Landgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 6. März 2009
Aktenzeichen: 36 O 54/07

(LG Düsseldorf: Beschluss v. 06.03.2009, Az.: 36 O 54/07)

Tenor

1.

Es wird festgestellt, dass die Erhebung der beim Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 36 O 54/07 (führendes Aktenzeichen) noch anhängigen Klagen der An-tragsgegner gegen den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Antrag-stellerin vom 8. Mai 2007 über die Zustimmung zum Beherrschungs- und Gewinnab-führungsvertrag vom 22. März 2007 zwischen der AAAAA, Monheim am Rhein, und der Antragstellerin der Eintragung des Bestehens des genannten Vertrages in das Han-delsregister nicht entgegenstehen und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.

Es wird festgestellt, dass das Verfahren sich gegen die Antragsgegner zu 12. und 13. erledigt hat.

2.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegner.

Gründe

I.

Die Antragsgegner haben bei der Kammer Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 8.Mai 2007, wie er im Tenor beschrieben worden ist, erhoben. Die Klagen sind bei der Kammer unter dem führenden Aktenzeichen 36 O 54/07 rechtshängig. Mit den Klagen wenden sich die Antragsgegner gegen den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung über die Zustimmung zu dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 22. März 2007 zwischen der Antragstellerin und ihrer Mehrheitsaktionärin, der AAAAA in Monheim am Rhein.

Die AAAAA ist eine 100% Tochtergesellschaft der Konzernobergesellschaft des BBBBBB, der CCCCC. Im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots im Dezember 2006 hat sie die Mehrheit der Aktien der Antragstellerin erworben und hält inzwischen 42.753.377 Schwarz Pharmaaktien. Das Grundkapital der Antragstellerin beträgt 64.039.307,80 € und ist in 49.261.006 Aktien eingeteilt, von denen die Antragstellerin 463.070 Aktien als eigene Aktien hält. Auf die Aktien der AAAAA enthält ein Anteil von rund 86,80 % des Grundkapitals und ein Anteil von rund 87,62 % des stimmberechtigten Grundkapitals der Antragstellerin.

Die Hauptversammlung der Antragstellerin hat am DD Mai 2007 den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag unter Punkt 7 der Tagesordnung mit einer Mehrheit von 98,46 % des vertretenen stimmberechtigten Grundkapitals zugestimmt.

Das Bestehen des Vertrages ist am EE. Juli 2007 in das Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf eingetragen worden. Die Klägerin meint, die Klagen der Antragsgegnerin seien unbegründet. Im Übrigen bestehe ein überwiegendes Vollzugsinteresse an der begehrten Feststellung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anspruchsbegründung unter II. Bezug genommen. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang, dass alle Antragsgegner zusammengenommen nach dem Teilnehmerverzeichnis über die Hauptversammlung ganz 20 Aktien halten, dass entspricht 0,000004 % des Grundkapitals der Antragstellerin.

Der am FF. August 2007 eingegangene Antrag richtete sich zunächst gegen die Antragsgegner zu 1. - 14.

Im Laufe des Rechtsstreits hat die Antragstellerin den Antrag gegen den Antragsgegner zu 2. zurückgenommen und den Antrag bezüglich der Antragsgegner zu 12. und 13. für erledigt erklärt (Eingang am 2. November 2007). Die Rücknahme bezüglich des Antragsgegners zu 2. beruht darauf, dass dieser seine Klage im Hauptsacheverfahren mit Schriftsatz vom GG. August 2007, bei Gericht eingegangen am HH. August 2007, zurückgenommen hat. In diesem Zusammenhang regt die Klägerin an, gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zu entscheiden. Die Antragsgegner zu 12. und 13. haben ihre Klage im Hauptsacheverfahren mit Schriftsatz vom II. September 2007 zurückgenommen. Nunmehr stellt die Klägerin den Antrag unter Berücksichtigung der Klagerücknahme und der Erledigungserklärung festzustellen,

dass die Erhebung der beim Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 36 O 54/07 (führendes Aktenzeichen) anhängigen Klagen der Antragsgegner gegen den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom DD. Mai 2007 über die Zustimmung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom JJ. März 2007 zwischen der AAAAA, Monheim am Rhein, und der Antragstellerin der Eintragung des Bestehens des genannten Vertrags in das Handelsregister nicht entgegenstehen und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.

