Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. November 2009
Aktenzeichen: 9 W (pat) 330/05
(BPatG: Beschluss v. 09.11.2009, Az.: 9 W (pat) 330/05)
Tenor
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 6, überreicht inder mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.
Gründe
I.
Das Deutsche Patentund Markenamt hat nach Prüfung das am 19. März 1998 angemeldete Patent mit der Bezeichnung
"Ultraschall-Luftfederanordnung"
erteilt. Gegen das Patent richtet sich der Einspruch der C... GmbH mit der Begründung, der Gegenstand des Streitpatents sei nichtpatentfähig. Dazu verweist die Einsprechende auf das einschlägige Fachwissen und auf den folgenden, teilweise bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigten Stand der Technik:
-DE 196 48 112 C1 (CONTITECH)
-Fachbuch R.Millner, "Ultraschalltechnik - Grundlagen und Anwendungen", Physik-Verlag, Weinheim, Seiten 88-96 (FACHBUCH ULTRA-SCHALLTECHNIK)
-Fachbuch R.Millner, "Wissensspeicher Ultraschalltechnik", VEB Fachbuchverlag Leipzig, 1. Auflage 1987, Seiten 69-74 (WIRKUNG PIEZOKERAMIK)
-Fachbuch W. Eißler, "Sensorik", Band 5, Expert-Verlag, 1989, Seiten 261-278 (FACHBUCH SENSORIK) -US-PS 4 798 369 (GENO) -US-PS 4 543 649 (HEAD) -EP 0 766 071 A1 (ENDRES+HAUSER) -DE 43 30 745 C1 (SIEMENS I) -DE 39 41 933 A1 (SIEMENS II) -DE 40 28 315 A1 (SIEMENS III) -DE 25 37 788 A1 (SIEMENS IV) -DE 36 20 957 A1 (DUNLOP).
Weil der Patentanspruch 5 der Streitpatentschrift eine Alternative enthalte, die mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 unvereinbar sei, meint die Einsprechende außerdem, ein derartig widersprüchlicher Gegenstand sei nicht ausreichend offenbart und das Streitpatent gehe diesbezüglich über seine ursprüngliche Fassung hinaus.
Falls keiner der vorstehenden Widerrufsgründe durchgreife, macht die Einsprechende rein vorsorglich auch noch widerrechtliche Entnahme geltend und legt folgende Unterlagen vor: Sie führt im Wesentlichen aus, vor dem Anmeldetag des Streitpatents habe ein Mitarbeiter unter Zuhilfenahme eines Lastenheftes von der Patentinhaberin Angebote über einen geeigneten Ultraschallsensor zur Verwendung in einer Luftfederanordnung eingeholt. Mit dem Sensor PICO-USB-25 aus dem MICROSONIC-GE-SAMTKATALOG 1996 sei letztlich ein geeigneter Sensor gefunden worden. Das Streitpatent beinhalte nichts anderes als eine bekannte, mit diesem Sensor ausgestattete Luftfederanordnung. Dies als Diensterfindung anzumelden, sei seinerzeit unterlassen worden, weil man nicht annehmen konnte, das Heraussuchen eines geeigneten handelsüblichen Ultraschallsensors aus dem Lieferprogramm eines Herstellers zur Verwendung in einer bekannten Luftfeder könne eine patentfähige Erfindung darstellen. Zum Beweis bietet sie Zeugeneinvernahme an.
- Microsonic-Ultraschalltechnik Gesamtkatalog, 1996 (MICROSONIC-
GESAMTKATALOG)
- von Microsonic im Jahr 1996 überreichtes "Konzept-Papier", datiert 26. August 1996 (MICROSONIC-KONZEPTPAPIER)
- Inanspruchnahmeerklärung vom 7. Februar 2005
- Lastenheft vom 29. Mai 1995
- Angebot der Patentinhaberin vom 18. Oktober 1996.
