Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 94/03
(BPatG: Beschluss v. 06.04.2004, Az.: 27 W (pat) 94/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die Eintragung der Wortmarke Maredofür "Bekleidungsstücke, insbesondere Jeans, Sportswear; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten, insbesondere Taschen und Koffer" hat die Widersprechende Widerspruch eingelegt aus ihrer prioritätsälteren Wortmarke Maredoeingetragen unter der Nr. 1 021 397 für "Beherbergung und Verpflegung von Gästen, Hotelreservierungen für andere, Partyservice, Leitung und Verwaltung von Hotels und Gaststätten".
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 30. Januarr 2003 den Widerspruch zurückgewiesen. Trotz Markenidentität scheitere eine rechtserhebliche Verwechslungsgefahr an der fehlenden Ähnlichkeit der gegenseitigen Waren und Dienstleistungen. Zwischen den sich gegenüberstehenden Produkten und Serviceleistungen bestünden hinsichtlich ihrer Beschaffenheit, ihrer Zweckbestimmung und ihres Einsatzzweckes so ausgeprägte Unterschiede, dass eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit nicht mehr bejaht werden könne. Sie wiesen keinerlei Berührungspunkte oder Übereinstimmungen auf; auch die hier maßgeblichen Wirtschaftssektoren seien eindeutig getrennt. Der inländische Verkehr sei an diese Branchenverhältnisse gewöhnt, so dass er von vornherein nicht davon ausgehe, dass die hier in Rede stehenden maßgeblichen Produkte und Serviceleistungen von denselben Unternehmen hergestellt bzw. erbracht würden. Da somit nicht einmal mehr eine entfernte Ähnlichkeit angenommen werden könne, sei die Gefahr von Verwechslungen beider Zeichen auszuschließen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie führt aus: Die Widerspruchsmarke sei sehr bekannt, da bei einer Umfrage 48 % der Befragten auf die Aufforderung, Steakrestaurants zu benennen, sie angegeben und 73 % die Frage, ob ihnen die Widerspruchsmarke bekannt sei, bejaht hätten. Zwischen den von der jüngeren Marke beanspruchten Waren und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke bestehe auch eine rechtserhebliche Ähnlichkeit, weil es in der hier relevanten Branche üblich sei, das Verkaufspersonal mit Dienstkleidung auszustatten; der Verkehr werde daher Kleidungsstücke, die er an Personen außerhalb der Gaststätten mit der Widerspruchsmarke versehen anträfe, der Widersprechenden zuordnen und annehmen, diese Bekleidungsstücke seien von ihr in Zusammenhang mit der Erbringung ihrer Dienstleistungen hergestellt und in den Verkehr gebracht worden, oder sie habe anderweitig die entsprechende Kennzeichnung gestattet.
Während die Widersprechende keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, beantragt die Inhaberin der angegriffenen Marke sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie im wesentlichen auf die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses Bezug. Sie bestreitet im übrigen, dass die Widersprechende Interesse an der Herstellung von Jeanswaren habe.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Markenstelle zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i.S.d. §§ 42, Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG wegen fehlender Ähnlichkeit der durch die Marken erfassten Waren und Dienstleistungen verneint hat.
Unter Berücksichtigung der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und der Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl. st. Rspr.; EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 23 f. - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. - Canon) kann zwar bei Identität der Marken und einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, wie sie im vorliegenden Fall geltend gemacht worden ist, die Gefahr von Verwechslungen schon bei einem sehr geringen Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen anzunehmen sein. Haben die Waren und Dienstleistungen allerdings keinerlei objektive Kriterien gemeinsam, die beim Verkehr zu der Vorstellung führen können, die Waren und Dienstleistungen stammten aus demselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen (vgl EuGH aaO, s. 924 Rdn. 29 - Canon), scheidet die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen (absoluter) Unähnlichkeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG aus (vgl BGH GRUR 1999, 245 - LIBERO; 2001, 505, 508 - EVIAN/REVIAN). Ein solcher Fall ist hier gegeben.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, welche das Verhältnis zwischen den Waren und Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als konkurrierende oder einander ergänzende Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rdn. 23] - Canon; BGH GRUR 1999, 731 - Canon II; 2001, 507 - EVIAN/REVIAN; 2002, 1079 - TIFFANY II; 2002, 544 - BANK 24). Dabei kommt es, wie die Widersprechende unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "RE-WA-MAT" (GRUR 1986, 380, 382) und "MICROTRONIC" (GRUR 1989, 347, 348) geltend gemacht hat, maßgeblich darauf an, ob die beteiligten Verkehrskreise der irrigen Meinung sein könnten, Dienstleistungen und Waren stammten aus demselben Unternehmen, sei es, dass sie annehmen, der Dienstleister befasse sich auch mit der selbständigen gewerblichen Herstellung von Waren, oder dass sie glauben, der Warenhersteller unterhalte auch einen zu diesem Warenbereich gehörenden Dienstleistungsbetrieb. Nach diesen Grundsätzen kommt vorliegend entgegen der Auffassung der Widersprechenden nicht einmal eine entfernte Ähnlichkeit zwischen den für die jüngere Marke beanspruchten Kleidungs- und Lederwaren auf der einen Seite und der Beherbergung und Verpflegung von Gästen auf der anderen Seite in Betracht.
