Landgericht Köln:
Urteil vom 28. Oktober 2010
Aktenzeichen: 31 O 76/10

(LG Köln: Urteil v. 28.10.2010, Az.: 31 O 76/10)

Tenor

Das Versäumnisurteil der Kammer vom 06.05.2010 (31 O 76/10) wird mit Ausnahme des Kostenpunkts, in demes aufgehoben wird, mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach diesemUrteil richtet.

Die Kosten des Rechtsstreits insgesamt, mit Ausnahme der Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts, welchedem Kläger auferlegt werden, trägt die Beklagte.

Die Vollstreckung aus dem Tenor zu Ziffer I. des Versäumnisurteils der Kammer vom 06.05.2010 darf nur gegenSicherheitsleistung fortgesetzt werden. Die Höhe der Sicherheit beträgt für die Vollstreckung aus demTenor zu I. 1. des Versäumnisurteils 17.000 €, aus dem Tenor zu I. 2. des Versäumnisurteils 3.500€,

Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedochnur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger wird nachgelassen,die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden,wenn nicht der Klä-ger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 25 verbraucher- und sozialorientierter Organisationen. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Die Beklagte bietet u.a. unter der Internetadresse "www.anonym1.com" Flüge an.

Im Rahmen der Kategorie "FAQ" auf der Internetseite der Beklagten heißt es zur Frage "Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich meinen Flug nicht antreten kann€" u.a.:

"Stornierung

(…)

Reguläre Anonym1 Flugtickets sind (…) nicht stornierbar. Unter Umständen können die von uns ersparten Steuern und Gebühren* zurückerstattet werden. (…)

Zur Bearbeitung Ihrer Anfrage bitten wir Sie, das dazugehörige Antragsformular vollständige auszufüllen. Das Formular können Sie ausschließlich postalisch an folgende Adresse senden:

(…)"

Ein Klick auf den Link "Antragsformular" öffnet sodann ein pdf-Dokument mit insgesamt 9 DIN-A4-Seiten mit bordeauxroter Hintergrundfarbe, auf dessen erster Seite es heißt:

"(…) Im Anschluss senden Sie den komplett ausgefüllten Antrag mit Ihren vollständigen Reiseunterlagen im Original an (…). Die Anschrift finden Sie unter www.anonym1.com. Wir empfehlen Ihnen den Versand per Einschreiben und Rückschein.

Hinweise zur korrekten Erfassung und Bearbeitung des Formulars

(…)

Wir können ausschließlich solche Anträge bearbeiten, die vollständig und pro Fluggast ausgefüllt sind. (…) Der Antrag ist von jedem Fluggast für seine jeweilige Flugstrecke vollständig auszufüllen. Um Missbrauch zu vermeiden, müssen alle Angaben von sämtlichen gereisten Fluggästen mit der jeweiligen Unterschrift (…) bestätigt werden. Die Seiten des ausgefüllten Formulars dürfen nicht geknickt werden, (…)"

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 und das im nachstehend wiedergegebenen Versäumnisurteil unter I. 1. eingeblendete Antragsformular Bezug genommen.

Ferner heißt es in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB) der Beklagten unter Ziffer 10.3 "Rückabwicklungspauschale":

"Sind Sie für einen Umstand, auf Grund dessen Ihre vertragsmäßige Beförderung unmöglich geworden ist und wir von unserer Leistungspflicht befreit sind (§ 275 BGB), allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser von uns nicht zu vertretende Umstand zu einem Zeitpunkt ein, in welchem Sie im Verzug der Annahme sind, so behalten wir unseren Anspruch auf das Beförderungsentgelt, müssen uns jedoch ersparte Aufwendungen oder die anderweitige Verwendung unserer Leistung anrechnen lassen (§ 326 BGB). Der uns mit der Rückabwicklung verbundene Mehraufwand wird bei der Berechnung der Ihnen aus diesem Grunde zustehenden Erstattung mit einer Pauschale in Höhe von 5,50 € pro Person und Strecke in Ansatz gebracht, es sei denn, Sie weisen uns nach, dass uns durch die Rückabwicklung kein oder nur ein wesentlich geringerer Mehraufwand entstanden ist."

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Gesamtbetrag der Rückerstattung im Stornierungsfall regelmäßig nicht über 20,00 € liegt, weil nur Steuern und Gebühren, nicht aber der eigentliche Flugpreis erstattet werden.