Die Patentinhaberin meint, der Einspruch sei nicht ausreichend substantiiert und daher unzulässig. Außerdem tritt sie dem Einspruchsvorbringen hinsichtlich aller Widerrufsgründe entgegen. Das Streitpatent verteidigt sie letztendlich nur noch mit einer beschränkten Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 6. Sie ist der Auffassung, der Patentgegenstand in dieser beschränkten Fassung sei neu und durch den in Betracht gezogenen Stand der Technik nicht nahegelegt.
Sie beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten,
- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 6, überreicht in dermündlichen Verhandlung,
- Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.
Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.
Sie ist der Auffassung, auch der beschränkte Streitgegenstand sei nicht patentfähig und verweist dazu insbesondere auf die Druckschriften GENO bzw. CONTITECH sowie den MICROSONIC-GESAMTKATALOG i. V. m. dem Fachwissen. Den Vorhalt der widerrechtlichen Entnahme hält sie aufrecht, denn mit der seinerzeitigen Aufforderung zur Angebotsabgabe sei auch eine Aufforderung zur Entwicklung einer geeigneten Schaltung zur Rauschpegelerkennung verbunden gewesen. Für diese Behauptung zieht die Einsprechende das Beweisangebot der Zeugeneinvernahme allerdings zurück.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Streitpatentschrift sind fett markiert):
1. Ultraschall-Luftfederanordnung mit: einem elastischem Luftfederbalg (22) zur Aufnahme von Federbewegungen, wobei der Luftfederbalg (22) ein erstes Ende (24) und ein dem ersten Ende (24) gegenüber liegendes zweites Ende (26, 27) aufweist, welche relativ zueinander beweglich angeordnet sind, und einem an dem ersten Ende (24) des Luftfederbalgs (22) angeordneten Ultraschallsensor (30) zur Erfassung des Abstands zwischen dem ersten und dem zweiten Ende (24 und 26, 27) des Luftfederbalgs (22), der einen für hohe Frequenzen ausgelegten Ultraschallwandler (2, 3) mit einem piezoelektrischen Radialschwinger (40) enthält, wobei der Ultraschallwandler (2, 3) in Form eines Topfes (43) ausgebildet ist und der Radialschwinger (40) am Boden des Topfes
(43) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Ultraschallsensor (30) eine auf der einen Seite des Radialschwingers (40) angebrachte Anpassschicht (41), deren Dicke Lambda/4 beträgt, und ein auf der anderen Seite des Radialschwingers (40) angebrachtes Dämpfungsmaterial (42) aufweist, und der Ultraschallwandler (2, 3) für eine Frequenz im Bereich von 60 kHz bis 400 kHz ausgelegt ist, der Topf (43) des Ultraschallwandlers (2, 3) mit Dämpfungsmaterial (42) ausgefüllt ist und die Apertur des Ultraschallwandlers (2, 3) bündig mit dem ersten Ende (24) des Luftfederbalgs (22) abschließt, wobei der Ultraschallsensor (30) eine elektronische Steuerschaltung (5) aufweist, die dem Ultraschallwandler (2, 3) über eine Ansteuerschaltung (1) Signale zuführt und über eine Rauschpegelerkennungsschaltung und einen Analogverstärker aufweisende Signalverarbeitungsschaltung (4, 7, 8, 9) von dem Ultraschallwandler Signale empfängt, wobei die Rauschpegelerkennungsschaltung dafür sorgt, dass die Empfindlichkeit des Analogverstärkers zurückgenommen wird, wenn Echosignale von Rauschsignalen überlagert werden.
Rückbezogene Patentansprüche 2 bis 10 sind diesem Patentanspruch 1 nachgeordnet.
II.
1.
Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG a. F. begründet.
2.
Der Einspruch ist zulässig, denn der Einspruchsschriftsatz vom 11. Februar 2005 erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen.
Nach § 59 Abs. 1 PatG ist der Einspruch innerhalb von 3 Monaten nach Veröffentlichung der Erteilung schriftlich zu erklären und zu begründen. Er kann nur auf die Behauptung gestützt werden, dass einer der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe vorliege. Die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, sind im Einzelnen anzugeben.