Die Antragsgegner beantragten

Den Antrag abzuweisen. Sie sind der Auffassung, der Klage fehle das

Rechtsschutzbedürfnis, weil der Unternehmensvertrag schon eingetragen

sei. Sie behaupten, im Hauptverfahren zur Anfechtung befugt zu

sein.

Sie meinen, es liege eine offensichtliche Unbegründetheit der Klage vor. Unter anderem sei durch Vorlage von unvollständigen Informationen zum Unternehmensvertrag gegen § 293 a AktG verstoßen worden. In dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag seien auch unwirksame Regelungen enthalten, etwa über die Gewinnabführung. Außerdem sei die Fälligkeitsregelung der Ausgleichzahlung am ersten Bankarbeitstag nach der ordentlichen Hauptversammlung zu beanstanden, insbesondere sei das KKKKK vom LL. September 2006 - MMMMM - nicht ordnungsgemäß ausgelegt gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

1.

Der Antrag ist nicht mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Die Antragsgegner berufen sich auf die Entscheidung des Landgerichts Hannover vom NN. Juli 2007. Diese Entscheidung ist durch das Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 20.11.2007 - 9 W 100/07 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Hannover rückübertragen worden.

Die Kammer schließt sich der Auffassung des OLG Celle an, dass der Freigabeantrag auch dann noch im Einzelfall möglich ist, wenn die Eintragung des Vertrages in das Handelsregister beantragt worden ist. Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer schon aus dem letzten Halbsatz von § 246 a AktG, wonach auch festzustellen ist, dass die Wirkung der Eintragung durch Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses unberührt bleibt. Daraus ergibt sich zwanglos, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses einer Eintragung im Handelsregister auch nachträglich die Wirkung nehmen können, andernfalls wäre die Formulierung, dass die Wirkung der Eintragung durch Mängel unberührt bleibt, sinnlos. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn die Antragsgegner - wie im vorliegenden Fall - noch im Freigabeverfahren sich darauf berufen, dass der Hauptversammlungsbeschluss mangelhaft ist. Die Antragstellerin hat somit ein Interesse, den endgültigen Bestand ihrer Eintragung im Handelsregister festzustellen.

2.

Der Freigabeantrag ist auch begründet. Maßgebend ist hierfür, dass gem. § 246 a Abs. 2 AktG ein positiver Beschluss nur ergehen kann, wenn die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses unter Berücksichtigung der Schwere der mit Klage geltend gemachten Rechtsverletzung zur Abwendung der vom Antragsteller darlegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre vorrangig erscheint.

Die Kammer stützt ihre Entscheidung auf die letztere Alternative. Die Antragstellerin hat mit der Antragsschrift im Einzelnen dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ein Vollzugs- und Bestandsinteresse der Antragstellerin ihrer Aktionäre und des MMMMM Konzern bestehen. In diesem Zusammenhang sind die von der Antragstellerin unter Seite 14 ff der Antragsschrift dargestellten Nachteile im Einzelnen zahlenmäßig belegt und durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht worden. Dass im Rahmen dieses summarischen Verfahrens nicht endgültige Zahlen vorgelegt werden können, versteht sich von selbst. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass die Zahlen jeweils auf runde Millionenbeträge aufgerundet oder abgerundet werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere glaubhaft gemacht worden, dass der Antragstellerin ein Schaden von 14,5 Mio. Euro entsteht, wenn der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag für das Jahr 2007 keine Bestandskraft erlangt. Dieser Schaden beruht auf der Möglichkeit der steuerlichen Organschaft zwischen der Schwarz NNNNN und AAAAA. Ferner ist dargelegt, dass nach dem Körperschaftssteuergesetz ebenfalls Steuervorteile bestehen, weil die Gewinnabführung nicht dem fiktiven 5 %igen Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8 b Abs. 5 Körperschaftssteuergesetz unterliegt. Die Antragstellerin hat auch ferner die Interessen der AAAAA und des MMMMM Konzerns nachvollziehbar dargelegt. So sind insbesondere die möglichen Synergien so dargelegt, dass sie nachvollziehbar und sich schlüssig sind. Auch gilt in diesem Zusammenhang, dass die Kammer nicht das Bestreiten der Antragsgegner verkennt. Sie haben jedoch nicht substantiiert dargelegt, welche der genannten Zahlen von der Antragstellerin so falsch berechnet werden, dass letztlich kein Vorteil für sie daraus ergibt. Dass die Antragsgegner ihren entgegenstehenden Vortrag auch nicht glaubhaft gemacht hat, kann dahinstehen.