Der Kläger mahnte die Beklagte unter dem 21.07.2009 ab. Seine der Beklagten am 16.11.2009 zugestellte Klage hat er beim Landgericht Dortmund erhoben, das sich mit Beschluss vom 09.02.2010 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen hat.

Auf Antrag des Klägers hat die Kammer am 06.05.2010 das nachstehend wiedergegebene Versäumnisurteil verkündet, nachdem für die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen war:

31 O 76/10

Verkündet am 06.05.2010 XXXXXX Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Landgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Versäumnisurteil

hat die 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 06.05.2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXXX, den Richter XXXX und den Richter am Landgericht XXXX für Recht erkannt:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

1.

im Rahmen geschäftlicher Handlungen die Erstattung von Zahlungen der Verbraucher wegen der Ersparnis von Aufwendungen, weil der Verbraucher einen gebuchten Flug nicht angetreten hat, davon abhängig zu machen, dass der Verbraucher ein Formular, das die Beklagte auf ihrem Telemediendienst bereit hält und das wie der dem Antrag beigefügten Ausdruck gestaltet ist, vollständig ausfüllt und an die Beklagte "in ungeknicktem" Zustand zurück sendet und in dem u. a. Angaben über alle mitreisenden Passagiere zu machen sind und das gesondert von allen mitreisenden Passagieren zu unterzeichnen ist,

wie nachstehend wiedergegeben:

(Es folgt eine mehrseitige Darstellung)- nur in Orignalentscheidung vorhanden

2.

nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Luftbeförderungsverträge mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:

(10.3 Rückabwicklungspauschale)

Sind Sie für einen Umstand, auf Grund dessen Ihre vertragsmäßige Beförderung unmöglich geworden ist und wir von unserer Leistungspflicht befreit sind (§ 275 BGB), allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser von uns nicht zu vertretende Umstand zu einem Zeitpunkt ein, in welchem Sie im Verzug der Annahme sind, so behalten wir unseren Anspruch auf das Beförderungsentgelt, müssen uns jedoch ersparte Aufwendungen oder die anderweitige Verwendung unserer Leistung anrechnen lassen (§ 326 BGB). Der uns mit der Rückabwicklung verbundene Mehraufwand wird bei der Berechnung der Ihnen aus diesem Grunde zustehenden Erstattung mit einer Pauschale in Höhe von 5,50 € pro Person und Strecke in Ansatz gebracht, es sei denn, Sie weisen uns nach, dass uns durch die Rückabwicklung kein oder nur ein wesentlich geringerer Mehraufwand entstanden ist.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2009 zu zahlen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das Versäumnisurteil ist der Beklagten am 28.05.2010 zugestellt worden.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte die Erstattung von Steuern und Gebühren von der Verwendung des Formulars abhängig mache, verstoße aufgrund des hohen Lästigkeitsfaktors und angesichts der geringen Erstattungsbeträge gegen § 4 Nr. 1 UWG. Sie verweist insbesondere auf den Medienbruch zwischen Buchung im Internet und einem Papierformular, die Kosten des Ausdrucks und die umfangreichen geforderten Angaben, die für die Abwicklung nicht benötigt würden. Ziffer 10.3 der ABB der Beklagten verstoße gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil die Beklagte eine Aufwandsentschädigung dafür verlange, dass sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen im Falle der Unmöglichkeit nachkommt.

Der Kläger beantragt,

- wie erkannt -

Die Beklagte, die mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 11.06.2010 gegen das Versäumnisurteil vom 06.05.2010 Einspruch eingelegt hat, beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils abzuweisen.

Sie behauptet, sie mache die Verwendung des Formulars nicht zur Voraussetzung für die Erstattung von Steuern und Gebühren. Tatsächlich würde das Formular nur in ca. der Hälfte aller Erstattungsfälle verwendet. Die verlangten Angaben seien erforderlich, insbesondere diene das Erfordernis einer Unterschrift aller Mitreisenden der Rechtssicherheit. Die Pauschale gemäß Ziffer 10.3 der ABB decke lediglich den Mehraufwand für die Rückabwicklung ab, was die Beklagte im Einzelnen ausführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Parteien wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Der zulässige, insbesondere form- und fristgerechte Einspruch hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche hinsichtlich der Verwendung des Rückerstattungsformulars und von Ziffer 10.3 der ABB sowie der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zu.

I. Der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwendung des Rückerstattungsformulars durch die Beklagte folgt aus §§ 3, 4 Nr. 1, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3 UWG, 4 UKlaG.

1. Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, 4 UKlaG.

