohne weiteres als glatt beschreibende Angabe der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistung verstehen. Denn ihnen ist der Bestandteil "USB" als Abkürzung für "Universal Serial Bus" geläufig, womit ein Schnittstellensystem zum Anschluss externer Peripheriegeräte wie Tastatur, Drucker, PDA u. a. an einen Computer bezeichnet wird (vgl. Voss, Das große PC-Lexikon 2001/2002, S. 942 ff.; Microsoft Press, Computer Lexikon, Ausgabe 2002, S. 737). Solche USB-Schnittstellen können aktiver oder passiver Art sein (vgl. die Ausführungen der Firma Dell auf deren Webseite http://support.euro.dell.com/uk/en/ kb/document.asp€DN=TT1033679&tag=, dort insb. Seite 2, erster und zweiter Absatz). "Aktiv" ist eine USB-Schnittstelle, wenn sie das angeschlossene Gerät mit Strom versorgen kann, um so bestimmte elektronische Komponenten der USB zu aktivieren und einen Datentransfer zu ermöglichen, während eine passive USB-Schnittstelle das angeschlossene Gerät nicht mit Strom versorgen kann, so dass ein Datentransfer zwischen zwei Geräten, die beide mit einer passiven USB-Schnittstelle ausgestattet sind, nicht möglich ist (vgl. a.a.O.; s.a. die Webseiten http://www.palmtopmagazin. de/borad/board/5101.php3 und http://www.theyopy. de/forum/messages/105.html, auf denen die jeweiligen Unterschiede erörtert werden). Dabei kann dahinstehen, ob der Bestandteil "passive" der deutschen oder der englischen Sprache zuzurechnen ist, da es sich bei dem deutschen Wort "passive" um die (grammatikalisch zu der nachfolgenden in die deutsche Sprache unverändert übernommene Abkürzung "USB" passende) weibliche Form des Adjektivs "passiv" handelt, welches - für die Verkehrskreise erkennbar - denselben Sinngehalt wie das englische Wort "passive" hat. Wie sich den vorgenannten Fundstellen des weiteren entnehmen lässt, wird der Ausdruck "passive USB" bereits jetzt in Alleinstellung als technische Bezeichnung in den Fachkreisen verwendet. Dies sieht wohl auch der Anmelder selbst so, wenn er im Eintragungsverfahren mit seinem Schriftsatz vom 24.10.1999 ausführt, das Anmeldezeichen "passive USB" bedeute "USB ohne eigenes Prozessorsystem".

Soweit der Anmelder darauf hinweist, zum Anmeldezeitpunkt sei ein solches USB-Interface noch nicht realisierbar gewesen, hierfür habe es erst der mit dem zwischenzeitlich erteilten Patent Nr. 199 26 609 geschützten Technik bedurft, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Sollte er damit lediglich darauf hinweisen wollen, dass der Begriff "passive USB" zum Anmeldezeitpunkt noch nicht üblich gewesen sei, übersieht er, dass nach § 37 MarkenG bei der Frage der Schutzfähigkeit einer Marke grundsätzlich - anders als etwa beim Patent - auf den Zeitpunkt der Eintragung abzustellen ist (vgl. Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 37 Rn. 3). Ein erst während des Eintragungsverfahrens eintretendes Schutzhindernis steht daher der Eintragung der angemeldeten Marke entgegen. Sollten seine Ausführungen allerdings so zu verstehen sein, dass er der Meinung ist, der - ggf. neue - Begriff, mit dem eine neue Technik umschrieben wird, sei allein deshalb, weil diese Technik patentrechtlich geschützt ist, als Marke zugunsten des Patentinhabers schutzfähig, verkennt er, dass Patent- und Markenrecht unabhängig voneinander sind; der bloße Umstand, dass eine Technik dem Patentschutz unterliegt, vermag also einen Markenschutz für den Begriff, mit dem diese Technik bezeichnet wird, auch dann grundsätzlich nicht zu begründen, wenn dieser Begriff zwar neu ist, sich jedoch ausschließlich und ohne weiteres verständlich in einer sprachüblich beschreibenden Angabe über die technischen Eigenschaften der Erfindung erschöpft.

