Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 29. September 2005
Aktenzeichen: L 2 KR 43/05

(LSG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 29.09.2005, Az.: L 2 KR 43/05)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 19.04.2005 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Gebühren eines Rechtsanwalts als Bevollmächtigtem im Widerspruchsverfahren.

Der 1936 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Im Oktober 2004 beantragte er bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Wechseldruckmatratze und wies zur Begründung seines Anspruchs auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.09.2002 hin, das er in Ablichtung vorlegte. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 12.11.2004). Dagegen legte der Kläger durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein: Nach dem Urteil des BSG sei die Versorgung mit der Wechseldruckmatratze eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beklagte half dem Widerspruch vollständig ab und erklärte sich bereit, die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach zu übernehmen. Der Kläger bezifferte die Kosten für die anwaltliche Tätigkeit seiner Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren mit insgesamt 626,40 Euro, wobei er neben einer Geschäftsgebühr in Höhe von EUR 240 eine Erledigungsgebühr in Höhe von EUR 280 in Rechnung stellte. Die Beklagte zahlte EUR 301,60 ( EUR 240 + EUR 20 Unkostenpauschale + EUR 41,60 Umsatzsteuer (USt)). Die zusätzlich verlangte Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, da außer der Einlegung des Widerspruchs keine weitere Mitwirkung erfolgt sei (Bescheid vom 13.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 26.01.2005).

Dagegen hat der Kläger am 22.02.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Aachen erhoben und Zahlung weiterer EUR 324,80 (EUR 280 + EUR 44,80 USt) nebst Zinsen begehrt. Die Erledigungsgebühr entstehe, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledige. Dies sei hier der Fall, da die Beklagte den ablehnenden Bescheid ohne die anwaltliche Mitwirkung (Widerspruch mit Begründung) nicht aufgehoben hätte. Die Sache sei klassisch für den Anfall der Erledigungsgebühr.

Die Beklagte wandte ein, die bloße Vornahme von Verfahrenshandlungen, z.B. die Fertigung einer Widerspruchsschrift, reiche nicht aus, um zusätzlich auch die Erledigungsgebühr auszulösen. Es mangele an einer dazu erforderlichen weiteren anwaltlichen Mitwirkung.

Das SG hat - im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - die Beklagte antragsgemäß verurteilt: Maßgeblich für den Anfall der Erledigungsgebühr sei, dass die Verwaltungsbehörde in einem ablehnenden Bescheid bereits einen bestimmten, dem Auftraggeber ungünstigen Standpunkt eingenommen habe und dass durch die Tätigkeit des Rechtsanwalts gelungen sei, diesen Standpunkt zu Gunsten seines Auftraggebers zu ändern. Es hat die Berufung zugelassen (Urteil vom 19.04.2005).

Mit ihrer Berufung vom 27.04.2005 hat die Beklagte eingewandt, nach der zeitlichen Zäsur, nämlich der förmlichen Einlegung des Widerspruchs, sei eine weitere anwaltliche Mitwirkung erforderlich, um die streitige Gebühr auszulösen. Eine solche sei hier nicht ersichtlich. Es reiche nicht, dass sich die Angelegenheit nach Einlegung des Widerspruchs irgendwie erledige. Hier habe der Bevollmächtigte nur alles für eine streitige Entscheidung getan, nämlich Widerspruch eingelegt. Für eine unstreitige Erledigung der Angelegenheit habe er sich gerade nicht eingesetzt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 19.04.2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im neuen Vergütungsrecht sei die Erledigungsgebühr neu für das sozialgerichtliche Verfahren aufgenommen. Diese "Erfolgsgebühren" seien eingeführt worden, weil eine "Erledigung" einer Rechtssache ohne gerichtliche Hilfe "belohnt" werden solle. Jede Mitwirkung im Hinblick auf die Erledigung ohne gerichtliche Beteilung solle honoriert werden. Es genüge jedes Tätigwerden in Richtung auf den später erzielten Erfolg. Über das Widerspruchsschreiben hinaus sei eine anwaltliche Mitwirkung nicht erforderlich. Der angefochtenen Bescheid sei aufgrund des Widerspruchs aufgehoben worden. Die Erledigung der Rechtssache sei damit einzig und allein auf das Mitwirken des Bevollmächtigten zurückzuführen.

Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug. Sämtliche Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die kraft Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere EUR 324, 80 zu erstatten. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 13.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom vom 26.01.2005 (vgl § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) nicht beschwert, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist. Zu Recht hat die Beklagte mit diesem Bescheid den zu erstattenden Betrag für Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von EUR 301, 60 festgesetzt. Ein Anspruch auf Erstattung weitergehender Aufwendungen in Höhe von EUR 324, 80 besteht nicht, §§ 63 Abs 1 bis 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm 3 Abs 2 iVm Abs 1 Satz 1, 2 Abs 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) iVm mit Nrn 1005, 1002 der Anlage 1 "Vergütungsverzeichnis" (VV) zu diesem Gesetz.

Nach § 63 Abs 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten hat die Beklagte im Bescheid vom 13.12.2004 konkludent bejaht, § 63 Abs 3 Satz 2 SGB X.

Die Bemessung von Gebühren für eine anwaltliche Tätigkeit richtet sich seit dem 01.Juli 2004 nach dem RVG, Art 1 und 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 05.Mai 2004 (BGBl I 2004, S.717ff, 788ff, 850), § 1 Abs 1 Satz 1 RVG, das mit seinem Inkrafttreten die zuvor maßgebliche Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) abgelöst hat, Art 6 Nr 4 KostRMoG. Nach § 3 Abs 2 iVm Abs 1 Satz 1 RVG entstehen in sozialgerichtlichen Verfahren (auch) außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens Betragsrahmengebühren, sofern das Gerichtskostengesetz keine Anwendung findet. § 3 RVG gilt auch für das sog. isolierte Vorverfahren (Göttlich/Mümmler. RVG. Kommentar. 1. Aufl. 2004, S.844ff, 851f 3d). Da es sich bei dem Kläger als Versichertem um einen kostenprivilegierten Beteiligten i.S. des § 183 Satz 1 SGG handelt, findet das GKG (nach § 3 Abs 2 RVG gilt das außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens entsprechend) keine Anwendung, § 197a Abs 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG. Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem VV, das dem RVG als Anlage 1 angefügt ist, § 2 Abs 2 Satz 1 RVG.

Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV angefallen und mit dem Regelhöchstwert von EUR 240 zu bemessen ist und außerdem "Unkostenpauschale" und USt zu Recht und in richtiger Höhe berechnet wurden. Eine Erledigungsgebühr ist daneben (vgl dazu die Vorbemerkung 1 zum Teil 1 der VV "Allgemeine Gebühren") nicht angefallen, Nr 1005 iVm Nr 1002 VV.

Nach Nr 1005 VV entsteht eine solche Gebühr bei Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). Nach Nr 1002 VV, auf den Nr 1005 VV für seinen Anwendungsbereich Bezug nimmt, entsteht die Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (Satz 1). Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakt erledigt (Satz 2). Dieser Gebührentatbestand stellt kein neues, erst zum 01.Juli 2004 in Kraft getretenes Recht dar, sondern schreibt die zuvor bereits maßgebliche Rechtslage fort, wobei Satz 1 dem früheren § 24 BRAGO entspricht und Satz 2 die nach der Rechtsprechung bereits zuvor maßgebliche Rechtslage nunmehr ausdrücklich kodifiziert. In der Gesetzesbegründung des Entwurfes zum KostRModG vom 11.11.2003 (BT-Drucksache 15/1971) heißt es zur Nr 1002, die Erledigungsgebühr entstamme aus § 24 BRAGO. Durch die Erhöhung der Vergleichsgebühr solle "das anwaltliche Bestreben, Streitigkeiten möglichst ohne Anrufung des Gerichts beizulegen", gefördert und belohnt werden. Aus diesen Gründen sei es gerechtfertigt, auch in dem Falle, dass sich eine Verwaltungssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit dem Rechtsbehelf angefochtenen Bescheides erledige, dem Rechtsanwalt eine solche Gebühr zuzubilligen, wenn dadurch der Verwaltungsrechtsstreit bzw. ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe vermieden werde. Nrn 1002 und 1005 VV ersetzen damit die früheren §§ 24, 116 Abs 4 BRAGO (vgl Gerold/Schmidt u.a ... RVG. Kommentar. 16.Aufl. 2004. Rdnr 1 zu VV 1002) und führen erstmals für das sozialgerichtliche Verfahren ausdrücklich eine eigene Erledigungsgebühr ein (Ernst. RVG. Kommentar. Heidelberg 2005, Rdnr 14 zu VV Nr 1005). Die Erledigungsgebühr ist eine Erfolgsgebühr und entsteht nie allein, sondern immer neben der Geschäftsgebühr (Göttlich/Mümmler. S 250ff 9.1; s auch weiter oben). Durch Nr 1002 Satz 2 VV wird klargestellt, dass die frühere "Vergleichsgebühr" entsprechend auch für Verfahren gelten soll, in denen eine solche Einigung häufig nicht im Vergleichswege erfolgt. Das war zu § 24 (bzw. § 116 Abs 4 BRAGO) bereits anerkannt (Gerold/Schmidt aaO). Deshalb ist die frühere Rechtsprechung und Literatur zu § 24 BRAGO weiter maßgeblich.