Nach gefestigter Rechtsprechung genügt eine Einspruchsbegründung den gesetzlichen Anforderungen, wenn sie innerhalb der Frist die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände im Einzelnen so darlegt, dass die Patentinhaberin und insbesondere das DPMA bzw. das BPatG daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrunds ziehen können (BGH v. 30.3.1993 -X ZB 13/90, GRUR 1993, 651, 653 -Tetraploide Kamille). Der Vortrag muss erkennen lassen, dass ein bestimmter Tatbestand behauptet werden soll, der auf seine Richtigkeit nachgeprüft werden kann (BGH v. 29.4.1997 -X ZB 13/96, GRUR 1997, 740 -Tabakdose). Da der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden kann, einer der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe liege vor, muss die überprüfbare Tatsachenangabe sich außerdem auf den geltend gemachten Widerrufsgrund beziehen (BGHZ 100, 243, 246 -Streichgarn). Ob die Tatsachen den Widerruf auch tatsächlich rechtfertigen, ist alsdann keine Frage der an den Einspruch zu stellenden förmlichen Anforderungen mehr, sondern eine solche der Begründetheit.
Danach hat die Einsprechende den Anforderungen an die Zulässigkeit des Einspruchs genüge getan. Insbesondere hat sie innerhalb der Einspruchsfrist diejenigen druckschriftlichen Entgegenhaltungen genannt, die den geltend gemachten Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit ausfüllen sollen. Die Einsprechende den Gegenstand des Patentanspruchs 1 der Streitpatentschrift in die Merkmale a) bis k) gegliedert. Diese Merkmalsgliederung ist unbestritten zutreffend und nachstehend wiedergegeben:
a) Ultraschall-Luftfederanordnung;
b) die Ultraschall-Luftfederanordnung weist einen elastischen Luftfederbalg (22) zur Aufnahme von Federbewegungen auf; b.1) der Luftfederbalg (22) weist ein erstes Ende (24) auf; b.2) der Luftfederbalg (22) weist ein zweites Ende (26, 27) auf, welches dem ersten Ende gegenüberliegt; b.3) das erste Ende (24) und das zweite Ende (26, 27) sind relativ zueinander beweglich angeordnet;
c) die Ultraschall-Luftfederanordnung weist einen Ultraschallsensor (30) zur Erfassung des Abstands zwischen dem ersten und dem zweiten Ende (24 und 26, 27) des Luftfederbalgs auf; c.1) der Ultraschallsensor (30) ist an dem ersten Ende (24) des Luftfederbalgs (22) angeordnet; d) der Ultraschallsensor (30) enthält einen Ultraschallwandler (2, 3); d.1) der Ultraschallwandler (2, 3) ist für hohe Frequenzen ausgelegt; d.2) der Ultraschallwandler (2, 3) weist einen piezoelektrischen Radialschwinger auf; e) der Ultraschallwandler (2, 3) ist in Form eines Topfes (43) ausgebildet; j) der Radialschwinger (40) ist am Boden des Topfes (43) angeordnet;
(Oberbegriff)
g) der Ultraschallsensor (30) hat eine auf der einen Seite des Radialschwingers (40) angebrachte Anpass-Schicht (41); g.1) die Dicke der Anpass-Schicht (41) beträgt Lambda/4;
h) der Ultraschallsensor (30) weist auf der anderen Seite des Radialschwingers (40) angebrachtes Dämpfungsmaterial (42) auf; i) der Ultraschallwandler (2, 3) ist für eine Frequenz im Bereich 60 kHz bis 400 kHz ausgelegt; j) der Topf (43) des Ultraschallwandlers (2; 3) ist mit Dämpfungsmaterial (42) ausgefüllt; k) die Apertur des Ultraschallwandlers (2, 3) schließt bündig mit dem ersten Ende (24) des Luftfederbalgs (22) ab.
