Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 16. Dezember 2004
Aktenzeichen: IX ZB 463/02
(BGH: Beschluss v. 16.12.2004, Az.: IX ZB 463/02)
Tenor
Auf die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners wird die seine Vergütung betreffende "Festsetzung der PKH-Kosten" der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 2. September 2004 geändert.
Die dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners aus der Bundeskasse zu erstattende Vergütung wird auf 496,48 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der im Wege der Prozeßkostenhilfe am 16. Oktober 2003 beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners hat die Erstattung einer Vergütung von insgesamt 496,48 € beantragt und dabei eine 20/10-Rechtsbeschwerdegebühr aus einem Gegenstandswert von 4.000 € geltend gemacht. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die zu erstattende Vergütung unter Berücksichtigung einer 13/10-Gebühr gemäß § 66 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO auf insgesamt 330,84 € festgesetzt und den weitergehenden Vergütungsantrag zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners. Er hält eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO für geboten und eine Gebühr von 20/10 für angemessen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die nach § 128 Abs. 3 BRAGO zulässige Erinnerung hat Erfolg.
1.
Auf die Festsetzung der PKH-Kosten und die eingelegte Erinnerung sind die Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung anwendbar, weil der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners diesem vor dem 1. Juli 2004 beigeordnet worden ist, § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG.
2.
Im Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 574 ff ZPO sind in den Fällen des § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die Gebühren eines Rechtsanwalts nach § 2 BRAGO in sinngemäßer Anwendung von § 61a Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO festzusetzen.
a) Im Beschluß vom 30. Januar 2004 (IXa ZB 153/03, WM 2004, 494) hat der IXa-Zivilsenat im einzelnen dargelegt, daß das durch das Zivilprozeßreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887) neu eingeführte Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde von keinem der Gebührentatbestände der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung erfaßt wird. Diese planwidrige Regelungslücke sei gemäß § 2 BRAGO für die Fälle der zugelassenen Rechtsbeschwerde in Zwangsvollstreckungssachen durch eine entsprechende Anwendung des § 66 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO zu schließen. Danach steht dem Rechtsanwalt für die zugelassene Rechtsbeschwerde in Zwangsvollstrekkungssachen vor dem BGH, für die eine eigene Gebührenvorschrift in der BRAGO fehlt, eine 13/10-Gebühr zu. Dem hat sich der VIII. Zivilsenat für andere zugelassene Rechtsbeschwerden angeschlossen (BGH, Beschl. v. 27. April 2004 - VIII ZB 103/02, BGH Report 2004, 1130). Der Senat tritt dieser Auffassung aus den in den genannten Beschlüssen ausgeführten Gründen bei.
b) In den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, in denen die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde im Gesetz bestimmt ist, muß dagegen entsprechend § 61a Abs. 3 BRAGO die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO (Gebühr 20/10) angewendet werden.
Rechtsbeschwerden nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind nur unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO zulässig. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muß in diesen Fällen gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO eine Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO enthalten. Außerdem ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 1 und 3 ZPO in ähnlicher Weise wie die Revision gemäß § 551 Abs. 3 ZPO zu begründen.
Die Rechtsbeschwerde nach §§ 574 ff ZPO ist bewußt revisionsähnlich ausgestaltet worden und kann wirksam nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (BGH, Beschl. v. 30. Januar 2004 - IXa ZB 153/03 aaO S. 495; v. 21. März 2002 - IX ZB 18/02, NJW 2002, 2181).
Für die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 61a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO eine 20/10-Gebühr anzusetzen. Dasselbe gilt für die Revision gemäß § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO. Die Prozeßgebühr im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird allerdings auf die Prozeßgebühr angerechnet, die der Rechtsanwalt in einem nachfolgenden Revisionsverfahren erhält, § 61a Abs. 4 BRAGO.
Bei einer Gesamtbetrachtung von Verfahrensgegenstand und Begründungsaufwand ist es im Falle der Rechtsbeschwerde nach § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO angemessen und geboten, sie gebührenrechtlich wie eine Nichtzulassungsbeschwerde zu behandeln und folglich § 61a, § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO entsprechend anzuwenden und eine 20/10-Gebühr anzusetzen.
2. Demzufolge ist die Vergütung des Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners nach dem Gegenstandswert von 4.000 € wie folgt festzusetzen:
20/10-Gebühr gemäß §§ 2, 31 Abs. 1 Nr.1, 61a Abs. 3, § 11 Abs. 1 Satz 5, § 123 BRAGO 408,00 € Pauschale gemäß § 26 Satz 2 BRAGO 20,00 €
428,00 €
16 % Umsatzsteuer 68,48 €
Gesamtsumme 496,48 €.
Fischer Raebel Vill Cierniak Lohmann
BGH:
Beschluss v. 16.12.2004
Az: IX ZB 463/02
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