Die Einlegung und Begründung des Widerspruchs, auf die sich hier die Tätigkeit der Klägerbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren beschränkt hat, genügt nicht, die Erledigungsgebühr entstehen zu lassen. Daneben ist ein - hier unstreitig fehlendes - weiteres, gezielt auf die einvernehmliche Beilegung des Streites gerichtetes Tätigwerden des Rechtsanwalts erforderlich. Denn eine Tätigkeit des Rechtsanwalts kann auch dann nicht zwei verschiedene Gebührentatbestände gleichzeitig auslösen, wenn sie im Ergebnis (d.h. bereits ohne weiteres Tätigwerden) dazu führt, dass, wie es in Satz 2 zu Nr. 1002 VV heißt, sich die Rechtssache durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Ansonsten wäre jeder vollständig erfolgreiche Widerspruch mit zwei Gebühren zu vergüten, weil allein dieser Erfolg dazu geführt hat, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, während es bei der Teilabhilfe immer noch eines zusätzlichen "anwaltlichen Bestrebens, die Streitigkeit möglichst ohne Anrufung des Gerichts beizulegen" (s.o.), bedürfte. Gerade dieses zusätzliche Bestreben ist der innere Grund für die - zusätzliche - Erledigungsgebühr.

Schon nach der bisher hM zu § 24 BRAGO (vgl zum Meinungsstreit Gerold/Schmidt - von Eicken. aaO. Rdnrn 17ff) genügte allein die Fertigung der Widerspruchsschrift nebst Begründung nicht, den zusätzlichen Gebührentatbestand auszulösen. Für erforderlich gehalten wurde daneben vielmehr ein zusätzliches, gerade auf die unstreitige Erledigung des Verfahrens gerichtetes Tätigwerden des Rechtsanwalts (BSG SozR 3-1930 § 116 Nr 7 = Breith. 1996, 164, 166= NZS 1996, 141f = MDR 1996, 641f; BSG JurBüro 1995, 587; LSG BW ELSG Vb-010=SB-010; Gerold/Schmidt - von Eicken. aaO; Göttlich/Mümmler. aaO. mwN; LG Osnabrück JurBüro 1996, 378f; VG Stuttgart AnwBl 1983, 283f; Nds. FG in EFG 1988, 388; Bay VGH, Beschl. vom 2.5.1990, Az 23 C 90.1087; VGH BW JurBüro 1992, 96f; anders - jedenfalls bei wesentlicher Mitursächlickeit - das SG Aachen in ASR 2004, 89f und Beschl. vom 16.3.2005, Az S 11 RJ 90/04).

Eine zweite Gebühr setzte danach ein zweites (zusätzliches) Tätigwerden voraus. Dies ist auch nach neuem Recht weiter erforderlich. Die - bloße - Einlegung des Widerspruchs führt nämlich nur dazu, dass sich der Sozialleistungsträger nochmals mit dem Begehren befassen muss. Es bleibt offen, wie er auf den Widerspruch reagiert. Der Widerspruch eröffnet nur das Widerspruchsverfahren und ist nicht gezielt darauf gerichtet, das Verfahren durch einen vollständig abhelfenden Bescheid abzuschließen (mag dies auch aus Sicht des Widerspruchsführers erstrebenswert sein). Er ist vielmehr erforderlich, um das Verfahren überhaupt fortsetzen zu können und ggf. eine gerichtliche Auseinandersetzung vorzubereiten (vgl § 78 SGG). Zielt er damit nicht zwangsläufig auf den Erlass des Abhilfebescheids, ist er nur eine erforderliche, nicht aber hinreichende Handlung für die Erledigung des Widerspruchsverfahrens durch Erlass eines zuvor abgelehnten Bescheids. Das wird an Folgendem deutlich: Abhilfe durch Erlass des bisher abgelehnten Verwaltungsakts kann auch erfolgen, wenn der Widerspruch nicht begründet wird, etwa, weil die Behörde bei nochmaliger Befassung mit der Angelegenheit ihre Rechtsauffassung ändert. Sie kann bei einem mit einer Begründung versehenem Widerspruch aus den gleichen Gründen (geläuterte Rechtsauffassung aus eigener Erkenntnis) erfolgen, ohne dass die zur Begründung angeführten Gesichtspunkte ausschlaggebend waren. Sie kann schließlich deshalb erfolgen, weil gerade die Begründung die Behörde überzeugt hat. In allen diesen Fällen hat der Widerspruchsführer aber nur diejenigen Verfahrenshandlungen vollzogen, die zwangsläufig die Geschäftsgebühr auslösen. Dies allein genügt - auch bei positiver Reaktion der Ausgangsbehörde oder der Widerspruchsstelle - nicht, um zusätzlich ohne Weiteres die Erledigungsgebühr anfallen zu lassen. Dazu ist ein zusätzliches, in diese Richtung zielendes Tätigwerden als zusätzliches qualitatives Moment des anwaltlichen Handelns erforderlich.