Soweit die Widersprechende darauf hingewiesen hat, nicht nur bei ihr, sondern branchenweit sei es üblich, das Gaststättenpersonal mit spezifischer "Berufskleidung" auszustatten, trifft dies zwar zu. Es ist aber auszuschließen, dass der Verkehr davon ausgeht, dass diese Kleidung vom jeweiligen Dienstleister selbst hergestellt und dem Verbraucherpublikum im allgemeinen Handel zum Verkauf angeboten wird. Denn wie dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, von dem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auszugehen ist (vgl. EuGH GRUR Int 1998, 795, 797 [Rdn. 31] - Gut Springenheide), allgemein bekannt ist, wird diese Kleidung nach spezifischen, bis ins Detail festgelegten Vorgaben des jeweiligen Dienstleisters von Kleidungsunternehmen hergestellt und unmittelbar an diesen geliefert. Wegen ihres Charakters als im freien Handel nicht erhältliche Sonderanfertigungen, die von den Mitarbeitern der Gastronomiebetriebe als Berufsbekleidung getragen werden, besteht daher keine Gefahr, dass das Publikum glauben könnte, ein Gastronomie-Unternehmen stelle auch Kleidung her und bringe sie unter der Kennzeichnung "MAREDO" als selbständige Ware in den Handel oder Bekleidungshersteller seien gleichzeitig im Bereich der Beherbergung und Verpflegung von Gästen tätig.
Eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass Unternehmen der sog. Systemgastronomie Bekleidungsstücke wie T-Shirts und Kappen als Merchandisingartikel in den Verkehr bringen. Auch wenn dies nicht nur unentgeltlich im Rahmen von Preisausschreiben, Verlosungen und Werbeaktionen erfolgen mag, sondern solche Artikel, wie behauptet, auch entgeltlich angeboten werden, verlieren sie dadurch nicht ihren Charakter als bloße Hilfswaren, die vorrangig als Werbeträger für die Dienstleistungen dienen und in der Regel nur in den Filialen der Gastronomieketten erhältlich sind (zB Mc Donalds, Burger King, Pizza Hut, Dinea Nordsee usw). Dieser Umstand reicht für sich allein - ohne Vorliegen weiterer besonderer Voraussetzungen, wie zB umfangreicher Verkauf in betriebsfremden Geschäften - aber nicht aus, um beim Verkehr in einem noch relevanten Umfang die Vorstellung hervorzurufen, ein auf die Verpflegung und Beherbergung von Gästen gerichtetes Unternehmen trete oder bringe Bekleidung als selbständige Handelsware in den Verkehr. Ebenso fern liegt die Annahme, ein Bekleidungshersteller betätige sich unter der Warenmarke als Dienstleister im Gaststätten- und Hotelbereich.
Da somit die Markenstelle zu Recht mangels einer rechtserheblichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch der Widersprechenden zurückgewiesen hat, war deren hiergegen gerichteten Beschwerde der Erfolg zu versagen.
Die weitere Frage, ob aus der älteren Marke möglicherweise Ansprüche gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 MakenG gegen den Inhaber der identischen jüngeren Marke bestehen, ist nicht Gegenstand der Entscheidung in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren.
Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.
Dr. Schermer Dr. van Raden Schwarz Na
BPatG:
Beschluss v. 06.04.2004
Az: 27 W (pat) 94/03
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