Soweit die Antragsgegner Mängel berufen wie den Stimmrechtsverlust aus den Aktien der MMMMM nach § 28 WpHG, entspricht dies schon nicht der tatsächlichen Meldelage. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht durch Kopie der Stimmrechtsmitteilung und Zugangsbestätigung, dass die Stimmrechtsmitteilung gemäß der gesetzlichen Anforderungen veröffentlicht und der Bundesanstalt übermittelt worden ist. Insoweit wird Bezug genommen auf das Schreiben des Amtsgerichts Düsseldorf an Rechtsanwalt OOOOO vom 29. Januar 2007 (Anlage B 17 zur Klageerwiderung, hier Anlage Ast 1).

Die Rügen der Antragsgegner zur Bemessung der Abfindung und Ausgleich sind ohnehin ausgeschlossen. Sie sind dem - gerichtsbekannt - schwebenden Spruchverfahren beim Landgericht Düsseldorf vorbehalten.

Erst recht unbegründet sind die Rügen zur mangelnden Information über das MMMMM. Die einzelnen Teile der Abschluss des MMMMM fiel nicht in die Zuständigkeit der Versammlung der Antragstellerin, da diese Vereinbarung allein die Übernahme der Mehrheit der Aktien an der Antragstellerin durch den MMMM Konzern regelt. Dabei handelt es sich um Maßnahmen der Geschäftsführung und nicht solche, die unter die Kompetenz der Hauptversammlung fallen.

Letztlich können die vorgenannten Beanstandungen der Antragsgegner und ihre Begründetheit dahinstehen. Entscheidend sind die von der Antragstellerin dargelegten Vorteile, die glaubhaft gemacht und somit nicht von der Hand zu weisen sind. Dem gegenüber steht nach der freien Überzeugung der Kammer ein verschwindend geringes Interesse der Antragsgegner, die ganze 20 Aktien halten und nicht einmal ein Tausendstel des Grundkapital der Antragstellerin. Tatsächlich halten die Antragsgegner nur 0,00004 % des Grundkapital der Antragstellerin.

Zwar mag dies im Einzelfall auch ausreichen, wenn grobe Verstöße bei der Hauptversammlung vorliegen, um ein Vollzugsinteresse abzulehnen. Solche Verstöße sind aber hier nicht dargelegt. Denkbar wären etwa Verstöße wie mangelnde Ladung oder Beschlussfassung über nicht auf die Tagesordnung gesetzte Punkte. Einen solchen Sachverhalt haben die Antragsgegner aber nicht dargelegt. Nach der freien Überzeugung der Kammer fehlt deshalb jede Darlegung, dass Rechtsverletzungen vorliegen, die unter Berücksichtigung der Nachteile für die Gesellschaft die Aktionäre, die mit 98,46 % dem Beschluss zugestimmt haben, ins Gewicht fallen können. Daher erscheint das Interesse der Gesellschaft und der Mehrheitsaktionäre so vorrangig, dass die begehrte

Feststellung auszusprechen war.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO. Soweit die Antragstellerin hinsichtlich des Antragsgegners zu 2. Kostenantrag gem. § 269 Abs. 3 gestellt hat, war der Antragsgegner ebenfalls an den Kosten dieses Rechtsstreits zu beteiligen, § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO. Denn durch die Rücknahme im Hauptsacheverfahren ist der Wegfall des Anlasses des Freigabeantrags entfallen. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand im Sinne des § 91 a ZPO hätte aber auch der Freigabeantrag gegenüber dem Antragsgegner zu 2. Erfolg gehabt.

Sonstige Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen, der Antragstellerin die Kosten insoweit aufzuerlegen, bestehen nicht.

Soweit die Antragstellerin den Antrag hinsichtlich der Antragsgegner zu 12. und 13. für erledigt erklärt hat, war festzustellen, dass sich das Verfahren erledigt hat. Da die Antragsgegner der Erledigung gem. § 91 a ZPO nicht zugestimmt haben, haben sie auch die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 91 ZPO, jeweils begrenzt nach Kopfteilen, § 100 Abs. 1 ZPO.

Wert des Streitgegenstandes: bis 50.000,00 Euro, § 247 AktG.






LG Düsseldorf:
Beschluss v. 06.03.2009
Az: 36 O 54/07


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