Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Oktober 2001
Aktenzeichen: 21 W (pat) 23/99

(BPatG: Beschluss v. 30.10.2001, Az.: 21 W (pat) 23/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G 02 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juni 1998 aufgehoben und die Sache aufgrund des in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruchs 1 an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I Die unter der Bezeichnung "Objektiv zur endlichen Abbildung eines Objekts" am 29. Oktober 1994 beim Deutschen Patentamt eingereichte und am 9. Mai 1996 offengelegte Patentanmeldung 44 38 458.0 wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 02 B durch Beschluß vom 30. Juni 1998 aus den Gründen des Bescheids vom 28. Januar 1997, in dem Anspruch 1 als unklar und nicht erfinderisch gerügt wurde, zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache zur weiteren Prüfung aufgrund des in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruchs 1 an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Der Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Optisches System mit - einem Röntgenbild-Verstärker, und - einem Objektivzur endlichen Abbildung des Bildschirms des Röntgenbild-Verstärkers auf einen Empfänger, wobei das Objektiv folgende Merkmale aufweist - eine erste Linsengruppe mit negativer Brechkraft ist auf der Seite der langen Konjugation, d.h. auf der Seite des Röntgenbild-Verstärkers, angeordnet - eine zweite Linsengruppe positiver Brechkraft ist auf der Seite der kurzen Konjugation angeordnet und - eine Blende zwischen beiden Linsengruppen,

- zur Einstellung des Abbildungsmaßstabes ist das Objektiv in Richtung seiner optischen Achse verschiebbar,

- die zweite Linsengruppe besteht aus zwei Teilgruppen positiver Brechkraft, von denen die auf der Seite der kurzen Konjugation liegende Teilgruppe zum Fokussieren gemeinsam mit dem Empfänger in Richtung der optischen Achse verschiebbar ist,

- die erste Linsengruppe besteht aus wenigstens zwei Linsen, und - der Radienmittelpunkt der zur Blende liegenden Fläche der ersten Linsengruppe und der Radienmittelpunkt der auf der Seite der kurzen Konjugation letzten Fläche des Objektivs liegen auf der Seite der kurzen Konjugation.

Es sind folgende Druckschriften in Betracht gezogen worden:

1) DE 39 36 533 A1 2) M. Berek: Grundlagen der praktischen Optik. Verlag von Walter de Gruyter & Co., Berlin und Leipzig, 1930, S. 94 und 95.

Die Anmelderin führt im wesentlichen aus, es werde nunmehr ein optisches System mit einem Röntgenbildverstärker und einem Objektiv zur endlichen Abbildung des Bildschirms des Röntgenbildverstärkers auf einen Empfänger beansprucht. Bei derartigen Systemen seien bisher als Übertragungsobjektiv Tandemsysteme eingesetzt worden, die aus zwei Objektiven bestünden. Nachteilig sei die große Baulänge der Tandemsysteme und die für jede Änderung des Abbildungsmaßstabs andere Kombination von Objektiven unterschiedlicher Brennweite. Die Druckschrift 1 könne keine Anregung geben, zur Beseitigung dieser Nachteile die Tandemsysteme durch ein einziges Objektiv mit den im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen zu ersetzen. Denn diese Druckschrift betreffe ein Teleobjektiv für Kleinbildkameras und sei nicht geeignet, bei dem vorgenannten optischen System den Bildschirm mit hoher Auflösung und hohem Kontrast auf einen Empfänger abzubilden, da das Objektiv ein zu geringes relatives Öffnungsverhältnis aufweise und nicht frei von künstlicher Vignettierung sei.

II Die zulässige Beschwerde ist auch begründet. Die Sache ist zur weiteren Prüfung aufgrund des geltenden Patentanspruchs 1 an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen (PatG § 79 Abs 3 S 1 Nr 3).

Mit dem Patentanspruch 1, der ein optisches System mit einem Röntgenbild - Verstärker und einem Objektiv zur endlichen Abbildung des Bildschirms des Röntgenbild-Verstärkers auf einen Empfänger betrifft, hat sich eine für die Entscheidung über die Patentfähigkeit wesentliche Änderung des Patentbegehrens ergeben, so daß die den angefochtenen Beschluß tragenden Gründe gemäß dem Bescheid vom 28. Januar 1997 nicht mehr auf den Gegenstand nach Patentanspruch 1 zutreffen. Weiterhin ergibt sich aus dem Bescheid, daß dieser Gegenstand nicht in die Recherche einbezogen war, da sich die Recherche nur auf Objektive gemäß dem Patentanspruch 1 in der aus dem Bescheid ersichtlichen Fassung bezog.