2. Die Verwendung des Rückerstattungsformulars durch die Beklagte verstößt in der konkreten Verletzungsform gegen § 4 Nr. 1 UWG. Sie beeinträchtigt die Freiheit des Verbrauchers, sich für die Geltendmachung eines etwaigen Rückerstattungsanspruchs nach einer Flugstornierung zu entscheiden, in unangemessener, unsachlicher Weise.

Eine unangemessene, unsachliche Einflussnahme im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG ist u.a. anzunehmen, wenn ein Unternehmer versucht, seinen Vertragspartner von der Durchsetzung seiner vertraglichen Rechte abzuhalten, indem er die Mittel der Belästigung, Nötigung oder unzulässigen Beeinflussung einsetzt und diese geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners erheblich zu beeinträchtigen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Unternehmer belastende, unverhältnismäßige Hindernisse nichtvertraglicher Art aufstellt (Köhler/Bornkamm, UWG, § 4, Rn. 1.216 m.w.Nw.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

a) Für diese Beurteilung ist ohne Belang, ob die Beklagte eine Rückerstattung tatsächlich von der Verwendung des Formulars abhängig macht. Entscheidend ist, dass der informierte Durchschnittsverbraucher angesichts der Formulierungen auf der Internetseite und der ersten Seite des Formulars davon ausgehen wird, dass er das Formular verwenden muss. Dass nach dermVortrag der Beklagten 50% der Rückerstattungsanträge ohne Verwendung des Formulars gestellt werden, spricht nicht gegen ein derartiges Verbraucherverständnis, sondern kann ebenso darauf beruhen, dass eine Vielzahl der Verbraucher sich gar nicht erst die Mühe macht, in den FAQ der Beklagten nach den Rückerstattungsbedingungen zu suchen, sondern sich, ohne sich weiter zu informieren, unmittelbar an die Beklagte wendet.

b) Bei dem von der Beklagten verwendeten Formular kommt eine Vielzahl von Umständen zusammen, die jedenfalls in ihrer Summe dazu führen, dass die "Bitte", das Formular zu verwenden, ein belastendes, unverhältnismäßiges Hindernis für den Verbraucher, der sein Recht auf Rückerstattung von Steuern und Gebühren wahrnehmen will, darstellt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es regelmäßig um die Erstattung relativ geringer Beträge geht, so dass die Schwelle für den Verbraucher, sich von der Geltendmachung seiner Ansprüche abhalten zu lassen, niedrig ist. Im Einzelnen:

aa) Das Formular stellt für den Verbraucher einen Medienbruch dar, der mit erhöhtem Aufwand verbunden ist. Die Beklagte wickelt, was gerichtsbekannt ist, einen großen Teil ihres Geschäfts online ab. Dies gilt für Buchungen, Umbuchungen und Zusatzleistungen. Will der Kunde dagegen einen Erstattungsanspruch geltend machen, erwartet die Beklagte von ihm die Verwendung eines Papierformulars, das er ausdrucken, von Hand ausfüllen und per Post an eine Anschrift versenden muss, die im Formular selbst nicht angegeben ist.

bb) Eine weiteren erheblichen Lästigkeitsfaktor stellt die Gestaltung des Formulars selbst dar. Der Umfang des Formulars und vor allem der durchgehend farbige Hintergrund bringt bei der Verwendung üblicher Tintenstrahldrucker aus dem Consumer-Bereich erhebliche Druckkosten mit sich, wobei zu berücksichtigen ist, dass von den neun Seiten des pdf-Dokuments vier für jeden mitgereisten Fluggast auszudrucken und auszufüllen sind. Weder der farbige Hintergrund noch der Seitenumfang, der im Wesentlichen auf einem äußerst großzügigen Layout und der Verwendung eines zweisprachigen Formulars beruht, sind durch sachliche Erwägungen begründbar.

cc) In dem Formular werden vom Verbraucher zahlreiche Angaben gefordert, deren Erforderlichkeit sich auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten nicht erschließt:

- Die Angabe der mitgereisten Passagiere kann allenfalls insoweit erforderlich sein, als die Erstattung für mehrere Personen beantragt wird. Das Formular verlangt diese Angabe aber auch für den Fall, dass nur eine von mehreren Personen, für die gemeinsam gebucht worden ist, den Flug nicht angetreten hat bzw. eine Erstattung beantragt.