Ob die Erledigungsgebühr außerdem nur anfällt, wenn die anwaltliche Tätigkeit auf einen (untechnisch formuliert) "vergleichsweisen" Verfahrensabschluss zielt, also auf Teilabhilfe, und ein Verfahrensabschluss deshalb auch immer eine Nachgeben des Widerspruchsführers voraussetzt, kann vor diesem Hintergrund offen bleiben. Jedenfalls ist gerade in solchen Fällen für die vollständige Erledigung immer noch ein weiteres Tätigwerden des Bevollmächtigten erforderlich. Für ein solches Verständnis könnte nach dem Wortlaut von Nr 1002 Satz 1 VV und der o.g. Gesetzesbegründung auch sprechen, dass die Gebühr erst anfällt, wenn sich eine "Verwaltungssache ganz oder teilweise nach (nicht "mit" oder "durch") Zurücknahme oder Änderung des mit dem Rechtsbehelf angefochtenen Bescheides" erledigt.

Fehlt es schon an einem zusätzlichen Tätigwerden, kann dahinstehen, ob dieses außerdem nachweislich für die Erledigung (wesentlich mit-) ursächlich geworden sein muss und ob die Behörde einwenden kann, Ursache für die Entscheidung durch Abhilfebescheid sei allein der eigene Entschluss abzuhelfen geworden (vgl Hartmann. aaO. Rdnr 11 zur wesentlichen Mitursächlichkeit und Rdnr 15 aE zur tatsächlichen Vermutung einer solchen als Beweiserleichterung, jeweils mwN). Selbst wenn man einen mit Begründung versehenen Widerspruch, dessen Begründung die Beklagte zum Erlass eines Abhilfebescheids veranlasst, ausreichen ließe, wäre hier eine Besonderheit zu berücksichtigen, die u. U. das Entstehen der Erledigungsgebühr gleichwohl verhinderte. Der Kläger selbst hatte nämlich bereits zuvor auf die - für die erfolgte Abhilfe (dann) maßgebliche - Rechtsprechung des BSG hingewiesen. Der Klägerbevollmächtigte hat mit seinem Widerspruch im Kern nichts Anderes getan als diesen Vortrag wiederholt. Das aber deutet darauf hin, dass sein Tätigwerden die Beklagte nicht maßgeblich veranlasst hat abzuhelfen. Vor diesem Hintergrund dürfte sein Beitrag jedenfalls nicht wesentlich (mit-)ursächlich geworden sein. Dafür, dass es der Einschaltung eines Rechtsanwalts bedurfte, um das BSG-Urteil "zu verstehen", muss die Beklagte nämlich schon die Geschäftsgebühr erstatten.

Ist die Klage danach bereits in der Hauptsache unbegründet, besteht auch die geltend gemachte akzessorische Nebenforderung (Zinsen) nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzlich Bedeutung. Die Entscheidung entspricht vielmehr der bisherigen Rechtsprechung und der hM in der Literatur. Die gesetzliche Neuregelung bietet keinen Anlass, davon abzugehen, weil Nr 1002 VV § 24 BRAGO und Nr 1005 VV § 116 Abs 4 BRAGO und der zu diesen Vorschriften ergangenen Rechtsprechung entsprechen und kein neues Recht geschaffen haben.






LSG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 29.09.2005
Az: L 2 KR 43/05


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