(Kennzeichen)
Die Einsprechende hat dargelegt, dass die Merkmale a) bis c.1) durch die Druckschrift CONTITECH offenbart seien, vgl. Abschnitt V Ziffer 1 des Einspruchsschriftsatzes. Auf S. 14 letzter Abs. bis S. 15 Abs. 1 hat sie ausgeführt, in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen sei dieser Druckschrift auch das Merkmal k) entnehmbar. Hinsichtlich der Merkmale d) bis h) sowie j) verweist die Einsprechende auf das Fachbuch ULTRASCHALLTECHNIK, vgl. Abschnitt V Ziffer 2 des Einspruchsschriftsatzes. Das verbleibende Merkmal i) sei aus dem Fachbuch SENSORIK bekannt, vgl. Abschnitt V Ziffer 3 des Einspruchsschriftsatzes. Zusammenfassend in Abschnitt V Ziffer 4 des Einspruchsschriftsatzes ist auf drei Seiten erläutert, warum sich der Streitgegenstand aus Sicht der Einsprechenden in naheliegender Weise aus der vorveröffentlichten Druckschrift CONTITECH und dem allgemeinen Fachwissen, nachgewiesen durch die konkret genannte Fachliteratur ULTRASCHALLTECHNIK und SENSORIK, ergibt.
Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin folgt aus den gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht, dass die Einsprechende bei mehreren geltend gemachten Widerrufsgründen zu jedem einzelnen Widerrufsgrund substantiiert vortragen muss, um einen insgesamt zulässigen Einspruch einzulegen. Nach § 59 Abs. 1 setzt die Zulässigkeit eines Einspruchs u. a. die Behauptung eines in § 21 PatG genannten Widerrufsgrundes und den substantiierten Vortrag entsprechender Tatsachen voraus. Der im vorliegenden Fall insoweit zulässige Einspruch kann nicht dadurch unzulässig werden, dass weitere Widerrufsgründe geltend gemacht werden, zu denen innerhalb der Einspruchsfrist möglicherweise nicht ausreichend substantiiert vorgetragen worden ist. Im Hinblick auf § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG a. F. der dem BPatG anstelle des DPMA die zeitlich beschränkte Zuständigkeit der Einspruchsbearbeitung zuweist, kann selbst ein von der Einsprechenden zunächst nicht wirksam geltend gemachter Widerrufsgrund bei späterer Substantiierung auch vom BPatG nachträglich zugelassen werden, vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage § 59 Rdn. 96; Busse, PatG, 6. Auflage, § 59 Rn. 62/63; Benkard, PatG, 10. Auflage, § 59 Rdn. 11 sowie 62.
3. Der Einspruch ist insoweit erfolgreich, als er zu einer Aufrechterhaltung des Streitpatents in beschränktem Umfang führt.
3.1 Die geltenden Patentansprüche 1 bis 10 sind zulässig, denn die dadurch definierte Luftfederanordnung ist in der Streitpatentschrift und ursprünglich offenbart und stellt eine Beschränkung des Patents dar.
Der geltende Patentanspruch 1 fasst die in den Patentansprüchen 1 und 8 des Streitpatents enthaltenen Merkmale der Luftfederanordnung zusammen. Zusätzlich ist die Signalverarbeitungsschaltung präzisiert durch einen Analogverstärker und das Zusammenwirken der Rauschpegelerkennungsschaltung mit dem Analogverstärker, vgl. insb. Abs. [0048] i. V. m. Fig. 5 der Streitpatentschrift. Die Patentansprüche 2 bis 10 entsprechen inhaltlich den Patentansprüchen 2 bis 4, 9 bis 13 sowie 15 der Streitpatentschrift. Die entsprechende Ursprungsoffenbarung des geltenden Patentanspruchs 1 ergibt sich durch die am Anmeldetag eingereichten Patentansprüche 1, 2 und 12 sowie aus der Beschreibung S. 12 letzter Abs. Die geltenden Unteransprüche beinhalten die Merkmale der ursprünglichen Patentansprüche 5 bis 7, 10, 13 bis 17 und 20.
3.2 Die ohne Zweifel gewerblich anwendbare Luftfeder-Anordnung nach Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung ist neu, denn keine Entgegenhaltung weist alle Merkmale dieser Luftfeder-Anordnung auf.
Die Druckschrift GENO offenbart eine Ultraschall-Luftfederanordnung, deren Grundaufbau weitgehend mit der streitgegenständlichen Anordnung übereinstimmt. Dies zeigt augenscheinlich der nachstehende Vergleich der jeweiligen Figuren 1.