- Bis ins Detail gehende Angaben zur Person jedes Fluggastes und zu den Daten von Hin- und Rückflug nebst Zahl der Gepäckstücke und Sitzplatznummer sind angesichts des Umstandes, dass diese Angaben der Beklagten aufgrund der angegebenen Buchungsnummer und der mitzusendenden Original-Reiseunterlagen bereits bekannt sind, nicht erforderlich.

Schließlich soll das Formular von jedem Fluggast unterschrieben werden, was allenfalls dann Sinn ergibt, wenn die Erstattung für mehrere Personen gemeinsam beantragt wird, indes im Formular ohne Einschränkung verlangt wird. Dies stellt insbesondere Mitglieder einer Reisegruppe, die möglicherweise über ganz Deutschland verteilt sein können, vor besondere Probleme, weil sie das Formular per Post untereinander weiterreichen müssten.

dd) Mit weiteren Kosten und Mühen für den Verbraucher ist es sodann verbunden, dass er das Formular nicht knicken darf, also in einem entsprechend großem, möglichst verstärktem Umschlag mit erhöhten Portokosten versenden muss, wobei die Beklagte ihm auch noch nahe legt, das Formular per Einschreiben mit Rückschein zu versenden.

ee) Befolgt der Verbraucher sämtliche Anweisungen bzw. "Empfehlungen" ist er nach alledem schon im Fall eines Einzelreisenden nicht nur geraume Zeit mit dem Ausfüllen des Antrags beschäftigt, sondern sieht sich Druck- und Portokosten - ein Einschreiben mit Rückschein im DIN-A4-Format im Bereich der Deutschen Post AG kostet bereits 5,30 € - ausgesetzt, die in vielen Fällen die mögliche Rückerstattung aufzehren werden, was um so mehr gilt, als die Beklagte - wenn auch in der konkreten Form unzulässig, wie noch auszuführen sein wird - eine Bearbeitungsgebühr von 5,50 € verlangt. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten, an der Verwendung eines Papierformulars in der konkreten Ausgestaltung ist dagegen nicht erkennbar. Dass insbesondere für die Rückerstattung eines minimalen Betrages aus Gründen der Rechtssicherheit ein unterschriebenes Papierformular erforderlich sein soll, während die Beklagte keinerlei Bedenken hat, Kunden sämtliche Leistungen online ohne sichere Identifikation buchen zu lassen, ist nicht nachvollziehbar. Soweit bei der Rückerstattung für mehrere Reisende die Unterschriften sämtlicher Passagiere dazu dienen soll, Unklarheiten hinsichtlich der Anspruchsberechtigung des Antragstellers zu vermeiden, wäre es der Beklagten unbenommen, für eben diese Fälle ein besonderes Formular bereit zu halten.

II. Der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwendung von Ziffer 10.3 der ABB der Beklagten gegenüber Verbrauchern ergibt sich aus §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

1. Der Kläger ist zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen aus § 1 UKlaG befugt, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG.

2. Die Regelung in Ziffer 10.3 der ABB, wonach der Beklagten im Falle der Rückerstattung von Steuern und Gebühren eine Bearbeitungsgebühr von pauschal 5,50 € pro Person und Strecke zusteht, wenn der Kunde nicht nachweist, dass der mit der Rückabwicklung verbundene Mehraufwand wesentlich geringer ist, verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Es entspricht zwar den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, dass bei der Berechnung der Vorteile, die der Schuldner sich nach § 326 Abs. 2 BGB auf die Gegenleistung anrechnen lassen muss, auch ein mit der Abwicklung verbundender Zusatzaufwand zu berücksichtigen ist. Vorliegend entsteht der Zusatzaufwand aber allein dadurch, dass die Beklagte entgegen § 641 BGB von ihren Kunden die Zahlung der Vergütung in Vorleistung verlangt. Diese Abweichung von der gesetzlichen Regelung zum Nachteil des Kunden ist zwar zulässig, kann aber nicht dazu führen, dass die Beklagte dem Kunden auch noch die daraus resultierenden Kosten einer Rückabwicklung auferlegt. Hätte der Kunde die Vergütung erst im Nachhinein zu zahlen, wäre eine mit zusätzlichen Kosten der Beklagten verbundene Rückabwicklung gar nicht erforderlich, die Beklagte könnte dem Kunden von vorn herein nur die reinen Flugkosten ohne die nicht angefallenen Steuern und Gebühren in Rechnung stellen.

III. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt aus §§ 5 Abs. 1, 12 Abs. 1 S. 2 UKlaG.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 281 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 18.000 €






LG Köln:
Urteil v. 28.10.2010
Az: 31 O 76/10


Link zum Urteil:
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