Für die beanspruchten Waren "elektrische Apparate" ist die Bezeichnung "passive USB" aber - wie oben bereits ausgeführt - unmittelbar beschreibend, da der Verkehr sie nur als Hinweis darauf auffasst, dass es sich bei diesen Waren um Geräte handelt, die mit einer derartigen USB-Schnittstelle ausgestattet sind oder in Verbindung mit einer solchen betrieben werden können. Aber auch für die ebenfalls beanspruchte Dienstleistung "Telekommunikation" stellt die Bezeichnung "passive USB" lediglich eine Sachangabe dar. Denn wie der Anmelder selbst ausgeführt hat, werden vor allem auf dem stark wachsenden Gebiet des ISDN bevorzugt USB-Schnittstellen verwendet. Die Kennzeichnung der Dienstleistung "Telekommunikation" mit der Anmeldemarke "passive USB" wird der Verkehr daher nur als Hinweis darauf verstehen, dass sie gerade mit dieser Technologie betrieben wird. Da der Verkehr somit das Anmeldezeichen sowohl für die beanspruchten Waren als auch für die beanspruchte Dienstleistung als bloße Sachangabe, nicht aber als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der gekennzeichneten Produkte auffassen wird, ist es als Unterscheidungsmittel i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht geeignet und somit nach dieser Vorschrift nicht schutzfähig.

Aus den vorstehenden Gründen spricht - ohne dass dies noch vertieft zu werden bräuchte - auch viel dafür, dass die Anmeldemarke freihaltebedürftig i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.

Soweit der Anmelder sich schließlich auf eine Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG beruft und hierzu ohne näheren Beleg behauptet, dass bereits über 100.000 mit "Passive USB" bezeichnete Chips verkauft seien, genügt dies nicht den Anforderungen, die an die schlüssige Darlegung einer Verkehrsdurchsetzung und ihre Glaubhaftmachung zu stellen sind. Danach muss sich aus dem Vortrag des Anmelders und den von ihm hierzu eingereichten Unterlagen ergeben, in welcher Form, für welche Waren/Dienstleistungen, von wem, in welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann die angemeldete Angabe im Verkehr nach Art einer Marke eingesetzt worden ist (vgl. Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rn. 211). Dem Vorbringen des Anmelders kann all dies nicht entnommen werden. So ist schon nicht deutlich, dass das angemeldete Zeichen tatsächlich nach Art einer Marke verwendet worden ist. Auf der vorgelegten Internet-Seite findet sich zwar am rechten Rand ein Logo mit der Inschrift "USB passive without Firmware"; es bleibt aber unklar, ob mit diesem Zeichen eine bestimmte Ware oder Dienstleistung markenmäßig bezeichnet ist, ganz abgesehen davon, dass es nicht einmal dem Anmeldezeichen entspricht. Dasselbe gilt für die in dem nebenstehenden Text verwendete Bezeichnung "passive USB"; die in Zusammenhang mit dem nachfolgenden Wort "technology", auf das sie sich bezieht, eher wie eine bloße Sachangabe wirkt und nicht wie ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft einer Ware. Des weiteren hat der Anmelder eine bestimmte Umsatzgröße (100.000 Stück) nur behauptet, ohne diese in irgendeiner Weise zu belegen und anzugeben, wo und an wen die Chips verkauft worden sein sollen. Auch gibt die bloße Behauptung nichts dafür her, dass die für die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung allein maßgeblichen inländischen Verkehrskreise, die als Abnehmer der Chips in Betracht kommen, tatsächlich die Bezeichnung "passive USB" als Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auffassen. Schließlich fehlt es auch an näheren Angaben dazu, seit wann das fragliche Zeichen im Verkehr eingesetzt wurde. Mangels ausreichenden Vortrages ist daher die bloße Behauptung einer Verkehrsdurchsetzung nicht geeignet, die Anmeldemarke als schutzfähig zu erachten.

Da somit die Markenstelle zu Recht der Anmeldemarke die Eintragung versagt hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückzuweisen.

Dr. Schermer Albert Schwarz Ju






BPatG:
Beschluss v. 11.06.2002
Az: 27 W (pat) 164/01


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