Unbestritten sind bei der vorbekannten Ultraschall-Luftfederanordnung bereits die streitgegenständlichen Merkmale a) bis c.1) gemäß vorstehender Merkmalsgliederung verwirklicht. Darüber hinaus offenbart die nachstehende Fig. 2 der Druckschrift GENO eine gegenüber Fig. 1 alternative Befestigung eines Ultraschallsensors 50 oberhalb eines ersten Endes 3 der Luftfeder-Anordnung, wobei die Apertur, also die Öffnung des Ultraschallsensors 50 bündig mit dem ersten Ende 3 des Luftfederbalgs 17 abschließt. Daher ist auch das Merkmal k) aus GENO bekannt.
Über den inneren Aufbau der Ultraschallsensoren 30 bzw. 50 enthält die Druckschrift GENO keine näheren Angaben. Diesbezüglich wird pauschal auf einen handelsüblichen Sensor TSR-1 verwiesen, vgl. insb. Sp. 5 Abs. 3. Die Ultraschallwandlung und den Signalempfang bezeichnet GENO als einschlägig bekannte Technik, vgl. insb. Sp. 5 Z. 43 bis 46. Beispielhaft nennt GENO Frequenzen im Bereich von 33 bis 40 KHz als geeignet, weil sich Störsignale des Straßenlärms in diesem Bereich nicht mehr auswirken, vgl. insb. Sp. 5 Z. 65 bis 68.
Insgesamt unterscheidet sich die Luftfeder-Anordnung GENO von der beanspruchten somit durch die konkreten senorspezifischen Merkmale d) bis j) und durch die den Sendeund Empfangsteil der Steuerschaltung im Einzelnen definierenden Merkmale der Steuerschaltung gemäß dem letzten Merkmal des geltenden Patentanspruchs 1.
Diese Unterschiede bestehen auch gegenüber den Luftfederanordnungen mit berührungsloser Ultraschallabstandsmessung gemäß den Druckschriften DUNLOP, CONTITECH und HEAD. Nach DUNLOP kommt als Höhenfühlvorrichtung 30 ein piezoelektrischer Sendeempfänger 31 für Ultraschallimpulse in üblicher Form zur Anwendung mit einer zugehörigen Steuereinheit, vgl. insb. Sp. 3 Abs. 2 sowie Fig. 1. Durch einen zusätzlichen, feststehenden Reflektor 43 in konstantem Abstand von der Höhenfühlvorrichtung 30 ist ein streitpatentgemäß vorgesehener bündiger Abschluss der Apertur des Ultraschallwandlers (Merkmal k) aus dieser Druckschrift gerade nicht bekannt. In CONTITECH ist vorgeschlagen, die DUNLOP-Luftfederanordnung weiterzubilden mit einer außermittigen Anordnung des Ultraschallsensors 16 und einer daran angepassten Ausbildung der Reflektorkomponente 24, vgl. insb. Anspruch 1 i. V. m. den Figuren. Zur Ausbildung der Ultraschall-Komponente 16 an sich enthält die Druckschrift keine konkreten Angaben. Nach HEAD erfasst ein Ultaschall-Messsystem die aktuelle Position eines Kolbens P in einem Zylinder C, vgl. insb. Anspruch 1 i. V. m. den Figuren. Der verwendete Ultraschallsensor T ist als gebräuchlich bezeichnet und daher in seinen Einzelheiten nicht näher beschrieben, vgl. insb. Sp. 4 Z. 23 bis 27. Er wird angesteuert über eine digitale elektronische Steuerschaltung 20, die dem Ultraschallsensor T Signale zuführt, vgl. insb. Fig. 1. Eine Fehlerkorrektur der Messsignale erfolgt durch Vergleich mit abgespeicherten Fehlertabellen 30, vgl. insb. Sp. 5 Z. 51 bis 68 und somit ausdrücklich anders als durch eine Rauschpegelerkennungsschaltung mit der beanspruchten Wirkungsweise. Nach Fig. 1 sowie Sp. 4 Z. 47 bis 51 wird lediglich das Ausgangssignal 22 der Steuerschaltung 20 in eine analoge Form umgewandelt, weshalb ein streitpatentgemäßer Analogverstärker, wie nach dem Streitpatent vorgesehen, als Teil der Steuerschaltung 20 hier nicht offenbart ist.