1. Der Patentanspruch 1 ist zulässig.

Ein optisches System mit einem Röntgenbildverstärker und einem Objektiv zur endlichen Abbildung des Bildschirms des Röntgenbildverstärkers auf einen Empfänger ist ursprünglich offenbart, vergleiche ursprüngliche Beschreibung, Seite 1, letzter Absatz bis Seite 2, erster Absatz. Die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale des Objektivs finden sich im ursprünglichen Patentanspruch 1, und der Einsatz eines derartigen Objektivs in dem oben genannten optischen System ist ebenfalls als erfindungswesentlich ursprünglich offenbart, vergleiche ursprüngliche Beschreibung, Seite 2, letzter Absatz bis Seite 3, erster Absatz sowie Seite 4, dritter Absatz, Zeilen 1 bis 5.

2. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 ist gegenüber dem Stand der Technik gemäß den bisher ermittelten Druckschriften neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Druckschrift 1 betrifft ein mittleres Teleobjektiv zur Verwendung mit einer Kleinbild-Spiegelreflexkamera, das aus zwei Linsengruppen besteht und eine Festbrennweite von 100 mm sowie eine relative Öffnung von 1 : 2,0 aufweist. Entsprechend dem Bauprinzip eines Teleobjektivs ist die Brechkraft der ersten Linsengruppe positiv und die der zweiten Linsengruppe negativ. Zum Fokussieren werden die drei Linsen der ersten Linsengruppe zusammen mit drei Linsen der zweiten Linsengruppe gegenüber der ortsfesten vierten Linse verschoben, die zu der ebenfalls ortsfesten Empfängerebene (Filmebene) benachbart ist, vergleiche Figur 1 mit Beschreibung sowie Spalte 2, Zeilen 11 bis 13.

Dieser Stand der Technik hat somit keinen Bezug zu einem optischen System gemäß Patentanspruch 1, das aus einem Röntgenbildverstärker, einem Empfänger und einem Objektiv zur Abbildung des Bildschirms des Röntgenbildverstärkers auf den Empfänger besteht. Die Abbildung innerhalb des Variationsbereichs des Abbildungsmaßstabes erfolgt mit hoher Auflösung und hohem Kontrast. Dementsprechend muß das Objektiv eine große relative Öffnung, etwa 1 : 1, haben und frei von künstlicher Vignettierung sein. Letzteres wird nach Patentanspruch 1 unter anderem auch dadurch bewirkt, daß nach Einstellung des Abbildungsmaßstabes durch Verschieben des gesamten Objektivs längs seiner optischen Achse und relativ zum Bildschirm des Röntgenbildverstärkers die dem Empfänger benachbarte Teilgruppe der zweiten Linsengruppe gemeinsam mit dem Empfänger längs der optischen Achse verschiebbar ist.

In der Druckschrift 1 findet sich demnach keine Anregung, die zum Gegenstand nach Patentanspruch 1 führt.

Dies gilt auch für die Druckschrift 2, auf die lediglich im Hinblick auf die im ursprünglichen Patentanspruch 2 genannten Maßnahmen zur Korrektur der chromatischen Aberration hingewiesen wurde und aus der hervorgeht, daß die chromatische Aberration nur dann hinreichend korrigierbar ist, wenn eine Sammellinse mit einer Zerstreuungslinse kombiniert wird, wobei die Korrektionswirkung der Zerstreuungslinse um so größer ist, je kleiner ihr -Wert und je größer der -Wert der Sammellinse ist, vergleiche S 95, vorletzter Absatz.

3. Die anmeldungsgemäße Beschreibung erwähnt einleitend ohne Angabe einer Fundstelle als Stand der Technik optische Systeme mit einem Röntgenbildverstärker und einem Objektiv zur endlichen Abbildung des Bildschirms des Röntgenbildverstärkers auf einen Empfänger, bei denen bislang als Übertragungsobjektiv ein aus zwei Objektiven bestehendes Tandemsystem verwendet worden ist. Es ist daher nicht auszuschließen, daß eine Nachrecherche bezüglich derartiger optischer Systeme zu einem Stand der Technik führt, der der Patentfähigkeit des Gegenstands nach Patentanspruch 1 entgegensteht, so daß die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen war.

Dr. Hechtfischer Klosterhuber Dr. Franz Dr. Kraus Be






BPatG:
Beschluss v. 30.10.2001
Az: 21 W (pat) 23/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b82de0174ca1/BPatG_Beschluss_vom_30-Oktober-2001_Az_21-W-pat-23-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share