Der MICROSONIC-GESAMTKATALOG aus dem Jahr 1996 ist laut Auskunft des Geschäftsführers der Patentinhaberin am Anmeldetag des Streitpatents öffentlich zugänglich gewesen. Der Katalog enthält die Beschreibung eines Ultraschallsensors mit der Bezeichnung picousb-25, der die streitpatentgemäßen Sensormerkmale d) bis j) aufweist. Dies hat der Geschäftsführer der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt. Eine Steuerschaltung mit den beanspruchten Merkmalen oder der nunmehr beanspruchten Wirkungsweise geht aus dem Katalog allerdings ebenso wenig hervor wie die Verwendung des Ultraschallsensors picousb-25 bei einer Luftfederanordnung oder eine derartige Anordnung an sich.
Über die Offenbarung des MICROSONIC-GESAMTKATALOG`s gehen die Druckschriften SIEMENS I bis IV und ENDRESS+HAUSER unbestritten nicht hinaus, sie erläutern lediglich Aufbau und Wirkungsweise von Ultraschallsensoren unter verschiedenen Aspekten. Die Fachbücher ULTRASCHALLTECHNIK und SENSO-RIK sowie WIRKUNG PIEZOKERAMIK enthalten grundlegende Einzelheiten zu Aufbau und Wirkungsweise von berührungslos arbeitenden Ultraschallsensoren. Allen diesen Entgegenhaltungen ist gemeinsam, dass sie weder eine Luftfederanordnung noch eine Steuerschaltung offenbaren, die nunmehr beansprucht ist.
3.3 Die streitpatentgemäße Ultraschall-Luftfederanordnung ist durch den am Anmeldetag bekannten Stand der Technik nicht nahegelegt.
Die vorstehenden Ausführungen zur Neuheit weisen nach, dass eine Signalverarbeitungsschaltung mit einem Empfangsteil, aufweisend eine Rauschpegelerkennungsschaltung und einen Analogverstärker, die in der konkret beanspruchten Weise zusammenwirken, durch den berücksichtigten Stand der Technik am Anmeldetag des Streitpatents nicht bekannt war. Die beanspruchte Ultraschall-Luftfederanordnung ergab sich auch nicht ohne Weiteres durch eine wie auch immer geartete Zusammenschau dieses Standes der Technik, sondern war nur durch erfinderische Tätigkeit zu erreichen.
Als Durchschnittsfachmann legt der Senat einen Maschinenbauingenieur zugrunde, der bei einem Fahrzeughersteller oder -zulieferer mit der Entwicklung von Luftfedern befasst ist und über mehrere Jahre Berufserfahrung verfügt. Zu seinem grundlegenden Fachwissen zählen neben der Pneumatik zweifellos auch die Ultraschalltechnik einschließlich dafür geeigneter Bauteile und Schaltungen, insb. nachgewiesen durch die Auszüge aus den Fachbüchern ULTRASCHALLTECH-NIK, SENSORIK sowie WIRKUNG PIEZOKERAMIK.
Durch eine von der Einsprechenden für nahegelegt erachtete Zusammenschau der Luftfederanordnung GENO oder CONTITEC mit dem vorbekannten Ultraschallsensor picousb-25 wird die beanspruchte Ultraschall-Luftfederanordnung nicht vollständig erreicht, denn die mitbeanspruchte Steuerschaltung ergibt sich dabei nicht. In ihrer konkreten Ausbildung ist die Signalverarbeitungsschaltung als Bestandteil der Steuerschaltung für den Durchschnittsfachmann auch nicht selbstverständlich. Zu dessen Fachwissen zählen beispielsweise selektive Filter, die unerwünschte Signale unterdrücken (vgl. insb. SENSORIK S. 278 oben) oder Fehlertabellen, mit denen eine Validierung eines Messwertes durch Vergleich möglich ist (vgl. insb. HEAD a. a. O.), wie beispielsweise zur Temperaturkompensation (vgl. insb. SENSORIK S. 278 unten). Obwohl die streitpatentgemäße Lösung von diesen bekannten Möglichkeiten keinen Gebrauch macht, meint die Einsprechende, dass es mit diesem Fachwissen auf der Hand lag, den Empfangsteil einer elektronischen Steuerschaltung mit einer Signalverarbeitungsschaltung auszubilden, bestehend aus einer Rauschpegelerkennungsschaltung und einem Analogverstärker, die derart zusammenwirken, dass die Empfindlichkeit des Analogverstärkers zurückgenommen wird, wenn Echosignale von Rauschsignalen überlagert werden. Davon konnte sie den Senat allerdings nicht überzeugen. Denn auf eine oder mehrere der unterschiedlichen vorstehend dargestellten Möglichkeiten zur Ausbildung einer Signalverarbeitungsschaltung nicht zurückzugreifen und stattdessen eine Lösung zu wählen, für die nicht einmal die fachkundige Einsprechende einen Nachweis erbracht hat, spricht vielmehr für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit. Daher ist die gegenteilige Auffassung der Einsprechenden offensichtlich vom Wissen um den Streitgegenstand geprägt.
Die weiteren Entgegenhaltungen liegen erkennbar weiter vom nunmehr Beanspruchten fern und haben deshalb in der Diskussion über die abschließend beschränkt verteidigte Ultraschall-Luftfederanordnung zutreffend keine Rolle mehr gespielt. Jedenfalls sind aus diesen Entgegenhaltungen von der Einsprechenden keine Argumente mehr geltend gemacht worden, und auch für den Senat ist daraus nichts ersichtlich, was die Patentfähigkeit des Gegenstandes gemäß geltendem Patentanspruch 1 in Frage stellen könnte.
3.4 Die Behauptung der Einsprechenden, auch die nunmehr beanspruchte Ultraschall-Luftfederanordnung sei ihr widerrechtlich entnommen worden, entzieht sich der Überprüfung durch das Bundespatentgericht.
Nach gefestigter Rechtsprechung (GRUR 1981, 186-189 -Spinnturbine II und GRUR 1978, 583-585 - Motorkettensäge) setzt eine widerrechtliche Entnahme den Nachweis des vollständigen Erfindungsbesitzes bei demjenigen voraus, dem die Erfindung angeblich entnommen worden ist. Dieser Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten streitig. Unter Hinweis auf das Lastenheft vom 29. Mai 1995 erklärt die Einsprechende, im Rahmen der damaligen Zusammenarbeit habe sie die Patentinhaberin nicht nur zur Abgabe eines Angebotes bezüglich eines Ultraschallsensors aufgefordert, sondern für die Elektronik auch eine taugliche Störunterdrückung eingefordert. Bereits in dieser Aufgabenstellung liege der Schlüssel für die nunmehr beanspruchte Signalverarbeitungsschaltung, deren Ausgestaltung sich für einen Fachmann ohne Weiteres ergebe. Die Patentinhaberin widerspricht dieser Auffassung und beansprucht die Entwicklung der Signalverarbeitungsschaltung allein für sich. Die Aufforderung zur Angebotsabgabe lege die Art und Weise der Störunterdrückung in keiner Weise fest. Es sei ihre Idee gewesen, die Signalverarbeitungsschaltung mit den nunmehr beanspruchten Merkmalen auszugestalten.
Indem die Einsprechende ihr Zeugenangebot für diese Streitfrage in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zurückgenommen hat, verzichtet sie darauf, den Nachweis des vollständigen Erfindungsbesitzes zu erbringen. Ohne Mitwirkung der Einsprechenden besteht für den Senat keine Möglichkeit der Überprüfung.
Aus den vorgenannten Gründen ist der geltende Patentanspruch 1 bestandsfähig und mit ihm die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10.
Pontzen Bork Bülskämper Friehe Ko
BPatG:
Beschluss v. 09.11.2009
Az: 9 W (pat) 330/05
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